zurück
Würzburg
Gastro- und Einzelhandels-Lobbyist Wolfgang Weier: "In der Stadt fehlen Plätze, wo man nicht konsumieren muss"
Mehr Attraktivität für Würzburg: Wo sich die Einzelhandelslobby weniger Parkplätze wünscht und wie man sich auf eine Zeit ohne Galeria Kaufhof vorbereitet.
Wolfgang Weier,  Geschäftsführer des Stadtmarketingvereins 'Würzburg macht Spaß' glaubt, dass sich der Einzelhandel in der Würzburger Innenstadt erholt. 
Foto: Thomas Obermeier | Wolfgang Weier,  Geschäftsführer des Stadtmarketingvereins "Würzburg macht Spaß" glaubt, dass sich der Einzelhandel in der Würzburger Innenstadt erholt. 
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 12:53 Uhr

Seit zehn Jahren ist Wolfgang Weier Geschäftsführer des Marketingvereins "Würzburg macht Spaß" (WümS) und macht Lobbyarbeit für Einzelhandel und Gastronomie. Im Interview erzählt der 50-Jährige, wie sich der Einzelhandel in dieser Zeit entwickelt hat und wie seine Prognose für die Zukunft ist. 

Frage: Als Sie vor zehn Jahren als Geschäftsführer von WümS begonnen haben, wurde auch schon über den Rückgang des Einzelhandels in der Innenstadt gesprochen. In einem Interview mit der Redaktion haben Sie damals Online-Shoppen und die Verlagerung von Einzelhandel an den Stadtrand verantwortlich gemacht. Gilt das immer noch?  

Wolfgang Weier: Teilweise. Neue große Einzelhandelsstandorte wie der Ikea-Homepark werden gerade nicht mehr geplant. Allerdings fehlen durch diese in der Innenstadt zum Beispiel Sport-oder Tierbedarfsgeschäfte. Der Anteil des Online-Einkaufens ist mit mittlerweile auf rund 13,5 Prozent gestiegen. Inzwischen nutzen aber auch deutlich mehr stationäre Händler Online-Absatzkanäle wie Instagram, tictoc oder youtube. Was für manche Ladeninhaber bedeutet, dass sie sich abends hinsetzen und Pakete packen. 

Was sind neue Probleme?

Weier: Nach Pandemie und allen Krisen vor allem die inflationsbedingte Kaufzurückhaltung. Aktuell kommen rund 90.000  Besucher weniger monatlich in die Innenstadt, als 2019. Bei 30 Euro, die jeder Besucher durchschnittlich bei Handel und Gastronomie lässt, fehlt da schon ordentlich was in den Kassen.           

Was würde mehr Menschen in die Innenstadt bringen?

Weier: Würzburg ist im Vergleich zu den meisten vergleichbaren Städten immer noch hervorragend dran. Was uns weitgehend fehlt, sind zum Beispiel Manufakturen, wo man durchs Schaufenster bei der Herstellung zuschauen kann. Außerdem Plätze, drinnen und draußen, wo man nicht konsumieren muss, aber sich gerne aufhält. Das könnten Spiel- und Sportstationen sein, auch für Grünflächen und Bänke. Studien zeigen, dass die Läden im Umfeld davon profitieren.  

Wo wäre dafür Platz?

Weier: Zum Beispiel am Paradeplatz. Nach einer Umgestaltung könnte hier eine offene Kleinkunstbühne stehen, Buden könnten Souvenirs oder kleine Speisen und Getränke verkaufen und auf den Bänken könnten auch die sitzen, die nichts konsumieren wollen .

Der Paradeplatz auf einem Archivbild von Mitte April. Motel und weitere Gastronomie werden aktuell noch gebaut.
Foto: Johannes Kiefer | Der Paradeplatz auf einem Archivbild von Mitte April. Motel und weitere Gastronomie werden aktuell noch gebaut.
Und die Parkplätze?

Weier: Laut aktuellem Stadtratsbeschluss werden die Parkplätze entfernt, wenn in der Nähe Ersatzparkraum geschaffen ist. Parkplätze für das Ärztehaus müssen jedoch bestehen bleiben. Erreichbarkeit mit allen Verkehrsmitteln – auch mit dem Auto – ist ein super wichtiges Thema. Konsens ist aber, dass man damit nicht vor die Ladentür fahren muss. Kein zusätzlicher Kunde kommt wegen eines Oberflächen-Parkplatzes in die Innenstadt. Ebenso wenig wegen eines weiteren Baumes. Besucher kommen wegen des abwechslungsreichen Angebots und hohem Erlebnisfaktor in die Innenstadt.

