
Sie machen's wirklich spannend, das muss man ihnen lassen: Noch immer gibt es keinen Termin für die Eröffnung des Kleinen Hauses im Neubau des Mainfranken Theaters in Würzburg. Intendant Markus Trabusch ließ sich bei der Vorstellung der kommenden Spielzeit 2022/23 am Donnerstag in der Theaterfabrik Blaue Halle keinen präziseren Zeitpunkt entlocken als "Herbst".
Neben den immer neuen Unwägbarkeiten der Theatersanierung berief sich Trabusch auf die Unschärferelation des in Würzburg geborenen Quantenphysikers Werner Heisenberg (1901-1976). Diese besagt – stark vereinfacht –, dass zwei Eigenschaften eines Teilchens (in diesem Fall also der Neubau) nicht gleichzeitig beliebig genau bestimmbar sind, etwa Ort und Zeitpunkt. Trabusch: "Den Ort hätten wir schonmal."
Dennoch: Irgendwann wird es ja wohl doch noch klappen. Außerdem gibt es noch weitere Projekte, die Oktober spannend werden könnten. Ein Überblick:
1. Sehnlichst erwartet: die Eröffnung des Kleinen Hauses

Der Neubau beherbergt zwei Spielstätten: das Kleine Haus mit 330 Plätzen und die Probebühne, die mit 130 Plätzen größer sein wird als die bisherige Kammer. An beiden Orten soll vor allem Schauspiel stattfinden.
Eröffnet wird das Kleine Haus – irgendwann im Herbst – mit einem Doppelabend: mit zwei Stücken von Roland Schimmelpfennig, dem derzeit meistgespielten Gegenwartsdramatiker Deutschlands. Es sind "Der Kreis um die Sonne", eine inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Pandemie, und "Der Riss durch die Welt", den "Fragmenten einer gescheiterten Unterhaltung", wie Schauspieldirektorin Barbara Bily es formuliert.
Außerdem auf dem Spielplan: Der immer wieder verschobene Liederabend "Sehnsuchtswild", Lessings Klassiker "Emilia Galotti", Elfride Jelineks "In den Alpen" oder Samuel Becketts "Warten auf Godot".
2. Wer's noch nicht gesehen hat: die Wiederaufnahmen

"Der Riss durch die Welt" bleibt eine weitere Spielzeit Motto des Mainfranken-Theater-Programms. "Da sehr vieles nicht stattgefunden hat, versuchen wir es nochmal", so Markus Trabusch. Zudem drifte die Welt mit Krieg, der Schere zwischen Arm und Reich und den Verwerfungen der Pandemie immer weiter auseinander. "Wir werden nicht die Tagesthemen ersetzen wollen. Wir werden aber die Themen mit den Mitteln des Theaters umspielen, um gedankliche Prozesse in Gang zu setzen", so der Intendant.
Mit der Verlängerung des Mottos kommen auch einige Wiederaufnahmen, vor allem im Schauspiel: "Comedian Harmonists", "Kunst" von Yasmina Reza oder das Klassenzimmerstück "Klamms Krieg". Und wer die "Zauberflöte" verpasst hat, die sich in bisher 20 Vorstellungen als Kassenschlager bewährt hat, bekommt im Mai 2023 noch eine Chance, sie zu erleben. In direkter zeitlicher Nachbarschaft zur "Zauberflöte" entstand Mozarts Oper "La celemenza di Tito" – sie wird am 28. Januar Premiere feiern.
3. Bekanntes und Neues: Opernhits und Uraufführung

Die Spielzeit beginnt am 2. Oktober mit Jacques Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen". Operndirektor Berthold Warnecke verspricht, dass das Team nicht – wie in anderen Häusern – der Versuchung erliegen werde, so viel Material in die Vorstellung zu packen wie möglich.
Zur Erläuterung: Offenbach starb vor der Uraufführung und hinterließ Musik, die für mehrere Opern gereicht hätte. Die Würzburger Fassung soll höchstens etwas mehr als zweieinhalb Stunden dauern.
Ein weiterer Hit steht mit Donizettis "Lucia di Lammermoor" auf dem Programm (ab 25. März), berühmt vor allem für die "Wahnsinnsarie". Mit Akiho Tsujii hat das Mainfranken Theater auch die ideale Besetzung für die Titelrolle.
Einziger Musiktheater-Termin außerhalb der Blauen Halle: die Uraufführung der Oper "Karl und Anna" nach der bekannten Novelle von Leonhard Frank sowie von Christoph Ehrenfellner und Roland Schimmelpfennig soll im Kleinen Haus stattfinden.
4. Tanzen bis in die Puppen: die Projekte der Ballett-Compagnie

Ballettchefin Dominique Dumais bietet eine interessante Mischung aus Unterhaltung und Auseinandersetzung mit den letzten Fragen an. Während "Alice im Wunderland" (ab 22. Oktober) oder "Chaplin!" (ab 14. April, mit Orchester) mit Komik, Slapstick und Skurrilität arbeiten, widmet sich "Bis dass uns der Tod scheidet" der Vergänglichkeit der menschlichen Existenz. "Das Stück ist aber auch eine Feier des Lebens", verspricht Dumais.
Definitiv nach Feier klingt der Titel der Choreografie "Tanzen bis in die Puppen" von Kevin O'Day zu Musik von Iggy Pop, James Brown oder Curtis Mayfield. Sie wird auf der Probebühne zu sehen sein – mit sehr wenig Abstand zwischen Publikum sowie Tänzerinnen und Tänzern. Dumais: "Wir freuen uns sehr, wenn Sie kommen und mit uns tanzen."
5. Orchester des Wandels: die Konzerte

Generalmusikdirektor Enrico Calesso probt derzeit beim Puccini-Festival in Torre del Lago die "Tosca" und war am Donnerstag deshalb per Laptop zugeschaltet. Die eigentliche Vorstellung des Konzertprogramms übernahm deshalb Konzertdramaturgin Tabea Hilser.
Das Philharmonische Orchester hat sich der bundesweiten Initiative "Orchester des Wandels" angeschlossen und will sich mit verschiedenen Projekten für Klima- und Naturschutz einsetzen. Das Thema schlägt sich im ersten Sinfoniekonzert am 13. und 14. Oktober nieder: Neben Beethovens Naturdenkmal schlechthin, der "Pastorale", erklingt Giorgio Battistellis (Jahrgang 1953) "Sciliar", benannt nach einem Dolomiten-Gipfel. Das Stück behandelt die Eindrücke, die der Berg im Menschen hervorruft.
Nach der vollzähligen Aufführung der Sinfonien von Beethoven und Brahms setzt Enrico Calesso im April seinen Bruckner-Zyklus mit dessen vierter Sinfonie, der "Romantischen", fort. Ganz der ungarischen Musik ist das 6. Sinfoniekonzert gewidmet, das Gábor Hontvári, der Erste Kapellmeister, ein Ungar, im Mai leiten wird. Und ganz Frank Sinatra gewidmet ist der Abend "My Way" mit dem Sänger Tom Gaebel am 5. November im Congress Centrum in Würzburg.
Der Vorverkauf für die Spielzeit 22/23 beginnt am 16. September. Karten: Telefon (09 31) 39 08-124 oder karten@mainfrankentheater.de