zurück
Schweinfurt
Unterfränkische Bäuerinnen und Bauern debattieren in Schweinfurt mit Politikern: Wie geht es weiter mit der Landwirtschaft?
In Schweinfurt trafen sich Landwirte und Abgeordnete, um über die Zukunft ihrer Branche zu diskutieren. Wie die Debatte lief und was gefordert wurde.
Gemeinsam am Tisch, um über Probleme der Landwirtschaft zu reden: (v.li.)  Ludwig Geis, Stefan Fella, Norbert Götz, Florian Neuberger, Steffen Beiersdorfer und Florian Gehrig bei einer Gesprächsrunde des Verbands für landwirtschaftliche Fachbildung (Vlf) und des Landwirtschaftsamts Schweinfurt.
Foto: Anand Anders | Gemeinsam am Tisch, um über Probleme der Landwirtschaft zu reden: (v.li.)  Ludwig Geis, Stefan Fella, Norbert Götz, Florian Neuberger, Steffen Beiersdorfer und Florian Gehrig bei einer Gesprächsrunde des ...
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 09.03.2024 02:42 Uhr

Dass der Frust von Landwirtinnen und Landwirten groß ist, weiß man in der Politik spätestens seit den Bauernprotesten Anfang Januar. Trotz des Entgegenkommens der Regierung bei der Dieselrückvergütung und der Kfz-Steuerbefreiung fühlen sich viele Bäuerinnen und Bauern von der Politik nicht verstanden und ungerecht behandelt.

Um über die Probleme zu sprechen und Lösungen zu erarbeiten, hatten der Verband für landwirtschaftliche Fachbildung (Vlf) und das Landwirtschaftsamt Schweinfurt jetzt Abgeordnete aller demokratischen Parteien, Vertreterinnen und Vertreter der Landwirtschaft sowie der Main-Post zum Dialog eingeladen. 

Steigende Auflagen, überbordende Bürokratie und Planungsunsicherheit 

Die teilnehmenden Landwirtinnen und Landwirte konnten und sollten dabei zunächst ihre Anliegen schildern. Den Anfang machte Ludwig Geis vom Vlf-Kreisverband Rhön-Grabfeld. Er kritisiert den zunehmenden Flächenfraß, durch den der Druck auf unterfränkische Betriebe steige. "Die Quadratmeter werden immer weniger." Mit Blick auf den Naturschutz und andere Auflagen sei zwar vieles gut gemeint, sagt Geis, jedoch oft zulasten der Ausführenden.

Florian Gehrig, einer der letzten Ferkelzüchter im Landkreis Main-Spessart, berichtete von den Strapazen, die er durch die Auflagen für seinen Stall mit den Ämtern hat. "In meinen Kopf schwirren nur noch Daten, Regeln und die Angst, etwas bei der Planung nicht zu berüchtigten", sagt Gehrig. Er wünsche sich hier klarere Regeln.

Vertreterinnen und Vertreter der Landwirtschaft und des Vlf sprechen in Schweinfurt über die Zukunft der Landwirtschaft. Landwirt Florian Gehrig kritisierte die mangelnde Planungssicherheit vieler Höfe.
Foto: Anand Anders | Vertreterinnen und Vertreter der Landwirtschaft und des Vlf sprechen in Schweinfurt über die Zukunft der Landwirtschaft. Landwirt Florian Gehrig kritisierte die mangelnde Planungssicherheit vieler Höfe.

Ähnlich sieht das Florian Neuberger aus dem Landkreis Miltenberg. Ihn störe vor allem die Planungsunsicherheit. Viele Entscheidungen der Politik seien zu kurz gedacht, Bäuerinnen und Bauern würden mit den Auflagen allein gelassen, meint Neuberger. Er bekräftigt jedoch auch: "Die Landwirte sind grundsätzlich bereit für Veränderungen."

Ackerbäuerin Marina Eltschka aus Eltmann im Landkreis Haßberge bringt die nötige Schreibtischarbeit auf dem Hof auf den Punkt: "Ich fühle mich in meinem Agrarbüro manchmal wie die eierlegende Wollmilchsau." Zu der Gesprächsrunde hatte die Landwirtin einen vollen Leitz-Ordner mitgebracht, gespickt mit Kennwörtern: "Bürokratie ist einfach ein Problem." 

Ein Ordner voll mit Kennwörtern: Für Marina Eltschka von der Vlf Hassberge ist die Bürokratie eines der drängendsten Probleme von Landwirtinnen und Landwirten.
Foto: Anand Anders | Ein Ordner voll mit Kennwörtern: Für Marina Eltschka von der Vlf Hassberge ist die Bürokratie eines der drängendsten Probleme von Landwirtinnen und Landwirten.

Der Einladung des Verbands für ländliche Fachbildung waren Felix Freiherr von Zobel (Freie Wähler), Thorsten Schwab (CSU), Karsten Klein (FDP), Volkmar Halbleib (SPD) und Paul Knoblach (Grüne) gefolgt.

