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Würzburg
Gegen Seelsorge-Auflagen verstoßen: Bischof Jung suspendiert Diakon aus Pastoralem Raum Kahlgrund
Reinhold Glaser wurde bereits im November entpflichtet. Anhaltende Verstöße gegen Seelsorge-Auflagen führten jetzt zu einer sogenannten Beugestrafe. Die Hintergründe.
Würzburgs Bischof Franz Jung hat einen Diakon im Zivilberuf für Pfarreiengemeinschaften 'Mittlerer Kahlgrund, Mömbris' und 'Christus Immanuel, Krombach' suspendiert.
Foto: Thomas Obermeier | Würzburgs Bischof Franz Jung hat einen Diakon im Zivilberuf für Pfarreiengemeinschaften "Mittlerer Kahlgrund, Mömbris" und "Christus Immanuel, Krombach" suspendiert.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 27.04.2023 14:55 Uhr

Es rumort im Westen des Bistums Würzburg. Bischof Franz Jung hat Diakon Reinhold Glaser mit Strafdekret vom 18. Januar alle Vollmachten und Dienste als Diakon verboten. Dies teilte die Diözese am Mittwochabend mit. Grund für diese "Beugestrafe" seien anhaltende Verstöße des Diakons gegen Verfügungen des Bischofs, hieß es. Es geht um Seelsorge-Vorgaben im Pastoralen Raum Kahlgrund.

Bereits seit 1. November 2022 sei der 68-Jährige von seinen Aufgaben als Diakon entpflichtet und in den dauernden Ruhestand versetzt worden. Zuvor war der Polizeibeamte und frühere Bürgermeister von Mömbris als Diakon mit Zivilberuf für die in Landkreis Aschaffenburg gelegenen Pfarreiengemeinschaften "Mittlerer Kahlgrund, Mömbris" und "Christus Immanuel, Krombach" tätig gewesen. Mit dem Strafdekret des Bischofs sind den Angaben zufolge auch die Ausübung der Rechte Glasers als Mitglied des Pfarrgemeinderates Mittlerer Kahlgrund verboten. 

Gegen Seelsorge-Auflagen verstoßen: Bischof Jung suspendiert Diakon aus Pastoralem Raum Kahlgrund

In der Mitteilung der Diözese ist von anhaltenden Konflikten in den vergangenen Monaten zwischen Glaser und dem Pastoralteam des Pastoralen Raums Kahlgrund "hinsichtlich Dienst und Verhalten" des Diakons die Rede. Mehrfache Bemühungen um Vermittlungen seien gescheitert.

Der Bischof habe Glaser "jede Einmischung in die Seelsorge" des Pastoralen Raums untersagt. Dennoch sei es gegen diese Vorgabe des Bischofs zu Verstößen gekommen. Bei einer Anhörung des Diakons im Dezember sei keine Einsicht Glasers erkennbar gewesen.

Diakon Glaser: Konflikt habe bereits vor eineinhalb Jahren begonnen

Der Konflikt begann Glasers Angaben zufolge vor etwa eineinhalb Jahren. Der seit Oktober 2020 neue Pfarrer Andreas Hartung habe strikte Regeln eingeführt, etwa dass nur sonntags um 14.30 Uhr Taufen stattfinden dürfen. "Dagegen habe ich mich gewehrt". Ebenso gegen andere Vorgaben, die Gläubige seiner Ansicht nach gängeln, sagt Glaser auf Nachfrage.

Bereits im Juli 2022 hat die Ehefrau Glasers, Karolina Glaser, die Online-Petition "Seelsorge, die auf die Anliegen der Menschen eingeht!" gestartet. Sie richtete sich an Pfarrer Hartung, Leiter des Pastoralen Raumes Kahlgrund.

Ehefrau des Diakons initiierte Petition - 1677 Unterschriften 

Laut Petition gehört zu den Anliegen Diakon Glasers, dass die katholischen Seelsorger im Kahlgrund Anliegen und Wünsche der Gläubigen berücksichtigen – bei Taufen, Trauungen, Ehejubiläen und Beerdigungen. "Der Konflikt hat sich an der Sachfrage entzündet, zu welcher Uhrzeit künftig Beerdigungen beziehungsweise Taufen im pastoralen Raum stattfinden werden", heißt es unter anderem in der Petitions-Begründung. So sollen beispielsweise Beerdigungszeiten flexibel festgelegt werden und nicht nur "starr um 14.30 Uhr an Wochentagen", so Glaser. Auch sollen Sonntagsgottesdienste "wie es früher üblich und gute Praxis war – in gerechter Verteilung angeboten werden."

