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Würzburg
Letzte Chance für Kelvin? Politik entscheidet am Mittwoch über den Abschiebe-Fall des 21-jährigen aus Würzburg
Der Petitionsausschuss des bayerischen Landtags behandelt am Mittwoch den "Fall Kelvin". Um was es in München geht und welche Folgen die Entscheidung der Politik hat.
Osaivbie Ekogiawe, bekannt als Kelvin, steht auf dem Gelände der Klara-Oppenheimer-Schule in Würzburg. Dort hat er eine Ausbildung zum Pfleger begonnen. Der 21-Jährige kämpft darum, in Deutschland bleiben zu dürfen.
Foto: Christoph Weiß | Osaivbie Ekogiawe, bekannt als Kelvin, steht auf dem Gelände der Klara-Oppenheimer-Schule in Würzburg. Dort hat er eine Ausbildung zum Pfleger begonnen. Der 21-Jährige kämpft darum, in Deutschland bleiben zu dürfen.
Jürgen Sterzbach
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:58 Uhr

Seit Oktober kämpft Osaivbie Ekogiawe, Kelvin genannt, darum, in Deutschland bleiben zu dürfen. Der 21-Jährige lebt seit mehr als vier Jahren in Würzburg, hat an der Klara-Oppenheimer-Schule die Mittelschule beendet und eine Pflegeausbildung begonnen.

Nach Behörden und Gerichten entscheidet nun die Politik: Am Mittwoch, 19. April, wird der Fall des gebürtigen Nigerianers im Petitionsausschuss des bayerischen Landtags öffentlich behandelt.

Um was geht es im "Fall Kelvin" und warum ist es schon so lange ein Thema?

Ekogiawe soll gehen, obwohl er bei seinem Kampf um ein Bleiberecht Solidarität von vielen Seiten bekommt. Von Beginn an setzt sich sein Verein, der SV Heidingsfeld, für ihn ein. Seine Fürsprecher empfinden: Hier läuft grundlegend etwas falsch.

Das deutsche Recht ermöglicht einem gut integrierten, jungen Ausländer, dessen Asylantrag abgelehnt wurde, über Paragraf 25a des Aufenthaltsgesetzes, einen Aufenthaltstitel zu erlangen, sofern er die Voraussetzungen dafür erfüllt.

Wegen fehlender Reisepapiere war Kelvin geduldet, als er bei der Ausländerbehörde einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel stellte. Als er sich dafür den Reisepass besorgte und vorlegte, widerrief die Behörde die Duldung und leitete die Abschiebung ein. Der Antrag blieb dagegen lange Zeit unbearbeitet.

Nachdem das Verwaltungsgericht in Würzburg diesem Vorgehen widersprach, bestätigte der Verwaltungsgerichtshof die Ausländerbehörde. Die lehnte im März schließlich Kelvins Antrag ab.

Warum ist denn nicht längst Schluss, nachdem der Verwaltungsgerichtshof der Ausländerbehörde mit seinem Urteil von Februar Recht gegeben hat?

Weil bereits im Oktober eine Petition für Kelvin beim bayerischen Landtag eingereicht wurde. Nanette Nadolski, ehrenamtlich aktiv im Verein "Matteo – Kirche und Asyl", verfasste die Petition. Sie beklagt, dass es "ein Lotteriespiel" sei, "zu welcher Behörde ich gehe und auf wen ich dort treffe". Das führe selbst in vergleichbaren Fällen zu unterschiedlichen Entscheidungen. Sie sei damit aufgewachsen, dass "vor dem Gesetz alle gleich" seien, "aber das ist im Ausländerrecht leider nicht so".

Die Petition selbst schützt zwar nicht vor der Abschiebung, doch besteht ein Agreement zwischen Landtag und Innenministerium, dass diese nicht durchgeführt wird, solange die Petition nicht geprüft und beraten wurde.

Kelvin hat mehrere Fürsprecher, die nicht damit einverstanden sind, den in Würzburg heimischen 21-Jährigen abzuschieben. Zu diesen gehört der Würzburger Oberbürgermeister Christian Schuchardt. Politikerinnen und Politiker verschiedener Parteien appellierten an Innenminister Joachim Herrmann, die Abschiebung zu verhindern. Auch Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche schrieben an die Abgeordneten des Landtags.

Osaivbie Ekogiawe (links) mit Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt, der an den Petitionsausschuss des Landtags appellierte, Ekogiawie das Bleiberecht zu ermöglichen.
Foto: Christoph Weiß | Osaivbie Ekogiawe (links) mit Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt, der an den Petitionsausschuss des Landtags appellierte, Ekogiawie das Bleiberecht zu ermöglichen.
Wie funktioniert der Petitionsausschuss und wer ist dort vertreten?

Grundsätzlich können alle, unabhängig von Wohnort und Nationalität, eine Petition einreichen. Dieses Recht garantieren das Grundgesetz (Art. 17) und die bayerische Verfassung (Art. 115). Das können Bitten, Beschwerden oder Anregungen sein.

