Raus an die frische Luft – das galt im Corona-Sommer als Leitlinie. Draußen kommt es nach bisherigem Wissensstand selten zu Ansteckungen mit dem Virus, auch Abstand halten ist im Park oder Biergarten oft einfacher als im Fitnessstudio oder in der verwinkelten Kneipe. Fast alles fand 2020 also im Freien statt. Aber wie geht es im Herbst und Winter weiter?
"Man muss damit rechnen, dass manches in den nächsten Monaten noch schwieriger wird als im Sommer", hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits gewarnt. Wenn sich Menschen mehr drinnen aufhalten und die Fenster geschlossen bleiben, könnte das Infektionsrisiko steigen. Denn das Coronavirus wird vor allem über Tröpfchen und Aerosole (winzige Flüssigkeitspartikel) übertragen. Bei längerem Aufenthalt in kleinen, schlecht oder nicht belüfteten Räumen könne sich die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung durch Aerosole auch über eine größere Distanz als zwei Meter erhöhen, teilt das Robert Koch-Institut (RKI) mit.
Was aber bedeutet das für Gastronomie, Sportvereine und Kultureinrichtungen in der Region? Fürchten sie den Corona-Winter? Oder gibt es Ideen, wie das Leben drinnen trotz Pandemie funktionieren kann?
Gastronomen wollen Außensaison 2020 verlängern
"Die Gäste zieht es nach draußen", sagt Julius Süß, Geschäftsführer des Hotels und Restaurants Ross in Schweinfurt. Wie sie im Winter reagieren, "wissen wir absolut nicht". Etwa 90 Plätze kann er momentan auf der Terrasse besetzen. Zum Glück, sagt Süß. Denn dort sei meist viel los, selbst an einem verregneten Wochenende würden die Menschen lieber draußen sitzen. "Wir versuchen deshalb Möglichkeiten für kühlere Tage zu finden", sagt Süß. Zum Beispiel umweltschonende Wärmestrahler. Auch seien die Kellner schon mit warmen Jacken ausgestattet worden. Ein "mulmiges Gefühl" vor dem Winter bleibe aber.
Ähnlich sieht es nach Angaben des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in zahlreichen Bistros, Cafés, Gaststätten und Restaurants der Region aus. Aktuell würden in allen Teilen Unterfrankens "die Plätze im Außenbereich bevorzugt – ja, fast ausschließlich in Anspruch genommen", sagt Dehoga-Bezirksgeschäftsführer Michael Schwägerl. Vor den Innenräumen gebe es eine "gewisse Schwellenangst". Die Hoffnung vieler Gastronomen sei nun, die Außensaison im Corona-Jahr verlängern zu dürfen.
Dehoga plädiert für Verlängerung der Sondernutzungserlaubnisse für die Gastro
Auf Privatflächen ist das laut Schwägerl meist kein Problem, auf öffentlichen Flächen brauche es jedoch eine Genehmigung. Der Dehoga-Bezirkschef appelliert daher an die Städte und Gemeinden, die entsprechenden Sondernutzungserlaubnisse aufgrund der Pandemie zu verlängern. Andernfalls könnte das Minus bei vielen Betrieben weiter wachsen. "Wir befürchten, dass es entweder im Herbst oder im Jahr 2021 zu einer erhöhten Insolvenzwelle im Gastgewerbe kommen wird."
In Rathäusern der Region steht man einer extra-langen Außensaison offen gegenüber. Beispiel Würzburg: Normalerweise laufe die Außengastronomie in der Stadt immer vom 1. März bis zum 30. November, sagt Sprecher Christian Weiß. Aber: "Im Winter 2020/2021 wird auf Antrag und im Einzelfall geprüft, wenn jemand seine Außengastronomie weiterführen möchte", sagt Weiß. "Und wo immer das möglich ist, wird es auch genehmigt." Auch Heizpilze seien in Würzburg nicht verboten.
Meinung über Heizpilze geht auseinander
Anders sieht es in Schweinfurt aus. Dort würden gasbetriebene Wärmestrahler oder Heizpilze aus Klimaschutzgründen nicht mehr genehmigt, sagt Stadtsprecherin Kristina Dietz. Aktuell fordere die FDP in einem Stadtratsantrag aber, das Verbot während der Corona-Pandemie aufzuheben. Darüber soll noch im September entschieden werden. Generell haben laut Dietz die meisten Schweinfurter Gastronomen Sondernutzungserlaubnisse beschränkt auf die Sommermonate von April bis Oktober. Das sei aber nicht von der Stadt vorgegeben: Jeder habe die Möglichkeit, seine Erlaubnis über den Herbst hinaus verlängern zu lassen.
Auch in Kitzingen hänge die Gültigkeit der Bescheide schlicht davon ab, für wie lange ein Gastronom die Erlaubnis beantragt habe, sagt Oberbürgermeister Stefan Güntner. Die Freischanksaison dauere in der Stadt grundsätzlich von Mitte Februar bis Mitte November, bis zum Aufbau des Weihnachtsmarktes. Güntner könne sich aber gut vorstellen, den Zeitraum in diesem Jahr zu verlängern. Dazu fänden bereits Gespräche statt.
