Was für ein Titel: Generalmusikdirektor. Es sei, als habe man der Windsbraut unter den Künsten – der Musik – zwei Wächter an die Seite gestellt: links einen General, rechts einen Direktor. Als wolle man sie einhegen, weil Anarchie drohe. Professor Ulrich Konrad, Ordinarius am Institut für Musikforschung der Universität Würzburg, schickte diese Überlegungen seiner Laudatio für den diesjährigen Träger des mit 3000 Euro dotierten Theaterpreises des Theater- und Orchesterfördervereins Würzburg voraus: Enrico Calesso.
Ulrich Konrad würdigte Preisträger Enrico Calesso als unermüdlichen und herausragenden Künstler mit intellektueller Doppelbegabung, begrüßte es allerdings ausdrücklich, dass dieser sich nach dem Parallelstudium der Musik und der Philosophie ganz dem Dirigieren verschrieben habe: "Gute Philosophen gibt es in Würzburg einige, Dirigenten vom Rang eines Calesso keinen."
Konrad nannte Werke wie Mahlers fünfte, Bruckners achte und Beethovens neunte Sinfonie und Opern wie "Tristan", "Hugenotten" oder "Götterdämmerung" als Belege für Enrico Calessos außergewöhnliches Wirken als Generalmusikdirektor des Philharmonischen Orchesters. "Und es ist alles andere als selbstverständlich, dass man in einem deutschen Stadttheater einen solchen ,Rigoletto' zu hören bekommt." Der Laudator zitierte die Würdigung des Dirigenten als "Kulturmensch des Jahres" in der Main-Post und erweiterte diese: "Enrico Calesso ist nicht nur ein Geschenk für das Orchester, sondern für das Musikleben in Würzburg und der ganzen Region."
Ein strahlender Enrico Calesso dankte: "Es ist für mich nicht leicht, die Freude auszudrücken, die Sie mir heute Abend machen." Und fügte, doch noch ein wenig Philosoph, hinzu: "Was machen wir Dirigenten denn? Das Verdienst, für das Sie mir den Preis geben, kann ich gar nicht genau definieren."
Ein Sonderpreis mit 1000 Euro ging an Werkstattleiter Marco Bauer. Bauer sorge auf hervorragende Weise dafür, dass sämtliche Gewerke vor einer Premiere wie ein Uhrwerk ineinandergreifen, urteilte die Jury. Dabei, so Vereinsvorsitzender Bruno Forster im Rahmen des ersten von drei Konzerten zum Jahreswechsel im ausverkauften Mainfranken Theater, mache er nicht selten das Unmögliche möglich.
Mehr als nur den Rahmen für die Preisverleihung lieferte ein Konzert, das mit stehenden Ovationen und Jubel fast wie im Fußballstadion endete: Gabór Hontvári, seit Beginn der Spielzeit Erster Kapellmeister, moderierte und dirigierte ein höchst kurzweiliges Programm von Weber bis Piazzolla, von Johann Strauss bis Arturo Márquez (Jahrgang 1950), von Walzer bis Tango, von Polka bis Mambo.
Und zeigte, dass er ebenfalls über beträchtliche Entertainer-Qualitäten verfügt. Etwa wenn der darüber aufklärt, dass Brahms und Liszt den wahren Geist ungarischer Musik nicht verstanden haben, weil sie sich allzu sehr von Brillanz und Virtuosität der Zigeuner-Kapellen begeistern ließen. Denn: "Weinend lacht der Ungar", sagte der Ungar Hontvári.
Das Philharmonische Orchester begeisterte mit einer rasanten Tritsch-Tratsch-Polka von Strauss, einem wuchtigen Säbeltanz von Chatschaturjan, einem lustvoll schwerblütigen Walzer aus dessen "Masquerade", einem mitreißenden Can-Can aus Offenbachs "Orpheus", einem versonnenen "Libertango" von Piazzolla oder einem extrem präzisen und präsenten Mambo aus Bernsteins "West Side Story" (inklusive Mini-Choreografie). Und mit tollen Auftritten der Instrumentengruppen von Schlagwerk bis Blech und umjubelten Soli von Cello, Klarinette, Piccolo, Saxofon, Oboe, Posaune oder Trompete. Ein Fest.
Die weiteren Termine: Das Konzert wird am 1. und 6. Januar, 19.30 Uhr, wiederholt. (Rest-)Karten: Tel. (09 31) 39 08-124 oder karten@mainfrankentheater.de