Mitte Oktober teilte Karolina Glaser mit, dass insgesamt 1677 Frauen und Männer die Petition unterstützt haben: 616 online und 1061 analog. Wenige Tage später seien die Unterlagen im Pfarrbüro Mömbris übergeben worden.

Auf Wunsch von Gläubigen führte Glaser Gottesdienste im Freien durch

Reinhold Glaser sagt, es sei jetzt nicht das erste Dekret des Bischofs gewesen. Bereits am 22. Februar sei ihm erstmals der Dienst als Diakon untersagt worden. Bis Ende September habe er sich daran gehalten. Nach einem Gespräch mit dem Bischof, das "ernüchternd" gewesen sei, habe er den Dienst teilweise wieder aufgenommen, "nämlich außerhalb der Pfarrkirchen".

Diakon Reinhold Glaser wurde von Bischof Franz Jung am 18. Januar 2023 vom Dienst suspendiert. Er will sich dagegen wehren.
Foto: Michaela Ullrich | Diakon Reinhold Glaser wurde von Bischof Franz Jung am 18. Januar 2023 vom Dienst suspendiert. Er will sich dagegen wehren.

Er habe auf Wunsch von Gläubigen dennoch Beerdigungen auf Friedhöfen der politischen Gemeinden durchgeführt und Gottesdienste - im Freien. Das habe nun zu seiner Entpflichtung beziehungsweise Entlassung im November und jetzt zu seiner Suspendierung geführt.

"Es geht nicht um meine Person, sondern um mein Anliegen - eine Seelsorge, die auf die Menschen eingeht."
Reinhold Glaser, suspendierter Diakon

Glaser freut sich über die große Unterstützung bei der Petition. Genutzt habe diese aber zunächst nichts. Letztlich hätten Generalvikar und Bischof "den Pfarrer gedeckt", sagt der 68-Jährige. 

Er wolle sich nun juristisch beraten lassen und sich "gegen die Willkür zur Wehr setzen". Es ginge  nicht um seine Person, betont Glaser, sondern "um mein Anliegen - eine Seelsorge, die auf die Menschen eingeht". Der Seelsorgebetrieb sei nicht genug flexibel und menschenzugewandt, "obwohl dies ausdrücklich von den deutschen Bischöfen gewünscht wird". Zudem stehe im Pastoralen Raum ausreichend Personal zur Verfügung.

Seit Mittwoch habe der Bischof ihm gleichzeitig mit dem Dekret untersagt, im Pfarrgemeinderat tätig zu sein. Glaser empfindet das als gravierend: "Ich bin ein gewähltes Mitglied!" Seine Weihe zum Diakon hänge nicht damit zusammen. Das Verhalten des Bischofs zeige, wie sehr dieser sich auf seine "Machtfülle" stütze. Er habe ihn als wenig empathisch wahrgenommen.

Generalvikar Jürgen Vorndran informierte Pfarrgemeinderäte und Ehrenamtliche

Generalvikar Jürgen Vorndran hat laut der aktuellen Mitteilung am Mittwochabend bei einem Treffen in Krombach die Ehrenamtlichen der drei Gemeinsamen Pfarrgemeinderäte im Kahlgrund informiert. Zuvor habe er Diakon Glaser das Dekret des Bischofs überreicht.

An die Gläubigen hat Vorndran einen Brief geschrieben, der im Internet veröffentlicht wurde. Darin ermutigt er sie, den bei einem  Treffen im November begonnenen gemeinsamen Weg fortzusetzen. Damals sei "neben verständlicher Kritik auch heilsame Selbstkritik" deutlich geworden - aber auch spürbar gewesen, dass sich Pastoralteam und ehrenamtlich Engagierte auf einen Weg machen, "um die aufgebrochenen Probleme und Missstände zu beheben". Vorndran führt weiter aus, dass es sich bei der Suspendierung Glasers um eine Strafe handelt, "die dazu dient, zur Einsicht zu führen".

