Jürgen Otto aus Würzburg soll neuer Chef von s.Oliver werden: Glaubt man entsprechenden Meldungen in Wirtschaftsmedien, dann steht die Nachfolge von Claus-Dietrich Lahrs fest. Ein Sprecher des Modekonzerns in Rottendorf (Lkr. Würzburg) wollte dies am Mittwoch auf Anfrage weder dementieren noch bestätigen.
Über die Neubesetzung des Chefsessels wolle die Familie um Firmengründer Bernd Freier "zeitnah" entscheiden. Das werde in den nächsten Tagen geschehen, so der Sprecher gegenüber dieser Redaktion. Lahrs hatte am Dienstag das Unternehmen verlassen.
Jürgen Otto: Wer der vermeintlich Neue bei s.Oliver ist
Die Fachblätter "Manager Magazin" und "Textilwoche" haben am Mittwoch Ottos Namen ins Gespräch gebracht. Der gebürtige Würzburger hat als Manager mit Mode nichts am Hut: Bis Ende 2017 war Otto 27 Jahre lang beim Coburger Autozulieferer Brose in leitenden Funktionen tätig gewesen, zuletzt als Vorsitzender der Geschäftsführung.
Eine Position, die mit der vakanten bei s.Oliver in einer Hinsicht besonders vergleichbar ist. Denn bei Brose steht mit dem bald 75 Jahre alten Michael Stoschek ebenso ein immer noch einflussreicher Firmenpatriarch im Hintergrund wie bei s.Oliver mit Bernd Freier (76).
Otto schied bei Brose aus eigenem Wunsch aus. Danach war er für die Autozulieferer Borgers und Dräxlmeier in Leitungsfunktionen.
Wie es zuletzt um den Modekonzern s.Oliver stand
Bei Brose hinterließ er Spuren, die sich Freier für seinen Modekonzern wünschen dürfte: Während Ottos Leitung verdreifachte sich der Umsatz von Brose zeitweise. Außerdem baute er das Unternehmen deutlich aus.
Bei s.Oliver sahen die Vorzeichen zuletzt anders aus. Der Konzern mit seinen fast 30 Tochtergesellschaften im In- und Ausland meldete für 2020 einen Verlust von 59,3 Millionen Euro –nach einem Plus von 43,1 Millionen im Jahr davor. Neuere Zahlen hat das Unternehmen noch nicht veröffentlicht. Die Talfahrt in 2020 sei hauptsächlich auf die Corona-Krise zurückzuführen, so s.Oliver.
Abgesehen davon konnte Claus-Dietrich Lahrs in Rottendorf das Ruder offenbar nicht herumreißen und die Neuausrichtung von s.Oliver in dem von Freier gewünschten Maße nicht umsetzen. Das habe nun zur Entlassung des Managers geführt, ist aus Fachkreisen zu hören.
In der Tat sei der Weggang des 59-Jährigen Ex-Chefs des Mode "nicht aus Versehen" geschehen, umriss der s.Oliver-Sprecher am Mittwoch die Lage. Bernd Freier hat sich dem Vernehmen nach schon seit längerem intensiv nach einem Nachfolger für Lahrs umgehört.
s.Oliver unter Lahrs: Deutlich weniger Beschäftigte
In der Zeit unter dem ausgeschiedenen Manager veränderte sich das gut 50 Jahre alte Modeunternehmen deutlich. So ging die Zahl der Beschäftigten von 6300 in 2019 auf heute 5100 zurück. Dahinter stehe eine Reorganisation des Konzerns, teilte s.Oliver im März mit. 2020 hatten die Rottendorfer mit dem Abbau von 370 Stellen – hauptsächlich am Stammsitz – für Schlagzeilen gesorgt.
Bernd Freier wird nachgesagt, dass Lahrs lange Zeit sein Wunschkandidat auf dem Chefsessel gewesen war. Er sollte das Lebenswerk des einstigen Hemdenverkäufers erfolgreich weiterführen. Freier zog sich im November 2019 in den Ruhestand zurück. Zuvor hatte es bei s.Oliver auf mehreren hochrangigen Positionen Wechsel gegeben.
Diese Monate der Unruhe schienen zuletzt endgültig vorbei zu sein. Mit dem Abgang von Lahrs hat sich dies in Rottendorf aber doch wieder geändert. Dem Unternehmenssprecher zufolge sind Oliver Hein und Kai Bauknecht als weitere Mitglieder der zuletzt dreiköpfigen Geschäftsführung im Amt geblieben.
Zu s.Oliver gehören unter anderem die Modemarken Comma, Liebeskind Berlin und QS. Der Name des Konzerns ist auch eng mit Sportsponsoring verbunden – in erster Linie mit den Bundesliga-Basketballern von s.Oliver Würzburg. Welche Auswirkungen der anstehende Chefwechsel in Rottendorf auf diese Verbindung haben wird, blieb am Mittwoch offen.