Gegen die Fachhochschule am Alandsgrund, für einen Autobahntunnel unter dem Heuchelhofberg, für die Begrünung des Faulhaberplatzes – Dagmar Dewald hat schon für viele Bürgerinitiativen gekämpft. Nun kämpft sie für die ÖDP um das Amt der Oberbürgermeisterin der Stadt Würzburg. Was will sie in der Stadt verändern, sollte sie gewählt werden? Das erklärt sie auf einem Spaziergang durch den Stadtteil Heidingsfeld.
Das Los hat für sie entschieden: Jeder der sieben OB-Kandidaten hat von der Redaktion einen Stadtteil zugelost bekommen. Treffpunkt ist immer am Rathaus, denn da wollen die Kandidaten hin. Von dort fahren Kandidat und Redakteur gemeinsam mit öffentlichen Verkehrsmitteln in den Stadtteil.
365-Euro-Ticket soll unbedingt kommen
Dewald fährt mit dem Klapprad am Vierröhrenbrunnen vor – denn das braucht zusammengefaltet in der Straßenbahn kein eigenes Ticket. Mit dem Rad im Gepäck ist die 54-Jährige schon durch halb Europa gereist, erzählt sie. "Meine Familie fährt seit Jahr und Tag nur mit dem Zug in den Sommerurlaub an die Nordsee", sagt Dewald. Ein Auto hat die Familie zwar, aber das werde nur im Notfall verwendet.
Im Alltag sei sie mit der Straßenbahn oder dem Rad unterwegs. Für die Tour durch "Hätzfeld" ist sie mit Handschuhen, Schal und warmer Mütze ausgestattet, denn es ist ein kalter Tag Anfang Januar, gut zweieinhalb Monate vor der Kommunalwahl.
2,80 Euro kostet eine Einzelfahrt mit der Straba - "Das ist zu teuer, ganz klar", sagt Dewald. Ein 365-Euro-Ticket steht daher oben auf der Liste mit Dingen, die sie angehen will, sollte sie zur Würzburger Oberbürgermeisterin gewählt werden. Zur Finanzierung hat sie allerdings noch kein klares Konzept.
Autos nehmen zu viel Platz ein
"Die Straßenbahn ist ein großer Entwicklungsmotor für die Stadtteile." Den Bau der Linie 6 will sie daher vorantreiben, auch wenn die direkt vor ihrer Haustür im Frauenland fahren würde. Wichtig ist ihr die Reaktivierung des Bahnhaltepunkts am Ostbahnhof in Heidingsfeld und in Zukunft eine Linie 7 nach Versbach. Sogar eine Seilbahn über den Main kann sie sich vorstellen, oder ein Schnellboot als Wassertaxi für die Randgemeinden: "Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, um so viele Autos wie möglich aus der Stadt zu lenken."
Heidingsfeld ist für Dewald ein Heimspiel, denn dort hat sie viele Jahre mit ihrer Familie gelebt. Mit der Straba ist das "Städtle" gut zu erreichen, nach knapp einer Viertelstunde Fahrt hält die Bahn an der Haltestelle Reuterstraße. Dewald steuert direkt auf den kleinen Platz vor dem Nikolaustor zu.
Hier waren Dagmar Dewald und die Main-Post-Reporterin unterwegs:
"Man muss sich mal vorstellen, wie schön dieser Platz aussehen würde, ohne die vielen parkenden Autos." Sie sieht Potential für ein Stadtteilzentrum, einen Ort, an dem Leute im Sommer gemeinsam draußen sitzen, vor der Kulisse des historischen Nikolaustors. "Wir haben uns daran gewöhnt, wie viel Platz Autos einnehmen, dabei ersticken wir mittlerweile beinahe", so Dewald. Sie will weniger Parkplätze, dafür mehr Zuhause-Gefühl.
Würzburger sollen sich mit ihrem Stadtteil identifizieren
Ebenso am gerade fertiggestellten Heidingsfelder Rathausplatz: "Mir ist es wichtig, in den Stadtteilen ein Gefühl von Identifikation zu schaffen", sagt Dewald. Am Rathaus habe man mit dem abgesenkten Bordstein und dem durchgehenden Pflaster das Platzgefühl geschaffen, das dem Altort sonst gefehlt habe, so Dewald. Die Heidingsfelder waren nicht nur begeistert: Der Platz sei zu grau, zu viel Fläche versiegelt, es fehlten Bäume und Pflanzen. "Das stimmt", räumt Dewald ein, "da muss noch mehr passieren."
Zum "Zuhause-Gefühl" im Stadtteil gehören für Dewald auch Läden in der Nachbarschaft, wie etwa der kleine Kupsch am Heidingsfelder Rathausplatz, oder Spielplätze, wie der Grönert-Spielplatz. "Es ist wichtig, dass wir uns in digitalen Zeiten auch noch persönlich treffen an Orten wie diesem."
Sie sei in die Politik gegangen, weil ihr gefiel, wie sich die ÖDP für Familien einsetzt. Als Oberbürgermeisterin wolle sie, die selbst Mutter von vier Kindern ist, den beschlossenen Investitionsplan für die Schulen abarbeiten und die freien Träger von Kindertagesstätten stärken.
Passen Denkmalschutz und Politik für die Zukunft zusammen?
