Bei Anna Kiera aus Würzburg war es das zweite Kind, bei dem sie keine Hebamme für die Wochenbettbetreuung fand. In der 12. Schwangerschaftswoche begann sie mit der Suche. "Es war vorher schon klar, dass es zu spät ist, dass man am besten ab Befruchtung oder positivem Test sucht", sagt die 36-Jährige heute, etwa ein Jahr nach der Geburt ihrer zweiten Tochter. Doch das erste Trimester wollte sie abwarten, da sie zuvor eine Fehlgeburt hatte.
Keine Hebamme in Würzburg gefunden
"Ich habe bestimmt 20 E-Mails geschrieben und die ganzen Portale abtelefoniert", erzählt sie. Aber viele Informationen, die sie online fand, waren nicht aktuell. "Die Krankenkasse war meine letzte Anlaufstelle, aber da war nichts zu machen. Dann habe ich mich damit abgefunden." Glücklicherweise fand sie am Hebammenstützpunkt im Uniklinikum eine ambulante Anlaufstelle für die Wochenbettbetreuung.
"Ich war super erleichtert, dass ich diese Möglichkeit hatte", sagt Kiera. Allerdings wechselten dort die Hebammen, sie bekam sogar widersprüchliche Informationen. Eine persönliche Beziehung, ein Vertrauensverhältnis fehlten ihr. "Durch die Vorgeschichte mit der Fehlgeburt hatte ich große Ängste während der Schwangerschaft", erzählt sie. "Es wäre schön gewesen, eine Hebamme zu haben, die die Herztöne abhören kann und mich beruhigt hätte."
Bei ihrem ersten Kind, das 2010 zur Welt kam, war die Suche einfacher. Im Krankenhaus bekam Kiera eine Liste mit Hebammen. "Ich habe nur die Oberste angerufen, die ist es dann geworden", sagt sie. Jacqueline Müller aus Gerbrunn berichtet Ähnliches. Die 33-Jährige fand 2009 noch ohne Probleme eine Hebamme. Bei ihrem zweiten Kind meldete sie sich schon beim Eisprung bei ihrer Wunsch-Hebamme. Nun ist sie wieder schwanger und muss die Zeit um den Geburtstermin im Dezember mit drei verschiedenen Hebammen abdecken, damit sie jederzeit versorgt wäre. Nur so kann sie ihren Traum, im Geburtshaus zu gebären, weiter verfolgen.
Die Hebammenvermittlung für Stadt und Landkreis Würzburg konnte ihr nicht weiterhelfen. "Ich weiß nicht, wie viele ich angeschrieben habe. Ich hatte irgendwann auch einfach keine Lust mehr, noch mehr Absagen zu kassieren", erzählt sie. "Ich hatte dann schon Angst, dass ich zu spät bin." Vor allem Erstgebärende, finden Müller und Kiera, müssten mit Sicherheit eine Hebamme bekommen. "Wenn man noch kein Kind hat, braucht man dringend jemanden. Davon bin ich überzeugt", sagt die 36-jährige Kiera, die 2021 keine Hebamme fand. "Ich glaube, wenn ich Erstgebärende gewesen wäre, wäre das ganz schlimm für mich gewesen."
Laut Sozialgesetzbuch Anspruch auf Hebamme
Schwangere haben laut Sozialgesetzbuch einen Anspruch auf Hebammenhilfe während der Schwangerschaft und bei der Wochenbettbetreuung bis zum Ablauf von zwölf Wochen nach der Geburt. Doch "es ist ein Fakt, dass wir insgesamt zu wenige sind", sagt Carolin Grimmer von der Hebammenvermittlung für Stadt und Landkreis Würzburg. Dort versucht man, die Zuordnung effektiver zu machen, es werden möglichst wohnortnahe Hebammen vermittelt. "Dann bleibt weniger Zeit auf der Strecke", erklärt Grimmer. Auch durch einen gemeinsamen Bereitschaftsdienst können die Fachfrauen mehr Schwangere annehmen – denn so lassen sich Urlaubs- und Krankheitszeiten einfacher überbrücken. Dennoch: "Auch durch die Vermittlung werden wir nicht allen Frauen eine Hebamme zuordnen können", sagt Grimmer.
