In Bayern hat die dritte Runde der Corona-Impfungen begonnen. Vor allem hochbetagte Menschen und Risikogruppen sollen mit der Auffrischung besser geschützt werden, gerade mit Blick auf den nahenden Winter. Nur: Genau dann rollt traditionell auch die Grippesaison an. Wer sollte sich jetzt gegen Influenza impfen lassen? Wo bekommt man in Unterfranken den dritten Pieks gegen Corona? Und schwächt eine Grippe-Immunisierung den Schutz vor Covid-19? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Laut Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) ist eine Drittimpfung "bei Gruppen, die ein erhöhtes Infektionsrisiko oder ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben" nach sechs Monaten ratsam. Zuerst sollen deshalb über 80-Jährige und Hochrisikopatienten wie etwa Menschen mit Immunschwäche die Chance zur Auffrischung bekommen. Außerdem werden Drittimpfungen für Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen oder in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung angeboten, für Pflegebedürftige zu Hause oder für Menschen, die mit Astrazeneca oder Johnson & Johnson geimpft wurden. Daneben sind Auffrischungen für medizinisches und Pflegepersonal, Rettungsdienst-Mitarbeiter, mobile Impfteams oder pädagogisches Personal möglich. Auch Menschen unter 80 aber über 60 Jahren könnten eine Drittimpfung nach ärztlicher Beratung bekommen, zum Beispiel, wenn eine Immunschwäche vorliege, so ein Ministeriumssprecher.
Ab sofort. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums sind die ersten Auffrischungsimpfungen im Freistaat bereits am 11. August angelaufen.
In Pflegeheimen würden die Auffrischungsimpfungen vor Ort durch die dort tätigen Ärzte und von mobilen Teams der Impfzentren angeboten, teilt ein Ministeriumssprecher mit. Darüber hinaus könnten sich Berechtigte bei den Hausärzten impfen lassen – und "ersatzweise auch im Impfzentrum".
Generell sollen die Auffrischungsimpfungen laut Ministerium "möglichst niederschwellig" durchgeführt werden. Das heißt, erste Anlaufstelle sind die Hausärzte. In den Impfzentren sei die Drittimpfung für Berechtigte grundsätzlich aber auch möglich, so ein Sprecher. Einen Termin dazu müsse man nicht ausmachen. Es werde aber empfohlen, sich telefonisch bei dem Impfzentrum anzumelden und den Impfpass beziehungsweise Genesenen-Zertifikate mitzubringen.
Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen kann der Schutz einer Covid-Impfung vor allem bei hochbetagten oder immungeschwächten Menschen reduziert sein oder schnell nachlassen. "Hier haben Studien gezeigt, dass eine dritte Impfung zu einer deutlich höheren Antikörperbildung führen kann", so ein Ministeriumssprecher. Deshalb seien Auffrischungsimpfungen für Risikogruppen sinnvoll und notwendig. Eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission gibt es dazu aber noch nicht. Der Würzburger Virologe Prof. Lars Dölken hält eine dritte Corona-Impfung aktuell vor allem in Alten- und Pflegheimen für angebracht. Bei der jüngeren Bevölkerung gebe es "keinen Hinweis darauf, dass sie von einer Auffrischung profitieren", so der Inhaber des Lehrstuhls für Virologie an der Universität Würzburg.
"Die Auffrischungsimpfung ist freiwillig", heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Allerdings sei sie zunächst für die genannten Gruppen gedacht, "bei denen von einer reduzierten oder schnell nachlassenden Immunantwort ausgegangen werden kann". Aus Sicht des Virologen Lars Dölken muss aber niemand Angst haben, später keinen Drittimpfungs-Termin mehr zu bekommen – es sei genug Impfstoff da. "Diejenigen, die jetzt doppelt geimpft sind, können erstmal Impfung Impfung sein lassen und weiterleben."
Laut Robert Koch-Institut (RKI) sind die Risikogruppen für einen schweren Verlauf bei Corona und Grippe sehr ähnlich. Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine Influenza-Impfung daher für alle Personen ab 60 Jahren, für Bewohnerinnen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen sowie für Schwangere und Menschen mit Grunderkrankungen wie etwa Herz- oder Kreislaufkrankheiten oder Diabetes. Geimpft werden sollten außerdem Menschen mit erhöhtem beruflichem Risiko, zum Beispiel medizinisches Personal. Neu ist in diesem Jahr, dass für über 60-Jährige ein sogenannter Hochdosis-Impfstoff empfohlen wird, der effektiver ist.
Meist rollt die Grippewelle in Deutschland zu Beginn eines neuen Jahres an. Um rechtzeitig geschützt zu sein, sollte man sich laut RKI im Spätherbst (Mitte Oktober bis Mitte Dezember) impfen lassen. Allerdings: 2020 ist die Grippewelle aufgrund der Lockdown-Maßnahmen quasi komplett ausgefallen, weltweit gab es kaum Fälle. Und auch aktuell ist die Zahl der gemeldeten Grippe-Erkrankten noch sehr niedrig: So wurden dem RKI zuletzt binnen einer Woche 23 Fälle gemeldet. Der Würzburger Virologe Lars Dölken rät deshalb zwar älteren Menschen und Heimbewohnern zur Grippe-Impfung. Darüber hinaus "würde ich aber noch etwas abwarten – wenn es keine Fälle gibt, muss ich auch nicht impfen".
Theoretisch könnten die Drittimpfung für Corona und eine Influenza-Impfung am gleichen Tag stattfinden, sagt der Virologe Lars Dölken. "Man würde das aber wahrscheinlich nicht machen." Denn noch hat sich die Ständige Impfkommission zu dieser Möglichkeit nicht positioniert. Studiendaten würden im Laufe des Septembers erwartet, heißt es beim RKI. Grundsätzlich gilt bei zwei Impfungen laut Dölken: entweder gleichzeitig oder mit gut zwei Wochen Abstand.
Nein, sagt der Würzburger Experte Lars Dölken. Hingegen kann eine Grippe-Impfung laut RKI gerade in der Pandemie sinnvoll sein: So sei eine hohe Influenza-Impfquote bei Risikogruppen wichtig, um schwere Verläufe zu verhindern und Engpässe in Krankenhäusern zu vermeiden.
Trotz Pandemie sollten Risikogruppen alle für sie empfohlenen Impfungen wie etwa die Pneumokokken oder eben die Influenza-Impfung erhalten, heißt es vom RKI. "Diese Standardimpfungen müsse man ab einem gewissen Alter immer machen", bestätigt Lars Dölken.