Dem Ausschuss für Eingaben und Beschwerden, dem Petitionsausschuss, gehören 14 Mitglieder an – sechs von der CSU, drei von den Grünen, zwei von den Freien Wählern und je ein Mitglied von der AfD, SPD und FDP. Vorsitzende derzeit ist Stephanie Schuhknecht (Grüne).

Am Mittwoch stellen zwei Berichterstatter, je einer von der Regierung und Opposition, den Fall im Ausschuss vor. Das sind Petra Loibl (CSU) und Alexandra Hiersemann (SPD). Ebenso sind Vertreter des Innenministeriums anwesend. Auch Nadolski als Petentin und Ekogiawe als Betroffener haben die Möglichkeit, sich zu äußern.

Was kann der Petitionsausschuss bewirken – und was nicht? Wie geht es danach weiter?

Der Petitionsausschuss kann keinen Aufenthaltstitel erteilten. Er kann den Fall Kelvin aber an die Härtefallkommission verweisen. Die gehört zum Innenministerium und kann Ausländern, die eigentlich ausreisen müssten, eine Aufenthaltserlaubnis erteilen. Dafür müssen "persönliche oder humanitäre Gründe vorliegen, die den Aufenthalt in Deutschland rechtfertigen", schreibt das bayerische Innenministerium auf seiner Webseite.

Die Härtefallkommission setzt sich für eine pragmatische Lösung in einem konkreten Fall ein, ohne damit einen Präzedenzfall zu schaffen. "Ins Härtefallverfahren kommen nicht Hinz und Kunz. Wenn der Landtag einen Fall dorthin verweist, ist eine große Hürde genommen", sagt Nadolski.

Lehnt der Ausschuss die Petition ab, könnte die Abschiebung erfolgen. Ein bayerischer Sonderweg ist es, dem Betroffenen zu ermöglichen, freiwillig auszureisen und das Visa-Verfahren in seinem Heimatland nachzuholen. Dieser Weg sei laut Nadolski jedoch mit "unnötig viel Zeit und Kosten" verbunden.

 
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    Solche Themen sollte nicht die Politik entscheiden, sondern die Gerichte auf Basis geltender Gesetze.
    Wenn die Politik etwas ändern will, kann sie ja die Gesetze ändern. Dann gilt es für alle und nicht nur für Einzelfälle.
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  • MedDeeg@web.de
    Es wäre generell schön, wenn der bayerische CSU-Staat und die bayerische Justiz endlich damit aufhören würden, gegen Menschen zu agieren!

    Ärgerlich ist auch, dass immer nur über "Einzelfälle" berichtet wird, in welchen sich irgendwelche Politiker wie der OB hier - aus welchen Gründen auch immer - sich berufen fühlen, zu "unterstützen".....

    Es gibt weitaus mehr Menschen, denen sinnfreies Unrecht widerfährt, insbesondere in CSU-Bayern! Solche Leute "abschieben" zu wollen ist ein übler Scherz - mit existentiellen und lebensbestimmenden Folgen für Betroffene.
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  • MedDeeg@web.de
    Zitat Mainpost:

    ...."Nachdem das Verwaltungsgericht in Würzburg diesem Vorgehen widersprach, bestätigte der Verwaltungsgerichtshof die Ausländerbehörde. Die lehnte im März schließlich Kelvins Antrag ab."....

    Zitat Petitionsausschuss, Schreiben vom 02.03.2023, Petition VF.0895.18:

    "Die in der Verfassung festgelegten Grundsätze des Rechtsstaatsprinzips, der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Richter verwehren es dem Parlament, gerichtliche Entscheidungen zu überprüfen, aufzuheben oder zu korrigieren"

    Was denn nun!!?
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  • MedDeeg@web.de
    Der Petitionsausschuss kann und DARF nach eigenen Angaben Anliegen nicht behandeln, soweit sie gerichtliche Entscheidungen betreffen sondern muss diese als "unzulässig zurückweisen", Art. 4 Abs. 2, 5 Bayerisches Petitionsgesetz i.V. m § 80 Nr. 1 Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags.

    WIESO sollte dies hier nicht gelten? Es liegt eine gerichtliche Entscheidung vor?

    Eine Recherche wäre schön!
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  • flyarcus@gmx.de
    Recht muss Recht bleiben, wir müssen das aushalten!
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  • MedDeeg@web.de
    "Wir"....? Inwiefern müssen Sie etwas aushalten? Droht Ihnen auch die Abschiebung?
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  • flyarcus@gmx.de
    @medeg….. unsere Gesellschaft muss auch aushalten, dass wir Asylanten, die schwerste Verbrechen in Deutschland durchgeführt haben nicht zurückschicken können wenn der Asylant aus einem nicht sicheren Land kommt!
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  • heivomu@gmail.com
    Mir ist vollkommen klar, warum Kelvin abgeschoben werden soll: da er gut integriert ist und aus diesem Grund sein Aufenthaltsort bekannt ist, ist es ein Leichtes ein Exempel zu statuieren um die Abschiebebilanz zu verschönern. Ganz viele Ausreisepflichtige sind nämlich gar nicht anzutreffen bzw. zu ermitteln!!
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