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Würzburg
Kaum noch Schweine im Stall: Warum geben in Unterfranken immer mehr Landwirte die Nutztierhaltung auf, Herr Lukas?
Die Landwirtschaft in Unterfranken ist im Wandel, immer weniger Bauern halten Milchkühe oder Schweine. Agrarexperte Heiko Lukas von der Regierung erklärt die Gründe.
Immer weniger Milchkühe, immer weniger Schweine: Heiko Lukas, zuständig für Agrarstruktur und Umweltbelange in der Landwirtschaft bei der Regierung von Unterfranken, erklärt den Rückgang der heimischen Nutztierhaltung.
Foto: Daniel Peter | Immer weniger Milchkühe, immer weniger Schweine: Heiko Lukas, zuständig für Agrarstruktur und Umweltbelange in der Landwirtschaft bei der Regierung von Unterfranken, erklärt den Rückgang der heimischen Nutztierhaltung.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 14.10.2023 02:56 Uhr

In Unterfranken gibt es immer weniger Landwirte, die Tiere halten. Laut Statistischem Landesamt zeigt sich der Strukturwandel vor allem bei der Schweine- und Milchkuhhaltung. Die Anzahl der Betriebe mit Milchkühen ist seit 1999 von 2696 Betrieben auf mittlerweile 541 Betriebe gesunken. Bei den Schweinehaltern ist der Rückgang noch gravierender: Gab es 1999 noch 5711 Schweinemäster oder Ferkelzüchter in Unterfranken, sind heute nur noch 781. 

Die Fleischerzeugung ist dem Statistischen Landesamt zufolge bayernweit seit 2013 um 15 Prozent zurückgegangen, die Erzeugung von Schweinefleisch sank sogar um mehr als 20 Prozent. Das liege an der schwierigen Marktlage und fehlenden verlässlichen Rahmenbedingungen der Politik, sagt Heiko Lukas, bei der Regierung von Unterfranken zuständig für Agrarstruktur und Umweltbelange in der Landwirtschaft. Im Interview erklärt der Agrar-Ingenieur, was das für die Zukunft der heimischen Betriebe heißt. 

In Unterfranken werden immer weniger Schweine gehalten. 
Foto: Getty Images | In Unterfranken werden immer weniger Schweine gehalten. 
Warum gibt es immer weniger Tierhalter in Unterfranken?

Heiko Lukas: Unterfranken verfügt im Vergleich zu anderen Regionen in Bayern aufgrund der Trockenheit über wenig Grünland. Dies führt dazu, dass die Futterversorgung vor allem für Rinder ungünstiger ist als anderswo. Zudem leben die Menschen hier vorwiegend in Dörfern, Einzelhofanlagen sind historisch weniger verbreitet. Wenn Landwirte hier in die Viehhaltung investieren, entstehen ihnen deutlich höhere Kosten als beispielsweise in Südbayern, wo mehr Platz vorhanden ist und für einen neuen Stall keine zusätzlichen Ausgaben für Strom- und Wasserleitung und Zufahrt erforderlich sind.

Kaum noch Schweine im Stall: Warum geben in Unterfranken immer mehr Landwirte die Nutztierhaltung auf, Herr Lukas?
Welche Art der Viehhaltung war in Unterfranken vor 30 Jahren üblich?

Lukas: Die Zucht von Schweinen war lange Zeit ein Schwerpunkt. Die Bauern haben vor allem Pietrain-Schweine gezüchtet, die für ihre außergewöhnlich hohe Fleischqualität bekannt sind. Sie wurden an Zuchtbetriebe in ganz Europa verkauft. Im Gegensatz dazu spielte die Milchviehhaltung in Unterfranken schon immer eine untergeordnete Rolle. Das liegt vor allem daran, dass in dieser relativ trockenen Region nicht genügend Gras wächst. Dafür ist die Region im Ackerbau sehr erfolgreich. Hier sind wir wirklich stark. Wir produzieren deutlich mehr Getreide, als wir selbst verbrauchen.

Sieht man deshalb hier kaum Kühe auf der Weide?

Lukas: In der Rhön halten einige Landwirte zumindest die Jungrinder auf der Weide. Milchviehhalter haben auch gute Gründe, ihre Herde ganztägig im Stall zu halten. In Unterfranken fehlen  Weideflächen rund um die Stallungen, so dass regelmäßige Beweidung schon aufgrund der Entfernungen zum Grünland nicht möglich ist. Ein anderer Grund ist die Steigerung der Milchleistung. Eine hohe Milchleistung erfordert ein anspruchsvolles Fütterungskonzept. Im Stall kann man jeder Kuh eine perfekt auf ihre Leistung zugeschnittene Futterration anbieten und kontrollieren, ob diese vollständig gefressen wurde. 

In Unterfranken geben viele Schweinhalter auf. Wie ist die Situation in Deutschland insgesamt aktuell?

