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Würzburg/Schweinfurt
Die großen Sorgen der Bauern: Vor diesen 5 Hauptproblemen steht die Landwirtschaft in Unterfranken 2024
Wolf, Getreidepreis, Bürokratie: Vor allem von der Politik fühlen sich viele unterfränkische Landwirtinnen und Landwirte im Stich gelassen. Was ihnen aktuell zu schaffen macht.
Ein Mähdrescher im Weizenfeld: Probleme mit der Weizenqualität und die Weltmarktpreise sind eine der großen Sorgen von Bauern und Bäuerinnen in Unterfranken in diesem Jahr.
Foto: Andreas Arnold, dpa | Ein Mähdrescher im Weizenfeld: Probleme mit der Weizenqualität und die Weltmarktpreise sind eine der großen Sorgen von Bauern und Bäuerinnen in Unterfranken in diesem Jahr.
Julian Bandorf       -  Julian Bandorf wuchs im Landkreis Schweinfurt auf und absolvierte zunächst eine Berufsausbildung als Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistung. Danach machte er Abitur am Schweinfurter Bayernkolleg und studierte Germanistik und Political and Social Studies an der Uni Würzburg. 2021 begann er seine freie Mitarbeit bei der Main-Post, seit April 2024 ist er Redaktionsvolontär.
Julian Bandorf
 |  aktualisiert: 12.08.2024 02:39 Uhr

Unterfrankens Landwirtinnen und Landwirte stehen auch 2024 vor schwierigen Situationen. Bei seiner jährlichen Ernte-Pressekonferenz meldete der Bayerische Bauernverband (BBV) für Unterfranken erneut nur unterdurchschnittliche Erträge. Zu schlecht, zu wechselhaft sei die Witterung gewesen. Doch Wetter und Klima sind nicht die einzige Sorge der Betriebe. Ein Überblick, vor welchen Problemen die Landwirtschaft in Unterfranken in diesem Jahr vor allem steht.

1. Vor allem in der Rhön ein Dauerthema: Der Wolf

38 Einzeltiere leben nach Angaben des Bauernverbandes derzeit in Bayern. Einige davon durchstreifen den unterfränkischen Teil der Rhön. 
Foto: Sina Schuldt, dpa | 38 Einzeltiere leben nach Angaben des Bauernverbandes derzeit in Bayern. Einige davon durchstreifen den unterfränkischen Teil der Rhön. 

"In der Rhön haben wir inzwischen fast jeden Tag einen Wolfsriss", sagt Edgar Thomas, stellvertretender BBV-Präsident für Unterfranken. Bis 2023 hatte die Bayerische Wolfsverordnung vorgesehen, dass Tiere unter bestimmten Voraussetzungen geschossen werden dürfen - zum Beispiel, wenn einem Landwirtschaftsbetrieb durch Risse große finanzielle Verluste drohen. Dann wurde diese Verordnung gekippt - sehr zum Unmut der Betroffenen. "Da muss eine Abschussregelung kommen. Man muss dem Wolf seine natürliche Scheu wieder beibringen", fordert Thomas.

Der BBV fordert zudem eine Ausweisung der unterfränkischen Mittelgebirgslagen als "nicht schützbares Wolfsgebiet". Kommt es dann dort zu weiteren Fällen, würde ein Schadenausgleich greifen, sofern der Landwirt oder die Landwirtin ausreichende Maßnahmen zum Herdenschutz unternommen hat.

2. Pandemie im Schweinestall: Die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP)

Die Viruserkrankung hat im Juli Hessen erreicht. Fälle seien laut BBV nur 40 Kilometer von der bayerischen Landesgrenze entfernt gemeldet worden.
Foto: Marijan Murat, dpa | Die Viruserkrankung hat im Juli Hessen erreicht. Fälle seien laut BBV nur 40 Kilometer von der bayerischen Landesgrenze entfernt gemeldet worden.

"Die Schweinepest liegt uns schwer im Magen", beschreibt BBV-Referent Eugen Köhler die Gemütslage, nachdem im vergangenen Juli in Hessen, nur 40 Kilometer von der bayerischen Grenze entfernt, Fälle nachgewiesen wurden. Die für Schweine fast immer tödlich verlaufende Afrikanische Schweinepest (ASP) bedroht bereits in anderen Bundesländern die landwirtschaftlichen Bestände. 

"Für den Menschen ist die ASP ungefährlich. Jeder kann Schweinefleisch ganz normal weiter verzehren", gibt der BBV Entwarnung. Allerdings sind die Auswirkungen beim Preis zu spüren. Schweinefleisch sei billiger geworden, am Ende komme damit aber weniger Erlös beim Landwirt an.

3. Niedrige Auflagen, niedrige Preise: Die Getreide-Importe aus dem Osten

Getreide aus dem Ausland ist günstig zu bekommen. Darunter leiden jetzt die Bäuerinnen und Bauern in Unterfranken.
Foto: Arne Dedert, dpa | Getreide aus dem Ausland ist günstig zu bekommen. Darunter leiden jetzt die Bäuerinnen und Bauern in Unterfranken.

