Um den Aufstieg in die Bayernliga
TSV Großbardorf - SVG Burgkirchen
2:1 (1:1)
7. Juni 2003, 2017 Uhr: Dieses Datum wird ganz groß in die Historie des TSV Großbardorf eingehen: Zu diesem Zeitpunkt pfiff Schiedsrichter Greipl die Partie ab, welche die Grabfelder vielleicht schon in die Bayernliga gebracht haben könnte: Denn da sich der FC 05 Schweinfurt einen Tag später mit einem 3:1-Erfolg gegen Aalen sportlich den den Klassenerhalt in der Regionalliga gesichert hat, ist der Bayernliga-Platz frei für den Sieger des Relegationsspiels in Altdorf. Und der hieß nach 90 hochdramatischen Minuten TSV Großbardorf. Sollte der Deutsche Fußball-Bund aber den Schüdeln die Lizenz aus wirtschaftlichen Gründen verweigern, müssen die Boardfer am Mittwoch in Neumarkt gegen den Passau gewinnen, um völlig losgelöst die Sensation feiern und sich Bayernligist nennen zu können (siehe nebenstehenden Bericht).
Zurück zum Spiel: "Endlich haben wir einmal so ein Mist-Spiel gewonnen", so die erste drastische Reaktion von TSV-Trainer Erwin Albert. Dann fiel die gesamte Anspannung von ihm ab und ein breites Lachen legte sich über sein Gesicht. Und im Augenblick des Triumphes wusste er auch, beim wem er sich zuerst bedanken musste. Bei Teufelskerl Otto Dietz: "Otto hat wirklich super gehalten", so der Coach im Überschwang. Der Gelobte selbst kniete allein nach dem Abpfiff in Siegerpose auf dem Altdorfer Rasen, mit in die Luft gestreckten Armen. Doch nicht lange. Bald strömten von allen Seiten seine Mitspieler auf ihn zu, umarmten ihn und drückten den Matchwinner zu Boden."
Dietz selbst kostete den Triumph restlos aus: "Ich bin bekannt dafür, dass ich auch einmal einen Einhundertprozentigen ziehen kann. So ein Spiel machst du nur zwei bis dreimal im Leben. Ich bin froh, dass das mir heute gelungen ist. Ich wusste bereits im Vorfeld, dass ich der Mannschaft helfen kann, Deshalb war ich vor dem Anpfiff überhaupt nicht nervös".
Seine Kameraden stimmten in den Lobgesang ein. "Jetzt können wir feiern. Ich kann es noch gar nicht richtig fassen", so Thomas König. "So etwas miterleben zu dürfen. Das ist Wahnsinn." Das ist ein Traum. Ich bin außer mir vor Freude", jubelte Mario Wirth. "Heute hat man gesehen, was in der Elf steckt. Wir haben bewiesen, dass wir eine echte Mannschaft sind," bilanzierte dagegen Matthias Gerhardt eher nüchtern.
Dagegen bemühte der Kapitän zu Recht den Superlativ: "Das ist sensationell, das Größte für mich und den Verein", so Kapitän Udo Eckert, der wegen eines Schlages in die Wade frühzeitig ausgewechselt werden musste. Ebenfalls ausgewechselt werden musste später Libero Oliver Wölfling mit einer schweren Verletzung. Riss der Achilles-Sehne, so die bittere Diagnose. Doch zur wehleidigen Klage war nicht der rechte Augenblick: "Das ist Wahnsinn. Heute haben wir das Glück gehabt, das uns vor zwei Jahren gefehlt hat." Und in allen Statements war ein Satz dabei: "Unseren Sieg haben wir Otto Dietz zu verdanken. Er hat ihn festgehalten".
Sensationell, was Dietz in der letzten Viertelstunde hielt. Seine Paraden verschlugen selbst den SVG-Anhängern den Atem. "Das ist ja unglaublich, was euer Torhüter alles hält", so die Kommentare aus den Burgkirchener Reihen.
Einige Kostproben vom Können des Mannes, der beim TSV nun in den Fußball-Adelsstand erhoben werden und sich "Otto der Große" nennen dürfte: Nach einer schönen Kombination der Burgkirchener bekam Michael Fischer das Leder kurz vor Dietz. Doch beim TSV-Torhüter gab es kein Vorbeikommen. Beispiel Nummer zwei: Dietz entschärfte fünf Minuten später einen Fischer-Direktschuss. Beispiel Nummer drei: Florian Schröck scheitert aus zwölf Meter am glänzend reagierenden TSV-Zerberus.
