Fast 20 Jahre lang war Thomas Schäfer Geschäftsführer der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV). In seine Zeit fallen unter anderem die Modernisierung des Heizkraftwerks an der Friedensbrücke, die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED, der Ausbau der Elektromobilität und der Bau des neuen Nautilands. Ende April wird der 61-Jährige auf eigenen Wunsch aufhören. Mit der Redaktion sprach er über große Projekte in seiner Ära und über die Frage, warum diese immer länger dauern.
Thomas Schäfer: Dieses Projekt ist extrem teuer und extrem kompliziert. Aber ja, der Verlauf ist ein Aberwitz. Schon die Vorarbeiten der Uniklinik haben zu mehreren Jahren Verzögerung geführt. Weiter kostete es viel Zeit, den Bau so zu planen, dass er den Betrieb des Klinikums nicht beeinträchtigt. Zum Beispiel darf weder die Anfahrt der Rettungswagen noch die Funktion hochsensibler medizinischer Geräte gestört werden. Positiv ist, dass sich die Richtlinien verändert haben und wir jetzt die Chance sehen, zusätzliche Bundesfördermittel zu bekommen.
Schäfer: Schon die Planungsphase wird immer komplexer. Dann verlangt das Vergaberecht, dass Teilbereiche ausgeschrieben werden – damit auch mittelständische Unternehmen zum Zug kommen - und dass europaweit ausgeschrieben wird. Immer öfter verzögern auch Gerichtsverfahren das Ganze.
Schäfer: Wie schwer sich Deutschland mit der Beschleunigung der Planfeststellung tut, sieht man am Beispiel der Stromtrassen. Obwohl diese nur durch Felder und Wälder gebaut werden, dauert es zehn Jahre – weil alle Varianten geplant, geprüft und dokumentiert werden. In anderen Ländern wird das laxer gehandhabt. Je demokratischer, desto komplizierter ist es.
Schäfer: Das wohl nicht. Aber es ist schon schwierig zu planen. Wir brauchen zum Beispiel Lärmschutzgutachten für die Maschinen, die nachts arbeiten. Oder müssen nachweisen, dass trotz der neuen Trasse in der Stadt die Anforderungen des Autoverkehrs erfüllt werden. Ich bin aber hoffnungsvoll, dass die Linie 6 gebaut wird. So weit wie jetzt sind wir noch nie gewesen.
Schäfer: Ich fände es schade, wenn die neue Straßenbahn nicht kommen würde, weil sie ein großer Vorteil für diese Stadt wäre. Und ja, ich hätte sie schon auch gerne eröffnet. Aber man muss den Nachfolgern ja auch etwas lassen.
Schäfer: Zwei Jahre Lieferverzögerung sind inzwischen Standard. Aber Ende dieses Jahres sollten die ersten beiden neuen Fahrzeuge bei uns ankommen. Dann werden einige Monate lang Praxistest wie Bergfahrten, Begegnungsverkehr oder Bremsen gemacht, bis die Fahrgäste einsteigen dürfen. 2027 sollen alle 18 Straßenbahnen in Betrieb sein.
Schäfer: Beim Carsharing ist die Zahl der Nutzer seit 2017 von 500 auf 4300 gestiegen. Das ist für eine Stadt wie Würzburg schon ganz ordentlich. Die Umstellung auf Elektrobusse läuft auch. In den vergangenen drei Jahren haben wir ausgemusterte Dieselbusse mit 16 E-Fahrzeugen ersetzt.
Schäfer: Unser Tätigkeitsfeld ist viel breiter geworden. 2012 haben wir die städtischen Bäder übernommen und sind inzwischen noch mehr als Dienstleister tätig. Uns gehört eine Reinigungsfirma mit 200 Mitarbeitern, wir bewirtschaften deutschlandweit Parkraum und sind im Immobiliengeschäft tätig – zum Beispiel mit dem Bau von Skyline Hill Center im Hubland. Von 250 Millionen Euro im Jahr 2006 hat sich der Umsatz auf 1,2 Milliarden vergrößert.
Schäfer: Im Nachhinein fände ich es sinnvoller, Zeithorizonte bei großen Projekten realistischer anzugeben. Ständige Verzögerungen frustrieren intern und die Öffentlichkeit.
Schäfer: Wir sind für die Wärmewende wirklich gut aufgestellt. Einerseits, weil durch Investitionen der vergangenen Jahre das Heizkraftwerk an der Friedensbrücke sehr effizient arbeitet. Andererseits, weil wir ein Fernwärmenetz haben, das wir ausbauen können. Was allerdings heißt, dass sehr viele Straßen aufgegraben werden müssen. Gleichzeitig müssen neue Wärmequellen wie Geothermie oder Main- und Abwasser dazu kommen. Das bis 2040 zu schaffen ist keine einfache Zielsetzung und setzt hohes Engagement, Toleranz und Kooperation aller Beteiligten voraus.
Schäfer: Um Verkehrs- und Wärmewende umzusetzen, braucht die WVV mehr Personal und große Investitionen. Wir müssen also Menschen überzeugen, bei uns mitzuarbeiten, und die Politik, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.
WWV-Konzern
In der früheren Version dieses Interviews stand 2045 als Termin für klimaneutrales Heizen in der Stadt. 2022 hat der Stadtrat das Ziel auf 2040 vorgezogen.