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Veitshöchheim
Gibt es ohne Wasser keinen trockenen Wein mehr? Wie der Klimawandel den Weinbau in Franken verändern wird
Für die fränkischen Winzer ist der Klimawandel die größte Herausforderung seit der Reblaus. Wie die Lage ist - und wieso Silvaner wohl bald in Südfrankreich angebaut wird.     
Ohne Bewässerung ging im Sommer 2022 in manchen Lagen in Unterfranken nichts mehr: Im Bild die Großlage Sommerhäuser Ölspiel im Landkreis Würzburg. 
Foto: Antje Roscoe | Ohne Bewässerung ging im Sommer 2022 in manchen Lagen in Unterfranken nichts mehr: Im Bild die Großlage Sommerhäuser Ölspiel im Landkreis Würzburg. 
Folker Quack
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:45 Uhr

Der Klimawandel trifft den fränkischen Weinbau mit Wucht und atemberaubender Geschwindigkeit. Ohne den Wein aber würde der Region mehr als die Weingüter verloren gehen, sagen Weinbaupräsident Artur Steinmann und Hermann Schmitt, Geschäftsführer des Fränkischen Weinbauverbandes. Denn neben dem eigentlichen Produktionswert des Weines, der pro Jahr zwischen 250 und 300 Millionen ausmache, kämen 3,24 Milliarden Euro Wertschöpfung für den Tourismus hinzu. Deshalb sei es nicht nur im Interesse der Winzerinnen und Winzer, den Weinbau auch in einem künftig trockneren  Franken möglich zu machen.

Doch wie müssen sich Rebsorten und Anbaumethoden anpassen und ändern? Woher soll das Wasser kommen, um auch in den klassischen Steillagen noch Weinbau betreiben zu können? Antworten auf aktuelle Fragen zu Trockenheit, Klimawandel und dem fränkischen Wein.

Wie verändert der Klimawandel den Weinbau in Franken?

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung für den Weinbau seit der Reblaus, sagt Dr. Daniel Heßdörfer, der in der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau (LWG) in Veitshöchheim die Forschung koordiniert. Dazu muss man wissen: Die aus Nordamerika eingeschleppte Reblaus hatte Mitte des 19. Jahrhunderts fast das Aus für den Weinbau in Europa bedeutet. Und so wie man ihr durch die Veredelung von widerstandfähigen Rebstöcken aus Amerika mit europäischen Rebsorten biotechnisch Herr wurde, müsse man auch jetzt hiesige Rebsorten und Anbaumethoden nachhaltig auf mehr Hitze und weniger Wasser einstellen, sagt Heßdörfer.

Während sich im fränkischen Weinbau über Jahrzehnte alles um die Sonne gedreht habe, damit man die Weintrauben in guter Qualität reif bekomme, trete jetzt das Wasser und dessen Knappheit in den Vordergrund, sagt Hermann Schmitt. Sonne habe man in den Weinbergen mittlerweile meist mehr als genug.

Dr. Daniel Heßdörfer forscht an der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim, wie sich Wasser im Weinberg sparen lässt. Die Bewässerungssteuerung im Weinberg war auch das Thema seiner Doktorarbeit. 
Foto: Silvia Gralla | Dr. Daniel Heßdörfer forscht an der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim, wie sich Wasser im Weinberg sparen lässt. Die Bewässerungssteuerung im Weinberg war auch das Thema seiner Doktorarbeit. 

Wieviel Wasser wird im Weinbau benötigt?

Eine Rebe benötige zirka 450 bis 500 Liter Wasser im Jahr, sagt Daniel Heßdörfer. Dabei könne sie im Sommer auch Trockenstress ertragen. Zu viel Bewässerung sei im Weinbau nicht gut, weil die Triebe dann zu stark wachsen und die Trauben zu kompakt würden. Innerhalb der Reifezeit könne dies zum Aufplatzen und Faulen führen, so Heßdörfer. 

Die Bewässerung im Weinbau diene vor allem dem Erhalt der Rebstöcke, sagt Heßdörfer, der Weinbau und Oenologie studiert hat.  Einen trockenen Sommer könnten sie überstehen, wenn die Winzer die Trauben und damit ihren Ertrag reduzieren würden. Bei zwei oder drei trockenen Sommern in Folge werde es schwer. Gerade bei der Rebe als Dauerkultur mit Umtriebszeiten von bis zu 40 Jahren sei der langfristige Erhalt einer Anlage ein wichtiges Thema. 

Die 500 bis 600 Liter Regen pro Quadratmeter hätte den fränkischen Winzern über all die Jahre gut gereicht, sagt Hermann Schmitt. Durch den Klimawandel aber seien es schon jetzt in manchen Jahren rund 100 Liter weniger. Vor allem falle der Niederschlag nicht mehr so gleichmäßig. Die Winzer müssten sich auf extreme Trockenheit einstellen, aber auch auf Starkregen und extreme Nässe in Frühjahr und Herbst. Der Weinbau verbrauche vergleichsweise wenig Wasser, sagt Artur Steinmann. Und er komme schon jetzt größtenteils ohne Grundwasser aus, sagt Forscher Daniel Heßdörfer.