In der Einzelhandel auch in Zukunft eine zentrale Rolle spielt?

Weier: Definitiv. Der Handel wird sich weiter erholen. Wir haben zum Glück ein Einzugsgebiet von fast 700.000 Menschen. Zudem viele charmante, kleinteilige und inhabergeführte Geschäfte und Gastronomiebetriebe. Außerdem funktionieren in unserer Studentenstadt junge Konzepte besser, als in vergleichbaren Städten.

Und wenn doch auch in Würzburg Galeria Kaufhof zumacht?

Weier: Dann haben wir ein Problem. Auf das wir uns schon jetzt vorbereiten. Alles steht und fällt mit der Bereitschaft der Stadt, die Immobilie zu kaufen. Wo Städte diesen Schritt gewagt haben, wurden Kaufhäuser so umgebaut, dass es im Erdgeschoss weiter Einzelhandel gibt und in den Stockwerken  Bibliotheken, Schulen, Kitas, Büroflächen für Coworking-Spaces, konsumfreie Räume untergebracht wurden. Lübeck hat das unglaublich gut vorgemacht und in Bonn wird gerade das Obergeschoss eines leerstehenden Kaufhauses zu einer Konzerthalle umgebaut.

Was kann der Stadtrat sonst noch für den Einzelhandel tun?

Weier: Die Erreichbarkeit verbessern. Die Taktverbesserung des ÖPNV war ein guter erster Schritt, weitere wären zusätzliche innenstadtnahe Parkgaragen und endlich gemeinsam mit dem Landkreis ein funktionierendes Park & Ride anzubieten.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Manuela Göbel
Ausgehen und Einkaufen in der Region Würzburg
Galeria Kaufhof
Händler
Innenstädte
Parkplätze und ruhender Verkehr
Schaufenster
Stadt Würzburg
Wolfgang Weier
Würzburg macht Spaß
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • lanalando
    Wüms is aus dem Coma erwacht und hat trotzdem nichts neues zu bieten. Weiter Schlafen !
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • guenter-kraft@t-online.de
    Habe selten so gelacht über die futuristischen Zukunftsaussichten von Hr. Weiler. Was hat das Stadtmarketing in der Vergangenheit positives für die Stadt Würzburg eigentlich geschaffen? Steinwüsten in der Kaiserstraße, Eichhorn- Spiegelstraße, Unterer- u. Oberer Markt und jetzt fordert er mehr Aufenthaltsflächen und bei der Umgestaltung des Paradeplatzes eine "Kleinkunstbühne mit Buden und...". Ein Traum der hoffentlich auch im Sinne der Bewohner, nicht wahr wird. Hr. Weiler auch Ihre aktive Zeit ist bald vorbei! So wird das NICHTS mit würzburgs City.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Barbara
    es ist nichts Neues, dass die Stadt "ausblutet", doch die Stadträte haben nichts wichtigeres zu tun als jahrelange Diskussionen zu führen.....sich über ein Lied aufzuregen, den Menschen vorschreiben wollen, dass sie vegetarisch essen müssen auf best. Veranstaltung......sorry, das hat alles nichts mehr mit einer Stadtpolitik zu tun ! Nicht einmal Baustellen vernünftig planen, ohne dass ein Supergau entsteht ist dort möglich.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • hanneder
    Die letzte Antwort von Herrn Weiter, spricht endlich mal für die Weitsicht, die in dieser Stadt Mangelware ist.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • 1958kosb
    Handyladen, Brillenladen, Bäcker, Barber, Klamotten, Gastro, und dann wieder von vorne. Das ist nicht unbedingt abwechslungsreich. Und das schon seit Jahren
    Da ist jeder Baumarkt abwechslungsreicher.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • pattaroandi@arcor.de
    " Besucher kommen wegen des abwechslungsreichen Angebots und hohem und Erlebnisfaktor in die Innenstadt. " Wo bitte ist diese Stadt? Wenn ich in die Wü Stadt fahre habe ich das Gefühl das ein Barbierladen nach den a deren aufmacht. Verhungern kann man auf jeden Fall auch nicht - ein sehr einseitiger Erlebnisfaktor.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • terrain
    Und kein Einkaufstempel am Bahnhof? Der sollte doch Massen von Kaufenden anziehen und diese würden dann in die Innenstadt strömen und den Umsatz dort nach oben treiben. Außerdem könnte dann endlich der Bahnhof modernisiert werden.
    Ironie aus ...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten