Es war ein sonniger und deshalb angenehm warmer Nachmittag, Mitte, Ende Februar 2020, als Cameron Wells sich nach der Lauf-Trainingseinheit auf diese Auswechselbank neben einem Fußball-Platz in Valencia setzte. Und in angenehm warmen Worte erklärte, wie er plante, die Baskets aus dem sich damals eröffnenden Tal wieder herauszuführen. Cameron Wells, inzwischen 33 Jahre alt, ist offenbar ein Mensch, der nachdenkt, bevor er spricht. Er war damals Kapitän des Basketball-Bundesligisten s.Oliver Würzburg, der im Südosten Spaniens in einer Länderspielpause ein kurzes Trainingslager bezogen hatte. Die Würzburger waren zuvor mit drei Niederlagen am Stück aus dem Tritt gekommen auf ihrem Weg in die Play-offs. Sie fingen sich wieder. Dann kam das Virus.
Die Baskets standen auf Play-off-Rang acht, als die Saison abgebrochen wurde und verzichteten aufgrund der ungewissen finanziellen Lage und der Kosten auf die Teilnahme an dem sich anschließenden Meisterschaftsturnier in München.
Cameron Wells musste den Würzburgern letztlich wie ein vom Himmel herabgeworfenes Geschenk vorgekommen sein. Der Spielmacher entwickelte sich in der Domstadt zu einer Art Heiland für die Baskets – und manchmal war es einfach nur pure Freude zu beobachten, wie beinahe schon göttlich elegant und zielstrebig er knappe Spiele gerne auch mal im Alleingang entschied.
Aber auch Cameron Wells wurde zu einer Art Corona-Opfer, dann. Weil sich die Baskets nach seinen Auftritten in Würzburg und vor allem nach seinen überragenden Vorstellungen in der abgebrochenen Saison eine Weiterverpflichtung schlicht nicht leisten konnten – oder nicht wollten. Denis Wucherer, der zuvor bereits drei Jahre lang in Gießen mit Wells gearbeitet und vorangebracht hatte, hatte den Texaner 2018 nach Würzburg gelotst, wo er die vermutlich beste Saison seiner Karriere hinlegte.
Nach einem sehr unerquicklichen Jahr in Frankreich mit Vereinswechseln landete Cameron Wells, der die Baskets 2019 bis ins EuroCup-Finale geführt hatte, zu Beginn dieser Runde in Bayreuth. Er erkrankte während der Saisonvorbereitung an Covid, und zuletzt setzte ihn eine Herzbeutelentzündung für mehrere Wochen außer Dienst. Rechtzeitig vor seiner Rückkehr nach Würzburg am kommenden Sonntag (2. Januar 2022, 15 Uhr) feierte er am Montag sein Comeback für die Oberfranken, das sie allerdings mit 79:109 gegen Alba Berlin verloren.
Apropos Berlin: Die Würzburger fahren an diesem Donnerstag in die Hauptstadt, wo sie an Silvester (14 Uhr) dem Euroleague-gestressten Titelverteidiger Paroli bieten wollen. Nach einer ersten offenbar sehr intensiven und auch physisch harten Trainingswoche und der 79:86-Niederlage gegen Göttingen hatte der neue Trainer, Sasa Filipovski, der Mannschaft am Dienstag einen freien Tag gegönnt – was nicht zwingend zu erwarten gewesen war.
Allen (Fan-)Träumereien zum Trotz: In Berlin müssen die Baskets nicht zwingend gewinnen (jedenfalls nicht hoch) – die Partien gegen Bayreuth und anschließend in Bamberg und in Chemnitz und in Frankfurt sind letztlich wichtiger für den weiteren Saisonverlauf und im Kampf, die Klasse irgendwie zu erhalten.
Cameron Wells jedenfalls, der für einen Menschen seiner Modellathleten-Figur und seines teils dominanten Auftretens auf dem Parkett erfrischend leise, fast schon ein wenig schüchtern daherkommt, wählt seine Worte üblicherweise mit Bedacht. Und er nutzt auch nicht zwingend mehr Wörter als unbedingt nötig sind, um Fragen zu beantworten. Cameron Wells tut ganz bestimmt viele Dinge viel lieber, als Medienvertretern irgendetwas zu erklären – am allerliebsten lässt er auf dem Parkett Taten sprechen.