 
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  • ra.kellermann@gmx.de
    die Kirche hat wahrlich ganz andere Probleme...
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  • h.-stefan@web.de
    Verstehe nicht, dass man sich so hinter Pfarrer Hartung stellt und ihn nicht auch hinterfragt
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  • RupNeu@t-online.de
    Falls der Artikel die Gründe für die Suspendierung zutreffend benennt (woran ich keinen Zweifel habe), erscheint das Ganze wirklich absurd.
    Wenn ich es richtig verstanden habe, ging es ursprünglich um einen Konflikt um UHRZEITEN!
    Das sind doch Kinkerlitzchen!
    Dann müsste ich aufgrund meiner Widersprüche an meiner Schule schon hundertfach suspendiert worden sein.
    Wie gesagt, aufgrund der Berichterstattung erscheint mir der Vorgang total absurd.
    Gruß, GoethePuschkin
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  • gowell70@yahoo.de
    Drollig ist das Ganze ja schon...
    Der Bischof von Rom predigt unentwegt, daß die römische Kirche "unnütze Debatten" gefälligst unterlassen solle, während seine Exzellenz in Würzburg genau solche Debatten lostritt.
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  • gowell70@yahoo.de
    Man muß sich das nur mal durchdenken:

    Die weitaus meisten Diakone streben ja nach höheren Weihen ( durchaus wörtlich gemeint) und durchlaufen dieses Stadium des Diakonates als Zwischenstufe

    (den Vergleich Raupe - Kokon - Schmetterling wollte ich mir eigentlich verkneifen 😉)

    auf dem Weg zur zölibatären Karriere.

    Und dann sieht der Kodex des kanonischen Rechts CIC tatsächlich eine Lebensform vor, welche es katholischen Männern
    (theoretisch auch Frauen!)
    ermöglicht,
    in direkter Linie seit Paulus' Zeiten Führungsaufgaben in Gemeinden zu übernehmen,
    manchmal sogar OHNE komplettes Studium der Theologie,
    und AUSSERDEM ein Eheleben zu führen,
    also fast so souverän zu agieren
    wie es etwa den Popen in der orthodoxen Kirche möglich ist.