"Gesund leben und ernähren geht in Deutschland sehr gut. Aber wir setzen das durch unbeschränkte Importe leichtsinnig aufs Spiel", sagt Thomas Zehnter, der Geschäftsführer des Erzeugerverbands Unterfranken. Importe aus Osteuropa würden den Preis drücken. Beim Weizen beispielsweise könne die deutsche Landwirtschaft nicht mehr mit Weltmarktpreisen konkurrieren.

Der günstige Preis würde jedoch teuer erkauft, sagt der Verbandsgeschäftsführer: Getreide aus Deutschland sei nahezu frei von Rückständen. Anders Getreide aus östlichen Ländern: "Dort sind Pflanzenschutzmittel, die seit Jahrzehnten bei uns verboten sind, zugelassen und werden in großen Mengen eingesetzt." Dass diese Waren zollfrei und ohne Beschränkungen nach Deutschland importiert werden, empfindet Zehnter seitens der Politik als "puren Hohn für jeden Landwirt". 

4. Premium-Weizen adé: Der Qualitätsverlust des Getreides

Der unterfränkische 'Premium-Weizen' ist wohl bald ein Relikt vergangener Tage. Neue Sorten sollen die Lösung sein.
Foto: Martin Schutt, dpa | Der unterfränkische "Premium-Weizen" ist wohl bald ein Relikt vergangener Tage. Neue Sorten sollen die Lösung sein.

"Wir können uns bald qualitativ nicht mehr abheben", befürchtet Thomas Zehnter. Ausgerechnet bei der unterfränkischen Paradedisziplin Weizen sei in diesem Jahr ein Rückgang des sehr hohen Proteingehalts festgestellt worden. Dieser sei wichtig für die Weiterverarbeitung und immer ein starkes Argument für die regionalen Produkte gewesen. 

Die Verantwortung dafür sieht Zehnter bei der Politik. Eine neue Düngeverordnung habe die Eiweißwerte im Weizen abstürzen lassen. Die unterfränkische Landwirtschaft stehe jetzt vor der Aufgabe, sich damit zu arrangieren: "Wir müssen die Sorten anpassen und von der aktuell gängigen Bezahlung nach Proteingehalt wegkommen."

5. Regelungen, Kontrollen, Verbote: Die Bürokratie und der politische Einfluss

Der politische Einfluss auf die Landwirtschaft stellt die Bäuerinnen und Bauern teils vor gewaltige Probleme.
Foto: Ralf Hirschberger, dpa | Der politische Einfluss auf die Landwirtschaft stellt die Bäuerinnen und Bauern teils vor gewaltige Probleme.

"Auch wenn es zarte Ansätze gibt, Bürokratie zu reduzieren, sind unsere Betriebe überfordert", kritisiert Wilhelm Böhmer, Direktor des BBV Unterfranken, die Bürokratie. Manche Rückgänge bei den Schweinezuchtbetrieben hätten nicht mit wirtschaftlichen Fragen zu tun, sondern häufig mit Überforderung durch Auflagen.

Ein anderes Beispiel sieht Eugen Köhler bei der Flächennutzung. Der Ausbau der Autobahnen A3 und A7 geschehe im Landkreis Würzburg auf Kosten landwirtschaftlicher Fläche. Rücksicht darauf, ob dem möglicherweise besonders hochwertige Böden zum Opfer fallen, nähme niemand. Die Staatsregierung habe das Ziel ausgegeben, den täglichen Flächenverlust bayernweit auf fünf Hektar zu beschränken, mahnt Köhler. Aktuell stehe man noch bei über zehn Hektar pro Tag. 

 
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  • Silke Müller
    Das soll Journalismus sein? Wortmeldungen von Lobbyisten abdrucken ohne Recherche und kritische Fragen?
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  • Dietmar Eberth
    Das ist ein Meinungsbild (Sorgen) der Bauern. Ob die Sorgen begründet sind oder die Priorität stimmt, steht auf einem anderen Blatt.
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  • Barbara Fersch
    lieber Herr Koch, dann wünsche ich Ihnen dass Sie noch lange Krabben und Hummer essen können, denn die Krabben in der Nordsee sind am Aussterben.....aber der Mensch isst alles was er möchte, egal wo es her kommt!
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  • Bernd Schuhmann
    Bitte einmal überprüfen in wie weit der billige ukrainische Mais und Soja Gentechnik frei ist ?
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Das - @ Bernd Schuhmann -

    interessiert doch kein "weibliches Borstentier".

    Hauptsache billig und mit vielen schönen "E's" zu einem leckeren 08/15-Produkt gepimpt...

