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Würzburg
Alle für einen: SV Heidingsfeld aus Würzburg kämpft gegen die geplante Abschiebung von Mitspieler Kelvin
An diesem Montag entscheiden zwei Eilanträge über die Zukunft von Osaivbie Ekogiawe. Der junge Nigerianer ist bestens integriert und lernt einen Pflegeberuf. Ist er in eine Behördenfalle getappt?
Osaivbie Ekogiawe (rechts) soll abgeschoben werden. Der 20-Jährige bestritt an diesem Sonntag in der Fußball-Kreisliga mit seiner Mannschaft, dem SV Heidingsfeld, ein Ligaspiel. Es soll nicht sein letztes gewesen sein, dafür setzten sich beim Heimspiel seine Mitspieler und der Klub ein.
Foto: Daniel Peter | Osaivbie Ekogiawe (rechts) soll abgeschoben werden. Der 20-Jährige bestritt an diesem Sonntag in der Fußball-Kreisliga mit seiner Mannschaft, dem SV Heidingsfeld, ein Ligaspiel.
Jürgen Sterzbach
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:57 Uhr

Kreisliga am Heriedenweg in Würzburg. Eines von tausenden Amateurfußballspielen an diesem Sonntagnachmittag in Deutschland. Und doch ein besonderes, denn womöglich das letzte für Osaivbie Ekogiawe, genannt Kelvin, mit seiner Mannschaft beim SV Heidingsfeld. Dem 20-Jährigen aus Nigeria droht die Abschiebung. Sollten zwei Eilanträge abgewiesen werden, könnte der bestens integrierte junge Mann schon am Dienstag in einem Flugzeug sitzen. 

Seine Fußballfreunde und viele Unterstützer wollen das verhindern. Und so tragen seine Mannschaftskollegen und Vereinsvertreter symbolisch weiße Shirts mit einer großen grünen 19. Die 19 ist die Rückennummer von Kelvin. Er selbst trägt auf seinem Shirt eine klare Aussage: Ich bleibe hier.

Du schaffst das. Kopf hoch. Die Zuschauerinnen und Zuschauer muntern Kelvin auf, als er auf den Platz läuft. Wie es in diesem Moment in dem 20-Jährigen aussieht, was er denkt, fühlt, lässt sich nur erahnen. Er führt seine Mitspieler an, tut dies mit starrem, fokussiertem Blick: Kelvin, bereit zu kämpfen.

Ein Skandal: Zuschauer am Heriedenweg positionieren sich klar

In den folgenden 90 Minuten kämpft er für seine Mannschaft – seit Tagen kämpft sein Verein für ihn. Ekogiawe kommt als 16-Jähriger aus Nigeria nach Deutschland. In Würzburg findet er rasch im SV Heidingsfeld ein sportliches Zuhause. Er engagiert sich im Verein, schließt die Mittelschule ab und beginnt an der Klara-Oppenheimer-Schule in Würzburg eine Ausbildung zum Pfleger.

Die Mannschaft des SV Heidingsfeld steht gemeinsam mit ihrem Mitspieler Osaivbie Ekogiawe (Mitte) hinter ihrer Forderung, dessen Abschiebung zu stoppen.
Foto: Daniel Peter | Die Mannschaft des SV Heidingsfeld steht gemeinsam mit ihrem Mitspieler Osaivbie Ekogiawe (Mitte) hinter ihrer Forderung, dessen Abschiebung zu stoppen.

"Einen Skandal", nennen es Zuschauer, dass ausgerechnet er, der gut Integrierte, jetzt gehen soll. Und sie sind offenkundig nicht die einzigen, die so denken: Mehr als 2500 Unterschriften sammelt die Online-Petition "Osaivbie bleibt" seit Samstag. Nachdem Ekogiawe am vergangenen Mittwoch vorübergehend in Abschiebehaft genommen wurde, nimmt der Fall an Dramatik zu. Es entsteht ein Sturm an Solidarität, der über den Fußball, über den Sport hinausgeht.

Dessen Wucht soll anhalten: Für diesen Montag kündigt die Bewegung "Seebrücke" ab 10.45 Uhr eine Demonstration in Würzburg vom Barbarossaplatz bis zum Verwaltungsgericht an. Denn an diesem Montag, informiert seine Anwältin Mara Ortler, entscheiden sowohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg als auch das Verwaltungsgericht jeweils über einen Eilantrag, die Kelvins Abschiebung noch stoppen sollen.

Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis bis heute nicht bearbeitet

Die auf Migrationsrecht spezialisierte Anwältin weißt darauf hin, dass es sich bei Paragraf 25a des Aufenthaltsgesetzes um eine "Soll-Vorschrift" für "jugendliche oder heranwachsende geduldete Ausländer" handelt. Sie sollen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn fünf im Gesetz genannte Vorsetzungen erfüllt sind. Die letzte, die Kelvin noch fehlt: der Antrag auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vor Vollendung des 21. Lebensjahres bei der Zentralen Ausländerbehörde.

Alle für einen: Die Mannschaft des SV Heidingsfeld bildet vor dem Anstoß einen Kreis.
Foto: Daniel Peter | Alle für einen: Die Mannschaft des SV Heidingsfeld bildet vor dem Anstoß einen Kreis.

Diesen Antrag stellt er Ende Juni und reicht den dafür geforderten Pass dort ein. Weil er aber den Reisepass vorlegen kann, fällt eine Voraussetzung für seinen bisherigen Status als Geduldeter weg. Denn geduldet wird unter anderem nur, wer keinen gültigen Pass hat.

Ohne den mehr als zwei Monate zuvor gestellten Antrag auf eine Aufenthaltserlaubnis bearbeitet zu haben, erklärt die Ausländerbehörde Anfang September stattdessen also Kelvins Duldung für ungültig. Bereits eine Woche zuvor hatte die Behörde den Antrag auf Luftabschiebung gestellt.

Flüchtlingsrat solidarisiert sich uneingeschränkt mit Osaivbie

Ortler, die viele Fallsticke des deutschen Rechts zu kennen glaubte, schüttelt ungläubig den Kopf. "Erst bieten wir einem Jugendlichen diese Möglichkeit, wenn er aber alle Bedingungen erfüllt hat und seinen erworbenen Pass vorlegt, wird er abgeschoben – ohne über den Antrag auf Aufenthalt zu entscheiden. Wenn das Gesetz so ausgelegt wird, ist das eine Falle", sagt die Rechtsanwältin.

"Wir sind bestürzt und erschüttert, wie dieser Paragraf mit so einer Entscheidung unterlaufen wird", sagt Burkhard Hose stellvertretend für den Würzburger Flüchtlingsrat, der sich in einer Pressemitteilung "uneingeschränkt mit Osaivbie" solidarisiert. Er appelliert an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann, diese Abschiebung zu verhindern.

Der SV Heidingsfeld solidarisiert sich beim Kreisliga-Heimspiel mit Bannern und Aktionen für seinen Mitspieler Osaivbie Ekogiawe.
Foto: Daniel Peter | Der SV Heidingsfeld solidarisiert sich beim Kreisliga-Heimspiel mit Bannern und Aktionen für seinen Mitspieler Osaivbie Ekogiawe.

Die Würzburger Gruppe der "Seebrücke", eine Bewegung, die sich für eine menschenwürdige Migrationspolitik einsetzt, fordert in ihrer Mitteilung auch den Würzburger Oberbürgermeister und die Stadträte auf, zu ihrem Wort zu stehen. Die Europastadt Würzburg wird seit 2019 als "Sicherer Hafen" geführt. Das will Christian Schuchardt auch verstanden wissen als ein "Dankeschön an die Verdienste unserer Bürgerinnen und Bürger, die sich seit Jahren dafür einsetzen, dass Menschen nach traumatischen Erlebnissen auf der Flucht hier ein neues Zuhause und eine gute Zukunftsperspektive vorfinden". So hatte er es bei der Bewerbung vor drei Jahren formuliert.

Für den Verein mit Integrationspreis ein Schlag ins Gesicht

Für den SV Heidingsfeld, 2017 ausgezeichnet mit dem Preis der DFB-Stiftung Egidius Braun für seinen Einsatz bei der Integration Geflüchteter, sei es "ein Schlag ins Gesicht, dass nun ein Vereinsmitglied, das hier bei uns sowohl Zuhause als auch Zukunftsperspektive gefunden hat, abgeschoben werden soll", sagt der Vereinsvorsitzende Florian Volk.

Der Klubchef hatte zum Kreisliga-Heimspiel gegen Estenfeld auch Vertreter der Stadt und Politik eingeladen. "Leider habe ich heute niemanden gesehen", sagt Volk, der unter den 200 Zuschauenden auch zahlreiche Gäste auf der Heidingsfelder Sportanlage begrüßte, die wohl nicht zu einem Kreisliga-Spiel gekommen wären. Für Kelvin aber schon.