Lukas: Deutschland ist der zweitgrößte Schweinefleischproduzent in Europa, direkt nach Spanien. Im Jahr 2021 gab es etwa 18.800 Betriebe, die insgesamt 23,8 Millionen Schweine hielten. Obwohl der Konsum von Schweinefleisch rückläufig ist, bleibt es in Deutschland nach wie vor die beliebteste Fleischsorte. Das Errichten neuer Stallungen gestaltet sich in Deutschland schwieriger als in anderen europäischen Ländern. Die Genehmigungsverfahren sind an vielen Orten sehr anspruchsvoll und mit hohen Auflagen verbunden. Das bedeutet auch, dass die Schweinehaltung, besonders in neuen Stallungen, bei uns besonders tier- und umweltschonend praktiziert wird.

Kaum noch Schweine im Stall: Warum geben in Unterfranken immer mehr Landwirte die Nutztierhaltung auf, Herr Lukas?
Lohnt sich Schweinehaltung überhaupt noch?

Lukas: Aktuelle Umfragen zeigen, dass Schweinehalter bei Investitionen zurückhaltend sind. Die gestiegenen Kosten für Bau, Energie und Futter spielen dabei eine große Rolle. Die Marktlage ist unsicher, ausländische Produzenten können aufgrund weniger strenger Vorschriften in Bezug auf Emissionen und Tierschutz billiger produzieren. In Unterfranken nimmt die regionale Schweinefleischerzeugung stärker ab als der Verbrauch pro Einwohner, weshalb immer mehr Schweinefleisch importiert werden muss.

Es wird aber auch Fleisch exportiert. Warum das?

Lukas: In Deutschland wurden früher mehr Innereien gegessen als heute. Bei der Schlachtung eines Tieres fallen neben den essbaren Teilen auch Schlachtabfälle wie Knochen, Hufe und Borsten an. Viele essbare Teile werden hier nicht gerne gegessen. Besonders beliebt sind Schnitzel, Filets, Koteletts und Schinken. Weniger beliebt sind Kopf- und Beinteile, Schweinefüße und -schwänze sowie Innereien, die nicht vollständig für Wurstwaren verwendet werden können. In China gelten Schweinefüße als Delikatesse.

Wie ist das Verhältnis von Bio und konventioneller Haltung in der Schweinezucht und Schweinemast in Unterfranken?

Lukas: Bio-Schweine sind immer noch die Ausnahme: Ihr Anteil liegt in der Region - trotz wachsender Nachfrage nach Bio-Schweinfleisch - bei unter zwei Prozent. Die Gründe dafür liegen in der aufwendigen Haltung und den damit verbundenen hohen Kosten für tierwohlgerechte Ställe. Bio-Schweine müssen mit ökologisch angebautem Getreide sowie Bio-Bohnen oder Erbsen gefüttert werden, die auch zu hohen Preisen direkt verkauft werden könnten. Dadurch konkurrieren sie mit uns um Nahrungsmittel auf diesem teuren Markt.

Wie sieht es bei Legehennen aus? Gibt es da mehr Bio-Betriebe?

Lukas: Die meisten Verbraucher bevorzugen nach wie vor Eier aus Bodenhaltung, gefolgt von Freilandhaltung und Bio. Dennoch gewinnt die ökologische Eiererzeugung zunehmend an Bedeutung. Dies zeigt sich in der steigenden Anzahl von Genehmigungsverfahren für neue Produktionsmethoden. Ein interessanter Trend ist beispielsweise die Hühnerhaltung in mobilen Ställen, die immer wieder auf einer Wiese versetzt werden.

Wie viele Geflügelhalter gibt es in der Region?

Lukas: Die ganz großen Betriebe wie in Nord- oder Mitteldeutschland gibt es bei uns nicht. Aber es gibt im Vergleich zu früher viele Legehennenhalter, die Eier produzieren, sowie Enten- und Gänsehalter. Die Anzahl der Masthähnchenhalter ist in Unterfranken jedoch eher gering.

Zuletzt gibt es noch Schafhaltung auch in Unterfranken. Wie ist es damit bestellt?

Lukas: Die Schafhaltung geht seit Jahren stark zurück, obwohl sie eng mit dem Naturschutz verbunden und daher für uns alle von Bedeutung ist. Schafherden, manchmal ergänzt durch einige Ziegen, spielen eine wichtige Rolle bei der Pflege von Mager- und Trockenrasen. Diese Weideflächen dienen als Rückzugsgebiete für viele seltene Pflanzen, Insekten, Vögel und Kleinsäuger. Das Landwirtschaftsministerium gewährt für diese Herden eine beträchtliche staatliche Förderung, jedoch haben viele Schäfer immer wieder Schwierigkeiten mit den strengen Vorschriften. Nun könnte auch noch der Wolf hinzukommen und den Schäfern zunehmend Probleme bereiten.

