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Bistum Würzburg: Suspendierter Diakon Reinhold Glaser macht einfach weiter - und ist beschäftigter denn je
Vor drei Monaten bestätigte der Vatikan die Suspendierung Glasers durch den Würzburger Bischof. Doch der Diakon tauft, traut und beerdigt weiter. Mit Erfolg.
Diakon Reinhold Glaser aus Mömbris (Lkr. Aschaffenburg) ist vom Dienst suspendiert, aber weiterhin als Seelsorger tätig. Seine Frau Karolina unterstützt ihn organisatorisch bei den vielen Terminen.
Foto: Daniel Biscan | Diakon Reinhold Glaser aus Mömbris (Lkr. Aschaffenburg) ist vom Dienst suspendiert, aber weiterhin als Seelsorger tätig. Seine Frau Karolina unterstützt ihn organisatorisch bei den vielen Terminen.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 09.03.2024 02:42 Uhr

Diakon Reinhold Glaser wurde vor gut einem Jahr suspendiert. Arbeitslos ist der 69-Jährige dennoch nicht. Er ist ein viel beschäftigter Geistlicher. Mehr noch, als vor dem Verbot aller Dienste als Diakon durch den Würzburger Bischof. Wie kann das sein?

Glaser lädt zu Gottesdiensten, hält Requien, bietet Trauungen an. Er führt viele Gespräche. Er tauft, segnet, besucht alte und kranke Menschen, beerdigt – zu individuell gewünschten Zeiten. Bischof Franz Jung hat ihm das untersagt. Der Diakon hält sich jedoch nicht daran. Das klingt nach Rebellion, nach Missachtung hierarchischer Strukturen. Reinhold Glaser macht jedoch bei seinem Besuch in der Redaktion einen sehr besonnenen Eindruck. "Ich habe keine Schwerverbrechen begangen."

Hinter dem pensionierten Polizeibeamten und früheren Bürgermeister von Mömbris (Lkr. Aschaffenburg) liegen zwei turbulente Jahre. Der Konflikt mit dem Bistum begann, als sich Glaser nicht an die festgelegten Vorgaben des damaligen Pfarrers im Pastoralen Raum Kahlgrund halten wollte. Er kritisierte dies offen als "menschenferne und glaubensferne Seelsorgepraxis".

Daraufhin wurde er im November 2022 vom Würzburger Bischof aus seiner, wie er sagt, "nebenberuflichen Anstellung als geringfügig Beschäftigter beim Bistum Würzburg entlassen". Im Januar 2023 ordnete Franz Jung per Dekret die "Beugestrafe" der Suspendierung wegen anhaltender Verstöße gegen die bischöflichen Verfügungen an.

"Ich habe keine Schwerverbrechen begangen."
Diakon Reinhold Glaser

Glasers Beschwerde in Rom beim Dikasterium für die Kleriker lief ins Leere – laut Glaser trotz der von der vatikanischen Behörde festgestellten "Verfahrensmängel". Seit November ist die Suspendierung formal wirksam, so Glaser. Und seither habe es keinen Kontakt mehr mit dem Würzburger Bischof gegeben, obwohl er um einen Gesprächstermin gebeten habe. "Es ist Funkstille."

Terminkalender von Reinhold Glaser ist voll

All das hielt den Diakon nicht auf. Viele Gläubige würden sein Engagement "hin zu einer menschengerechten Kirche" sehr schätzen, erzählt er. Von Beginn der Unstimmigkeiten an hätten sie zu ihm gehalten, ihn unterstützt – und angefragt. Er begleitet die Gläubigen, und sie begleiten ihn. Der Terminkalender ist voll. "Während meiner Zeit als Mitglied des Pastoralteams war ich rund 100 Stunden pro Monat im Diakonsdienst, aktuell sind es fast 200 Stunden im Monat", sagt Glaser.

Suspendierter Diakon Reinhold Glaser aus Mömbris (Lkr. Aschaffenburg) bei einem Gottesdienst in der Dreifaltigkeitskapelle in Mömbris-Rappach (Lkr. Aschaffenburg).
Foto: Karolina Glaser | Suspendierter Diakon Reinhold Glaser aus Mömbris (Lkr. Aschaffenburg) bei einem Gottesdienst in der Dreifaltigkeitskapelle in Mömbris-Rappach (Lkr. Aschaffenburg).