In der Kurstadt Bad Kissingen werden Sondernutzungsbescheide für öffentliche Flächen ebenfalls meist so lange genehmigt, wie von Gastronomen beantragt, teilt Sprecher Mario Selzer mit. Am Marktplatz ist jedoch auch hier wegen des Weihnachtsmarktes Mitte November Schluss. Und im Corona-Jahr? Dazu könne die Stadt noch keine endgültige Aussage treffen, so Selzer. Heizpilze und Wärmestrahler seien aber grundsätzlich erlaubt.
Unterfrankens Sportverbände sehen sich für den Winter gut gerüstet
Auch im Sport hat die Corona-Krise vieles verändert. In den Parks der Region tummeln sich mehr Radfahrer, Inline-Skater und Jogger, hinzu kommen zahlreiche Sportler, die ihr Fitnesstraining vom Studio ins Grüne verlegt haben. Nur: Was, wenn es kalt wird, regnet und schneit?
Nach mehr als einem halben Jahr Corona gibt es passende Hygienekonzepte sowohl für den Outdoor- als auch für den Indoorsport, sagt Günther Jackl, unterfränkischer Bezirksvorsitzender im Bayerischen Landes-Sportverband. "Demnach ist es natürlich möglich, Sport in geschlossenen Räumen wie Hallen oder Gymnastikräumen zu betreiben". Zum Sofahocker muss also auch im ersten Pandemie-Winter niemand werden. Allerdings liege die Entscheidung, ob ein Raum für den Sport geöffnet werde, beim Betreiber, so Jackl.
Denn nach wie vor müssen im Freistaat die Vorgaben der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung erfüllt werden. Sport sei mit wenigen Ausnahmen kontaktfrei durchzuführen, heißt es darin unter anderem. Zuschauer sind nicht erlaubt. Und alle Sportstätten sowie Fitness- und Tanzstudios brauchen ein eigenes Schutz- und Hygienekonzept.
In den Sportpausen gilt: lüften, lüften, lüften
Beim bayerischen Tennis-Verband (BTV) sieht man der Hallen-Zeit trotzdem entspannt entgegen. Mittlerweile seien alle Sportler und Vereine sensibilisiert, die Hygieneauflagen würden eingehalten, heißt es von der BTV-Geschäftsstelle Unterfranken. Im Tennis gehöre dazu zum Beispiel die Maskenpflicht beim Betreten der Halle oder ein Limit für Trainingseinheiten von 120 Minuten. In den Pausen und überhaupt gelte: lüften, lüften, lüften. Aber trotz Krise seien fast alle unterfränkischen Vereine und Hallenbetreiber bereit, ihre Plätze für die Winterrunde zur Verfügung zu stellen.
Für Künstler wie Kulturfreunde könnte es ein harter Winter werden
Vielen Künstlern dürfte es vor dem Winter grauen. Großveranstaltungen bleiben verboten, für Konzerte, Theateraufführungen oder sonstige Bühnenauftritte gelten strenge Regeln. Oft sind die Auflagen für Veranstalter nicht zu erfüllen, schon im Sommer reihte sich Absage an Absage. Die Einnahmen vieler Kulturschaffenden bleiben so seit Monaten aus. In der kalten Jahreszeit, wenn Open-Air wegfällt, sind kaum Verbesserungen zu erwarten.
Denn natürlich muss auch bei kulturellen Veranstaltungen in Bayern der Mindestabstand von eineinhalb Metern eingehalten werden. Zudem sind in geschlossenen Räumen höchstens 100 Besucher zugelassen, bei fest zugewiesenen Sitzplätzen maximal 200. Masken sind – außer auf dem eigenen Sitzplatz – Pflicht, ebenso ein Schutz- und Hygienekonzept.
Drinnen wird Platz zur Mangelware
Die Folge: Für Theater und Bühnen in der Region dürften die kommenden Monate nicht einfach werden. Die Kabarettbühne Bockshorn in Würzburg etwa kann mit maximal 70 Plätzen planen. Zu wenig eigentlich, dennoch soll das Programm Ende September wieder starten. Im Theater Schloss Maßbach wird noch bis 20. September auf der Freilichtbühne gespielt. Danach geht es nach drinnen und Platz wird auch hier zur Mangelware.
Gleiches gilt für das Theater der Stadt Schweinfurt. 750 Plätze gibt es normalerweise, in Corona-Zeiten dürfen nur 200 Zuschauer das Haus betreten. Ziemlich genau das, "was wir unter Einhaltung der Abstandsregel unterbringen können", sagt Theaterleiter Christian Federolf-Kreppel. Ob damit jeder Theaterfreund eine Karte bekommen wird, ist offen.
Egal ob in der Gastronomie, im Sport oder in der Kultur: Die Ungewissheit, die im Pandemie-Sommer ständiger Begleiter war, geht weiter. Auch wenn in Unterfranken viele Vorbereitungen getroffen werden, scheint bislang nur eines sicher: Leicht wird der Corona-Winter nicht.