
Der wegen sexuellen Missbrauchs einer Minderjährigen rechtskräftig verurteilte und von Bischof Franz Jung suspendierte Priester bleibt suspendiert. Das gab das Bistum Würzburg am Donnerstag bekannt. Das kirchliche Gericht der Diözese, das Offizialat, habe im Auftrag der Kongregation für die Glaubenslehre in Rom am 4. Oktober das Urteil gefällt.
Nach einer "umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände" verhängte das kirchliche Gericht den Angaben zufolge gegen den 45-Jährigen unbefristet das Verbot der Ausübung des priesterlichen Dienstes. Weiter sei die Besoldung des Priesters auf eine reine Grundsicherung reduziert worden. Priester und Kirchenanwalt können gegen das Urteil Berufung in Rom einlegen, heißt es weiter. Der verurteilte Priester aus dem Raum Bad Kissingen befinde sich in therapeutischer Begleitung in einer Einrichtung außerhalb des Bistums Würzburg.
Am 20. August 2020 war der Priester am Amtsgericht Bad Kissingen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten und einer Geldstrafe verurteilt worden. Die Haftstrafe wurde auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Der Priester sowie die Staatsanwaltschaft Schweinfurt legten Rechtsmittel ein. Bei der Verhandlung am Landgericht Schweinfurt am 18. Februar 2021 zogen beide Parteien ihre Berufung zurück. Das Urteil wurde somit rechtskräftig.
Kirchenrichter glaubten den Aussagen der inzwischen 24 Jahre alten Betroffenen
Das kirchliche Richterkollegium entscheide unabhängig. In Übereinstimmung mit dem Urteil des Bad Kissinger Amtsgerichts sei das Kirchengericht von der Glaubhaftigkeit der Aussagen des Opfers, einer inzwischen 24-jährigen Frau, ausgegangen.
Das Amtsgericht habe jedoch lediglich den Tatzeitraum behandelt, in dem das Opfer unter 14 Jahre alt war. Das Offizialat habe auch das nachfolgende Tatgeschehen und damit den kirchenrechtlichen Tatbestand des sexuellen Missbrauchs einer minderjährigen Person unter 18 Jahre untersucht.
Es sei zu der Überzeugung gekommen, dass es zwischen dem Pfarrer und der damals Minderjährigen vor deren 13. Lebensjahr bis zu ihrer Volljährigkeit wiederholt zu sexuellen Handlungen gekommen war. Zudem sei der Betroffenen von dem Priester noch als Minderjähriger eine volle Intimbeziehung in Aussicht gestellt worden, sobald sie volljährig ist.
Schuldmindernd berücksichtigt wurde, dass der Mann nach Auffassung des Amtsgerichts keine pädophilen Neigungen habe.
Viele Unterstützer des Priesters wollten das Urteil des staatlichen Gerichts nicht akzeptieren
Der Fall sorgte seinerzeit für Aufsehen. Denn viele Menschen wollten das Urteil des staatlichen Gerichts nicht akzeptieren. Mehrere Frauen initiierten eine Unterschriftenaktion. Rund 1000 Menschen haben laut ihren Angaben unterschrieben. Auch der Pfarrgemeinderatsvorsitzende hatte sich in einem Brief mit 300 Unterschriften beim Bischof für den Priester eingesetzt.
Bischof Jung reagierte damals mit einer deutlichen Stellungnahme auf die Unterstützer. "Das Urteil und das Leid der Betroffenen gilt es vor Ort zu akzeptieren und die Fakten anzuerkennen." Der Bischof distanzierte sich "ausdrücklich von den Unterschriftenaktionen" und forderte die Organisatoren und Unterzeichner der Aktionen auf, "Tatsachen nicht zu verdrehen".
Bischof Franz Jung bedauert erneut den schweren Missbrauch und das Leid des Opfers
Der Bischof bedauert aktuell erneut "im Namen der Diözese Würzburg zutiefst den schweren Missbrauch und das Leid des Opfers". Dem Opfer sei von Seiten der Kirche bereits mehrfach Hilfe angeboten worden.
Informationen zu den Ansprechpartnern für Missbrauchsbetroffene im Bistum Würzburg gibt es im Internet unter www.bistum-wuerzburg.de/seelsorge-hilfe-beratung/missbrauch/
Mit freundlichen Grüßen
Ralf Zimmermann, Main-Post Digitales Management
LG
GWM
Kritischer Leser