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Würzburg
Warum diese "Zauberflöte" das beste Mittel gegen den Corona-Frust ist
Mainfranken Theater: Andreas Wiedermann inszeniert die beliebteste Oper der Welt als buntes Märchenspiel mit der richtigen Botschaft zur richtigen Zeit.
Das Opern-Traumpaar schlechthin: Pamina (Akiho Tsujii) und Tamino (Roberto Ortiz).
Foto: Nik Schölzel | Das Opern-Traumpaar schlechthin: Pamina (Akiho Tsujii) und Tamino (Roberto Ortiz).
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:44 Uhr
  • Was ist das für ein Stück? "Die Zauberflöte" ist Mozarts letzte Oper. Sie wurde 1791 uraufgeführt und ist seither ein Welthit – mit  wirrer Handlung, aber unfassbar vielen wunderbaren Melodien.
  • Warum ist es so berühmt? Wohl keine andere Oper strahlt so viel Menschlichkeit und Liebe aus. Das Stück funktioniert auch in den wildesten Inszenierungen immer wieder aufs Neue. Die Botschaft: Es gibt im Leben immer Hoffnung.
  • Wie ist die Würzburger Neuinszenierung? Märchenhaft, menschlich und musikalisch sehr gelungen. Regisseur Andreas Wiedermann gelingt es außerdem, zwei entscheidende Brüche der Handlung zu reparieren.

Wieder findet Kultur auf Bewährung statt, wieder unter erschwerten Bedingungen. Da kommt die neue "Zauberflöte" des Mainfranken Theaters genau zur rechten Zeit. Auch wenn die Premiere in der Blauen Halle nur vor drastisch reduziertem Publikum stattfinden konnte, so hält die Inszenierung von Andreas Wiedermann ("Comedian Harmonists", "Garten der Lüste") genau die richtige Botschaft bereit: Hoffnung ist möglich, Liebe ist möglich, Versöhnung ist möglich. 

Spannungsgeladene Begegnung: Tamino (Roberto Ortiz) trifft die Königin der Nacht (Judith Spießer).
Foto: Thomas Obermeier | Spannungsgeladene Begegnung: Tamino (Roberto Ortiz) trifft die Königin der Nacht (Judith Spießer).

Tatsächlich funktioniert die Botschaft vor allem, weil es Wiedermann gelingt, zwei Schlaglöcher der Handlung zu füllen: die Tamino-Frage und die Sarastro/Königin-der-Nacht-Frage.

Die Tamino-Frage: Warum ist eigentlich Tamino der Held dieser Oper? Er tötet die Schlange nicht, rettet Pamina nicht und besteht die Prüfungen im Weisheitstempel nur mit ihrer Hilfe. Die Antwort: Andreas Wiedermann legt die Figur nicht als Held oder Schönling an, sondern als Mensch. Roberto Ortiz darf sensibel und verletzlich sein. Nachdem er Pamina – noch so eine Prüfung – die kalte Schulter hat zeigen müssen, krümmt er sich in seelischem Schmerz.

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Die Sarastro/Königin-der-Nacht-Frage: Warum hassen sich die beiden so? Wiedermann hat eine Vorgeschichte ersonnen, er erzählt sie während der Ouvertüre: Sarastro hat einst vergeblich versucht, die – nachmalige – Königin der Nacht für sich zu gewinnen (und zu vergewaltigen) und dann ihren Mann, Paminas Vater, erstochen. So ist er zum Schluss, als er gesiegt hat, durchaus nicht in der Position, sie zu verdammen. Er bittet sie um Verzeihung, die sie gewährt.

In dieser Inszenierung sind eindeutig die Frauen die starken Figuren

Dazwischen: ein zauberisches Spiel in märchenhaft multifunktionaler Kulisse (Bühne und Kostüme: Aylin Kaip) mit Projektionen im Vintage-Look (Jürgen Bergbauer), entrümpelten Dialogen und treffend gesetzten komischen Momenten. Die drei Damen (Silke Evers, Marzia Marzo, Barbara Schöller) sind wunderbar zickig, Monostatos (Mathew Habib) und seine Spießgesellen  keine "Mohren", sondern bepelzte Hinterwäldler.

Ungleiche Weggefährten: Papageno (Hinrich Horn, in der Premiere sang Daniel Fiolka) und Tamino (Roberto Ortiz).
Foto: Thomas Obermeier | Ungleiche Weggefährten: Papageno (Hinrich Horn, in der Premiere sang Daniel Fiolka) und Tamino (Roberto Ortiz).

Die frauenfeindlichen Passagen ("Ein Weib tut wenig, plaudert viel") sind geblieben, werden aber sozusagen gegenstandslos, weil hier klar die Frauen die starken Figuren sind: die Königin der Nacht (mit exzellenten Koloraturen und großen Kantilenen: Judith Spießer) und Pamina. Akiho Tsujii (alternierend mit Silke Evers) ist hinreißend: traumhaft sicher die großen Sprünge, beglückend die Makellosigkeit von Phrasierung, Farben und Dynamik, zutiefst anrührend ihr Spiel. Weltklasse.

Vielleicht lassen sich auf der Bühne noch bessere Standorte für die Sänger finden

Das Schöne an dieser "Zauberflöte" ist ohnehin die durchwegs hohe musikalische Qualität. Angesichts der Fülle an Personal seien nur wenige weitere Rollen gewürdigt. Igor Tsarkov (Sarastro) hat seinen Bass entschlackt und findet so zu neuer Klarheit. Papageno (Daniel Fiolka, alternierend mit Hinrich Horn) ist kein genusssüchtiger Clown, sondern – auch er – ein Mensch mit Ängsten und einer gehörigen Portion (Galgen-)Humor.

Sarastro (Igor Tsarkov, Mitte) triumphiert, aber damit ist die Oper noch nicht zu Ende...
Foto: Thomas Obermeier | Sarastro (Igor Tsarkov, Mitte) triumphiert, aber damit ist die Oper noch nicht zu Ende...

Der Chor erweist sich – wie immer – als sichere Bank, das Philharmonische Orchester unter der Leitung von Gábor Hontvári spielt mit Witz und Verve. Das macht richtig Spaß, doch die Halle bleibt akustisch schwierig, nicht immer stimmt die Balance zwischen Graben und Bühne. Besonders in Arien mit viel Bläser- und namentlich Blechbegleitung ("O Isis und Osiris") tun sich die Sänger schwer. Nicht alle Positionen auf der Bühne klingen gleich gut – vielleicht lassen sich für die ein oder andere Szene noch bessere Standorte für die Sänger finden.

Dennoch: Diese "Zauberflöte" ist genau das richtige Mittel gegen November-Blues und Corona-Frust. Hoffentlich kann sie möglichst oft gespielt werden.

Die weiteren Vorstellungen: 1., 5., 8., 12., 19., 23., 25. Dezember, 3., 13., 19., 22. Februar, 10., 16., 29. April, 12. Juni. Theaterfabrik Blaue Halle, Dürrbachau. Karten: www.mainfrankentheater.de, Tel. (0931) 3908-124, karten@mainfrankentheater.de

 
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