Spätestens nach den Sommerferien wird es soweit sein. In den Supermärkten werden die ersten Lebkuchen und Schoko-Nikoläuse auftauchen. Bei fast 30 Grad an Weihnachten zu denken, scheint absurd. Doch in Corona-Zeiten macht es Sinn. Denn dichtes Gedränge vor den Glühweinständen ist angesichts der Pandemie ebenso unvorstellbar wie eine Christmette mit voll besetzen Kirchenbänken. Wie also wird Weihnachten mit Corona? Können Unterfrankens Adventsmärkte überhaupt öffnen? Und welche Regeln werden für Gottesdienste an Heiligabend vielleicht gelten?
Eine verbindliche Aussage über Weihnachtsmärkte sei jetzt noch nicht möglich, heißt es auf Anfrage im bayerischen Wirtschaftsministerium. Allerdings gehe Minister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) davon aus, dass Weihnachtsmärkte stattfinden werden – wenn es nicht zu neuen Infektionsausbrüchen komme. In welcher Form, das sei offen: "Es ist gut denkbar, dass kleinere Märkte eher möglich sein werden als große", so die Sprecherin.
Würzburger Weihnachtsmarkt soll stattfinden
Bereits seit 15. Juli sind Wochenmärkte und Märkte ohne Volksfestcharakter, die keine Besuchermassen anziehen, im Freistaat wieder erlaubt. Das Verbot für Großveranstaltungen hingegen gilt bis Ende Oktober. Was heißt das für die Weihnachtsvorbereitungen in Unterfrankens Städten?
Würzburg beispielsweise wartete im vergangenen Jahr mit mehr Buden auf als je zuvor, jeden Abend schlenderten Tausende Besucher durch die beleuchteten Gassen. "Aktuell gehen wir davon aus, dass es den Würzburger Weihnachtsmarkt geben kann", sagt Stadtsprecher Christian Weiß. Im Rathaus würden aber auch erste Alternativen überlegt – wie etwa, die Hütten und Angebote auf mehr Fläche zu verteilen. Vor der Sommerpause wolle man dazu noch nichts abschließend entscheiden.
Ähnlich sieht es in Schweinfurt aus. "Wir müssen in alle Richtungen planen", sagt Thomas Herrmann, stellvertretender Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing. Glühweinstände sind aus seiner Sicht das größte Problem: "Davor sammeln sich die Menschen, egal wo sie stehen." Also Märkte ohne Glühwein und Feuerzangenbowle? "Dann stellt sich natürlich die Frage: Kommen überhaupt Besucher und kommt Stimmung auf?", sagt Herrmann. Trotz der Corona-Ungewissheit hielt man in Schweinfurt an der üblichen Anmeldefrist für Beschicker bis Ende Mai fest. Zusagen hätten die Händler bis jetzt aber noch nicht bekommen, sagt Herrmann. "Es wäre schön, wenn wir spätestens im August Bescheid wüssten."
Das hoffen auch die Beschicker. "Es geht uns allen nicht gut", sagt Werner Baumeister, Sprecher des Bayerischen Landesverbandes der Marktkaufleute und Schausteller(BLV) in Würzburg. Nicht nur die finanziellen Probleme seien nach einer ausgefallenen Saison enorm, sondern auch die seelische Belastung. "Keiner weiß, ob und wie es weiter geht." Hinzu kommt wachsender Unmut: Hierzulande seien Großveranstaltungen verboten, im Ausland hingegen dürften Menschen feiern und sich austoben – für viele unverständlich, sagt Baumeister. Das Geschäft im Advent werde deshalb enorm wichtig: "Wenn keine Weihnachtsmärkte stattfinden, wird es nächstes Jahr viel weniger Marktkaufleute geben", warnt Baumeister. "Wir sind am Limit. Manche Kollegen haben seit Dezember keine Einnahmen mehr."
Keine fünf Monate mehr bis zum Heiligen Abend - wie sich die Corona-Infektionszahlen bis dahin entwickeln, ist kaum abzusehen. Der Blick voraus fällt bei Städten und Gemeinden in der Region dementsprechend unterschiedlich aus.
In Sommerhausen zum Beispiel ist bereits klar: Den Weihnachtsmarkt in bisheriger Form wird es sicher nicht geben, teilt Michaela Krebelder von der Tourist-Information mit. An den vier Adventswochenenden wandelt sich der Ort im Landkreis Würzburg normalerweise in ein Weihnachtsdorf. In geschmückten Höfen, Häusern und Ateliers zeigen Künstler und Handwerker ihre Werke, die Besucherzahlen sind enorm. Ob es den traditionellen Markt in "abgespeckter oder individuell gestalteter Form" geben könne, sei noch fraglich, so Krebelder.
