Der TSV Großbardorf ohne Udo Eckert (53) und Otto Dietz (52)? Für jemanden, der nach 1993 geboren ist, undenkbar. In jenem Jahr wechselte Udo Eckert von seinem Heimatklub TSV Saal zum TSV Großbardorf, eineinhalb Jahre später folgte ihm Otto Dietz aus Ballingshausen an die Unterhofer Straße. Er kam vom TSV Maßbach.
Torwart Dietz und der im Lauf der Zeit vom Angreifer zum Verteidiger umfunktionierte langjährige TSV-Kapitän Eckert wurden zu prägenden Figuren des Aufstiegs des Klubs aus dem 1000-Einwohner-Dorf im Landkreis Rhön-Grabfeld, der ihn von der Bezirksoberliga bis in die Regionalliga Süd führte. 2008, als der sich nun Grabfeld-Gallier nennende TSV Großbardorf in der vierten Liga gegen Vereine wie Waldhof Mannheim, FC Heidenheim oder den SV Darmstadt 98 an den Start ging, waren Dietz und Eckert schon Teil des Trainerteams.
Als Assistent und Torwarttrainer arbeiteten die beiden seit 2004 dem jeweiligen Cheftrainer des TSV Großbardorf zu: angefangen bei Erwin Albert über Dieter Kurth, Wolfgang Schmitt, Hansjürgen Ragati, Dominik Schönhöfer, André Betz bis zuletzt Andreas Brendler. Mit allen verbindet Eckert und Dietz nach wie vor ein gutes Verhältnis.
Am Samstagnachmittag endet mit dem Heimspiel des TSV Großbardorf in der Bayernliga Nord gegen Vatan Spor Aschaffenburg (Anpfiff: 14 Uhr) die Zeit von Udo Eckert und Otto Dietz beim TSV Großbardorf - Dietz wird sich noch bei der Ausbildung der Jugendtorhüter einbringen.
Vorher verrät Otto Dietz, warum ihm als Torwart ein eigener Fehlschuss lange nachgehangen ist, und Udo Eckert beteuert, dass ihn eigene Tore stets wenig interessiert haben. Und sie spekulieren darüber, ob ihre Familien eigentlich froh sind, dass beide in Zukunft viel mehr Zeit zu Hause verbringen werden.
Otto Dietz: Für mich ist es immer noch der TSV. Wir wissen aber, wie es zum Namen Grabfeld-Gallier gekommen ist. Der ist entstanden in der Regionalliga-Saison 2008, als die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet hat, dass wir uns getraut haben, in diese Liga aufzusteigen: das gallische Dorf.
Udo Eckert: Damit konnten wir uns natürlich identifizieren. Die damalige Regionalliga ist mit der jetzigen ja nicht vergleichbar. Jetzt ist sie eine Bayern-Liga. Bei uns war es wirklich eine Regional-Liga, in der ein Dorfverein wie Großbardorf auch gegen Klubs aus Hessen und Baden-Württemberg gespielt hat.
Dietz: Ich sage lieber: Diesen einen Ball hätte ich gerne rein geschossen. In der Winterpause 1994/95 bin ich vom TSV Maßbach in die Landesliga nach Großbardorf gewechselt und am Saisonende mussten wir ins Entscheidungsspiel gegen die DJK Schweinfurt in Bad Kissingen. Ich habe den entscheidenden Elfmeter verschossen und wir sind abgestiegen. Diese Geschichte ist mir lange nachgehangen.
Dietz: Die entscheidende Parade meiner Karriere war definitiv 2003 im Entscheidungsspiel in Altdorf um den Aufstieg in die Bayernliga gegen Burgkirchen. Ich habe den Ball erst an den Pfosten gelenkt und den Nachschuss gehalten. Wir haben das 2:1 über die Zeit gebracht und sind letztendlich aufgestiegen.
Dietz: Joachim Seufert von der DJK Schweinfurt war ein überragender Fußballer. Er hatte den besten Schuss mit der Breitseite, den es jemals gegeben hat. Für einen Torwart ist es ein Problem, wenn einer so eine Ruhe im Abschluss hat. Der Joe hat in diesem Entscheidungsspiel gegen die DJK Schweinfurt den Anschlusstreffer erzielt. Und es gab den Daniel Eckstein, der in Bayreuth und Frohnlach gespielt hat. Der hat, glaube ich, immer gegen mich getroffen.
Eckert (lacht): Das ist ja eine tolle Frage. Ich habe natürlich die eine oder andere Chance vergeben, aber mir fällt jetzt keine ein, die mich nachts aufwachen lässt. Ich weiß aber auch gar nicht mehr, wie viele hunderte Spiele ich für den TSV gemacht und wie viele Tore ich erzielt habe.
Dietz: Udo hat viele wichtige Tore geschossen, weil er ein Stürmer war, der immer bis zum Schluss gebrannt hat. Wir lagen mal 0:3 zurück gegen Kahl...
Eckert: Stimmt, da habe ich noch vier Stück gemacht und wir haben gewonnen.
Eckert: In meiner Anfangszeit hier, als ich noch im Angriff gespielt habe, habe ich bestimmt auch das ein oder andere wichtige erzielt. Einzelne Tore sind für mich nie im Vordergrund gestanden. Für mich ging es um den Erfolg der Mannschaft. Und Erfolge haben wir in diesen fast 30 Jahren viele gefeiert.
Eckert: Es gab einige, die auf dem Platz nicht gerade meine Freunde waren. Ich war aber auch ein Typ, an dem man sich reiben konnte. Vielleicht war es eher andersherum.
Dietz (lacht): Einem Torwart muss man diese Frage nicht stellen. Nach einem 4:4 wird niemand sagen: Zum Glück war euer Torwart heute so gut.
Eckert: Die Zuschauer wollen lieber ein 4:4 sehen, das ist viel attraktiver als ein 0:0.
Dietz: Legendär war, wie wir von den Fans von Darmstadt 98 nach unserem 1:0-Sieg dort abgefeiert worden sind, obwohl damals unser Abstieg aus der Regionalliga schon feststand. Die sind für uns Spalier gestanden, ihre Mannschaft haben sie aber nicht aus der Kabine gelassen. Vorgefahren waren wir mit einem rosafarbenen Bus, die Ordner wollten uns erst gar nicht ins Stadion lassen.
Eckert: Und die ganzen Aufstiegsfeiern. Von denen gab es ja einige: von der Bezirksoberliga in die Landesliga, in die Bayernliga, in die Regionalliga Süd. Da waren wir bis in die Früh im Sportheim. Mit allem, was dazugehört. Was man nicht vergessen sollte: Wir waren zehn Jahre lang jeden Winter im Trainingslager in der Türkei. Einmal waren wir in einem Hotel, in dem in der Woche davor Borussia Dortmund gewesen ist. Von diesen Erlebnissen werden wir immer erzählen. Ich rechne dem Verein hoch an, dass er das ermöglicht hat.
Eckert: Als wir noch selbst gespielt haben, war das der TSV Aubstadt. Gegen den haben wir, glaube ich, zu jener Zeit nie verloren.
Dietz: Oder der Würzburger FV. Bei den Spielen ist es zur Sache gegangen und hinterher war im Sportheim immer was los. Egal, ob wir oder die gewonnen haben.
Eckert: Früher war es anders. Auf dem Platz hat man sich mehr bekämpft als heutzutage, aber danach war es Standard, gemeinsam zu feiern.
Dietz: Das war auch mit den Aubstädtern so.
Eckert: Ich kann da für uns beide sprechen, wenn ich sage, dass wir mit jedem einzelnen gut zusammengearbeitet haben. Sowohl sportlich als auch im privaten Bereich und im Nachgang.
Dietz: Alle sind auf uns zugekommen und haben uns in die Arbeit eingebunden. Später hat vielleicht auch der ein oder andere von unserer Erfahrung profitiert.
Eckert: Diese Erfahrung haben wir dem Verein und dem Cheftrainer zur Verfügung gestellt. Wir waren nie diejenigen, die hintenrum an den Cheftrainer-Posten kommen wollten.
Eckert: Weil ich weiß, was für eine Arbeit an diesem Job hängt. Du musst von Früh bis Abend präsent sein. Das würde mich zu viel Kraft und Substanz kosten, weil ich jemand bin, der immer alles perfekt machen will.
Eckert: Ich bin so lange hier und habe so viele Leute schätzen gelernt und Freunde gewonnen. Gerhard Schüler, Andreas Lampert und wie sie alle heißen. Ich werde bestimmt immer wieder hier aufschlagen, aber ich werde nicht jeden Samstag hier sein.
Dietz: Bei mir wird es genauso sein. Ich habe das mal hochgerechnet: Wir spielen mit Großbardorf seit 2003 in der Bayernliga, seit 2013 in der Nordgruppe. Wir haben in dieser Zeit im Mannschaftsbus locker fünfmal die Welt umrundet. Das muss man sich mal bewusst machen. Dazu gab es Jahre, in denen ich beruflich an die 80.000 Kilometer gefahren bin. Für mich war das ein zentraler Punkt bei meiner Entscheidung. Ich möchte meine Wochenenden jetzt so gestalten, wie ich das will.
Eckert: Der Termindruck, auch unter der Woche, wird mir nicht fehlen. Es war jetzt die ganze Zeit so, dass daheim jedes Mal, wenn wir mal Rad fahren oder wandern wollten, immer die Frage kam: Bist du da oder hast du Fußball? Ich musste oft antworten: Hier geht es nicht und da auch nicht.
Eckert (lacht): Das müsste ich mal meine Frau fragen, ich bin mir nicht so ganz sicher. Sie kennt mich ja nicht anders. Ich bin seit 1993 in Großbardorf und habe sie im gleichen Jahr kennengelernt. Sie weiß, wie ich ticke und dass ich immer beim Fußball war. Wir bekommen das selbstverständlich geregelt.
Dietz: Ja, wir klopfen hier Sprüche. Aber für die Partnerin ist das nicht ohne. Das ist wie, wenn jemand in Rente geht und plötzlich den ganzen Tag daheim hockt. Damit muss man erst einmal klarkommen. Meine Partnerin hat schon gesagt: Wir müssen halt mal schauen, wie wir das regeln. Umgekehrt ist es natürlich so, dass wir - gerade samstags - künftig einiges mehr selbst erledigen können.
Der Stachel sitzt tief...
Regionalliga Süd, in Schweinfurt, durchschnittlich 130 Zuschauer, aufgestiegen als 5. der Bayernliga, sang und klanglos abgestiegen, dazu verschuldet.
Bravo!