Die primäre Aufgabe der Landwirtschaft sei aus seiner Sicht die Erzeugung von Lebensmitteln, sagt der Schweinfurter Grünen-Landtagsabgeordnete und Nebenerwerbslandwirt Paul Knoblach. "Für mich ist der enorme Flächenverlust ein großes Thema." Dazu spiele die Landwirtschaft beim Klimaschutz eine immer wichtigere Rolle: "Vor einem Umbauprozess werden wir nicht vorbeikommen", so Knoblach.

Weniger praktische Berührungspunkte, dafür viel Verständnis in puncto Bürokratie brachte
Volkmar Halbleib aus Ochsenfurt den Landwirten entgegen. Die Branche habe einen dramatischen Strukturwandel hinter sich, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete. Die fachliche Praxis der Landwirte werde heute von knallharten Regulierungen überholt, meint der Verwaltungsjurist:  "Man merkt, die Frage des Vollzugs ist schwierig."

Abgeordnete sehen "Landwirtschaft in einem Spannungsfeld"

Der Aschaffenburger FDP-Bundestagsabgeordnete Karsten Klein vergleicht die Situation der Landwirtschaft mit der unter einem Brennglas: "Wir haben einen großen Veränderungsprozess vor uns." Über die ein oder andere "Justierung" der Landwirtschaft müsse man sich unterhalten, sagt Klein.

Politiker, Landwirtinnen und Landwirte an einem großen Tisch: Der Verband für landwirtschaftliche Fachbildung (VfL) hatte in Schweinfurt zum Dialog geladen. 
Foto: Anand Anders | Politiker, Landwirtinnen und Landwirte an einem großen Tisch: Der Verband für landwirtschaftliche Fachbildung (VfL) hatte in Schweinfurt zum Dialog geladen. 

"Die Landwirtschaft ist in einem Spannungsfeld", sagt der CSU-Landtagsabgeordnete Thorsten Schwab mit Blick auf unterschiedliche parteipolitische Ansätze und den regionalen Unterschied von Nord- und Südbayern. Und, meint auch der Politiker aus Main-Spessart: "Wir haben zu viel Regulierung." Die Landwirtschaft müsse stärker entlastet werden. 

Landwirt Felix Freiherr von Zobel, seit Oktober für die Freien Wähler im Landtag, spricht eine grundsätzliche Schwierigkeit an: "Wir haben das Problem, dass die Landwirtschaft mittlerweile ein wahnsinnig komplexes System ist." Der FW-Abgeordete hält eine stärkere Zusammenarbeit zwischen der Politik und den landwirtschaftlichen Fachverbänden für nötig. Außerdem brauche es einen faireren Wettbewerb zwischen den großen Händlern und den Bäuerinnen und Bauern.

Bauernproteste und die Medien: Landwirte distanzieren sich von Angriffen

Achim Muth, stellvertretender Chefredakteur der Main-Post, bekundete das grundsätzliche Interesse der Redaktion am Thema Landwirtschaft. Als unabhängiges Medium wolle die Main-Post die Transformation der Landwirtschaft aktiv und kritisch begleiten. Mit Sorge beobachtet Muth hingegen die Angriffe einzelner Demonstrierender auf die Redaktion im Zuge der Proteste. Er appellierte, "sich klar abzugrenzen von denjenigen, die die Landwirtschaft benutzen, um als Trittbrettfahrer mitzufahren, und Position beziehen".

Achim Muth, stellvertretender Chefredakteur der Main-Post, sprach mit den Beteiligten über die Arbeitsweise der Redaktion und der Rolle der Presse.
Foto: Anand Anders | Achim Muth, stellvertretender Chefredakteur der Main-Post, sprach mit den Beteiligten über die Arbeitsweise der Redaktion und der Rolle der Presse.

Einig waren sich alle Beteiligten über den gegenseitigen Umgang bei den Bauernprotesten: "Der Vlf ist ein Bildungsverband, der Brücken schlagen will, der verbinden möchte, der nicht spalten möchte", bekräftigt Johann Weber, Geschäftsführer des Vlf Unterfrankens. Egal ob Politiker, Verwaltungsmitarbeiter oder Landwirt: "Hier am Tisch sitzen alle, die Mitverantwortung getragen haben in der Vergangenheit. Wir spalten nicht, sondern suchen nach Lösungen."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Würzburg
Kitzingen
Bad Neustadt
Bad Kissingen
Miltenberg
Aschaffenburg
Marktheidenfeld
Karlstadt
Haßfurt
Marcel Dinkel
Abgeordnete
Bauernproteste
Christlich Soziale Union Bayern Werneck
FDP
Freie Wähler
Johann Weber
Karsten Klein
Landwirtschaftsämter
Paul Knoblach
Thorsten Schwab
Volkmar Halbleib
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top