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Würzburg
Neue Spitze des Würzburger WVV-Konzerns: Geld für Wärme- und Energiewende fließt in die regionale Wirtschaft
Die WVV will die Energie- und Verkehrswende in Würzburg voranbringen und wird durch Bürokratie gebremst - sagt die Geschäftsführung des Konzerns. 
Die drei  Geschäftsführern der WVV  (von links)  Armin Lewetz , Dörte Schulte-Derne und Ralf Willrett.
Foto: Silvia Gralla | Die drei  Geschäftsführern der WVV  (von links)  Armin Lewetz , Dörte Schulte-Derne und Ralf Willrett.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 02.01.2025 02:32 Uhr

Seit Oktober hat die WVV eine Dreier-Spitze: Dörte Schulte-Derne (44 Jahre) kümmert sich und Energie und Kundenmanagement, Ralf Willrett (54) um Mobilität und die Bäder und Armin Lewetz (59) um Technik und Immobilien. Im Gespräch mit den neuen Führungskräften geht es um die Kosten und den Nutzen der Investitionen in Energie- und Mobilitätswende, um politische Veränderungen in Berlin und Würzburg und nicht zuletzt um die Frage, warum Großprojekte so lange dauern.     

Ihr Vorgänger Thomas Schäfer kümmerte sich alleine um die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH mit zuletzt 1,2 Milliarden Umsatz im Jahr. Warum braucht es jetzt drei Geschäftsführer?

Dörte Schulte-Derne: Wir haben jetzt eine breitere Spitze und eine flachere Hierarchie im Konzern. Dadurch arbeiten wir drei viel intensiver in unseren jeweiligen Bereichen. Wenn wir Energie- und Mobilitätswende gemeinsam mit der Kommune zügig zum Erfolg führen wollen, ist das anders nicht zu schaffen.

Und wer von Ihnen hat den wichtigsten Job?

Schulte-Derne: Wir alle zusammen. Denn wir sind eine gleichberechtigte Geschäftsführung, in der jeder sein Ressort gestalten kann. Die wichtigen Entscheidungen müssen wir einstimmig treffen. Wir haben bewusst keinen Vorsitzenden. Ich bin Sprecherin, was wichtig für Situationen ist, in denen schnell ein Ansprechpartner gebraucht wird.

Dann anders: Welches Thema ist wichtiger? Energie- oder Mobilitätswende?

Ralf Willrett: Um die im bayerischen Klimaschutzgesetz bis 2040 vorgeschriebene CO2-Neutralität von Würzburg hinzubekommen, müssen wir parallel an beiden Themen arbeiten. Wir wollen die Infrastruktur für Bürgerinnen und Bürger so klug wie möglich und klimapolitisch sinnvoller gestalten.

Armin Lewetz (rechts), Dörte Schulte-Derne und Ralf Willrettt beim Interview mit der Redaktion in der WVV-Zentrale am Haugerring.
Foto: Silvia Gralla | Armin Lewetz (rechts), Dörte Schulte-Derne und Ralf Willrettt beim Interview mit der Redaktion in der WVV-Zentrale am Haugerring.
Dafür soll zum Beispiel Energie aus Abwärme und Trinkwasser gewonnen werden. Wo geht es los und wie hoch sind die Kosten?

Armin Lewetz: Die Wärmepumpe am Auslauf des Klärwerks wird eines der ersten Projekte sein, einfach weil hier die Wirtschaftlichkeit am größten ist. Parallel beginnen wir in der Umgebung das Fernwärmenetz auszubauen. Über konkrete Summen können wir reden, wenn die Planung steht, die im August 2023 beauftragte kommunale Wärmeleitplanung schließen wir gerade ab. Das Ergebnis ist ein Transformationsplan zur Umsetzung der Wärmewende in den nächsten Jahrzehnten. Allerdings werden die Ausbaupläne jedes Jahr angepasst, denn wir wissen heute nicht, wie die Welt 2040 oder 2050 ausschaut.

Ralf Willrett ist Geschäftsführer Mobilität bei der WVV.
Foto: Silvia Gralla | Ralf Willrett ist Geschäftsführer Mobilität bei der WVV.
Die Wärmewende wird Geld kosten. Dazu kommen Millionen für die geplante Straßenbahn-Linie ans Hubland. Kann sich die Stadt das leisten?

