Seit zehn Jahren ist Wolfgang Weier Geschäftsführer des Marketingvereins "Würzburg macht Spaß" (WümS) und macht Lobbyarbeit für Einzelhandel und Gastronomie. Im Interview erzählt der 50-Jährige, wie sich der Einzelhandel in dieser Zeit entwickelt hat und wie seine Prognose für die Zukunft ist.
Wolfgang Weier: Teilweise. Neue große Einzelhandelsstandorte wie der Ikea-Homepark werden gerade nicht mehr geplant. Allerdings fehlen durch diese in der Innenstadt zum Beispiel Sport-oder Tierbedarfsgeschäfte. Der Anteil des Online-Einkaufens ist mit mittlerweile auf rund 13,5 Prozent gestiegen. Inzwischen nutzen aber auch deutlich mehr stationäre Händler Online-Absatzkanäle wie Instagram, tictoc oder youtube. Was für manche Ladeninhaber bedeutet, dass sie sich abends hinsetzen und Pakete packen.
Weier: Nach Pandemie und allen Krisen vor allem die inflationsbedingte Kaufzurückhaltung. Aktuell kommen rund 90.000 Besucher weniger monatlich in die Innenstadt, als 2019. Bei 30 Euro, die jeder Besucher durchschnittlich bei Handel und Gastronomie lässt, fehlt da schon ordentlich was in den Kassen.
Weier: Würzburg ist im Vergleich zu den meisten vergleichbaren Städten immer noch hervorragend dran. Was uns weitgehend fehlt, sind zum Beispiel Manufakturen, wo man durchs Schaufenster bei der Herstellung zuschauen kann. Außerdem Plätze, drinnen und draußen, wo man nicht konsumieren muss, aber sich gerne aufhält. Das könnten Spiel- und Sportstationen sein, auch für Grünflächen und Bänke. Studien zeigen, dass die Läden im Umfeld davon profitieren.
Weier: Zum Beispiel am Paradeplatz. Nach einer Umgestaltung könnte hier eine offene Kleinkunstbühne stehen, Buden könnten Souvenirs oder kleine Speisen und Getränke verkaufen und auf den Bänken könnten auch die sitzen, die nichts konsumieren wollen .
Weier: Laut aktuellem Stadtratsbeschluss werden die Parkplätze entfernt, wenn in der Nähe Ersatzparkraum geschaffen ist. Parkplätze für das Ärztehaus müssen jedoch bestehen bleiben. Erreichbarkeit mit allen Verkehrsmitteln – auch mit dem Auto – ist ein super wichtiges Thema. Konsens ist aber, dass man damit nicht vor die Ladentür fahren muss. Kein zusätzlicher Kunde kommt wegen eines Oberflächen-Parkplatzes in die Innenstadt. Ebenso wenig wegen eines weiteren Baumes. Besucher kommen wegen des abwechslungsreichen Angebots und hohem Erlebnisfaktor in die Innenstadt.
Weier: Definitiv. Der Handel wird sich weiter erholen. Wir haben zum Glück ein Einzugsgebiet von fast 700.000 Menschen. Zudem viele charmante, kleinteilige und inhabergeführte Geschäfte und Gastronomiebetriebe. Außerdem funktionieren in unserer Studentenstadt junge Konzepte besser, als in vergleichbaren Städten.
Weier: Dann haben wir ein Problem. Auf das wir uns schon jetzt vorbereiten. Alles steht und fällt mit der Bereitschaft der Stadt, die Immobilie zu kaufen. Wo Städte diesen Schritt gewagt haben, wurden Kaufhäuser so umgebaut, dass es im Erdgeschoss weiter Einzelhandel gibt und in den Stockwerken Bibliotheken, Schulen, Kitas, Büroflächen für Coworking-Spaces, konsumfreie Räume untergebracht wurden. Lübeck hat das unglaublich gut vorgemacht und in Bonn wird gerade das Obergeschoss eines leerstehenden Kaufhauses zu einer Konzerthalle umgebaut.
Weier: Die Erreichbarkeit verbessern. Die Taktverbesserung des ÖPNV war ein guter erster Schritt, weitere wären zusätzliche innenstadtnahe Parkgaragen und endlich gemeinsam mit dem Landkreis ein funktionierendes Park & Ride anzubieten.
Da ist jeder Baumarkt abwechslungsreicher.
Ironie aus ...