Seine größte Tat aber verbrachte Dietz in der 88. Minute: Der agile Richard Hauser hatte aus Nahdistanz abgezogen, aber der "Lange" brachte seine Fingerspitzen gerade noch an das Leder. Dieses prallte an den Innenpfosten und von dort ihm wieder in die Arme.
Neben Dietz und einer Portion Glück hatten die Grabfelder noch weitere Trumpfkarten im Ärmel: Da wäre zunächst eine vorbildlich gute Moral zu nennen. Diese bewiesen die Großbardorfer nach dem schnellen 0:1. Nur kurz war die Elf irritiert. Doch danach nahm man das Projekt Ausgleich couragiert in Angriff. Und das mit Erfolg. Denn nach 22 Minuten war es geschafft. Von der Strafraumgrenze ließ Florian Büttner dem SVG-Keeper keine Chance. Und diese dies sollte nicht der einzige Paukenschlag des Youngsters beim TSV bleiben.
Jürgen Hein, eigentlich TSV-Torjäger vom Dienst, hatte es bereits vor der Partie geahnt. "Heute ist es egal, wer die Treffer erzielt. Wahrscheinlich sogar einer, dem man nicht unbedingt Torjäger-Qualitäten nachsagt". Ob er bei seiner Prognose bereits an Büttner gedacht hat. Dieser war völlig happy, gelang ihm doch auch noch der entscheidende Schlag zum 2:1-Siegtreffer. "Das ist ein überragendes Gefühl. Wenn man nach einer so gut für mich verlaufenen Saison in einem solchen großen Match noch zwei Kisten macht, unglaublich".
Als sich Erwin Albert nach dem Genuss eines Weißbiers beruhigt hatte, fand auch er zu einer klaren Spiel-Analyse: "Wir waren in der ersten Hälfte die bessere Elf und hatten auch Chancen zum 2:1. Nach der Pause war Burgkirchen spielbestimmend. Sie haben das Spiel breit gemacht und gut gespielt. Durch die Auswechslung von Wölfling ist die Ordnung in der Abwehr verloren gegangen. In der Schlussphase hatten wir einiges Glück und einen überragenden Otto Dietz."
TSV-Manager Gerhard Schüler war die Partie sichtlich an die Nerven gegangen. "Fußball kann die schönste Nebensache der Welt sein. Er kann aber auch furchtbar brutal sein", so der eigentliche Macher des Erfolges. Dabei dachte er bestimmt an die letzten 15 Minuten, die nicht nur ihm unendlich lang vorgekommen sein mussten. Doch nachdem sie überstanden waren, ging Schülers Dank an die Mannschaft und die zahlreich mitgereisten Fans. "Das war phänomenal, wie viele Anhänger sich mit uns auf den Weg nach Altdorf gemacht haben."
Bestimmt 300 Fans der Boardfer waren in drei Bussen und zahlreichen Privat-Autos nach Mittelfranken gereist, um ihren TSV zu unterstützen. "Wenn wir es schaffen sollten, in die Bayernliga aufzusteigen, wäre dies ein Verdienst von ihnen, ein Highlight für die Mannschaft und die Region".
Doch noch müssen sich die Durstigen der Region mit der ultimativen Feier gedulden. Otto Dietz jedenfalls will auf Nummer sicher gehen: "Ich sorge dafür, dass heute nur Wasser getrunken wird, noch ist es nicht soweit!"
Ganz konnte er sich da bei seinen Kameraden nicht durchsetzen. Im Bus soll schon das ein oder andere Weißbier gekippt worden sein. Und gestern fand sich die ganze Mannschaft zu Besuch bei Oli Wölfling ein, dem nach seinem Achillessehnen-Riss nun eine Operation bevorsteht. "Da haben wir uns schon noch ein Bierchen gegönnt", berichtete TSV-Pressesprecher Andreas Lampert. Doch bereits gestern morgen bat Erwin Albert seine Truppe zu einem leichten Training auf den Rasen gebeten: "Wir schlagen jetzt sicherheitshalber auch noch Passau, dann sind wir über alle Zweifel erhaben", so der konsequente Trainer.
Und dann kann den Großbardorfer Helden das weitere Schicksal der Schnüdel restlos egal sein und das Freibier in Strömen fließen!