Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat die Aufgabe, die Angaben von Geflüchteten zu ihrer Person und ihrer Herkunft zu überprüfen. Das Amt selbst wertet die "Identitätsklärung der Asylsuchenden" als einen "zentralen Aspekt sowohl für die Durchführung des Asylverfahrens als auch für die Sicherheit". Dass aber die Überprüfung Geflüchteter fehleranfällig war und sein kann, lässt sich an den Fällen der beiden Asylbewerber zeigen, die in Würzburg Menschen angegriffen und dabei verletzt oder getötet haben: Zum einen der somalische Messerangreifer von 2021, der sich bei der Einreise nach Deutschland acht Jahre jünger gemacht hat und damit durchkam. Zum anderen der angeblich 17-jährige, angeblich aus Afghanistan stammende Axt-Attentäter von 2016.
In beiden Fällen haben Behörden falsche Angaben der Asylsuchenden zu Alter oder Herkunft nicht erkannt. Diese Redaktion ist der Frage nachgegangen, ob die Behörden ihre Vorgehensweise mittlerweile geändert haben.
Fall 1: Der Messerangreifer
Im Fall des somalischen Messerangreifers, der am 25. Juni 2021 in Würzburg drei Frauen getötet und mehrere Personen zum Teil schwer verletzt hat, steht mittlerweile zweifelsfrei fest, dass seine Altersangaben falsch waren. Klar ist, dass der Mann bei seiner Einreise nach Deutschland am 6. Mai 2015 von der Außenstelle Chemnitz des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge erfasst und dass sein wahres Alter von den Mitarbeitern nicht erkannt wurde. Dies lässt sich aus Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft Karlsruhe nach der Messerattacke ableiten. Demnach war der Somalier bei der Einreise 2015 nicht, wie angegeben, 18 Jahre alt, sondern schon 26 Jahre.
Wie erklärt das BAMF, dass die falschen Angaben des Somaliers nicht aufgedeckt wurden?
Zu "Einzelfällen" äußere man sich nicht, erklärt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf Nachfrage. Laut "Mediendienst Integration" gehört Somalia zu jenen Ländern, bei denen die Identitätsklärung besonders schwierig ist: Menschen, die aus Somalia nach Deutschland kommen, haben laut Bundesinnenministerium zu über 95 Prozent keine Ausweisdokumente. Denn in dem afrikanischen Bürgerkriegsland, das als eines der instabilsten und am schlechtesten regierten Länder der Welt gilt, fehlen geordnete Verwaltungsstrukturen. Seit 1991 werden in Somalia kaum mehr Identitätspapiere ausgestellt. Selbst wenn sie vorliegen, wurden und werden amtliche somalische Dokumente seit 1991 von den deutschen Behörden nicht anerkannt.
Dokumente, die von den deutschen Behörden für Somalier ausgestellt werden, beruhen also weitgehend auf "eigenen Angaben des Ausweisinhabers", wie etwa aus einer Kleinen Anfrage (Drucksache 19/166699) der Linken im Jahr 2020 im Bundestag hervorgeht. Dies gilt auch für den Somalier, der sechs Jahre nach seiner Einreise in Deutschland zum Messerangreifer werden sollte. Aufgrund seiner Angaben wurde bei der Einreise sein Geburtsdatum auf den 1. Januar 1997 festgesetzt. Im derzeit laufenden Prozess gegen ihn gab der Mann nun an, im Dezember 1989 geboren zu sein.
Wurde der Somalier bereits zuvor erkennungsdienstlich behandelt?
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist der spätere Messerangreifer aus Somalia nach seiner Einreise nach Deutschland von der Chemnitzer Außenstelle des BAMF zwar als Asylbewerber registriert, aber nicht erkennungsdienstlich behandelt worden. Dies lässt sich aus einer Pressemitteilung des Bundesinnenministeriums vom 6. Januar 2016 ableiten, in der auf die fehlerhafte Erfassung von Asylbegehrenden durch das damalig verwendete EASY-System (Erstaufnahme Asyl) im Jahr 2015 eingegangen wird.