Eine Hebammenbefragung der Gesundheitsregionplus in Stadt und Landkreis Würzburg aus dem Jahr 2019 bestätigt das: Laut Landratsamt gaben dabei rund 90 Prozent der befragten Hebammen an, häufig oder sehr häufig angefragte Wochenbettbetreuung ablehnen zu müssen. Auf Sympathie, darauf, dass man sich gut versteht, könnten Frauen in dieser Situation keine Rücksicht mehr nehmen, sagt Grimmer. "Das ist auch ein Punkt, warum es mehr Hebammen bräuchte: Weil das Zwischenmenschliche wichtig ist."
Beim Gesundheitsamt für Stadt und Landkreis Würzburg sind aktuell 77 aktive, freiberuflich arbeitende Hebammen gemeldet. Das bayerische Gesundheitsministerium kann nur Zahlen bis 2019 angeben. Eine Ministeriumssprecherin erklärt auf Nachfrage dieser Redaktion, dass die Meldungen der Hebammen bei den Gesundheitsämtern in den Jahren 2020 und 2021 wegen deren hohen Arbeitsbelastung durch die Pandemie nicht abgefragt wurden. Im Jahr 2019 waren beim Staatsministerium 141 selbständige Hebammen und Entbindungspfleger in ambulanten Einrichtungen für Stadt und Landkreis Würzburg gelistet.
Zahl der gemeldeten Hebammen unzuverlässig
Stichhaltig sind diese Zahlen nicht. Viele Hebammen, laut der bayerischen Hebammenstudie von 2018 mindestens ein Drittel, arbeiten nur in Teilzeit. Hinsichtlich der Vollzeitäquivalente könne man diese Zahl der Hebammen "locker halbieren", so Vermittlerin Grimmer. Laut Landratsamt melden sich viele Hebammen nicht zuverlässig an und ab, obwohl sie dazu verpflichtet sind. Oft gibt es auch Doppelmeldung, wenn Hebammen zum Beispiel in mehreren Landkreisen tätig sind. Das gilt ebenso für die Zahlen des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Dort sind außerdem Hebammen, die auf Privatrechnung tätig sind, nicht gemeldet. Es gibt auch keine festgelegte Größen, wie viele Hebammen es im Verhältnis zur Einwohnerinnenzahl geben müsste.
Es ist absehbar, dass sich die Versorgung verschlechtert. Der bayerischen Hebammenstudie zufolge, die das IGES Institut 2018 für das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erstellt hat, übersteigt der Hebammennachwuchs die Zahl derer, die bald in Rente gehen, leicht. Doch rund 60 Prozent der befragten freiberuflich tätigen Hebammen denkt der Studie zufolge oft oder sehr oft an eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit, meist wegen zu hoher Arbeitsbelastung. Fast 30 Prozent der befragten ausschließlich freiberuflich tätigen Hebammen denkt oft oder sehr oft an eine Aufgabe des Berufs. Und jede dritte befragte Hebamme zieht in Erwägung, das Angebot der Wochenbettbetreuung einzuschränken oder einzustellen.
Zugleich ist die Zahl Geburten in den letzten Jahren gestiegen. In Stadt und Landkreis Würzburg kamen nach Statistiken des Freistaats im vergangenen Jahr 2941 Kinder zur Welt. Im Jahr 2012 waren es noch 2252 Kinder - eine Steigerung um 30 Prozent. Laut Hebammenstudie wird die Geburtenzahl voraussichtlich bis 2035 weiter ansteigen. "Unter unveränderten beruflichen Rahmenbedingungen ist das gegenwärtige Versorgungsniveau daher nicht nachhaltig", so die Studie.