    Ich kann es mir gut vorstellen,
    dass für gewisse konservative Hierarchien sowas schon fast einem Skandal gleichkommt!
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  • Arcus
    Jung und die anderen Kleriker haben nur solange Macht, wie wir ihre Autorität akzeptieren. Die katholische Kirche wird sich nicht ändern, wenn wir es den Klerikern überlassen, das Änderungstempo und den Änderungsumfang zu bestimmen.
    Wir brachen eine Kirche, in der das Kirchenvolk-Volk der Souverän ist. Allein über die Legitimation von Wahlen wird die legislative Souveränität auf eine Art Kirchenparlament aus Laien übertragen, die wiederum eine Art Bischof wählen. Eskapaden wie sie sich Jung leistet, wären damit nicht ganz verhindert,aber im Umfang doch stark eingeschränkt.
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  • gowell70@yahoo.de
    Naja, diese Reform(ation) hats ja schon gegeben, vor etwa 506Jahren😉.
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  • l.saubert@web.de
    Diese Art Kirche gibt es längst, sie verliert genauso viele, wenn nicht noch mehr Mitglieder. Also haben Sie die Wahl. Es gibt aber auch Menschen, die Ihre Vorstellungen nicht teilen. Das sollten Sie akzeptieren.
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  • Arcus
    Was wäre wohl, wenn wir alle, ausserhalb des Klerus, fragwürdigen Anordnungen des Herrn Jung nicht mehr folgen würden? Ich meine damit nicht nur die Kirchensteuerzahler, sondern auch die, die immer noch mit großem Engagement in der Kirche tätig sind.
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  • home@schaefenacker.de
    Vorsicht vor alten Männern in Frauenkleidern.
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  • matthiasr
    Und ich dachte das ist heute völlig ok?
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  • l.saubert@web.de
    Eine Albe und Kasel sind keine "Frauenkleider".
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  • gowell70@yahoo.de
    Warum eigentlich sind diese Gewänder nicht auch Frauenkleider?
    Wobei die Pastoralassistentinnen, die ich so kenne, doch oft einen weißen Kittel tragen, den man durchaus als Albe bezeichnen kann.
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  • cbretscher
    Vorausgesetzt, der Artikel beschreibt die Gründe der ausgesprochenen Suspension vollständig, dann mutet die Suspension geradezu absurd an. Herr Glaser kann weiter auf Wunsch beerdigen, außerdem weiterhin Gottesdienste abhalten - auch in der Kirche, wenn die Gemeinde es will. Pfarrgemeinderäten, Ehrenamtlichen und Gläubigen kann man nur empfehlen, genau das zu tun. Eine andere Lösungmöglichkeit wäre es, wenn der Pfarrer seine wenig sinnvollen Vorgaben aussetzt oder sich in eine andere Pfarrei bewirbt. Allerdings muss der „bischöfliche Stuhl“ immer noch seine „erzieherische Bestrafung“ zurücknehmen. So betrachtet, sind die Aussichten auf einen Lösungserfolg nicht hoch.
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  • al-holler@t-online.de
    erschreckend und furchtbar:
    Da haben wir jetz bald schon mehr "Hirten", als Schäflein und was tun die "Hirten"? Sie streiten sich (alle drei!!!, oder vier?? -vier, weil da ja offenichtlich eine Gattin auch noch involviert ist)) wie die - alter fränkischer Ausdruck - Bürschteninder - UND VERTREIBEN SO DIE LETZTEN SCHÄFLEIN AUCH NOCH, z. B. eine 81-jährige Bekannte auch der Gegend, die mit heute sagte, dass sie "keiner von den beiden mehr in der Kirche sieht"....
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  • al-holler@t-online.de
    Nochmal: 2 (3!?) Gläubige in leitender Position, die Beispiel geben und führen soll(t)en finden nicht zusammen und der Oberhirte versagt ebenfalls! Die machen es einem wirklich schwer, bei der Stange zu bleiben. Ich habe das gestern auch meinem örtlichen Pfarrer gesagt; der leidet übrigens auch enorm anges. dieses Vorgangs.
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  • gowell70@yahoo.de
    Dem Pfarrer Hartung gebe ich auch gerne etwas Nachhilfe in katholischer Brauchtumslehre:

    Der genau richtige Zeitpunkt für Taufen in katholischer Tradition wäre in der Osternacht.

    Und nicht dann, wenn Hochwürden Gelüsten nach einem Stück Torte hat, des Sonntags um kurz nach Drei.

    Es gibt schon vielerlei Möglichkeiten, sich zum Gespött zu machen!
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  • gowell70@yahoo.de
    Pfarrgemeinderat/Rätin wird man nicht von Bischofs/Bischöfins oder Pfarrers/ Pfarrerins Gnaden,
    sondern in dem man bei den dementsprechenden Wahlen
    in einem demokratischen Prozeß
    von den Wahlberechtigten
    gewählt wird.

    Und an diesem Punkt erlaubt sich der Bischof eine Sanktionsmaßnahme,
    die ihm in keiner Weise zusteht!

    Mit solchen Aktionen zeigt Herr Jung seine Verachtung gegenüber den Glaubenden, deren Recht es eben ist,
    sich von gewählten Gremien
    vertreten zu lassen.

    Ob dieser Diakon in seiner Funktion als Mitarbeitender des Bistums Würzburg irgendwelchen Dienstanweisungen Folge geleistet hat oder nicht,
    das ist hierbei einigermaßen unwichtig.
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  • Faultier
    Es wundert mich, dass ein Diakon, der Teil des Pastoralteams ist, überhaupt in den Pfarrgemeinderat gewählt werden kann. Das wäre ja so, als wenn ein Lehrer im Elternbeirat der Schule wäre, an der er arbeitet.
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  • gowell70@yahoo.de
    Ganz vereinfacht erklärt waren die Diakoninnen und Diakone in der ganz frühen Kirche eher die Ersten unter Gleichen und in den jeweiligen christlichen Gemeinden verwurzelt, während die frühen Bischöfe in Nachfolge der Apostel standen, für mehrere Gemeinden zuständig waren und seit den frühesten Konzilen sowas wie den hierarchischen Überbau der Kirche bildeten.
    Natürlich ist der heutige Katholizismus nur noch sehr entfernt mit urchristlichem Gemeindeleben vergleichbar.
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