Vielleicht lag es an den widrigen Umständen zu Beginn dieses Konzerts, dass sich die besondere Ruhe, die für das erste Stück nötig gewesen wäre, nicht so recht einstellen wollte. Am Donnerstag, kurz vor dem ersten der beiden Sinfoniekonzerte des Philharmonischen Orchesters im Mainfranken Theater, hatte sich der Himmel zu einem Wolkenbruch aufgetan, der all die Besucher (und vielleicht auch Orchestermitglieder) voll erwischte, die, von der defekten Schranke des Theaterparkhauses abgewiesen, auf den Residenzparkplatz ausgewichen waren, und nun in letzter Minute (und danach) ins Theater stürmten.
Jedenfalls: Die sechstimmige Fuge aus Bachs Musikalischem Opfer, kongenial bearbeitet von Anton Webern, fand nicht so richtig zu diesem allzeit spürbaren Puls, der wichtig ist, damit das Stück nicht zerfällt. Denn Webern hat die Fuge komplett auseinandergenommen und neu zusammengesetzt. Nicht die Töne, sondern deren Zuordnung zu den Instrumenten.
So entsteht im Idealfall eine Art akustischer 3-D-Effekt, vergleichbar vielleicht mit jeden Bildern, die aus sehr vielen Einzelbildern zusammengesetzt sind und aus der Ferne betrachtet ein neues, großes Motiv ergeben. Dieser Effekt blieb aus, die Interpretation der Philharmoniker unter der Leitung von Enrico Calesso war dennoch ein spannendes Hörquiz, bei dem man das Fugenthema durch alle Instrumentengruppen hindurch nachverfolgen konnte.
Hauptwerk des Abends war Gustav Mahlers Fünfte Sinfonie, die dem Eingangswerk trotz des anderen Formats auf einer Ebene durchaus verwandt ist: Wo Webern Motive und Melodielinien zerlegt, zerlegt Mahler die ganze Form. Und setzt sie seinerseits neu zusammen. Vordergründig gibt es fünf Sätze, doch Mahler teilt sie in drei Abteilungen mit jeweils eigener Dramaturgie. Enrico Calesso und die Philharmoniker arbeiteten diese Dreiteilung deutlich und mitreißend heraus: Abteilung eins mit ihren jähen Lichtwechseln, den trügerischen Ruhepunkten und den grellen Überspitzungen.
Abteilung zwei, das Scherzo, mit – immer noch – trügerischer tänzerischer Leichtigkeit und vor allem einem fabelhaften Solohorn. Wolfgang Bayh spielte die kunstvoll eingebetteten und dennoch höchst exponierten Passagen mit warmem, mühelos großem Ton und beinahe kaltschnäuzig souveräner Phrasierung.
Und schließlich Abteilung drei mit einem überirdisch schönen Adagietto, in dem Streicher und Harfe mit gleichsam durchsichtigem Ton vollkommene Schwerelosigkeit herstellten. Das Finale, das so sehr an Mahlers Erste erinnert, kam mit liebenswürdiger Spielfreude. Begeisterter Applaus für den Dirigenten und jede einzelne Instrumentengruppe.