Der Nachmittag ist grau, aber trotz des nasskalten Wetters flanieren viele Fußgänger durch die Domstraße. Christian Schuchardt kommt Punkt 14 Uhr zur Straba-Haltestelle am Rathaus. "3 Minuten" leuchtet es an der Anzeigetafel für die Linie 5. Schuchardt zückt eine Streifenkarte. Der bekennende Radfahrer ist als Straba-Passagier auch ein bekennender Streifenkarten-Nutzer. "Da kostet die Fahrt nur 1,93 Euro", rechnet er vor. Knapp einen Euro weniger als der Einzelfahrschein ab fünf Stationen, der mit stolzen 2,80 Euro zu Buche schlägt.
Und dann biegt auch schon die Linie 5 am Dom um die Ecke. Mit der "5" kann man zwar bis Rottenbauer fahren, das Ziel der Fahrt von Schuchardt und dem Main-Post-Reporter ist aber der Heuchelhof, so wollte es das Los. Die Fahrpreise, spielt Schuchardt das Tarif-Thema weiter, seien nicht alles: "Wir müssen in Qualität investieren: Taktung, Fahrzeuge, Linienführung."
Zum Heuchelhof jedenfalls geht es von der City aus geradezu ideal: 21 Minuten nach dem Start am Rathaus hält die Bahn an der Berner Straße. Hier ist der Heuchelhof so, wie man sich Ende der 1960er Jahre die moderne Wohnstadt vorstellte: Hochhäuser, viel Beton, dichte Bebauung. Vergangenes Jahr hat der Stadtteil den 50. Jahrestag seiner Gründung gefeiert. Rund 10 000 Menschen wohnen hier.
Mischung von Lebenslagen und Lebensentwürfen am Heuchelhof
Schuchardt steuert auf den Place de Caen zu. Der Platz hat zum 50-Jährigen ein Kunstwerk bekommen: Die "Love/Hate"-Skulptur der Künstlerin Mia Florentine Weiss wanderte im September 2019 vom Domvorplatz an den Heuchelhof. "Die Heuchelhöfer lieben es", ist sich Schuchardt sicher und stellt sich zum Foto auf die Love-Seite des rostbraunen Schriftzugs.
Der Blick fällt auf die Hochhäuser in der Nähe. Würde man heute noch so bauen? "Vielleicht nicht mehr ganz so hoch, aber trotzdem finde ich den Heuchelhof auch heute noch ausgesprochen modern", sagt Schuchardt. Modern? Ja, richtig gehört. Weil am Heuchelhof die Idee der Trabantenstädte – große Entfernung zwischen Arbeit und Wohnen – nie ganz umgesetzt worden sei. Hier an Würzburgs Peripherie habe man schon immer arbeiten und wohnen können. Und dann die gemischte Bebauung: In Sichtweite der Hochhäuser beginnen die Einfamilienhaus-Siedlungen. "Das ist eine hochgradige Mischung von unterschiedlichen Lebenslagen und Entwürfen", sagt Schuchardt, "und das ist gut so. Wir wollen keine Parallelgesellschaften."
Hier waren Christian Schuchardt und der Main-Post-Reporter unterwegs:
Ein schönes Ziel. Aber funktioniert das? Ein CSU-Wahlplakat an einem Schaufenster wirbt für einen Bürgerabend – auf deutsch und auf russisch. Ist das nun Integration oder die akzeptierte Parallelwelt? "Das muss man wertfrei betrachten. Wenn man das in seiner Muttersprache liest, spricht einen das auch noch einmal mehr an", findet Schuchardt. Und ja, im Laden "Moskau" hat er auch schon eingekauft: "Wurst, Sprotten und Gemüse".
Was der Heuchelhof gerade erlebe, das sei ein Generationswechsel. "Das kennen wir von allen Bestandswohngebieten", sagt Schuchardt und trifft wie zum Beweis am "Bewegungsfeld" einen jungen Papa mit Kind. Aus dem früheren Gummispielplatz ist eine bunte Freifläche geworden, das Bund-Länder-Förderprogramm "Soziale Stadt" machte es möglich. Schuchardt wendet sich dem jungen Papa zu. Für einen kurzen Moment wird aus dem 51-jährigen Oberbürgermeister und Wahlkämpfer der werdende Vater: "Bei mir dauert's noch ein bisschen", sagt er zu dem Mann auf dem Spielplatz, "aber ich habe schon das Kinderbett zusammengebaut." Ziemlich genau zum Wahltermin wird das Kind von Schuchardt und seiner Lebensgefährtin Eva-Maria Bast zur Welt kommen.
