Wenn die Großeltern oder Eltern ins Pflegeheim ziehen müssen, fühlen sich viele Familien überfordert. Welche Einrichtung ist die richtige? Wie finde ich ein Heim, in dem die Bewohnerinnen und Bewohner gut und liebevoll betreut werden? Wo bekomme ich in Unterfranken Rat und Hilfe? Und worauf muss ich achten, wenn ich mir ein Bild vor Ort machen will? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Den Einzug in ein Altersheim planen - wie früher gibt es das nicht mehr, sagt Wohnberaterin Ina Semmel vom Würzburger Pflegestützpunkt. Denn in der Regel liegt eine Pflegebedürftigkeit vor, also Pflegegrad II oder höher. Ist die Pflege zuhause oder mit ambulanter Hilfe nicht mehr möglich, beginne zwangsläufig die Suche nach einem geeigneten Pflegeheimplatz, sagt Semmel.
Durch die Pandemie habe man dabei momentan die Chance auszuwählen, sagt der unabhängige Pflegeberater Markus Oppel aus Buchbrunn (Lkr. Kitzingen). Vor Corona habe es lange Wartelisten gegeben, jetzt seien oft Betten frei. Grundsätzlich gelte: Je früher man sich mit dem Thema auseinandersetze, desto besser. Es sei immer schwierig, den richtigen Zeitpunkt zu finden, aber wenn die Unterbringung unmittelbar bevorstehe, sei es zu spät.
Auch Carsten Vetter, Bezirksgeschäftsführer für Unterfranken beim Sozialverband VdK Bayern, rät: "Man sollte sich generell frühzeitig über die Versorgungssituation bei Pflegebedürftigkeit Gedanken machen". Es sei wichtig, die Auswahl noch aktiv angehen zu können.
Entscheidend sei letztlich die Atmosphäre, sagt Markus Oppel: Herrscht im Heim eine familiäre Atmosphäre - oder eine wie im Krankenhaus? Daneben seien die Schichtpläne wichtig, die man sich zeigen lasse könne: "Ist genügend Personal im Heim oder gibt es Ehrenamtliche, die zum Besuchsdienst kommen und sich mit den Bewohnern beschäftigen?"
Ganz wichtig seien die persönlichen Ansprüche und Wünsche der Eltern oder Großeltern. Wenn sie noch einkaufen oder ins Café gehen können, dann sollte das Heim eher in der Stadt als auf dem Land liegen. Persönliche Gegenstände, der Lieblingssessel, das Erbstück , ein paar Bilder sollten auch immer erlaubt sein.
"Es wird selbst gekocht, oder zumindest angeliefertes Essen vor Ort verfeinert. Es gibt Auswahl oder eine Buffet-Lösung. Man kann sich jederzeit aus einem Kühlschrank Getränke oder einen kleinen Snack nehmen. Es gibt eine eigene Beschäftigungstherapie. Es kommen regelmäßig Physio- oder Ergotherapeuten ins Haus", fasst Markus Oppel das Wichtigste zusammen. In den wenigsten Pflegeheimen dürfe man zu Bett gehen und aufstehen, wann man wolle. "Aber wenigstens im Alter würde ich gerne mal ausschlafen dürfen", sagt der Pflegeberater. Er selbst würde auch noch schauen, ob es eine Gedenk- oder Abschiedsecke gibt. Seien alte Menschen in einem Heim nicht nur abgeschoben, sondern lebten in einer Gemeinschaft, sollten sie sich auch von ihren verstorbenen Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern verabschieden können.
Wenn es nach Urin oder Extrementen riecht, sei das eine sehr schlechte Einrichtung, sagt Oppel. Auch ein Heim, das sein Essen über ein Tablettsystem von einer Großküche bekomme, sei für ihn ein Ausschlusskriterium. Schlechte Pflegeheime hätten zudem eine hohe Personal-Fluktuation. Und die Mehrzahl der Bewohnerinnen und Bewohner würde einen ungepflegten Eindruck machen.
Hilfestellung bei der Pflegeheim-Suche bieten Plattformen der Pflegekassen wie etwa der Pflege-Navigator der AOK, sagt Michaela Heyne vom VdK-Beratungstelefon "Pflege und Wohnen". Die Plattform der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände in Bayern (Arge) listet alle Heime, die mit der Arge einen Versorgungsvertrag abgeschlossen haben. Dort würden auch die Transparenzberichte mit den Bewertungen aus den MDK-Prüfungen eingestellt, sagt die VdK-Pflegeexpertin. "Ob ein Heim gut oder schlecht ist – das ist aber meist eine subjektive und individuelle Beurteilung." Deshalb sei immer ein Besuch vor Ort empfehlenswert, rät Heyne.
"Bei der Suche nach einem Pflegeplatz sollte man sich auf keine Bewertungen verlassen", sagt auch VdK-Bezirkschef Carsten Vetter. Entscheidend seien der persönliche Eindruck und das Gespräch mit der Heim- und Pflegedienstleitung. Denn: "Nicht jedes Pflegeheim passt für jede pflegebedingte Anforderung".
Hier müsse man sehr feinfühlig vorgehen, sagt Berater Markus Oppel. Gerade durch die Corona-Pandemie würden Alten- und Pflegeheime von vielen als Sterbestation angesehen. Man solle also sehr früh sehr offen über das Thema sprechen und sich seine eigenen Grenzen bewusst machen. Und man solle benennen, wann man sich selbst, Familie und Beruf zu sehr vernachlässigen müsste, um die Pflege selbst weiterzuführen, ist Oppels Rat.