Schulte-Derne: Diese Frage muss letztlich die Politik beantworten. Energie- und Wärmewende dienen nicht nur dem Klima, sondern schaffen auch eine neue regionale Wertschöpfung. Zum Beispiel finanzieren Würzburgerinnen und Würzburger momentan mit jährlich dreistelligen Millionenbeträgen für Gas und Öl Staaten, die nicht immer lupenreine Demokratien sind. Mit der Wärmewende wird dieses Geld in Arbeitsplätze vor Ort investiert. Gleichzeitig minimieren sich Abhängigkeiten.

Willrett: Wir werden in der Wärmewende niemanden alleine lassen, sondern bieten auch Lösungen für Bürgerinnen und Bürger an, die keinen Fernwärmeanschluss bekommen können.

Mit der Photovoltaik-Anlage auf ihrem Hochbehälter am Galgenberg gehört der WVV seit diesem Herbst eine der größten Flächen für Solarstrom in der Stadt. Warum gibt es nicht mehr davon?

Lewetz: Kleinere PV-Anlagen auf anderen Trinkwasserhochbehältern oder Pumpwerken gibt es schon länger. Aber wir vertreiben auch viele kleine private Balkonkraftwerke. Mittlerweile haben wir im Versorgungsgebiet eine Einspeisung um die 90 Megawatt PV-Leistung im Jahr. Dreimal so viel wie 2014. Weitere größere PV-Anlagen sind im Stadtgebiet in Absprache mit Investoren in Prüfung.

Schulte-Derne: Dass Stadtwerke alles selbst besitzen müssen, ist ein veraltetes Bild. Aufgrund des hohen Bedarfs an Kapital für die Energie- und Verkehrswende wird das in ganz Deutschland nicht mehr funktionieren. Unsere neue Rolle sehen wir darin, als Dienstleister und Vermarkter die Energiewende zu gestalten. Wir helfen Investoren, PV-Anlagen zu errichten, stellen notwendige Netze zur Verfügung und vermarkten den Strom.

Wichtig für die Verkehrswende in Würzburg sind die neue Straßenbahnstrecke ins Hubland und die Verlängerung der Strecke in Grombühl, die seit fast 20 beziehungsweise 30 Jahren geplant werden. Warum dauert das so lange?

Willrett: Heutzutage baut man unter sehr komplexen Rahmenbedingungen. Dazu gehören zum Beispiel die zeitaufwändige Sicherstellung der Fördermittel und komplexe Erfordernisse der Planfeststellung bis zu naturschutzrechtlichen Fragen, die man lösen muss. Auch das Fachpersonal zur Vorbereitung solcher Großprojekte ist knapp. Bei der Verlängerung der Strecke in Grombühl  kommt die sehr komplizierte Verzahnung mit dem laufenden Betrieb der Universitätsklinik dazu. Leider machen auch Änderungen der Rechtsvorschriften immer wieder Anpassungen der Planungen erforderlich. Wir streben trotzdem an, mit beiden Straßenbahnlinien um das Jahr 2030 in Betrieb zu gehen.

Schulte-Derne: Wir verstehen den Ärger der Bürgerinnen und Bürger und sind selbst manchmal frustriert, dass es nicht schneller vorangeht. Auch unsere Mitarbeiter beeinflusst das. Aber die Regulatorik hat sich in den vergangenen Jahren massiv verändert. Immer wieder müssen wir Projekte aufschieben, weil neue Vorgaben des Gesetzgebers unsere Kräfte binden.

Dörte Schulte-Derne ist Sprecherin der Geschäftsführung der WVV. 
Foto: Silvia Gralla | Dörte Schulte-Derne ist Sprecherin der Geschäftsführung der WVV. 
Können Sie ein Beispiel nennen?

Schulte-Derne: Zum Beispiel ist die 2023 eingeführte Preisbremse in der Energiekrise eine sehr gute Idee, aber kompliziert umzusetzen. Für uns bedeutet das einen hohen Mehraufwand bei der Programmierung zur Berechnung von Strom- und Gasrechnungen. Ähnliches gilt für das Deutschlandticket. Insbesondere Mitarbeitende aus dem Controlling, Abrechnungswesen oder Kundenservice sind noch immer durch diese Vorhaben gebunden und stehen für andere Projekte nicht zur Verfügung. Das führt bei uns, wie bei allen Wettbewerbern, zur Verlangsamung der Energiewende.

