Vor neun Monaten endete die Ära der rosa Zettel – seit Januar 2024 gilt in Deutschland das E-Rezept. Der Start war holprig, auch in Unterfranken beklagten zahlreiche Arztpraxen und Apotheken technische Probleme. Wie sieht es inzwischen aus?
Bundesweit wurden nach Angaben der Gematik, der nationalen Agentur für digitale Medizin, bis Anfang Juli 244 Millionen E-Rezepte eingelöst – umgerechnet mehr als 1,3 Millionen pro Tag. Dazu nutzen 80 bis 90 Prozent der Versicherten die elektronische Gesundheitskarte, zehn bis 20 Prozent einen Papierausdruck und einige wenige eine App.
Hausarzt-Sprecher: Technische Probleme sind weitgehend gelöst
Grundsätzlich "klappt es super", bestätigt Dr. Mohammad Ahmadi, Bezirksvorsitzender des bayerischen Hausärzteverbands. Das "große Jammern über Softwarehersteller hat abgenommen", sagt der Allgemeinmediziner. Dass ein E-Rezept aus technischen Gründen nicht abrufbar sei, käme "vielleicht einmal im Monat" vor. Probleme gebe es in seiner eigenen Praxis in Mainstockheim (Lkr. Kitzingen) nur, wenn Patientinnen oder Patienten keine Versichertenkarte dabei hätten.
Er selbst, gibt der Hausarzt zu, sei dem E-Rezept gegenüber "anfangs kritisch" gewesen. Jetzt sagt er: "Es ist eine tolle Sache." Für die Praxen, weil etwa der Bedarf an Papier oder Druckerfarbe deutlich gesunken sei, vor allem aber für Patienten. Durch die Digitalisierung würden viele "sinnlose Fahrten" zum Arzt wegfallen, sagt der Bezirksvorsitzende des Hausarztverbandes. Und Folgerezepte könnten einfach per Anruf bestellt werden.
Auch Joachim Lentzkow sagt: "Das E-Rezept läuft sehr gut." In seiner Hausarztpraxis in Goldbach im Landkreis Aschaffenburg arbeite die Technik stabil. "Wenn es hakt, liegt das meist an der Praxissoftware meiner Kollegen", so der unterfränkische Vorstandsbeauftragte der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB).
Pflegeheime bekommen E-Rezepte noch immer als ausgedruckten QR-Code
Komplett digital funktioniert die Rezept-Abwicklung allerdings noch immer nicht. So gilt etwa nach wie vor, dass ein Hausarzt einmal im Quartal die Versichertenkarte des Patienten einlesen muss: "Einmal muss der Patient vorbeikommen", sagt Lentzkow. Hinzu kommt, dass Privatversicherte beim E-Rezept noch immer außen vor sind. Auch werden Krankengymnastik, Hilfsmittel wie Schienen oder Ergotherapie weiter auf Papier verschrieben, sagt der KVB-Vorstandsbeauftragte. Und Pflegeheime "bekommen ihre E-Rezepte ausgedruckt auf einem DinA5-Zettel" mit QR-Code.
Für Kopfschütteln und Unverständnis sorgt bei Patienten vor allem die oft lange Wartezeit. Häufig kommt es vor, dass man sein Rezept in der Apotheke einlösen will - es heißt: "auf der Karte ist nichts drauf".
An den Apotheken liege das nicht, betont Bernward Unger, unterfränkischer Vorsitzender des bayerischen Apothekerverbandes. Leider würden noch immer nicht alle Ärzte umgehend die Rezepte signieren, sagt Unger. Dass Patienten dann in den Apotheken länger warten müssten, sei "nicht der Sinn des E-Rezepts".
"Das liegt an den Arztpraxen", gibt der unterfränkische KVB-Beauftragte zu. "In der Regel gehen Patienten aus der Praxistür raus und können das Rezept einlösen – wenn ich es rechtzeitig losschicke, ist es nach fünf Sekunden verfügbar", sagt Joachim Lentzkow. Wenn ein Arzt das Rezept erst später signiere, könne es eben dauern.
Grund für die Verzögerung sei meist die Praxisorganisation, die Arbeitsweise der Ärzte, bestätigt Allgemeinmediziner Ahmadi. Gleichzeitig sei die Anspruchshaltung der Patienten stark gestiegen – und im Alltag sei es schlicht nicht so, "dass man als Arzt nur dasitzt und auf Rezeptanfragen wartet".
Elektronische Patientenakte ab Januar 2025: Ärzte fürchten "Riesenbatzen Arbeit"
Fazit des Bezirksvorsitzenden der unterfränkischen Hausärzte: Im Vergleich zur elektronischen Patientenakte (ePA) sei die Einführung des E-Rezepts "entspannt gewesen".
Diese Akte ist ein digitaler Ordner für Gesundheitsdaten wie Arztbriefe, Befunde, Medikamentenpläne oder Röntgenbilder. Ab Januar 2025 soll sie für alle gesetzlich Versicherten gelten. Noch aber sei die Befüllung kompliziert, das System unausgereift, warnt der KVB-Vorstandsbeauftragte Lentzkow: Es komme da noch "ein Riesenbatzen Arbeit auf uns zu".
Dass das prima funktioniert kann man sich in der Schweiz anschauen.
https://www.hausarzt.digital/politik/hausaerzteverband/hausaerzte-wollen-medikamente-abgeben-duerfen-41656.html
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/regierungsberater-fordern-dispensierrecht-fuer-aerzte-138548/
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/lauterbach-schliesst-weiteres-dispensierrecht-fuer-aerzte-aus-139607/
"Die Notfallversorgung sei ohnehin ein großes Problem. Derzeit ist vorgesehen, dass Apotheken Abgabestellen an den geplanten Integrierten Notfallzentren (INZ) einrichten sollen. Falls das nicht klappt, droht ein Dispensierrecht für die dortigen Ärzte."
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/wir-muessen-der-politik-loesungen-anbieten-149753/seite/2/
Meist ist das Mitführen notwendiger Medikamente/Spritzen im Handgepäck nur bei
Nachweis der Verschreibung (Patientenname) durch den Arzt möglich ! Und jetzt ?
Gerald Endres