    Oder?
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  • Peter Koch
    Ist ja interessant, je mehr Protein der Weizen enthält um so teurer wird er bezahlt und um so mehr Dünger braucht der Weizen.
    Das Weizenprotein heißt übrigens auch Gluten auf das immer mehr Menschen mit einer Autoimmunkrankheit reagieren. Hat man manche Menschen zum Wohle der Bauern krankgedüngt?
    https://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/nahrungsunvertraeglichkeit/rasanter-anstieg-mit-lebensgefahr-zoeliakie_id_1762861.html
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  • Michael Mikus
    Der Proteingehalt ist wichtig für die Backeigenschaft. Wenn er zu niedrig ist muss dem mit anderen Mitteln beigeholfen werden. Außerdem ist Gluten auch wichtig für den menschlichen Körper. https://www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Verzicht-auf-Gluten-Vor-und-Nachteile-glutenfreier-Ernaehrung,gluten126.html#:~:text=Glutenfreien%20Lebensmitteln%20fehlen%20Vitamine%20und%20Ballaststoffe&text=Ebenso%20kann%20die%20Zufuhr%20von,2%20unter%20einer%20glutenfreien%20Di%C3%A4t.
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  • Peter Koch
    Wie haben dann die Bäcker in Babylon Semmeln gebacken? Dass sie es konnten ist bekannt, dass es damals weder Bayer noch BayWa gab weiß man auch. Vermutlich waren es Handwerker die was von Teig verstanden weil Industrieturboschnellbackmischungen gab es auch nicht.
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  • Barbara Fersch
    die Menschen in Babylon waren vermutlich mit einer Sorte Backwaren zufrieden, heute braucht es zig Sorten von Brot, Brötchen, etc.
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  • Peter Koch
    Es gab dort angeblich 200 Sorten Brot und 20 Sorten Bier.
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  • Helga Scherendorn
    ihre Kommentare sind ja schlimmer als meine. Was erzählen sie uns denn da von Babylon?
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  • Florian Muck
    Gibt es in der bäuerlichen Geschichte eigentlich mal ein Jahr wo nicht gejammert wir? Ich frage für einen Freund
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  • Klaus B. Fiederling
    lieber Florian, Sie sprechen mir aus der Seele. Es wird gejammert, gejammert, dann fließen sogleich die Subventionen vom Vater Staat. Was nützt uns normalen Arbeitern das jammern? Ernteausfall gleich mal Subvention
    Andre Berufssparten kämpfen auch ums überleben. Nicht nur die Bauern.
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  • Johannes Metzger
    Ich hab jetzt lange überlegt und recherchiert. Nein, es gibt kein Jahr in dem nicht gejammert wurde.
    Man könnte sagen:“Jammern gehört zu Geschäft.“
    Im Winter, wenn sie nichts zu tun haben und vor Langeweile nicht wissen was sie tun sollen, fahren sie dann mit ihren furchterregenden Monstertraktoren in ewig langen Kolonnen und mit subventioniertem Diesel auf von uns finanzierten,öffentlichen
    Straßen und behindern den Verkehr.
    Satire aus.
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  • Philipp Heilgenthal
    Sind wir denn in einem Grimmschen Märchen, dass der böse Wolf die Sorge Nummer eins ist? Auf den ersten fünf Plätzen der größten Sorgen der Landwirte sollten allesamt Konsequenzen von Klimawandel und mangelnder Klimaanpassung stehen. Da müsste die Landwirtschaft selbst mal einen wichtigen Beitrag leisten. Aber Hauptsache wieder mal rundum über die Politik gemeckert - typische landwirtschaftliche Lobbyarbeit eben.
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  • Jürgen Huller
    Ist doch praktisch, wenn man die Versäumnisse und das eigene Versagen (BV) und verfehlte LW Politik (Landwirtschaftsministerium) der letzten Jahrzehnte einfach so auf eine Kreatur ohne Lobby abwälzen kann. Da wird sich kein Widerstand regen.

    Der böse Wolf ist schuld am Höfesterben...

    Der BV lobbyiert für die Großbauern und die Argrarindustrie, gegen die eigenen Kleinbauern, die Politik steht neben den Bauernprotesten und beklatscht die Konsequenzen ihrer eigenen verfehlten Politik. Aber der Wolf ist schuld.

    Einfache Lösungen für einfache Gemüter. Das kommt an.

    Da kann man nur den Kopf schütteln.
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  • Philipp Heilgenthal
    Da hast du recht, Jürgen: Die größte Sorge der Kleinbauern ist die Macht der Agrarlobby.
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  • Julian Bandorf
    Sehr geehrter Herr Heilgenthal,
    vielen Dank für Ihren Kommentar. Die fünf genannten Probleme sind nicht nach bestimmten Kriterien in ein Ranking gepackt worden. Es gibt keinen Platz 1 oder Platz 5, die Reihenfolge ist mehr oder weniger austauschbar. Des Weiteren wurden, wie im einleitenden Absatz erwähnt, Probleme, die mit dem Klima oder dem Wetter zusammenhängen, im Artikel außen vor gelassen.

    Mit besten Grüßen

    Julian Bandorf (Autor)
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  • Philipp Heilgenthal
    Trotzdem macht es einen skurilen Eindruck, wenn als erstes ausgerechnet die Rückkehr eines Wildtiers genannt wird. Schließlich würden einem doch mindestens 50 gravierendere Sorgen der Bauern einfallen als die paar scheuen Wölfe in Unterfranken - auch ohne den Klimawandel mit all seinen wirklich gravierenden Folgen.
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  • Georg Ries
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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