Kann man Krebs aushungern? Fördern Zucker und Alkohol das Tumorwachstum? Und welche Rolle spielt eigentlich Kaffee? "Es gibt keine Krebsdiät, die alleine heilen kann", sagt Lisa Schiffmann, Ernährungsberaterin/DGE am Comprehensive Cancer Center (CCC) Mainfranken in Würzburg. Über die Ernährung bei Krebs kursieren zahlreiche Mythen, Weisheiten, Ratschläge. Was stimmt und wo ist Vorsicht geboten? Eine Auswahl der wichtigsten Fragen und Antworten.
Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Sicher sei, dass man durch Ernährung das Risiko für eine Krebserkrankung senken könne, sagt Ernährungsberaterin Lisa Schiffmann. Doch auch andere Faktoren spielen eine Rolle – etwa ein gesundes Körpergewicht, ausreichend körperliche Aktivität oder das Vermeiden von Umweltschadstoffen. "Nach Schätzungen könnten 30 bis 50 Prozent aller Krebsfälle so vermieden werden", sagt Schiffmann.
Fettleibigkeit könnte bald dem Rauchen den ersten Rang als Hauptursache für Krebs ablaufen, heißt es von der Deutschen Krebsgesellschaft. Rund 25 000 Krebserkrankungen ließen sich demnach bundesweit pro Jahr verhindern, wenn alle Menschen ihr Normalgewicht halten würden. Problematisch am zu hohen Gewicht: Durch die Fettansammlungen im Körper können Entzündungsprozesse ausgelöst werden, die Krebs begünstigen.
"Es gibt keine Kausalzusammenhänge im Sinne von: Wenn ich das und das esse, werde ich immer gesund bleiben", sagt Lisa Schiffmann. Pflanzenbasierte Kost wirke sich aber positiv aus. Einen Leitfaden für gesundes Essen bieten auch die zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE): abwechslungsreich essen, mindestens drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst pro Tag, Vollkornprodukte bevorzugen, bei Fetten pflanzliche Öle wählen, Zucker und Salz einsparen, vor allem Wasser trinken, Lebensmittel schonend zubereiten, mit tierischen Produkten wie Milch, Fisch oder Fleisch den Speiseplan ergänzen, achtsam essen und körperlich aktiv bleiben.
Generell gilt: Alle mit Zucker gesüßten Getränke könnten Übergewicht fördern und damit schaden, sagt die Ernährungsberaterin. Also lieber Wasser oder Tee als Limonade. Alkohol sollte nur gelegentlich und in kleinen Mengen getrunken werden. "Bei Alkohol gibt es eine überzeugende Evidenz, dass er das Risiko für Krebserkrankungen im Mund- und Speiseröhrenbereich, aber auch für Leber-, Dickdarm- und Brustkrebs steigen lässt", sagt Schiffmann.
"Kaffee kann wahrscheinlich das Risiko für Leber- und Gebärmutterkörperkrebs senken", sagt Schiffmann. Das habe sich in mehreren Studien bestätigt. Die lange geltende Annahme, Kaffee sei ungesund, stimme so nicht. Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) zeigten Untersuchungen: Schwarzer Kaffee ist kein Risikofaktor für die meisten häufigeren Krebsarten – im Gegenteil.
Vegetarier muss niemand werden – aber Fleisch und Wurst sollten laut Deutscher Krebsgesellschaft nur in Maßen genossen werden. Das heißt etwa 300 bis 600 Gramm pro Woche. "Fleisch per se ist nicht unbedingt schädlich, es kommt auf die Menge, Verarbeitung und Zubereitung an", sagt die Würzburger Ernährungsberaterin Lisa Schiffmann. Die Inhaltsstoffe von rotem Fleisch wie Rind, Schwein oder Lamm könnten durch die Verarbeitung und durch Umwandlungsprozesse im Körper krebsfördernd wirken. Schiffmann rät daher zu weißem Fleisch wie Geflügel.
Ja, sagt Schiffmann. Der Grund: Brennt Fleisch an, können krebserregende Stoffe wie heterozyklische aromatische Amine (HAA) oder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) enstehen. Beide können im Körper Veränderungen bewirken und zur Entstehung von Tumoren führen. "Auch wenn Fett in die Grillkohle tropft und es raucht, finden schädliche Prozesse statt", sagt Schiffmann.
Während einer Krebserkrankung benötigt laut Ernährungsberaterin Schiffmann ein Großteil der Patienten mehr Eiweiß als ein gesunder Mensch. Grund sei ein veränderter Stoffwechsel, der dazu führe, dass Eiweiß schneller ab- und schwerer aufgebaut werde. Eiweißquellen können nicht nur tierische Produkte sein, sondern auch Hülsenfrüchte, Nüsse, Samen, Kartoffeln oder Getreidesorten wie Hirse oder Amarant.
"Dass Zuckerkonsum eine Krebserkrankung beschleunigt, ist wissenschaftlich nicht belegt", sagt Schiffmann. Hintergrund der weit verbreiteten Annahme ist eine alte Theorie des Biochemikers und Mediziners Otto Warburg zum Stoffwechsel von Krebszellen. "Krebszellen nutzen Zucker anders als gesunde Zellen", erklärt Schiffmann. So sei der Glukosebedarf einer Krebszelle etwas höher. Warburg leitete daraus seine Hypothese ab: Zuckerverzicht könne das Krebswachstum stoppen. "Aber das stimmt nicht", sagt Schiffmann. Nicht bei allen Krebszellen sei der Glukosestoffwechsel verändert, heißt es auch bei der DKFZ. Außerdem gebe es Beobachtungen, dass sich Krebszellen anpassen könnten: Stehen keine Kohlenhydrate zur Verfügung, würden sie ihre Energie anders gewinnen.
Mangelernährung und ein Abbau von Fett- und Muskelmasse sind nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft eine häufige Folge von Krebs. Oft verlieren die Betroffenen Gewicht, ohne es zu wollen. Deshalb sei eine Diät in der Therapiephase nicht angebracht, sagt Ernährungsberaterin Schiffmann. Mangelernährung kann sogar dazu führen, dass sich die Prognose der Patienten verschlechtert. Schiffmann warnt daher, eigenmächtig etwa ketogene oder Low-Carb-Diäten auszuprobieren, die den Kohlenhydratanteil drastisch reduzieren.
Je mehr Vitamine, desto besser? Auf eigene Faust Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen, sei nicht sinnvoll und könne in manchen Fällen sogar schaden, sagt Schiffmann. Nur bei einem festgestellten Mangel oder nach Rücksprache mit dem Behandlungsteam, seien bestimmte Präparate hilfreich.
Wer eine Krebserkrankung überstanden hat, für den gelten laut Schiffmann im Prinzip wieder die gleichen Ernährungsregeln wie für gesunde Menschen: möglichst abwechslungsreich, saisonal und frisch essen.