"Bei den EASY-Zahlen sind Fehl- und Doppelerfassungen wegen der zu diesem Zeitpunkt noch fehlenden erkennungsdienstlichen Behandlung und der fehlenden Erfassung der persönlichen Daten nicht ausgeschlossen", heißt es in dieser Pressemitteilung. Aus dieser behördlichen Mitteilung lässt sich schließen, dass Asylsuchende wie etwa der Somalier im Jahr 2015 erkennungsdienstlich nicht behandelt worden sind. 2015 war das Jahr, in dem bundesweit 1,1 Millionen Zugänge von Asylsuchenden registriert wurden und dieser "hohe Zustrom" Deutschland laut Bundesinnenministerium "vor Herausforderungen gestellt hat, wie es sie seit der Nachkriegszeit nicht mehr gegeben hat".
Änderten die Behörden seit 2015 ihre Vorgehensweise bei der Identitätsklärung?
Laut BAMF wird mittlerweile "in jedem Asylverfahren die Identität des Asylantragstellers geprüft", was 2015 nicht der Fall war. Auch werden laut BAMF mittlerweile alle Asylsuchenden bei der Antragstellung erkennungsdienstlich behandelt – mit Ausnahme minderjähriger Flüchtlinge.
Seit 2016 werden sogenannte Personalisierungsinfrastrukturkomponenten (PIK) verwendet. Diese umfassen Geräte zum Abnehmen der Fingerabdrücke sowie den Fast-ID-Fingerabdrucksabgleich mit bereits registrierten Personen zur Vermeidung von Mehrfachregistrierung. Zudem wird bei der Registrierung ein biometrisches Bild erstellt.
Die ermittelten Personendaten werden in einem Kerndatensystem gespeichert, auf das auch das Bundeskriminalamt und europäische Behörden Zugriff haben. Seit 2017 verwendet das BAMF laut eigenen Angaben zudem eine spezielle Software, die biometrische Merkmale von Antragstellern mit bereits registrierten Antragstellern vergleicht.
Dürfen Behörden Handy-Metadaten von Geflüchteten auswerten?
Seit 2017 dürfen deutsche Behörden im Prinzip die Handy-Metadaten von Geflüchteten auswerten, wenn diese ihre Identität nicht mit gültigen Papieren nachweisen können. Allerdings haben mehrere Asylbewerber gegen diese Praxis geklagt. Eine dieser Klagen hat das Berliner Verwaltungsgericht im Juni 2021 im Sinne der afghanischen Klägerin entschieden: Das BAMF hätte Handydaten nicht so früh im Verfahren auslesen dürfen, entschied das Gericht. Aktuell sind in Deutschland mehrere dieser Klagen anhängig.
Fall 2: Der Axt-Attentäter
Der Axt-Attentäter von Würzburg, der am 18. Juli 2016 im Regionalzug von Ochsenfurt nach Würzburg vier Touristen aus Hongkong und später eine Anwohnerin aus Würzburg sehr schwer verletzt hat, galt den Behörden zufolge lange als ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling aus Afghanistan. Laut Polizeiangaben aus dem Jahr 2016 war der Mann zur Tatzeit 17 Jahre alt. Über ihn war damals nur bekannt, dass er im Jahr zuvor ohne Eltern nach Deutschland gekommen war. Aufgrund seines Status als minderjähriger Flüchtling war er nicht in einer Asylbewerberunterkunft, sondern bei einer Pflegefamilie im Ochsenfurter Gau untergebracht worden.
Wie ist herausgekommen, dass der Axt-Attentäter nicht minderjährig war?
Dass der Axt-Attentäter zur Tatzeit älter als angegeben war, bestätigte erst im Jahr 2021 die ermittelnde Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe auf Nachfrage dieser Redaktion: Nach dem Ergebnis einer rechtsmedizinischen Untersuchung sei der Mann zur Tatzeit mindestens volljährig gewesen. Zudem ist laut der Karlsruher Behörde fraglich, ob der Mann sein Herkunftsland korrekt angegeben hat und tatsächlich aus Afghanistan stammt. Der Generalbundesanwaltschaft zufolge gibt es Anzeichen dafür, dass sich der Mann länger in Pakistan aufgehalten hat.
Wie erklärt das BAMF, dass die falschen Angaben nicht aufgedeckt wurden?
Zu Einzelfällen äußert sich das BAMF nicht. Auf die Anfrage dieser Redaktion teilt das Amt gleichwohl mit, dass es im Falle des Würzburger Axt-Attentäters gar nicht zuständig gewesen sein kann. "Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden nach ihrer Ankunft in Deutschland von den Behörden des ersten Kontaktes dem örtlich zuständigen Jugendamt übergeben", erklärt der Sprecher Jochen Hövekenmeier. "Die Altersfeststellung erfolgt im Rahmen der Inobhutnahme im sogenannten Erstscreening und obliegt damit nicht dem BAMF, sondern den Jugendämtern", so Hövekenmeier weiter.