Unter "Pflege-TÜV" versteht man gemeinhin die Bewertungen der Pflegeeinrichtungen durch den Medizinischen Dienst (MD). Bis 2019 wurden diese als Schulnoten veröffentlicht. Mittlerweile gibt es ein neues Verfahren zur Qualitätsprüfung: Dabei werden Selbstauskünfte der Heime mit internen und externen Qualitätsprüfungen kombiniert. Allerdings sei die komplexe Darstellung der Ergebnisse in mehrseitigen Prüfberichten für Verbraucher undurchsichtig, kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband.
"Angemeldete Kontrollen sind aus meiner Sicht nicht zielführend", sagt auch Carsten Vetter vom VdK-Unterfranken. Dabei werde die Pflegesituation von "ausgewählten" Personen beurteilt und spiegele so nicht die gesamte Versorgungsqualität im Pflegeheim wieder. Es sei wichtig, neben der Bewertung durch den Pflege-TÜV auch andere Informationen einzuholen, sagt VdK-Pflegeexpertin Michaela Heyne. So könne man beispielsweise Bekannte nach ihren Erfahrungen fragen, die Homepage einer Einrichtung aufmerksam studieren – und sich vor allem selbst einen Eindruck vor Ort verschaffen.
Der beste Weg, einen Eindruck von einem Heim zu bekommen, sei ein unangemeldeter Besuch, sagt Unterfrankens VdK-Chef Vetter. In Zeiten von Corona sei das leider schwierig geworden. In der Pandemie gilt das für Heimbesichtigungen generell: "Das erschwert die Auswahlsituation zunehmend".
Auf jeden Fall sollte man mit dem Pflegeheim telefonisch Kontakt aufnehmen, rät Ina Semmel vom Würzburger Pflegestützpunkt. Auch ein Besuch von betroffenen Freunden oder Bekannten könne wertvolle Einblicke geben. Und wenn doch ein Besuch möglich ist, sollten Interessenten laut Pflegeexpertin Michaela Heyne auf Folgendes achten: Wie wirkt die Atmosphäre auf mich? Sind die Räume sauber? Gefällt mir die Einrichtung? Wie gehen die Menschen miteinander um? Welchen Eindruck machen die Bewohner?
"Mit allen Sinnen in eine Besichtigung gehen", so formuliert es Pflegeberater Oppel. Höre man resolute Pflegekräfte, die mit Bewohnern schimpfen, deute das auf eine Überlastung hin. Informativ seien auch die Aushänge am Schwarzen Brett: "Finden Festivitäten statt, finden regelmäßig Gottesdienste statt? Gibt es Ausflüge, Alleinunterhalter, hängen dort Bilder von Ausflügen?" Mit allen Sinnen, heißt: sehen, riechen, schmecken. Da könne man sich auch mal den Speiseplan zeigen lassen und um eine Kostprobe vom Mittagessen bitten.
EinenTeil der Pflegekosten übernimmt die Pflegeversicherung. Der Rest und die Kosten für Unterkunft und Essen müssen vom Heimbewohner getragen werden. Im Schnitt sind das in Bayern laut dem Verband der Ersatzkassen (vdek) 2078 Euro im Monat, im Raum Würzburg liegen sie bei knapp 2400 Euro, im Landkreis Rhön-Grabfeld bei knapp 2050 Euro. Davon seien laut vdek im Schnitt 985 Euro reine Pflegekosten.
Ab dem 1. Januar 2022 werden diese selbst zu zahlenden Pflegekosten schrittweise gesenkt. Im ersten Jahr um fünf Prozent, im zweiten Jahr im Heim um 25 Prozent, im dritten Jahr um 45 Prozent und ab dem vierten um 70 Prozent. Bei höheren Pflegegraden sinken die Zuzahlungen, weil die Pflegekasse mehr bezahlt. Das kann ja nach Pflegegrad zwischen 50 und 350 Euro im Monat ausmachen. Reicht die Rente für die Zuzahlung nicht aus, kann die Sozialverwaltung des Bezirks Unterfranken auf Vermögen oder Immobilien des zu Pflegenden oder auch auf die nächsten Angehörigen zurückgreifen.
Der Bezirk Unterfranken hat einen Beratungsführer Pflege erstellt. Darin finden sich Kontakte und Adressen allgemeiner Beratungs- und Informationsangebote sowie Ansprechpartner zum Thema Pflege in der Region: www.bezirk-unterfranken.de/hilfen/hilfe-zur-pflege/m_24918
Eine gute Suchmaschine zu Pflegeheimen in der Region, ihren Kosten und anderen Betreuungsangeboten gibt es auf www.pflegeberatung.de/pflegesuche
Empfehlenswert sind die Seiten des Deutschen Seniorenportals mit etwas detaillierteren Informationen zu Pflegeheimen in der Region. : www.seniorenportal.de
Eine kostenlose Beratung für Senioren und Angehörige bieten auch Pflegestützpunkte wie etwa in Würzburg, Schweinfurt, den Haßbergen, Kitzingen, Rhön-Grabfeld oder Bad-Kissingen. Dort gibt es auch eine Wohnberatung.
Man kann für diesen Artikel nur dankbar sein. Aufklärung tut not. Ich selbst befinde mich im „betreuten wohnen“ hier im Main – Spessart. Schade dass diese Möglichkeit hier nicht genannt wurde. Ich muss mich um wirklich überhaupt nichts kümmern, habe eine eigene Wohnung mit ca.40 qm. Mit guter sehr guter Verpflegung und sehr freundlichem und bemühtem Personal und Hausnotruf. Mit knapp 1400 Euro habe ich alles bezahlt. Anschauen lohnt sich. Die Wohnungen sind verschieden groß. Also auch für Paare geeignet.