 
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  • Hans-Martin Hoffmann
    Mir scheint

    die Antwort lautet "irgendwo auf der Welt gibt es immer noch jemanden, der das Produkt billiger anbietet" - da seien so Sachen wie die EU und diverse (Un-)Freihandelsabkommen vor!

    So lange man irgendwo noch die Kosten für nicht nachhaltige Produktion auf die Allgemeinheit abwälzen kann und nicht den tatsächlichen Preis für die Wirtschaftsweise bezahlen muss, wird das "Spielchen" so weitergehen, dass wer die höheren Auflagen hat am Ende der Dumme ist.

    Das berücksichtigt halt leider nur nicht, dass am Ende alle die Dummen sind, wenn es nix mehr gibt, woran man Raubbau betreiben kann... aber das interessiert ja die Leute nicht, die sich umso seliger fühlen, je mehr Geld in ihrem Säckel landet.

    Um das zu erreichen, wird auch - durchaus mit Erfolg - kräftig daran gearbeitet, immer weniger Verbraucher/innen das Geld zu lassen, sich für die teurere weil nachhaltigere Alternative zu entscheiden.

    So lange das so läuft, ist auch nicht mit Besserung zu rechnen.
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  • Klaus Fiederling
    Wenn wir nun der verstetigten Panikmache unserer NGOs gedanklich folgen, die mittlerweile mit ihren ThinkTanks maßgebliche Ministerien gekapert haben, um ihr Unwesen treiben zu können, so setzt das medial kommunizierte Horrorszenario, bald kaum mehr Nahrungsmittel konsumieren zu können, ohne dabei komplett vergiftet zu werden, gerade den Hypochondern unter uns in extrem fieser Art und Weise gehörig zu.

    „Unser täglich Brot gib uns heute“ - Wir sollten viel mehr auf unseren Herrgott vertrauen wollen. Unser derzeitiger Bundesagrarminister ist bekennender Vogel- und Insektenfreund, wohingegen er es mit der notwendigen Menschenliebe mal nicht so ganz genau nimmt, sonst könnte er als selbsterkorener Anwalt des gemeinen Bauernstandes denselben nicht derart drangsalieren wollen.
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  • Klaus Fiederling
    Passt hier extrem geschmeidig dazu:

    Verbraucherschützer warnen: Ein Drittel aller Getreideprodukte ist mit Pestiziden belastet...

    Die jüngste Pressemitteilung von Foodwatch-Report offenbart, ein Drittel der Getreideprodukte in Europa ist mit Pestizidrückständen belastet. Foodwatch wirft unseren großen Handelsketten vor, dass man dort seine Nachhaltigkeitsversprechen nicht erfülle. Maßnahmen demgemäß gebe es nur bei Obst und Gemüse.

    Es könnte wohl kaum mehr ein besseres Konjunkturprogramm für unsere heimische LW geben, wenn‘s bald nix mehr gibt, wird das Wenige folgeschlüssig ganz automatisch wesentlich teurer.

    Es landen in Bälde mithin keine 30% mehr direkt in der Tonne, diese Verschwendungssucht wird damit endlich entzaubert.
    ....
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  • Klaus Fiederling
    Aktuell liefert die „Anuga Köln“ sinnbetörenden Gaumenschmaus-Augensex in seinem schillernsten Purismus: Fleisch- und Fischersatzprodukte werden in den strahlendsten Farben illustriert, in den höchsten Tönen allseits gelobpreist. Unser aller bald vollkommen alternativloser „Gesundheits-Wollustspeiseplan“!? - Bon appétit.

    Beim kleinen super leckeren „Versucherle“ konnte man versierten Journalisten aus der Kochszene sprichwörtlich das X für ein U verkaufen; davon ausgehend, ein leckeres Fleischteilchen vom edlen Rindersteak kredenzt zu bekommen, hatte man anstatt dessen ein derart veredeltes Pflanzenprodukt von unserer neuen Wunderwaffe, der Sojapflanze zwischen den Beisserchen.
    Ist das jetzt kaum mehr diskutierbar, unser ALLER(!) Zukunft auf dem Teller!?
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  • Klaus Fiederling
    Die Auflagenflut, die unsere Tierhalter derzeit ereilt, ist schlichtweg nicht mehr leistbar; ...und das ganze ohne Armortisationsgarantie innerhalb eines vertretbaren zeitlichen Rahmens für diese Höfe.

    Unsere deutschen Bauern stehen dato an einem fatalen Scheideweg - es manifestiert sich immer mehr der durchaus begründete Verdacht, dass man unsere kleinen und mittleren Betriebe politisch forciert abzuwickeln gedenkt. Die Tierhaltung ist hier wohl erst der Anfang...!?

    Gegessen wird -von woher auch immer- was dann in unseren Regalen des LEH feil geboten wird. - Unter der Voraussetzung, dass unser König „KUNDE“ dieses armselige Spielchen mitmacht und nicht ganz von selbst auf die Barrikaden geht.
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