Was tun Behörden, um herauszufinden, ob ein Asylbewerber wirklich minderjährig ist?
Wenn ein Asylbewerber "von den Behörden des ersten Kontaktes", also etwa von örtlichen Polizeibeamten, aufgrund seiner äußerlichen Erscheinung fälschlicherweise als "jugendlich" oder "minderjährig" wahrgenommen wird und ans Jugendamt weitergereicht worden ist, entging und entgeht er mit großer Wahrscheinlichkeit einer gründlichen Identitätsklärung. Denn die Methode, mit der Jugendämter beim Fehlen von Papieren das Alter eines Flüchtlings bestimmen, bestand und besteht überwiegend nur in einer sogenannten Inaugenscheinnahme.
Dies bedeutet nichts anderes, als dass zwei Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des Jugendamts sowie ein Dolmetscher sich den Geflüchteten anschauen und mit ihm ein Gespräch führen. Gefragt werde zum Beispiel nach der Familie, dem bisherigen Schulbesuch und dem Fluchtweg, berichtet der "Mediendienst Integration". Nach dem Gespräch werde eine Einschätzung zum Alter des Flüchtlings abgegeben. "Die Ergebnisse sind subjektiv stark eingefärbt", heißt es denn auch von einem Teilnehmer der umfangreichen Studie zur "Situation minderjähriger und junger volljähriger Geflüchteter in Deutschland", die der "Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge" (BumF) 2019 publiziert hat.
Ist eine medizinische Altersfeststellung Regel oder Ausnahme?
Zwar sieht die Altersfeststellung durchs Jugendamt die Möglichkeit einer medizinischen Alterseinschätzung vor, etwa durch das Röntgen der Handwurzelknochen oder durch eine zahnärztliche Begutachtung. Doch die aufwändige medizinische Altersfeststellung, die das Einverständnis des Betroffenen voraussetzt und forensisch geschulte Ärzte erfordert, wurde gerade zu Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise zwischen 2015 und 2017 sehr selten angewendet. Noch im Jahr 2017 mussten sich laut der BumF-Studie nur 3,3 Prozent der vermuteten minderjährigen Flüchtlinge einer solchen Untersuchung unterziehen. Erst in den folgenden Jahren stieg die Quote leicht auf 8,7 Prozent (2018) und 8,9 Prozent (2019) an.
Dass die medizinische Altersfeststellung zum Zeitpunkt der Einreise des späteren Axt-Attentäters die Ausnahme war, zeigt auch eine Aussage des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) von 2017: Er forderte "eine strikte Regelung für eine medizinische Altersüberprüfung von allen ankommenden Flüchtlingen, die nicht klar als Kinder zu erkennen sind". Anlass der Äußerung Herrmanns war die Tötung eines Mädchens in Rheinland-Pfalz durch einen Afghanen, der fälschlicherweise als Minderjähriger eingestuft worden war. Laut der damaligen saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) wurde bei ärztlichen Untersuchungen 2017 im Saarland festgestellt, dass 35 Prozent der angeblich Minderjährigen bereits erwachsen waren.
Haben die Behörden bei Minderjährigen die Vorgehensweise mittlerweile geändert?
Nein. Das Gesetz zum "Behördlichen Verfahren der Altersfeststellung“ (§ 42f Sozialgesetzbuch) stammt aus dem Jahr 2015 und wurde seither trotz entsprechender Forderungen mehrerer Länderminister nicht geändert. Nach wie vor ist für eine Altersfeststellung bei vermuteten Minderjährigen ohne Papiere die "Inaugenscheinnahme" das Mittel der Wahl. Nur in Zweifelsfällen kann das Jugendamt eine ärztliche Untersuchung veranlassen, die betroffene Person kann sich allerdings weigern.
Was bringt das Datenaustauschverbesserungsgesetz?
