Sie ist noch immer sehr enttäuscht. Ihrer Mutter hat sie einen letzten Wunsch nicht erfüllen können: eine persönliche Verabschiedung in der Kirche in Schimborn. Der Ortsteil von Mömbris im Landkreis Aschaffenburg war der Geburts- und Wohnort der Mutter. Doch ein individuelles Requiem für eine Person sei ihr dort verweigert worden, sagt Cornelia W., die in Hessen lebt und deren Name der Redaktion bekannt ist.
Inzwischen ist ein halbes Jahr vergangen, doch die Tochter kann den Anruf im Pfarrbüro nicht vergessen und wandte sich deshalb an die Redaktion: "Ich finde es mehr als traurig." Ihre Mutter habe zeitlebens eine enge Verbindung zu Schimborn gehabt und sei sehr gläubig gewesen, sagt Cornelia W.. "Sie hat immer die Sonntagsmesse besucht und häufig noch Messbesuche unter der Woche wahrgenommen."
Verstorbene Mutter hatte enge Verbindung zu ihrem Geburtsort und war sehr gläubig
Nach dem Tod der Mutter im Herbst 2022 habe sie um einen Termin mit dem Pfarrer gebeten, um mit ihm die Totenmesse zu besprechen, berichtet die 62-Jährige. Die Pfarrei gehört zum Pastoralen Raum Mittlerer Kahlgrund im Bistum Würzburg. Im Pfarrbüro sei ihr gesagt worden, "dass nur einmal im Monat ein Requiem für alle, die in dem betreffenden Monat verstorben sind, gehalten wird – in der Trauerhalle".
Sie sei über diese Regelung sehr verwundert gewesen. Die Mutter habe sich eine Beerdigung im engsten Familienkreis am Wohnort der Tochter im nahen Hessen gewünscht. Vor der Bestattung sollte es in Schimborn für ihre vielen Bekannten, Nachbarn und Freunde eine Möglichkeit zum Gedenken geben.
"Da sie sich ihrem Geburtsort und Lebensmittelpunkt sehr verbunden fühlte, war eine persönliche Verabschiedung dort nicht nur ihr, sondern auch mir sehr wichtig", erzählt die 62-Jährige. "Die Menschen, die meine Mutter gut kannten, sind schon älter und hätten nicht nach zur Beerdigung nach Hessen fahren können."
Sie habe die Mitarbeiterin im Pfarrbüro mehrmals gebeten, "ob es doch irgendwie möglich wäre, eine individuelle Lösung zu finden". Dies sei mit dem Einwand "abgefertigt" worden, die Gemeinde habe keine Ehrenamtlichen mehr, außerdem werde das generell so gehandhabt.
Pfarrer Hartung: 18 Mal im Monat gibt es die Möglichkeit ein Requiem zu feiern
Eine schriftliche und telefonische Nachfrage dieser Redaktion im Pfarrbüro, ob und seit wann diese Regelung gilt und ob Ausnahmen möglich sind, blieb zunächst unbeantwortet. Auch die Frage, wo Seelsorge-Vorgaben veröffentlicht wurden oder für Gemeindemitglieder nachzulesen sind.
Pfarrer Andreas Hartung, Leiter des Pastoralen Raums Kahlgrund, teilte schließlich mit: Es gebe in diesem Raum im Monat 18 Mal die Möglichkeit, ein Requiem zu feiern. Dies finde nie in einer Aussegnungshalle, sondern immer in einer Kirche statt. Der Pastorale Raum Kahlgrund besteht aus drei großen Pfarreiengemeinschaften, in denen viele Pfarreien zusammengeschlossen sind.
Sie könne nur wiederholen, was ihr vom Pfarrbüro mitgeteilt wurde, sagt Cornelia W. dazu. Um ihrer Mutter den letzten Wunsch zu erfüllen, habe sie deshalb im Herbst Reinhold Glaser in Mömbris angerufen. Sie hatte davon gehört, dass der Diakon im Pastoralen Raum Kahlgrund auf Wünsche von Gläubigen eingehe und sich nicht streng an zeitliche Vorgaben von Pfarrer Andreas Hartung halten würde. Diese Seelsorge-Vorgaben gelten dort, so Glaser, nicht nur für Totenmessen und Beerdigungen, sondern auch für Taufen und Hochzeiten.
Auch Diakon Reinhold Glaser aus Mömbris konnte der trauernden Tochter nicht helfen
Der Diakon habe nicht weiterhelfen können: "Er sagte zu mir am Telefon, dass er keine Möglichkeiten mehr habe, ein Requiem zu gestalten." Glaser war zu dem Zeitpunkt vom Bistum Würzburg bereits der Dienst untersagt worden, weil er sich einige Male über Seelsorge-Vorgaben hinweggesetzt hat.
Die trauernde Tochter resignierte. Und fragte bei der Gemeinde an ihrem Wohnort nach einem Requiem und einer Beisetzung für ihre Mutter. "Zu meinem Erstaunen war der Pfarrer sofort bereit", sagt Cornelia W. Ein Abschied für immer lasse sich nicht wiederholen und habe durch seine Einmaligkeit eine große Bedeutung, habe er gemeint. Umso wichtiger sei das Gefühl für die Angehörigen, sich angemessen verabschieden zu können. "Unser Pfarrer unterstützte uns in dieser sehr schweren Zeit, wo er nur konnte, obwohl er meine Mutter nicht einmal kannte."
Cornelia W. begrüßt das Engagement von Diakon Glaser
Ihr sei bewusst, dass es auch in ihrer Kirchengemeinde an Ehrenamtlichen fehle: "Dennoch wird die Würde eines jeden Menschen dort gewahrt – und Wünsche werden nicht sofort abgeblockt."
