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Rottendorf
Modekonzern s.Oliver: Warum Geschäftsführer Jürgen Otto nach nur 14 Monaten überraschend wieder geht
Die Schlagzeilen um Modekonzern s.Oliver reißen nicht ab. Bei der Mitteilung über die jüngste Chefpersonalie des Unternehmens aus Rottendorf wurde aber einiges klarer.
Neues aus der Konzernspitze: Der Modekonzern s.Oliver  - hier eine Filiale in Würzburg - sorgt mit einem überraschenden Führungswechsel für Aufsehen.
Foto: Silvia Gralla (Archivbild) | Neues aus der Konzernspitze: Der Modekonzern s.Oliver  - hier eine Filiale in Würzburg - sorgt mit einem überraschenden Führungswechsel für Aufsehen.
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 31.03.2024 03:42 Uhr

Es war am Montag die Überraschung in der Wirtschaft Unterfrankens – mit vielen Fragezeichen: Nach etwas mehr als einem Jahr räumt Top-Manager Jürgen Otto beim Modekonzern s.Oliver in Rottendorf (Lkr. Würzburg) den Chefsessel. Allmählich wird klarer, was die Hintergründe sind.

Das Unternehmen hatte am Montagnachmittag mitgeteilt, dass Otto "seine Aufgaben sukzessive" an die vier anderen Mitglieder der Geschäftsführung abgeben werde. Neben dem 59-Jährigen besteht dieses Team aus Kai Bauknecht, Sonja Balodis, Carsten Schmitz und Thomas Rothe. Sie sind zum Teil erst seit wenigen Monaten dabei. Einen Nachfolger für Otto soll es dem Vernehmen nach in diesem Gremium nicht geben.

Mission offenbar erfüllt: Nach nur einem Jahr verlässt Jürgen Otto die Geschäftsführung von s.Oliver in Rottendorf.
Foto: Brose | Mission offenbar erfüllt: Nach nur einem Jahr verlässt Jürgen Otto die Geschäftsführung von s.Oliver in Rottendorf.

Otto war im Januar 2023 Vorsitzender der Geschäftsführung von s.Oliver geworden. Sein Vertrag ist unbefristet. Firmengründer Bernd Freier hatte ihn angeheuert als Manager, der das Steuerrad des schwächelnden Konzerns mit weltweit 4700 Beschäftigten, darunter 1300 in Rottendorf, herumreißen sollte.

In dem Unternehmen sieht man diese Mission offenbar jetzt als erfüllt an, Otto zieht weiter. Zu welchen Konditionen er dies tut und welchen Einfluss der 77 Jahre alte Firmenpatriarch Freier dabei spielt, bleibt offen. Dem "Handelsblatt" zufolge will sich Otto wieder "seinen Kernbranchen"  Automobil- und Maschinenbauindustrie widmen.

"Positiver Cashflow": Welche Erfolge Otto bei s.Oliver zugeschrieben werden

Nach Konzernangaben hat Otto bei s.Oliver durchaus Erfolge vorzuweisen. Nach 174 Millionen Euro Verlusten in 2022 habe das Unternehmen im vergangenen Jahr einen "deutlich positiven Cashflow" erzielt. Für 2024 rechne s.Oliver wieder mit positiven Zahlen beim operativen Ergebnis (Ebit).

Otto wird auch gutgeschrieben, den nach wie vor stark unter dem Einfluss von Ruheständler Bernd Freier stehenden Konzern deutlich umgebaut zu haben – hin zu mehr Digitalisierung, Effektivität und weniger Kosten. In diesem Zusammenhang muss der jüngste Abbau von gut 100 Stellen in Rottendorf gesehen werden. Schon vor Ottos Zeit, im Jahr 2020, hatte s.Oliver 370 Stellen gestrichen.

Trümmerhaufen hinterlassen: Rolle von Vorgänger Lahrs wird kritisch gesehen

Zuletzt sei s.Oliver wirtschaftlich in einer sehr heiklen Lage gewesen, hört man in Rottendorf hinter vorgehaltener Hand. Dazu beigetragen habe die Wirtschaftsflaute in Folge der Corona-Pandemie, aber auch Ottos Vorgänger Claus-Dietrich Lahrs, der einen Trümmerhaufen hinterlassen habe.

Lahrs hatte die Geschäftsführung Anfang 2020 von Bernd Freier übernommen, der zuvor nach einigen Managerwechseln vorübergehend selbst das Zepter in die Hand genommen hatte. Der öffentlichkeitsscheue Freier lobte Lahrs damals als "äußerst erfahrene und respektierte Persönlichkeit der internationalen Modebranche".

Doch Lahrs wurde den Ansprüchen offenbar nicht gerecht. Deshalb setzte ihn Freier Ende 2022 vor die Tür und zog danach selbst weiter an den Fäden, um sein Lebenswerk nach Schlagzeilen um Misserfolg und permanente Unruhe in der Chefetage wieder in ein ruhiges Fahrwasser zu bringen.

Betriebswirt Otto künftig "beratend" für s.Oliver tätig

Mit Jürgen Otto schien der Firmengründer den richtigen Manager dafür gefunden zu haben. Die beiden sind per Du und bleiben offenbar in engem Kontakt: Otto werde Freier und der Geschäftsführung "weiterhin beratend" zur Verfügung stehen, hieß es am Montag in der s.Oliver-Mitteilung. Wie zu hören war, bekomme der 59-Jährige den Vorsitz in einem neuen Beirat mit externen Fachleuten. 

Das Modeunternehmen aus Rottendorf wurde 1969 in Würzburg gegründet. Heute gehören die Marken s.Oliver, Comma, QS, Liebeskind, Copenhagen Studios und Lala Berlin dazu. Jürgen Otto war vor seiner Zeit in führenden Funktionen unter anderem beim Coburger Autozulieferer Brose gewesen. Der Betriebswirt hatte einst in Würzburg studiert.

 
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  • Jens Lattke
    Man kann dem Unternehmen nur die Daumen drücken. Erstens ist es ein Lebenswerk, das absolut beachtlich ist. Zweitens sicherlich ein wichtiger Arbeitgeber in der Region und auch eine Art Impulsgeber für den Standort.

    Ob man sich mit einer Viererspitze einen Gefallen tut ist m.E. aber eher ungewiss. Alle Unternehmen denen ich in meiner Laufbahn begegnet bin, die eine Doppelspitze installiert hatten, sind damit gescheitert. Nochmals zwei mehr machen die Sache nicht einfacher. Das endete meist in Kompetenzgerangel und unklarer Führung.

    Trotzdem: ich drücke s.Oliver die Daumen. Etwas mehr Ruhe täte dem Unternehmen sicher gut.
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