
Krise überwunden, Kollektiv gefunden? Noch ist das nur eine Momentaufnahme. Ein unübersehbarer Trend in der Außendarstellung lässt sich seit zweieinhalb Wochen freilich erkennen beim Fußball-Regionalligisten FC 05 Schweinfurt. Erst die unglaubliche Schludrigkeit bei den Pleiten in Heimstetten und Illertissen, dann das halbgare 1:1 gegen Burghausen - und nun, mit deutlich reduziertem Personal, die Zu-Null-Siege gegen Bayern München II und die SpVgg Greuther Fürth II. "Eine Energieleistung", nannte Pascal Moll, Siegtorschütze beim jüngsten 1:0 gegen die Kleeblatt-Reserve, das Aufbäumen dieser Rumpf-Mannschaft, die sich beinahe von selbst aufgestellt hatte. "Wir rücken immer enger zusammen, da wächst eine Einheit heran."
Nun, allzu lange darf sie nicht mehr wachsen müssen angesichts der anstehenden Derbys in Aubstadt am Freitag und eine Woche später zu Hause gegen Kickers Würzburg, will sie in den September als Mitglied der Spitzengruppe surfen. Die Personalsituation sollte sich zudem nicht weiter verschlechtern. Sieben Verletzte waren es, mit Mittelfeld-Allrounder Dominic Schmidt (Knie) und Innenverteidiger Lukas Billick (Muskulatur) gesellten sich bereits vor Anpfiff Nummer acht und neun hinzu. Doch, so Trainer Christian Gmünder, die Schweinfurter zeigten auf dem Platz eine Reaktion: "Respekt vor den Jungs. Sie jammern nicht, sie geben Gas."
Auch, weil der 42-Jährige das von Außen vorlebt. "Warum soll ich jammern? Das gibt dem Rest nur ein Alibi. Ich habe elf Mann gesehen, die alles gegeben haben, das Tor zu verteidigen" - während der Coach an der Linie gestikulierte, hüpfte, schrie, nass geschwitzt war, als hätte er selbst gekickt. Der Fußball-Arbeiter will aus seinen Fußballern Arbeiter machen - und scheint auf bestem Weg. Spielerisch, da waren sich alle einig, war das am Dienstagabend, anders noch als vier Tage zuvor, nix. Kämpferisch dafür umso mehr. Und eigentlich hatte Gmünder ja nicht elf Mann gesehen, sondern 14. Dreimal wechselte er von der schmalen Bank, brachte unter anderen mit dem A-Jugendlichen Maurice Volz und Großbardorf-Rückkehrer Julius Landeck zwei Debütanten.
FC 05 will in Aubstadt über seine Grenzen gehen
Dass den hauchzarten Vorsprung durch Molls Kopfball-Treffer (44.) am Ende vor dem erneut eingesetzten und nahezu fehlerfreien Ersatz-Torwart Nico Stephan eine Sechser-Kette über die Zeit brachte und bei Fabian Baumgärtels regelkonformem Kopfballtreffer (90. +1) eine Abseitsentscheidung Schützenhilfe leistete, war Gmünder kreuz-piep-egal: "Von mir aus hätte es auch eine Achterkette sein dürfen." Schicki-Micki-Zauber ade, willkommen Arbeiterklasse. Ob das auch in Aubstadt funktioniert? Die Grabfelder werden den Nullfünfern die Sache mit dem Ballbesitz überlassen und Konter aus tiefem Stand fahren. Gmünder, verbal nach dem Sieg heiß gelaufen, war' egal: "Wir haben zweimal auf die Fresse bekommen, das heute ist die wahre Mentalität der Mannschaft. Wir werden auch in Aubstadt über unsere Grenzen gehen."
So ein Matchplan kann nur die gewünschten Resultate ("für uns zählen nur Siege") bringen, wenn man selbst trifft. Dass mit Moll der Offensivspieler erfolgreich sein würde, der den möglicherweise länger ausfallenden Goalgetter Adam Jabiri (Oberschenkel) als Mittelstürmer ersetzen soll, hatte sich zuletzt angedeutet; immerhin war's sein vierter Treffer - fast alle fielen aus dem Nichts. Moll das Phantom? Der Ex-Nürnberger muss es mit weiteren Toren untermauern. "Ich fühle mich vorn am wohlsten", sagte der 21-Jährige, der zuletzt als Achter weitere Wege gehen musste. In beiden Derby erwartet er ähnliche Voraussetzungen wie gegen Fürth: Wenige Chancen, zusätzlich viele Fouls. "Da müssen wir dreckig gewinnen können" - der Fürth-Kick als Generalprobe sozusagen.
Weltmeister Pierre Littbarski auf der Tribüne
Auf der Tribüne saß Weltmeister Pierre Littbarski mit Sohnemann Lucien. Der 19-Jährige, am Dienstag gelb-rot-gesperrt, gehört dem Zweitliga-Kader an, wie der Dettelbacher Devin Angleberger, Qualid Mhamdi und Afimico Pululu, in der vergangenen Erstliga-Runde immerhin acht Mal zum Einsatz gekommen. Das war eine verstärkte Kleeblatt-Elf. "Umso größer bewerte ich den Fortschritt in der Mentalität", lobte Gmünder die "unglaubliche Mannschaftsleistung" seiner Akteure, "die sich in jede Situation rein geschmissen haben. Chapeau."
Als Zwei, die sich ihrer Rolle im beinahe um die Hälfte reduzierten Feldspielerangebot bewusst sind, präsentierten sich Routinier Kristian Böhnlein und der aus Chemnitz gekommene, mit 26 Jahren auch schon zu den Älteren gehörende Lukas Aigner. "Echte Anführer", so Gmünder. Beide trieben verbal an, sorgten für Endspiel-Atmosphäre wie in einem Pokal-Fight, in dem man nicht die bessere, aber die willigere Mannschaft ist. Und am Ende eben Glück braucht.