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Würzburg
Zwei neue Professoren stellen sich vor
Ist der Ausstellungskatalog ein Auslaufmodell? Welche Geschichten können Möbel erzählen? Wolf Eiermann und Erich Schneider hielten ihre Antrittsvorlesungen.
Gaben ihre Antrittsvorlesungen als Honorarprofessoren der Universität Würzburg: Wolf Eiermann (links) und Erich Schneider.
Foto: THOMAS OBERMEIER | Gaben ihre Antrittsvorlesungen als Honorarprofessoren der Universität Würzburg: Wolf Eiermann (links) und Erich Schneider.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:49 Uhr

Die Bestellung von neuen Honorarprofessoren ist selten Thema für einen Kulturteil. Wenn diese aber die Leiter von zweien der bedeutendsten Museen nicht nur Unterfrankens sind, sieht das anders aus. So stießen die Antrittsvorlesungen von Wolf Eiermann (59), Direktor des Museums Georg Schäfer in Schweinfurt, und Erich Schneider (64), Direktor des Museums für Franken in Würzburg, auf so reges Interesse, dass die Stühle im Toscanasaal der Residenz nicht ausreichten. Und das lag sicher nicht daran, dass viele Weggefährten, Freunde und Familienmitglieder gekommen waren, um dem "tradierten Ritual" beizuwohnen, wie es Prof. Roland Baumhauer nannte, Dekan der Julius-Maximilians-Universität, in deren Institut für Kunstgeschichte Eiermann und Schneider aufgenommen werden.

Der Titel von Eiermanns Vorlesung: "Der Ausstellungskatalog. Schwanengesang oder nur Metamorphose eines Mediums zwischen Wissenschaft, Kunstvermittlung und Lifestyle-Magazin".  Was ein wenig sperrig daherkam, entpuppte sich als kritische Kulturgeschichte eines Mediums, über dessen Entstehung oder gar Bedeutung Ausstellungsbesucher meist nicht weiter nachdenken.

Viel Arbeit, wenig Beachtung: der Ausstellungskatalog

Für Künstler hingegen gelte: "Ich habe einen Katalog, also bin ich". Im Feuilleton finde das allerdings keinen Widerhall: "Der Katalog wird allenfalls als Randerscheinung erwähnt." Auch die großen Museen sähen den Ausstellungskatalog heute meist nur noch als Anhängsel und Überbleibsel. Ein Missverhältnis zum Aufwand, den er verursache – das Anstrengendste an einer neuen Ausstellung seien nicht etwa Recherche, Bildauswahl, Reisen zu Leihgebern oder Hängung, sondern die Katalog-Erstellung.  

Wolf Eiermann stellt einerseits fest, dass Ausstellungskataloge inzwischen "Ersatzmedien der Wissenschaft" geworden sind, ja, dass mitunter Ausstellungen nur stattfinden, damit dazu eine Publikation erscheinen kann. Dass andererseits aber die Resonanz auf wissenschaftliche Aussagen darin kaum wahrnehmbar ist. Dass Lehrer selbst der gymnasialen Oberstufe inzwischen Texte in sogenannter leichter Sprache nachfragen. Dass Besucher mit ihren Smartphones die Texttafeln fotografieren und sich so den Kauf des Katalogs sparen. Eiermanns Fazit: "Es ist eine Diskussion notwendig, was überhaupt ein Katalog für welche Zielgruppe leisten soll." Und welches Medium das der Zukunft sei. "In Zeiten von Youtube müssen selbst die alten Meister schneller laufen lernen." 

Möbel können beredte Zeugen der Geschichte sein

Erich Schneider sprach über "Möbel mit Geschichte(n) im Museum für Franken". Möbel können, wie sich schnell zeigte, beredte Zeugen sein. Der Ratstisch etwa, den die Bürgerschaft bei Tilman Riemenschneider in Auftrag gab. Dessen steinerne Platte nicht nur auf einem kunstvoll gefügten, drehbaren Gestell ruht, sondern vor allem drei Wappen trägt:  die der Fürstbischöfe von Würzburg und Eichstätt und das der Stadt Würzburg – gleichberechtigt in gleicher Größe, unübersehbares Statement der Emanzipation.

Oder ein prachtvolles Kästchen mit der Inschrift "Zobel" und der Jahreszahl 1558. Dem Jahr also, in dem Melchior Zobel, Fürstbischof von Würzburg, von einem gedungenen Mörder erstochen wurde. Ein Gedenkkästchen also. Oder ein prunkvoller barocker Schreibschrank, 1745 geschaffen von Hofschreiner Carl Maximilian Mattern, heute auf der Liste national wertvollen Kulturguts. Seinen Schöpfer trieb er in den Ruin: Mattern hatte ihn ohne Auftrag gebaut, Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn wollte ihn aber nicht ankaufen – das Rokoko hatte Einzug  gehalten, der Schrank war viel zu wuchtig.

Oder eine Vitrinenkommode, 1937 gebaut von Josef Hirnickel, Euerdorf, für das jüdische Möbelhaus Seligsberger Witwe. Hirnickel baute weiter Möbel für die Firma, auch nachdem die Familie vor den Nazis geflohen war: "Der Sigmund Seligsberger wird wiederkommen, und dann braucht er Möbel."  Die Familie kam nicht wieder. Sie wurde deportiert und in Sobibor ermordet.

 
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