Die Lösung sei die Gründung des inzwischen als gemeinnützig anerkannten Vereins für christliche Seelsorge in Freiheit im März 2023 gewesen - zusammen mit dem verheirateten katholischen Pfarrer Philipp Tropf und dem nordisch-katholischen Diakon Dietholf Schröder. Das Ergebnis: "47 ganz unterschiedlich gestaltete Gottesdienste und 20 Beisetzungen alleine im Kahlgrund im vergangenen Jahr, im neuen Jahr sind es bereits 15 Gottesdienst- und Beisetzungstermine."

Möglich sind Gottesdienste in privaten Kapellen

Möglich ist dies in privaten Kapellen und kommunalen Friedhöfen, die nicht im Eigentum von Kirchengemeinden stehen. Glaser erinnert ans frühe Christentum, an die ersten Gemeinden, die keine Kirche hatten. Und auch während der Corona-Pandemie, als Kirchen geschlossen waren, haben Gläubige "wieder in Gottes freier Natur Messen gefeiert". 

Bild von der Kräuterweihe am 15. August an der Kapelle der Edelbrennerei Dirker in Freigericht mit über 100 Besuchern. Am Altar am Eingang der Kapelle: Diakon Reinhold Glaser und der Priester Philipp Tropf.
Foto: Karolina Glaser | Bild von der Kräuterweihe am 15. August an der Kapelle der Edelbrennerei Dirker in Freigericht mit über 100 Besuchern. Am Altar am Eingang der Kapelle: Diakon Reinhold Glaser und der Priester Philipp Tropf.

Ein Ende als Diakon in Freiheit ist von seiner Seite aus nicht abzusehen. "Es liegen bereits viele Anfragen vor." Nicht nur im Kahlgrund, vielmehr im ganzen Bistum. "Und darüber hinaus", so Glaser: "Die unguten Strukturen der katholischen Kirchen wirken sich offenbar an vielen Orten in ähnlicher Weise negativ aus."

Stört es niemanden, dass er suspendiert ist? "Nein", sagt Glaser. Auch, dass ein verheirateter katholischer Priester mit im Boot ist, ebenso einen Diakon einer Kirche in der altkatholischen Tradition, würden viele begrüßen.

Diakon Glaser: Nach der Konfession wird nicht gefragt

"Wir sind seelsorglich für die Menschen da, in allen Lebenslagen und in allen Anliegen, ohne die Konfessionszugehörigkeit zu hinterfragen." Glaser betont, dass diese Dienste unentgeltlich erbracht werden. Unkosten würden über Spenden finanziert.

Gibt es keinerlei Bedenken, dass die gespendeten Sakramente ungültig sind? Ab und an würde gefragt, so Glaser. Aber nur deshalb, weil, wie ihm berichtet worden sei, "von den Pfarrbüros im Pastoralen Raum Kahlgrund immer wieder versucht wird, Menschen zu verunsichern". Seine Weihe sei durch die Suspendierung nicht aufgehoben, betont der Diakon.

"Viele Menschen kommen zu uns, die von der Amtskirche nicht mehr erreicht werden."
Diakon Reinhold Glaser

Jürgen Vorndran, Generalvikar der Diözese Würzburg, bezeichnete im Juni Glasers Verein als kirchenrechtlich illegitim und hat dem Diakon "jedwede Mitarbeit" verboten. Glaser blieb und bleibt gelassen. Es sei ein beim Amtsgericht Aschaffenburg eingetragener weltlicher Verein, eine Anerkennung als kirchlicher Verein sei nicht angedacht.

Ein Gespräch mit der Bistumsleitung würde Glaser begrüßen. "Es wäre schon sehr interessant zu erfahren, warum Generalvikar und Bischof nicht unser seelsorgliches Angebot für die Menschen ergänzend zum kirchlichen Angebot bewusst und mit freudiger Bereitschaft annehmen und gutheißen, denn viele Menschen kommen zu uns, die von der Amtskirche nicht mehr erreicht werden."