Müssen alle Weinberge in Unterfranken in Zukunft bewässert werden?

Nein, selbst im diesem trockenen Sommer 2022 habe in vielen Lagen der Wein überhaupt nicht bewässert werden müssen, sagt Heßdörfer. Es gebe auch Lagen, in denen schlicht die Infrastruktur oder Bewässerungsmöglichkeiten fehlen würden. Aktuell sind das zirka 75 Prozent der Weinbaufläche. In manchen dieser Lagen sei in Zukunft aber wohl ohne Bewässerung kein Weinbau mehr möglich, so Heßdörfer.

Wie können unterfränkische Winzer Wasser sparen?

Mit niedrigeren Laubwänden, und begrünten Weinbergen, die vor Erosion schützen und die Infiltration von Wasser erhöhen, könnten Winzer schon jetzt viel Wasser sparen. Die Landesanstalt forsche zudem an speziellen biologisch abbaubaren Bodenbelägen, die direkt unter der Rebe angebracht werden um die Verdunstung zu reduzieren, sagt Heßdörfer. 

Durch den Austausch mit Forschungseinrichtungen in Israel lerne man vom dortigen Weinbau unter extremer Trockenheit. In Jerusalem regne es vor allem im Winter jedoch mehr als in Würzburg, sagt Herrmann Schmitt vom Weinbauverband. Deshalb speichere man im Winter Wasser, das über in der Erde vergrabene Tröpfchenschläuche in den heißen Sommermonaten dann eine Bewässerung ohne Verdunstung ermögliche. 

Wie lassen sich die Weinberge in Unterfranken bewässern?

Mit Pilot-Projekten wie der Vinaqua in Volkach (Lkr. Kitzingen) erprobe man derzeit ein nachhaltiges Bewässerungs- und Wasserbevorratungsmanagement, sagt Hermann Schmitt. Ziel sei es, im Spätherbst und Winter Oberflächenwasser und Uferfiltrat aus dem Main in Rückhaltebecken zu speichern, um sie in trockenen Sommern zu nutzen. Schon 2006 habe der Weinbauverband eine Projektstudie für ein Bewässerungskonzept am Schwanberg bei der Staatsregierung vorgelegt, so der Geschäftsführer des Verbandes. Es habe sehr lange gedauert, bis man in München verstanden habe, dass es mit der Trockenheit und dem Klimawandel in Franken ernst wird. 

Weinbaureferent Stephan Schmidt, Weinbaupräsident Artur Steinmann und der Geschäftsführer des fränkischen Weinbauverbandes, Hermann Schmitt (von links), setzen trotz Klimawandel auf den  Frankenwein in seiner Vielfalt. 
Foto: Michael Bock | Weinbaureferent Stephan Schmidt, Weinbaupräsident Artur Steinmann und der Geschäftsführer des fränkischen Weinbauverbandes, Hermann Schmitt (von links), setzen trotz Klimawandel auf den  Frankenwein in seiner ...

Welche Rebsorten könnten in Franken verschwinden?

Der Bacchus, mit fast zwölf Prozent heute noch die dritthäufigste Rebsorte in Franken, werde wohl der größte Verlierer im Klimawandel sein, sagt Weinbau-Experte Daniel Heßdörfer. Vor allem Hitze und viel Sonne setzten dieser Rebsorte stark zu. Auch der Müller-Thurgau, Frankens zweitstärkste Rebsorte, komme mit den klimatischen Veränderungen sehr schlecht zurecht. Heßdörfer kann sich vorstellen, dass der Müller-Thurgau vor allem in Cuvées und Seccos aus Franken durch Hitze- und Pilzwiderstandfähigere Rebsorten ersetzt werde. Dennoch glaubt Stephan Schmidt, Referent im Weinbauverband, dass es für die klassischen fränkischen Rebsorten noch geeignete Anbauflächen gebe. Von traditionellen Rebsorten, so Schmidt, solle man sich nicht zu früh verabschieden. Der Sommer 2022 habe gezeigt, dass Bacchus in weniger sonnigen Lagen gute Ergebnisse bringen könne, bestätigt Heßdörfer. 

Gibt es ohne Wasser keinen trockenen Wein mehr? Wie der Klimawandel den Weinbau in Franken verändern wird

Welche Rebsorten könnten in Franken dazu kommen?