Keine jährliche Meldepflicht für Hebammen geplant
Die Studie schließt mit mehreren Handlungsempfehlungen. Unter anderem wird eine "aktuelle, regionale und vollständige Erfassung der freiberuflich tätigen Hebammen", beispielsweise durch eine jährliche Meldepflicht der Hebammen, angeregt. Das ist allerdings nicht in Planung. Eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums verweist auf Anfrage dieser Redaktion auf die ohnehin bestehende Anmeldepflicht bei Beginn und Ende der selbständigen Berufsausübung. Eine Unterlassung der Anzeige könne mit Geldbußen bis 2500 Euro geahndet werden. Das sei ausreichend, so die Sprecherin: "Eine jährliche erneute Meldung würde einen u.E. nicht erforderlichen erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Gesundheitsämter bedeuten."
Mechthild Hofner, die Vorsitzende des Bayerischen Hebammen Landesverbands, spricht von einem relativen Hebammenmangel, nicht von einem absoluten: "Insgesamt gibt es viele Hebammen, aber ein erheblicher Teil hat sich völlig aus dem Beruf zurückgezogen", sagt sie. "Viele Hebammen sind nur noch in Teilzeit oder über Minijobs tätig, da sie aufgrund der hohen Arbeitsbelastung und der prekären Arbeitsbedingungen nicht mehr in Vollzeit arbeiten wollen oder können." Durch Bereitschaftsdienste und Einspringen für Kolleginnen und Kollegen seien Urlaubs- und Erholungszeiten nicht gesichert. Immer weniger Hebammen müssten immer mehr Frauen betreuen.
Hebammenförderprogramm löst die großen Probleme nicht
In Bayern gibt es seit 2019 den Runden Tisch Hebammenversorgung, der 2020 das Aktionsprogramm "Sicherstellung der Hebammenversorgung" auf den Weg gebracht hat. "Wir Hebammen fühlen uns dadurch gehört und wertgeschätzt", sagt Hofner. Auch die Prämie von 5000 Euro für freiberufliche Hebammen, die sich in Bayern niederlassen, sei erfolgreich. Dennoch bleiben zwei zentrale Forderungen des Verbandes bestehen: Eine angemessene Vergütung für Hebammenleistungen, die mit der GKV geklärt werden muss, und eine "1:1 Begleitung der Familien während der gesamten Phase des Elternwerdens". Letzteres ist Sache des Bundesgesetzgebung.
Sobald es "brenzlig" wurde, ja dann besser direkt in die Notaufnahme als sie fragen. Da ging es um Blähungen...
Deswegen habe ich bei der Überschrift geschmunzelt. Es heißt nicht, nur weil man eine hat, dass alles gut ist.
Beim 2. U 3. Kind hatte ich eine andere.
Nachsorge bedeutet auch, dass das Kind regelmäßig gewogen wird, nimmt es entsprechend zu, trinkt es ausreichend, klappt das Stillen, gibt es einen Milchstau, heilt der Nabel gut ab etc.
Es gibt schon viel, wo man normalerweise beim ersten Kind Fragen hat.
Bei weiteren Kindern verändert sich das, aber so etwas wie Gewichtszunahme bleibt natürlich gleich und sollte schon gecheckt werden.
Im übrigen kommt man so auch ggf. einer Kuhmilcheiweiß Allergie auf die Spur.
Nur so als Anregung für die"Nörgler".
Nachsorge bedeutet in dem Zusammenhang nicht, dass die Mutter für ne Stunde die Füße hochlegen kann, sondern arbeiten MIT dem Kind.
Anspruch auf eine Hebammenbetreuung während der Schwangerschaft u nach der Geburt?
Nur bei den Geburten war eine Hebamme dabei, davor u danach nicht mehr.
Die regelmäßigen Untersuchungen beim Arzt u das war's dann....
Hat sich Kinder bekommen in den letzten 30 Jahren verändert?
geburtenrückgang schon möglich, aber in unserem ort nicht.