 
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  • Reinhard Döll
    Im Mittelpunkt der Verkündigung müsste die Seelsorge stehen. Im NT wurde dies durch Jesus selbst umgesetzt und uns als Auftrag mitgegeben. Leider durchbrechen die hierarchischen Strukturen in unserer Kirche diesen Auftrag der Verkündigung. Auch ich habe das oft genug selbst erlebt. Deshalb verstehe ich sehr gut, dass viele Menschen mit diesen immer noch geltenden Strukturen unserer Kirche nicht mehr einverstanden sein können. Reinhold Glaser zählt deshalb als Hoffnungsträger für unseren Glauben, unsere Werte und unserer Demokratie. Ich wünsche ihm von Herzen Gottes Segen für sein Tun und dass viele seinen Beispiel folgen!
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  • Peter Lelowski
    Bei den Evangelischen heißt das Freikirche oder Glaubensgemeinschaft. Zu jeder Taufe, Eheschließung oder Beerdigung gehört auch ein standesamtlicher Teil dazu. Getauft also auf einen rechtsgültigen Namen. Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen (Lukas-Evangelium). Wenn es mit der Amtskirche nicht mehr geht, muß man eben einen eigenen Laden aufmachen. Gottes Segen dem Tun von Herrn Glaser.
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  • Georg Metzger
    Wie heißt das Konto des gemeinnützig anerkannten Vereins für christliche Seelsorge in Freiheit?
    Die Spende an diesen fördert die Seelsorge. Die Kirchensteuer an die Amtskirche mit den Seelsorgebürokraten Jung und Vorndran an der Spitze des Bistums Würzburg ist kontraproduktiv.
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  • Klaus Fiederling
    hut ab! Herr Glaser - weiter so.
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  • Kai Hofstetter
    "Wo zwei in meinem Namen zusammenkommen, da bin auch ich" sagte dereinst Jesus Christus. Schlicht, einfach und menschlich. Punkt.
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  • Stefan Krug
    wenn die Kirche Eier hätte
    dann würden sie mit dem Diakon das Gespräch suchen...

    aber die wurden ihnen in Rom
    leider schon lange abgenommen...
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  • Lydia Hock
    Mir imponiert Herr Glaser.
    Je mehr Dreck über ihn ausgeschüttet wird, desto kreativer wird er bei seiner Arbeit, der Seelsorge.
    Gibt es der Kath. Kirche Nicht zu denken, dass ihr Markenkern: Seelsorge so eine große Nachfrage hat ?!
    Weiter so, Herr Glaser
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  • Lutz Saubert
    Wer im kirchlichen Dienst tätig ist, sollte mit Autoritäten keine Probleme haben. Schließlich glaubt man an die eine höchste Autorität, Gott.
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  • Martin Deeg
    Was für eine Verdrehung des Sinns von Autorität!

    Sie kennen die Geschichte von Jesus und den Pharisäern?

    Oder wie Jesus den vermeintlich "gesetzestreuen" Ordnungsliebhabern - die ihm eine Falle stellten, indem sie sich auf die "Autorität" Gesetz beriefen - den Spiegel vorhielt, als die eine "Ehebrecherin" steinigen wollten (wie im Gesetz vorgeschrieben) und ihn vergiftet um "Rat" fragten?
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  • Roland Albert
    Manchmal sollte auch der Alleswissende mal die Finger ruhig halten.
    Der Diakon macht vieles richtig und erreicht die „Gläubigen Gottes“.
    Diejenigen, die der Amtskirche verfallen sind, sterben aus.
    Wenn die Amtskirche könnte, würden Sie ihm auch noch die Entlohnung entziehen. Gottseidank läuft das nicht.
    Machen Sie weiter, die Menschen danken es. Am Tage des jüngsten Gerichtes werden die Karten neu gemischt.
    Man müsste wissen, wie die selbsternannten Vertreter Gottes tatsächlich behandelt werden würden.
    Wir werden es nie erfahren.
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  • Martin Deeg
    ..."Der Diakon macht vieles richtig....".

    Herr Glaser macht wohl nicht nur vieles richtig, er ist m.E. auch ein Vorbild, was Zivilcourage und Standhaftigkeit gegen autoritäre, starre, hierarchische Strukturen angeht.

    Es braucht mehr solche Menschen.
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  • Martin Deeg
    Ein lehrbuchhaftes Musterbeispiel der Entlarvung von autoritären Machtstrukturen, die nur noch um sich selbst kreisen.

    Solche selbstreferentiellen Macht- und Hierarchiestrukturen entlarven sich zunehmend selbst:

    Wenn „Machtworte“, Bestrafungen, Ausgrenzung, Entwertung, Stigmatisierung und Demütigungen nicht mehr funktionieren, um rückständige und menschenfeindliche „Regeln“ durchzusetzen und Menschen auf Linie zu bringen dann taucht man ab und schweigt….

    Vielleicht sollte jemand dem Bischof und dem Generalvikar mal mitteilen, dass sie DIENER sind und als solche PFLICHTEN haben!

    Einfach mal in den eigenen „Leitbildern“ nachlesen!
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