Leidenschaftlich wird Dewald beim Thema Denkmalschutz: "Niemand mag gesichtslose Bauten, es sind die Altorte, in denen die Menschen ihre Wurzeln spüren." In Heidingsfeld findet sie viel Schützenswertes wie die alte Stadtmauer, das Speierloch, den Zehnthof oder das Nikolaustor. "Um sich historische Gebäude anzuschauen, fahren manchen Menschen in den Urlaub. Wir haben die vor der Haustür."
Dort, wo die Stadt in den 70er-Jahren für den Autoverkehr umgebaut wurde, will sie alte Strukturen wieder aufbauen. Dass Wähler ihr Engagement für den Denkmalschutz missverstehen könnten, sie eventuell für jemanden halten, der nicht an die Zukunft denkt – die Sorge hat sie nicht. "Wir wollen jetzt hier gut leben und die Weichen für eine Zukunft in der Stadt stellen", sagt Dewald. Erhalten sei nachhaltiger als abreißen. "Rückwärtsgewandt ist die Autopolitik, die wir im Moment machen."
Außerhalb der Politik beschäftigt sie sich zur Zeit auch viel mit der Vergangenheit: Nach ihrem Abschluss in Theologie und Philosophie im vergangenen Jahr hat Dewald gerade ein zweites Masterstudium begonnen mit dem Titel "Mittelalter und Frühe Neuzeit". 2014 hat sie angefangen zu studieren: "Ich wollte mich weiterentwickeln, während ich mit den Kindern zu Hause war – und gleichzeitig flexibel und für meine Kinder ansprechbar sein", erklärt sie ihre Motivation.
Oberbürgermeister ist nicht der "Bestimmer"
Was können Wähler von einer Oberbürgermeisterin Dagmar Dewald erwarten? "Mir ist es wichtig, alle Stimmen zu einem Thema zu hören – vor allem von den Menschen, die sich sonst zurückhalten." Bürgerbeteiligung steht im Wahlprogramm der Partei an erster Stelle.
Was es bedeutet, eine Leitungsfunktion zu haben, wisse sie aus ihrem Engagement in der Partei, als Sprecherin von Bürgerinitiativen und Ehrenämtern an den Schulen ihrer Kinder. Gute Führung bedeute auch, an einem Entschluss, den man gemeinschaftlich gefasst habe, dran zu bleiben und die Umsetzungen voranzutreiben. "Man ist als OB ja nicht plötzlich der alleinige Bestimmer", sagt sie.
Welchen Ort in Würzburg Dagmar Dewald besonders gern mag, erfahren Sie im Video:
Hier lesen Sie die Porträts der anderen OB-Kandidaten:
- Volker Omert (Freie Wähler) will reden und von sich reden machen
- Wie Martin Heilig Bayerns erster Grüner OB werden will
In einer früheren Version hieß die Überschrift "Dagmar Dewald träumt von einem autofreien Würzburg". Tatsächlich möchte Dewald sich für weniger Autos in der Stadt einsetzen. All diejenigen, die auf ein Auto angewiesen sind, etwa Senioren oder Eltern mit Kindern, sollen weiter mit dem Auto in die Stadt fahren können, so die ÖDP-Kandidatin. Dass sie von einem "autofreien" Würzburg träume, hat Dewald so nicht gesagt. Wir entschuldigen uns für den falschen Eindruck, der durch diese Überschrift entstanden ist.
Wir haben uns daran gewühnt, dass der Straßeraum zu 90% von PKW beansprucht wird und mit den SUV wird der nötige Platz auch noch immer breiter. Von daher finde ich es gut, wenn Frau Dewald hier positive Visionen hat. Und wie es im Artikel ja auch heißt, soll zuerst immer eine Bürgerbeteiligung stehen, sprich die Anwohner gestalten mit, wie ihre Straßen und Plätze aussehen sollen. Außerhalb Bayerns ist soetwas standard aber hier klingt das freilich abgehoben. Dabei reicht mal ein Blick über den Tellerrand! Ich habe in den letzten Jahren hunderte von vergleichbaren europäischen Städten besucht und so viel Verkehrsprobleme wie hier kenne ich fast nur vom Balkan. Die Visionen sind für mich daher realistisch, auch wenn sicherlich nicht immer und überall in der Stadt umsetzbar. Es braucht Visionen!
Florian Evenbye
Dass sie im Leben noch nichts geleistet hat, wie @albatros meint, stimmt wohl nicht. Als Journalistin für die Tagespost und als vierfache Mutter hat sie einiges geleistet.
Sicher keine Kandidatin für die Massen - aber sympathisch und aktiv.
Außerdem steht noch da, dass sie als freie Journalistin und Lektorin gearbeitet hat...Was ist denn Ihrer Ansicht nach richtige Arbeit? Aber ob diese Studien und das Engagement in Bürgerinitiativen als Grundlage für ein OB Amt reicht, das bezweilfe auch ich.
Wenn sie auf dem Land wohnen und dort Mama oder Papa Taxi spielen, gut so, keiner hindert sie daran, diesem Hobby nachzugehen.
In Zukunft wenn die e Fortbewegungsmittel billig für jedermann zu erwerben sind wird jeder mit seinem e mobil schnell umweltfreundlich in die Stadt fahren wollen. Also wir werden sehr viel mehr individuelle Mobilität bekommen.
D.d mehr Abstellflächen und Straßen