Nach drei Wochen Wettkampfpause hätte der TSV Aubstadt an diesem Sonntag im Grünwalder Stadion bei Türkgücü München zum Abschluss des Fußballjahres 2023 noch einmal spielen sollen. "Für mich etwas komisch, weil das Spiel vor gut zwei Wochen bei weitaus besseren Bedingungen abgesetzt wurde, als sie jetzt vorherrschen. Aber man muss es nehmen wie es kommt", hatte TSV-Trainer Julian Grell noch Mitte der Woche gesagt. Am Freitagmorgen konnte er aufatmen, denn das Nachholspiel in der Fußball-Regionalliga Bayern musste aufgrund des Wintereinbruchs in München erneut abgesagt werden.
Der Klassenerhalt ist bereits in trockenen Tüchern
"Ich bin ehrlich gesagt froh, dass wir jetzt endlich in die Winterpause gehen können. Drei Wochen nach dem letzten Spiel noch einmal ran zu müssen, wäre richtig schwierig geworden. Die Mannschaft hat sich nach einer bisher sehr anstrengenden Saison die Pause jetzt auch einfach verdient", sagte Grell am Freitagvormittag. Auch hinter dem 37-Jährigen liegen anstrengende, in erster Linie aber auch schöne Monate. Nach seinem ersten halben Jahr als Cheftrainer beim TSV Aubstadt steht die erfolgreichste Vorrunde der Aubstädter in der vierthöchsten Liga zu Buche. Mit 40 Punkten rangieren die Grabfelder auf Rang 4, der Klassenerhalt ist im Vergleich zur Vorsaison diesmal bereits im Winter in trockenen Tüchern.
Beim TSV Aubstadt, dem Verein, in dem er neun Jahre lang in der Landes-, Bayern- und Regionalliga als Stürmer spielte, einmal Cheftrainer zu sein, war schon immer das Ziel von Julian Grell gewesen. "Da gibt es gar nichts drum herum zu reden." Dass es so früh sein würde, kam selbst für ihn etwas schnell. Grell war gerade mit der zweiten Aubstädter Mannschaft auf dem Weg aus der Kreisliga in die Bezirksliga, als er an der Seite von Josef Francic das Regionalliga-Team in einer schwierigen Situation übernahm, um dann im Sommer die alleinige Verantwortung übertragen zu bekommen."Ich war eigentlich immer etwas ungeduldig, wenn auch bereit, zu lernen und Erfahrung zu sammeln. Noch früher, glaube ich, wäre es aber nicht so gut gelaufen."
Grells Start in die Saisonvorbereitung stand unter dem ungünstigen Stern der Steuer-Razzia unmittelbar zuvor. Eine besondere, zusätzliche Herausforderung, weil die Verunsicherung zunächst überall zu spüren waren. "Der Abstiegskampf zuvor hatte ja schon jede Menge Energie gekostet. Dann dieses Ereignis zusätzlich. Das war zunächst schon eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, mit einer gewissen Unsicherheit oder Angst in manchen Fällen, was kommen würde. Es gibt gewiss schönere Momente, irgendwo neu anzufangen", sagt Grell rückblickend.
Gleichzeitig habe sich aber auch gezeigt, wie stark der Verein zusammenhält und alles dafür tut, dass sich die Spieler aufs Wesentliche, nämlich den Fußball, konzentrieren können. "Von daher war es zu Beginn der Vorbereitung überhaupt kein Thema mehr." Die Mannschaft habe von Woche zu Woche immer mehr zueinander gefunden. "Es ist schön zu beobachten, wie sie nicht nur sportlich, sondern auch als Menschen miteinander umgehen", so Grell.
Außer Martin Thomann, nach Stationen beim FC 05 Schweinfurt und der SpVgg Bayreuth zum TSV zurückgekommen, hat kein weiterer Neuzugang Regionalliga-Erfahrung mitgebracht. "Wir haben Wert darauf gelegt, eine verschworene Einheit zu werden und eine gewisse Art von Fußball zu spielen, von der alle überzeugt sind. Auch das Trainerteam ist zu so einer Einheit zusammengewachsen." Die Erwartungen seien natürlich erst mal die gewesen, nicht noch einmal nur um den Klassenerhalt spielen zu müssen.
Bedenken habe er dabei keine gehabt: "Der Kader ist von der Qualität und Breite her sehr gut aufgestellt. Wir haben für jede Postion mindestens zwei Optionen, auch durch die Flexibilität mehrerer Spieler." Und keinen Toptorjäger, aber vier besonders torgefährliche. Marco Nickel und Martin Thomann haben jeweils sechsmal getroffen, Michael Dellinger und Timo Pitter je fünfmal. Insgesamt 14 Spieler haben die 37 Saisontore in der Regionalliga Bayern erzielt.
Dabei hat der TSV Aubstadt einen Start wie aus dem Bilderbuch erwischt. Vier Spiele, zwölf Punkte, 9:0 Tore, dann ein respektables 1:1 bei den Würzburger Kicker. Die erste Niederlage gab es erst im neunten Spiel bei der DJK Vilzing (0:2). An sechs Spieltagen war der TSV Tabellenführer, nie schlechter als Vierter. Dazu kamen drei Pokalsiege in Forst, beim FC 05 Schweinfurt und in Vilzing.
Auf die wenigen Rückschläge folgte sofort eine positive Reaktion
Erfolge, durch die sich das Selbstvertrauen exponentiell vergrößerte und die den Glauben an das Potenzial der Mannschaft zum Eckpfeiler stärkte. Das half, sofort wieder aufzustehen, wenn es einen Rückschlag gab, wie beim 0:5 beim FC Augsburg II oder beim 0:1 in Illertissen. Weil immer eine positive Reaktion kam, wie mit dem 5:0 gegen Schweinfurt oder dem 3:0 in Bamberg. Die nicht kommen konnte nach der ersten Niederlage vor eigenem Publikum nach zuvor neun Siegen und einem Unentschieden. Das 0:1 gegen den SV Wacker Burghausen am 11. November war dann schon das letzte Spiel des Jahres, weil danach alles ausfiel.
Apropos Publikum: Der TSV Aubstadt hat mit einem Zuschaueschnitt von 896 mehr als je zuvor in seiner 102-jährigen Vereinsgeschichte, 9851 insgesamt in den elf Spielen. Doch zurück zum rein Sportlichen mit Julian Grells Feststellung: "Die Basis für erfolgreichen Fußball und so auch unseren Weg ist die Stabilität in der Defensive. Ich war als Spieler immer Stürmer. Am Anfang meiner Trainertätigkeit habe ich vielleicht etwas mehr das Offensive in den Vordergrund gestellt. Inzwischen gehen wir mit einem anderen Ansatz ran, indem wir versuchen, zuerst mal defensiv stabil zu stehen. Kompliment an die Mannschaft, wie sie das mitgegangen ist."
Ein weiteres Kompliment richtet Grell an die Zuschauerinnen und Zuschauer, "mitreißend, wie die Truppe mitgenommen wurde, mitverantwortlich für die Heimstärke. Sie haben dazu beigetragen, wie die Jungs gefightet haben und eine Euphorie entfacht." Der TSV Aubstadt ist in der Heimtabelle die Nummer eins, auswärts guter Durchschnitt. "Wir müssen noch lernen, haben öfter dem Gegner zu schnell unser Spiel aufdrücken wollen. Auch das ist Teil einer Entwicklung", sagt Grell.