Wie könnte man Bürokratie abbauen?

Schulte-Derne: Der Gesetzgeber könnte durch einfachere und klarere Vorgaben unseren Verwaltungsaufwand reduzieren. Wir üben zum Beispiel aktuell die Nachhaltigkeitsberichterstattung ein, die 2025 verpflichtend wird. Auch das wird unglaublich viele Kräfte für das Sammeln und Aufbereiten von Daten binden. 

Willrett: Das gilt auch für die ÖPNV-Finanzierung. Wir hängen an vielen Förderprogrammen und schreiben mit riesigem Aufwand Anträge. Mit einer zuverlässigen Grundfinanzierung des kommunalen ÖPNV durch Bund und Länder wäre das einfacher.

Der Bundestag wird bald neu gewählt. Inwieweit wird das Ergebnis die Ausrichtung der WVV beeinflussen?

Lewetz: Wir gehen nicht davon aus, dass sich die grundsätzliche Ausrichtung verändert. Die Energie- und Verkehrswende, also die Transformation, sind politisch und gesellschaftlich gewollt. Vorgaben werden sich geopolitischen Veränderungen und nationalen Entwicklungen anpassen.

Schulte-Derne: Unsere Strategie verfolgt die Dimensionen Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit sowie Akzeptanz und Teilhabe der Betroffenen. Wir sind sicher, dass wir weiterhin erfolgreich die Infrastruktur in und um Würzburg verantworten und erfolgreich weiterentwickeln.

Willrett: Die großen Treiber der Veränderungen, zum Beispiel Klimawandel, Digitalisierung und Fachkräftemangel bestehen unabhängig von der Zusammensetzung von Parlamenten und müssen gesamtgesellschaftlich bewältigt werden. Unser Ziel ist unter den jeweils gegebenen Rahmenbedingungen die für Stadt und ihre Menschen besten Lösungen zu erarbeiten.

Und die Oberbürgermeisterwahl?

Schulte-Derne: Natürlich können sich nun einige Aspekte in der inhaltlichen Zusammenarbeit mit der Kommune verändern. Aber wir gehen fest davon aus, dass Würzburg eine Stadt bleibt, in der man sachlich diskutieren und sehr gescheit miteinander umgehen kann. Das ist die Erfahrung, die wir bisher machen durften.

Spitze der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV)

Dörte Schulte-Derne war bis Ende 2022 als Leiterin Vertriebsservice bei der Soluvia Energy Services GmbH (MVV Gruppe) in Offenbach am Main tätig. Die Politikwissenschaftlerin ist Geschäftsführerin Energie. Ralf Willrett ist seit 2023 Geschäftsführer Mobilität. Vorher war der Diplom-Verwaltungswirt (FH) und Volljurist unter anderem bei der Münchner Verkehrsgesellschaft tätig. Armin Lewetz arbeitet seit 1990 bei der WVV. Der Ingenieur war bis 2021 Geschäftsführer der Heizkraftwerk Würzburg GmbH und ist seit 2006 Geschäftsführer der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH. Er ist Geschäftsführer für Technik und Immobilien. Der Umsatz des städtischen WVV-Konzerns lag 2023 bei 1,2 Milliarden Euro, er hat 1755 Mitarbeiter und besteht aus 17 Tochterfirmen.
Quelle: WVV
 
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  • Rudolf Thomas
    Worte sind geduldig und morgen vergessen. Die Preise sind gestiegen, dafür ist das Niveau der Würzburger Straßenbahnen tief gesunken.
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  • Frank Stößel
    "... eine breitere Spitze und eine flachere Hierarchie im Konzern. Dadurch arbeiten wir drei viel intensiver in unseren jeweiligen Bereichen. " und wohl effektiver zusammen für ein gutes Gesamtergebnis, auch wenn das vielleicht anstrengender scheint, als alleine zu walten und zu schalten. Die Methode Kooperation in Leitung und Führung ist auch Vorbild und Ansporn für die Belegschaften des Konzerns. So sollte es zumindest sein. Ein Vorbild ist das auch für das KU des Landkreises. Alles Gute
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