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Würzburg
Messerangreifer von Würzburg ist deutlich älter als bislang angenommen
Seit der Messerattacke Ende Juni war immer von einem 24-jährigen Täter die Rede. Nun zeigt sich: Der Mann ist deutlich älter. Das wirft ein neues Licht auf seine Vergangenheit.
Der Täter wohnte vor der Tat in einer Würzburger Obdachlosenunterkunft im Stadtteil Zellerau in Würzburg
Foto: Christoph Weiss | Der Täter wohnte vor der Tat in einer Würzburger Obdachlosenunterkunft im Stadtteil Zellerau in Würzburg
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:26 Uhr

Der Somalier, der Ende Juni in Würzburg drei Frauen mit einem Messer getötet und mehrere Menschen verletzt hat, ist älter als bislang angenommen. Wie Klaus Ruhland, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München auf Anfrage dieser Redaktion bestätigte, gehen die Ermittlungsbehörden inzwischen davon aus, dass der Mann 32 und nicht 24 Jahre alt ist. Dass das bisher veröffentlichte Alter des Täters nicht korrekt ist, ergab sich aus einer Antwort des bayerischen Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen im Landtag. In dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, spricht die Staatsregierung von "Angaben des Beschuldigten über sein Lebensalter im Rahmen des Ermittlungsverfahrens (...), die von den bisherigen Erkenntnissen abweichen".

Verfolgter oder Mitglied von Terrororgruppe al-Shabaab?

Die neue Erkenntnis wirft ein anderes Licht auf die Vergangenheit des Täters und zeigt, dass er in seinem Asylverfahren falsche Angaben gemacht hat: Als er im Mai 2015 nach Deutschland kam, hat er gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlingen erklärt, er sei 1997 geboren. Seinen Asylantrag begründete er damit, dass er in seiner Heimat von der Terrorgruppe al-Shabaab verfolgt und bedroht worden sei. Die der Terrororganisation El Kaida nahestehende Miliz könnte aber auch eine andere Rolle im Leben des späteren Messerstechers gespielt haben.

Bereits Anfang des Jahres gab es den Verdacht, dass der Somalier in den Jahren 2008/2009 in seiner Heimat al-Shabaab angehört und für die Terrorgruppe getötet haben soll. Entsprechendes soll er 2015 in einem Telefonat geäußert haben, das ein Zeuge – ein Asylbewerber, der früher mit dem Täter in derselben Unterkunft gelebt hat – mitgehört haben will. Das erzählte dieser zumindest im Januar 2021 der Polizei in Dresden. Warum sich der Zeuge erst sechs Jahre nach dem Telefonat gemeldet hat, konnte er laut der Münchener Generalstaatsanwaltschaft nicht erklären.

Mitgliedschaft in terroristischer Vereinigung: Straftaten wären verjährt

Ende April lehnte die zuständige Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung jedoch ab, da der Beschuldigte zur vermeintlichen Tatzeit noch nicht 14 Jahre alt und damit nicht strafmündig gewesen wäre. Nun sieht der Sachverhalt anders aus: Nachdem der Täter laut Generalstaatsanwaltschaft München nun "im Rahmen einer forensischen Untersuchung" 1989 als sein Geburtsjahr nannte, wäre er damals bereits 19 oder 20 Jahre alt gewesen.

Aufgrund dieser Tatsache und einer erneuten Vernehmung des Zeugen, der das entsprechende Telefonat mitgehört haben soll, hat die Münchener Behörde die Angelegenheit erneut den Ermittlern in Karlsruhe vorgelegt. Doch auch jetzt wird die Generalbundesanwaltschaft keine Ermittlungen einleiten. Einerseits, weil die Behörde "keine tatsächlichen Anhaltspunkte" für die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erkannte, so ein Sprecher auf Anfrage der Redaktion. Andererseits, weil die zehnjährige Verjährungsfrist für den Straftatbestand einer solchen Mitgliedschaft schon abgelaufen wäre.

Pflichtverteidiger: Vernehmung des Täters bald möglich

Und die Tötungsdelikte, die im Raum stehen? Hier wäre der Generalbundesanwalt laut dem Sprecher nur zuständig, wenn der heute 32-Jährige die Taten als Mitglied einer terroristischen Vereinigung begangen hätte. Ansonsten müssten die zuständigen Staatsanwaltschaften auf Landesebene prüfen, ob die Taten in Deutschland verfolgt werden können.

Die Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen, Katharina Schulze, kritisierte, dass "offenbar eine rechtzeitige gründliche Prüfung möglicher terroristischer Verbindungen des späteren Täters versäumt worden" sei. Obwohl Innenminister Joachim Herrmann (CSU) "sehr schnell von Hinweisen auf ein islamistisches Motiv des Täters sprach, ist immer noch nicht geklärt, ob er tatsächlich Kontakte" zu al-Shabaab hatte.

Unterdessen war Hanjo Schrepfer, dem Pflichtverteidiger des Somaliers, noch nicht bekannt, dass sein Mandant älter ist als angenommen. Hierüber habe er keine Mitteilung von der Generalstaatsanwaltschaft bekommen, erklärte er gegenüber der Redaktion am Montag. Bislang konnte der Täter wegen seines schlechten psychischen Zustands noch nicht vernommen werden. Doch nun zeichne sich ab, dass eine Vernehmung bald möglich sein wird, so Schrepfer. Der Zustand seines Mandanten, der im Juli vom Gefängnis in eine psychiatrische Einrichtung verlegt worden war, "stabilisiere sich zusehends". Der Somalier habe auch Bereitschaft signalisiert, auszusagen.

 
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