In Bad Neustadt ist ebenfalls offen, ob es in diesem Jahr einen Weihnachtsmarkt gibt, sagt Michael Feiler, Geschäftsführer der Tourismus und Stadtmarketing GmbH. Meist stehen zehn bis 20 Buden auf dem Marktplatz der Stadt – wenn kleine Märkte erlaubt blieben, könnte das klappen. Allerdings stelle sich die Frage der Wirtschaftlichkeit, sagt Feiler. Und: "Ein Weihnachtsmarkt hat etwas sehr Atmosphärisches". Wie das mit möglichen Vorschriften wie Einlasskontrollen zusammen passe, müsse man abwarten.
Unsicherheit erschwert die Weihnachts-Planungen der Städte
Auch in Lohr (Lkr. Main-Spessart) soll der Weihnachtsmarkt, wenn es die Corona-Bestimmungen zulassen, in verkleinerter Form auf dem Marktplatz stattfinden, sagt Sprecherin Inge Schönmann. Die Stände würden dann von Vereinen bestückt, die lange den Weihnachtsmarkt mitgetragen hätten.
Himmelstadt plant hingegen im Moment "als wäre alles so wie immer", sagt Julia Sommer, Sprecherin des Arbeitskreises Weihnachtsmarkt. Rund um das Weihnachtspostamt würden die Buden am ersten und dritten Adventswochenende aufgebaut – wenn es das Virus zulässt. "Sollte unser Markt abgesagt werden, wird dies bis spätestens 31. Oktober geschehen."
Wo es im Landkreis Kitzingen Weihnachtsmärkte geben wird, ist noch nicht entschieden. "Vor dem Hintergrund einer befürchteten zweiten Welle im Herbst und Winter wären alle Äußerungen dahingehend reine Spekulation", so Landratsamt-Sprecherin Corinna Petzold. Absagen seien der Behörde aber bisher nicht bekannt.
Fest steht: nichts steht fest. Nach dem Sommer der Unsicherheit wird das Coronavirus auch die Gewohnheiten im Winter erschüttern. Vor allem zu Weihnachten, der Zeit der Gemeinsamkeit. 2020 aber gilt das Gebot des Abstandhaltens. Überall, auch in den Kirchen, die am Heiligen Abend oft bis auf den letzten Platz gefüllt sind. Kann das gelingen?
Weihnachtsgottesdienste wird es trotz der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie geben, heißt es vom Bistum Würzburg. Man diskutiere bereits wie, sagt Liturgiereferent Stephan Steger. Eine Chance sieht er auch in digitalen Angeboten. "Wir benötigen an den Weihnachtstagen mehr unterschiedliche Gottesdienstformen für verschiedene Zielgruppen zu unterschiedlichen Zeiten", sagt Steger und fordert er eine bewusste Gestaltung. Mit einer guten Atmosphäre und guten Qualität der Feier könnten hygienebedingte Einschränkungen erträglicher gemacht werden.
"Die Kirchen werden nicht zu sein", sagt auch Dekan Oliver Bruckmann für das evangelisch-lutherische Dekanat Schweinfurt. "Es wird auf jeden Fall Weihnachtsgottesdienste geben – die Frage ist nur, unter welchen Bedingungen." In die Schweinfurter St. Johanniskirche zum Beispiel kämen an Heiligabend üblicherweise rund 1200 Menschen, erzählt Bruckmann. Erlaubt in Pandemie-Zeiten seien bislang nicht viel mehr als 40 Gläubige. "Da müsste man den Gottesdienst 30 Mal hintereinander anbieten – das macht keinen Sinn."
Aber, was dann? Denkbar sei etwa eine Christvesper auf dem Martin-Luther-Platz vor der Kirche, so der Dekan. Kürzer müsste die Feier so ausfallen und natürlich hänge sie vom Wetter ab. Kleinere Gotteshäuser könnten die Christvesper in zwei Gruppen teilen. "Das sind aber nur erste Vorüberlegungen."
Und was ist mit den Weihnachtsliedern? Wenn nicht gesungen werden dürfe, spiele vielleicht ein Posaunenchor, sagt Bruckmann. "Sicher ist: Weihnachten fällt nicht aus."
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