Schuchardt setzt auf stärkere Vernetzung mit dem Würzburger Umland
Als der Heuchelhof vor 50 Jahren entstand, entlastete er die Würzburger Wohnsituation. Inzwischen ist bezahlbares Wohnen in der Stadt längst wieder ein Problem. Was ist die Lösung? "Nachverdichtung funktioniert im Einzelfall, zum Beispiel auf dem Faulenberg-Gelände. Aber wir können die Situation nur durch Bauen verbessern, und da werden wir auf Lösungen mit den Umlandkommunen angewiesen sein." Dann gehe es auch um eine stärkere Vernetzung beim ÖPNV, bei Rad- und Fußwegen: "Deshalb wird es ab der neuen Wahlperiode auch einen Mobilitätsausschuss von Stadt und Landkreis geben."
Der Weg führt zum ehemaligen Schwimmbad in der Den Haager Straße. Das lag seit den 90er Jahren brach, heute ist es ein Stadtteil-Treffpunkt. Schuchardt begrüßt im Foyer einen älteren Herrn, der gleich zur Sache kommt: Der Verkehr auf dem Mittleren Ring! "Da werden doch nur Staus produziert", sagt er und macht seinem Frust Luft über die Ampelschaltungen und die vor 25 Jahren gesperrte und später abgerissene Siligmüllerbrücke. Kein Zweifel, der Mann fährt gern Auto. Und er ist sehr verärgert.
Schuchardt versucht es mit Argumenten: Die Brücke wird wieder aufgebaut, für drei Millionen soll die Ampelschaltung intelligenter werden, und an der Nürnberger Straße kommt noch eine Auffahrt. Doch der Mann ist eine harte Nuss. Nur damit "die Laubfrösche zufrieden sind" habe man auf der Heuchelhofstraße eine Fahrradspur eingerichtet: "Ich habe da bisher nur einen Radfahrer gesehen!"
Der OB und Wahlkämpfer Schuchardt ist Profi genug, um zu merken: Den Mann überzeugt er heute nicht mehr. Dafür notiert er sich ins Buch, was den Mann aufregt. "Das ist doch genau der Punkt", sagt er später. "Man muss die gesamte Gesellschaft mitnehmen. Politik gegen Autofahrer ist auch falsch. Stattdessen muss man alternative Angebote machen, um Menschen zum Umsteigen zu animieren nach dem Motto: Du stehst nicht im Stau, du bist der Stau. Aber es wird trotzdem immer Menschen geben, die aufs Auto angewiesen sind. Deshalb sage ich auch: Ich stehe nicht für Radikalismus und Dirigismus."
Die Menschen mitnehmen – es ist Schuchardts großes Wahlkampfthema. Der Oberbürgermeister als unideologischer Pragmatiker, so will er gesehen werden. Auf den Main-Post-Bierdeckel schreibt er nur einen Satz: "Den Ausgleich in der Gesellschaft gemeinsam meistern!"
Als OB war Schuchardt kein konservativer Hardliner
Diesen Ausgleich hat Schuchardt auch zuvor schon in den knapp sechs Jahren Amtszeit gesucht. Die Würzburger Willkommenskultur während der Flüchtlingskrise 2015 oder seine unverkrampfte Haltung zu unterschiedlichen Lebensentwürfen – Christian Schuchardt war nie ein konservativer Hardliner. Als 2018 der Kreuz-Erlass aus München für Wallung sorgte, hielt Schuchardt auf Facebook lächelnd einen Buddha in die Kamera. Im Falle der Wiederwahl hat er konkrete Wahlaussagen parat: "ÖPNV stärken, Wohnungsbau, die Zukunft der Kickers, Erschließung der Festung."
Die Damen-Gruppe, die an diesem Nachmittag im "Café Mittendrin" in der Den Haager Straße Rommé spielt, interessiert allerdings etwas anderes: Dieses Kunstwerk da auf dem Place de Caen, diese rostige Skulptur, die hätte es doch wirklich nicht gebraucht! Anders als die Politik ist Kunst eben doch Geschmackssache.
Für konservativ-bürglich-vernünftig denkende Menschen bleibt nur noch Herr Omert.
Der“Heilig(e) Martin“ und seine „Grünen Hansel“als Macher für Würzburg,einfach zum Lachen. Den Mut das Geld anderer Leute hinauszuschleudern hatten die Grünen schon immer und im „Sprüche und Wind machen“sind sie geradezu unschlagbar!!
…ich werde meine Stimmen sicherlich nicht den „Grünen“geben,die durch ihr Zutun unser Land wieder in einen Krieg (Bosnien)schickten,die Abholzung des Hambacher Forstes billigten,bei der Planung der B26n in Unterfranken nur durch dumme Sprüche auffielen und bei der Verbauung des „Frischluftkanals“im vorderen Steinbachtal tatenlos zusahen! Daß Sie eine geradezu vernebelte Meinung haben ist allgemein bekannt und durch Ihre Kommentare zur Genüge gefestigt.