 
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  • ammi187@gmail.com
    Die SU, das C für christlich wurde schon vor 20 Jahren entsorgt. Da scheint man eh eine Ausländerphobie zu haben.
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  • ub-ejournals@uni-wuerzburg.de
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  • flyarcus@gmx.de
    Ich berufe mich auf Artikel 5 im GG und sage zu dem Thema nichts, was mir freisteht und auch wichtig ist.
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  • FairPlay
    Hallo lebenhan,
    Ihre Vorwürfe sind absurd und wie immer beleidigend.
    Sie bezeichnen die Mitarbeiter der Ausländerbehörde als Betonköpfe.
    Was nehmen Sie sich eigentlich heraus?
    Schauen Sie doch mal in die Ausländerbehörde z.B. der Stadt Würzburg.
    Dort sitzen überwiegend junge gut ausgebildete Mitarbeiter.
    Diese vollziehen nach bestem Wissen das Gesetz, wir befinden uns nach wir vor in einem Rechtsstaat.
    Ich empfehle Ihnen, befassen Sie sich mit dem Aufenthaltsgesetz und lassen Sie einfach Ihre Stammtischparolen weg.
    Mich wundert es ohnehin, dass die mainpost, die gerne zensiert, ihre Beleidigungen anderen gegenüber überhaupt noch veröffentlicht.
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  • Lebenhan1965
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  • Jueann10130610
    Duldung ist nicht gleich Aufenthaltsgenehmigung…
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  • gabcht20581207
    yes, so steht es geschrieben, was, wie, wer dann entscheidet.....
    Ohne Pass, welche Behörde hat den ausgestellt?, kann keine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Also der 1. Schritt war schon mal gemacht, jetzt mal zügig den zweiten ausführen.
    Danach erst erlischt logischerweise die Duldung, denn der Betreffende hat, hoffentlich bald, einen gültigen Pass mit einer Aufenthaltserlaubnis. Manchmal überschneiden sich Vorgänge im Behördenalltag.......
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  • Robert.Tuerke@gmx.de
    Die Fleißigen und bestens Integrierten schieben sie ab - die Schmarotzer ziehen sie mit durch.
    Armes Deutschland! Schämt Euch !
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  • Eriann08521603
    Alles sehr traurig. Und sowas passiert ja laufend. Die, die wir loswerden sollten, kriegen wir nicht los und die, die es verdient hätten und sich dem Rechtsstaat anvertrauen, werden ausgewiesen.
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  • ge@baenba.de
    Nein, das passiert nicht, sondern ist so gewollt.
    Zitat Andreas Scheuer, damals 2016 CSU-Generalsekretär: "Entschuldigen S' die Sprache, das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist - weil den wirst Du nie wieder abschieben. Aber für den ist das Asylrecht nicht gemacht, sondern der ist Wirtschaftsflüchtling."

    Integration wird in der CSU als Gefahr gesehen, und gerade bei integrationswilligen Ausländern is daher immer Eile geboten und jede Möglichkeit zu nutzen. Nach diesen Vorgaben aus der Politik werden in den bayerischen Ämtern die Gesetze ausgelegt.
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  • Arcus
    Das ist einer der Gründe, warum ich nicht mehr CSU wählen kann. Unchristlich, Unsozial, Unwählbar.
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  • Jueann10130610
    Sie wissen aber schon, dass an den Bundesgesetzen in den vergangenen 16 Jahren die CSU als Teil der Regierungskoalition beteiligt war?
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  • Lebenhan1965
    In den Ausländerbehörden @ Eriann....

    des Freistaats sind leider keine Mitarbeiter, die das Beste für Deutschland wollen, sondern Betonköpfe, die gedanklich noch in den 60ern des letzten Jahrhunderts verharren, so wie viele in der CSU.

    Der damalige Slogan "Das Boot ist voll" hat schon damals nichts mit der Realität zu tun gehabt und ist heute noch weniger zu verstehen.

    Es wäre an der Zeit, dass der Innenminister seine Behörde mal von diesen gestrigen Geistern befreit und gleichzeitig sollte unser Aufenthaltsrecht gründlich reformiert werden.

    Jeder der in einem Mangelberuf lernt oder arbeitet sollte ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht erhalten, sofern strafrechtlich nichts vorliegt.
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