Chardonnay, Cabernet Sauvignon, Sauvignon blanc, die Burgunder-Sorten und Merlot kämen mit dem Klimawandel in Franken gut zurecht, sagt Heßdörfer. Die Auswirkungen des Klimawandels seinen im fränkischen Weinbau seit Anfang der 2000er Jahre nachweisbar. Richtig heftig würden ihn  die Winzer seit 2011 spüren. Seitdem werden die Flächen für Chardonnay und Merlot in Franken aufgestockt. Der LWG-Experte hält es nicht für Traditionsbruch, wenn jetzt hitzetolerante und pilzresistente Rebsorten in Franken angebaut werden. So neu seien diese gar nicht: So habe es in Franken früher hier schon Sauvignon Blanc gegeben - damals hier "Muskat-Silvaner" genannt. Selbst Grüner Veltliner sei in Franken nachweislich in früheren Jahrhunderten schon angebaut worden.    

Kann der Silvaner Frankens Aushängeschild bleiben?

"Der Silvaner ist der Gewinner des Klimawandels", ist sich Weinbaupräsident Artur Steinmann sicher. Von allen klassischen fränkischen Weinsorten komme er mit mehr Sonne und weniger Wasser am besten klar. Auch Heßdörfer sieht den Silvaner im Vorteil.  

Im Weinbauverband will man jetzt genau wissen, wie der fränkische Silvaner in 30 und mehr Jahren schmecken könnte, wenn nach Berechnungen von Experten am Main ein Klima wie in Südfrankreich vorherrsche. Der Verband plane, in der Weinbauregion Montpellier einen Weinberg zu pachten und die Rebstöcke mit Silvaner umzuveredeln, erläutert Schmitt. Die Trauben würden dann in Franken gekeltert und ausgebaut. So könne man einen Blick in die Zukunft werfen: Wie schmeckt ein fränkischer Silvaner im Jahr 2050? Und was muss beim Ausbau berücksichtigt werden, dass er seine fränkisch-trockene Qualität behält?

Was passiert mit den Franken-typischen Steillagen?

Sie sind das Aushängeschild des fränkischen Weinbaus: die landschaftsprägenden Steillagen, die auch einige der ersten und besten Lagen Frankens bieten. Aber sie machen nicht nur viel Arbeit, sondern sind auch am stärksten von der Trockenheit betroffen und müssen zunehmend bewässert werden. Steillagen reichen in Franken von über 30 Prozent bis hin zu 75 Prozent Steigung. 

Weinbaupräsident Artur Steinmann ist dennoch sicher, dass die steilen Weinberge die fränkische Landschaft weiter prägen und auch künftig Spitzenweine bieten. Die kargen Böden würden die Rebe jetzt erst recht zwingen, ihre Kraft in die Traube zu bringen. Die Spitzenweine würden auch deshalb weiter aus diesen ersten Lagen kommen, weil die Winzer solche Lagen über Jahrzehnte entwickelt hätten.

Weinberge prägen die fränkische Kulturlandschaft. Im Bild Weinberge bei Markt Einersheim (Lkr. Kitzingen). 
Foto: Patty Varasano | Weinberge prägen die fränkische Kulturlandschaft. Im Bild Weinberge bei Markt Einersheim (Lkr. Kitzingen). 

In der Summe werden die Steillagen weniger werden, prognostiziert Daniel Heßdörfer. Man könne einen Winzer nicht zwingen, eine unrentable Lage aufrecht zu erhalten. Erste Lücken in Frankens Steillagen seien schon jetzt sichtbar, bestätigt Verbandgeschäftsführer Hermann Schmitt. Er könne sich vorstellen, dass dort künftig exquisite Rotweine reifen. Um Steillagen zu erhalten, erforsche man an der Landesanstalt neue, rationelle Anbaumethoden, sagt Oenologe Heßdörfer.    

Verschiebt sich das fränkische Weinbaugebiet Richtung Norden?

Die Versuchsanstalt für Weinbau habe bereits erste Rebstöcke in Lagen der Rhön gepflanzt - dort, wo bislang nicht an Weinbau zu denken gewesen sei, sagt Daniel Heßdörfer. Der Weinbau verändere sich, sagt auch Hermann Schmitt. Heute würde in allen 16 Bundesländern Weinbau betrieben. Selbst aus Holland und Dänemark kämen inzwischen Weine. Schmitt verweist darauf, dass die geschützte Ursprungsbezeichnung "Franken" das derzeitige Anbaugebiet umfasse. Es gebe keine Pläne, dieses Gebiet zu erweitern. 

 
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Kommentare
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  • jebusara@web.de
    Wein ist Alkohol und Alkohol ist ein Suchtmittel. Man sollte überlegen ob man wirklich Weinanbau fördern soll. Das kostbare Wasser kann bestimmt besser verwendet werden.
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  • Mainkommentar
    Muss es denn Wein sein? Man könnte auch einfach Zitronen, Orangen, Ananas und Kiwis, Feigen anbauen. Ist lecker und die Bäume/Pflanzen sehen auch hübsch aus.
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