Neu ist das "2. Datenaustauschverbesserungsgesetz" von 2019. Es verpflichtet die örtlichen Jugendämter, unbegleitete Minderjährige bei "ungeklärter Identität" in Erstaufnahmeeinrichtungen "unverzüglich" erkennungsdienstlich behandeln zu lassen. Dies ermöglicht laut dem "Bundesfachverband unbegleiteter minderjährige Flüchtlinge", dass "Zweifel am Alter nun auch durch die Polizei und Bundespolizei geäußert und somit auch von diesen initiiert werden können". Auch die Ausländerbehörde kann nach aktueller Gesetzeslage seit 2019 das Alter eines Geflüchteten anzweifeln und eine medizinische Alterseinschätzung verlangen. Bei einer erkennungsdienstlichen Behandlung werden zum Beispiel Fingerabdrücke genommen.
In der Praxis aber werden offenbar nach wie vor Asylbewerber, die minderjährig wirken, selten einer medizinischen Altersfeststellung unterzogen. Dies liegt laut dem "Informationsverbund Asyl & Migration" daran, dass den Maßnahmen "grundsätzlich ein jugendhilferechtliches – und mitunter auch familiengerichtliches – Verfahren vorgeschaltet" werden muss, was extrem aufwändig sei. Zudem erzielen auch medizinische Alterseinschätzungen nach übereinstimmender Meinung vieler Expertinnen und Experten keine hundertprozentig sicheren Ergebnisse.
" Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen".
Stattdessen hat man - was übrigens einen Straftatbestand darstellte - es geduldet, dass die Gullys in Österreich vor ausländischen Ausweispapieren verstopft wurden und ausweislose Personen in das Bundesgebiet einreisten. Die Veranlasserin ist uns allen bekannt.
Es ist einfach ein Riesengeschäft. Und: offiziell bleiben die jungen Herren dann bis 25 Jahre in deren Obhut. Die Umsätze bescherten diesen Einrichtungen den Turnaround von nahezu pleite zu florierenden Unternehmen. BedfordStrohm fischt also nicht umsonst junge meist männliche Menschen. Folge der Spur des Geldes…
Das sagt alles aus.
Wenn wieder einmal eine Tat geschehen ist wird sie doch stets als Einzelfall eines psychisch kranken Täters bezeichnet. Sehr oft steht dann "war der Polizei bekannt" dabei.
Selbst der Axt-Täter wird immer noch als 17jähriger bezeichnet obwohl schon lange bewiesen ist, dass der Mann viel älter war. Der Artikel zeigt auf, dass wirklich jeder hier ins Land kommen und irgendwelche Angaben machen kann die nicht überprüft werden können. Und selbst wenn, was passiert? Hat man es bis zu uns geschafft tut sich doch der Garten Eden auf. Abgeschoben wird..... wird überhaupt abgeschoben oder sind wir inzwischen ein Sammelbecken für alles und jeden?
Doch, halt! Ab und zu kursiert eine Abschiebung durch die Presse. Meist ist es eine Familie, seit Jahren in unserem Land, voll integriert und in Arbeit, die Kinder hier geboren. Die müssen raus, die werden abgeschoben. Die Gefährder hingegen *zensiert*.
Sodann gibt es nur eine Schlussfolgerung... Solange diese Missstände nicht behoben sind, Deutschland auf solche möglichen Fälle nicht ausreichend vorbereitet ist, sind halt (Flüchtlings-)Aufnahmen und illegale Einreisen grundsätzlich zu unterlassen, mind. schon bei ersten Auffälligkeiten, ist die Rückführung anzuordnen und konsequent durchzuführen. Stichwort Abschreckungsgedanke. Punkt.
In der ind. Wirtschaft ist dies mittels einer Qualitäts-Methode, FMEA (Fehler Möglichkeits Einfluss Analyse) Standard, die nicht nur in Entwicklungs-Prozessen implementiert ist. Warum wird so etwas nicht auf Regierungs-/Bundesebene durchgeführt, so käme man schnell mit dieser Risikoanalyse zum oben genannten Ergebnis, spätestens jetzt, wenn die Defizite offensichtlich bekannt sind!?
Und wer stellt das "jugendlich" fest , wenn man sich wie oben um 8 Jahre verschätzt?
Ein Großteil der Asylsuchenden hat kein Papiere, dafür jeder ein Handy ,
aber das darf nicht ausgewertet werden.
Warum nehmen wir uns mit unseren Gesetzen kein Beispiel an den USA, die auf der ganzen Welt für Demokratie kämpfen, oder Kanada und Großbritannien?