Zur Seelsorge gehöre auch Zuhören und Begleiten, meint Cornelia W. - und, wenn möglich, ein Entgegenkommen. "Deshalb begrüße ich das Engagement von Diakon Glaser, weil er sich für die Belange und Wünsche der Gläubigen einsetzt." Etwa nach weniger starren Vorgaben für Requien, Taufen oder Hochzeiten.
Glaser nennt es eine den Menschen zugewandte Kirche. Dafür will er weiter eintreten und erreichen, dass die von Bischof Franz Jung im Januar per Dekret angeordnete Suspendierung aufgehoben wird. Gegen die Beugestrafe hat er inzwischen Beschwerde in Rom eingereicht.
Bzgl. letzterem kann ich von einem anderen Fall aus meinem Heimatort Kist berichten. Dort finden auch nur noch im Wechsel am Sa./So. sowie am Di Messe statt. Anscheinend soll aber die am Di nun auch wegfallen. Nun hat sich der Kister Pfarrgemeinderat um eine Lösung bemüht und vorgeschlagen, dass ein Ordensbruder aus Würzburg, der hier bereits einige Jahre Pfarrvikar war und im Ort beliebt ist, weitere Gottesdienste anbietet. Er würde sich dazu auch bereit erklären. Und: Die Kister Pfarrgemeinde würde dies sogar aus eigener Tasche finanzieren. Antwort des Bischofs: Nein. Begründung: Keine, Null, Nada. Da fragt man sich als gläubiger Kirchensteuerzahler: Geht‘s eigentlich noch?!? Wo ist hier das Problem? Und v.a.: Was bildet der sich eig ein, wie er mit den Leuten redet?
Dann dürfte z.B. in Würzburg auch nur in wenigen Kirchen ein Requiem gehalten werden, was aber nicht der Fall ist.
Ich kenne viele Leute,die für ihre Kirche jahrzehntelang ehrenamtlich tätig waren und dann verweigert man ihnen die letzte Bitte auch in "ihrer" Kirche ein Requiem zu erhalten. Dies ist für mich unchristlich und habe die Konsequenz gezogen: Ich bin aus diesem "unchristlichen" Verein ausgetreten.
Es gibt in der Kirche wie auch in anderen Bereichen, z.B. Schule, mein Tätigkeitsbereich, ein sogenanntes Kerngeschäft.
Bei mir ist das der eigentliche Unterricht, in der Kirche das, was nicht jeder kann oder darf, je nach Sichtweise.
Ja, es gibt die Kirchenkrise schon seit langem, Mangel an Priestern, Ehrenamtlichen, ...
Aus eigener Erfahrung in der Arbeit in kirchlichen Gremien kann ich nur sagen:
Das erste, was gestrichen werden soll/wird, sind die Gottesdienste (erster Vorschlag unseres neuen Pfarrers damals).
Ich habe daraus meine Konsequenzen gezogen.
Wenn das Kerngeschäft als erstes gestrichen wird, brauche ich die Kirche als Institution nicht mehr.
Das andere hab ich auch zuhause.
Insofern: Volle Unterstützung für diesen Artikel!
was ist denn daran so aufwendig, im Rahmen eines ganz normalen Sonntagsgottesdienstes "für jemanden Kirch" zu machen?
Ich bin nicht katholisch, habe aber genug dörfliche Gottesdienste erlebt, um zu wissen, dass "den Sundich is für die Omma Kirch" ganz normal ist.
Im Gegenteil, ich fand es dann immer etwas merkwürdig, dass im Gottesdienst selbst dann "die Omma" nicht notwendigerweise auch tatsächlich Erwähnung fand, aber es stand immer ordnungsgemäß im Gemeindeblatt und die Angehörigen haben dafür auch immer schön gezahlt.
Was ist hier also eigentlich los?
Ich will das so, wie ich das will - und alles Andere interessiert mich nicht! So schaut's aus!
Kommt mir tatsächlich ein wenig weltfremd vor.
Allerdings: für Prominente (z. B. PolitikerInnen) geht es ja auch.
Drum finde ich die Regelung hier durchaus gut, weil konsequent und für alle gültig!
Die Frau wohnte die letzten Jahre in Hessen - und auch die Tochter wohnt aktuell in Hessen. Also ist erst mal der Pfarrer des Wohnortes zuständig! Dort hat auch die Beerdigung stattgefunden, dort war der zuständige Seelsorger auch gerne und problemlos bereit, Requiem und Beerdigung zu halten.
Vielleicht ist dort die Personaldecke noch dicker, dass es da noch so möglich ist.
Aber hier mit Forderungen aufzutreten in einer Gemeinde, die streng genommen gar nicht mehr zuständig ist - halte ich schon auch für nicht ohne!
Denn wo solche Betonköpfe auf Regional- und Diözesanebene zusammen kommen, ist kein Platz für Empathie und Eingehen auf individuelle Bitten (z.B. diese Abfuhr gegenüber dem letzten Wunsch der Mutter) wie auf individuelle Kooperationsbereitschaften (z.B. durch Diakon Glaser).
Und beschäftigt man sich aus diesem Anlass mit der einzigen Sicherheit im Leben ernsthaft, dem Tod, dann lässt sich mit dieser Erfahrung das amtskirchliche wie das profane Geschäft mit dem Tod ebenso minimieren. Hier steht der teuren Hoffnung auf Individualität am Ende des Lebens Nichterfüllung des letzten Wunsches, schlechtes Gewissen der sich dem Wunsch verpflichtet Fühlenden und Blockade derer gegenüber, die individuell helfen wollen.
Ob mit oder ohne Mitgliedsbeitrag an eine gängelnde Amtskirche:
Gott und Tod sind 24 Stunden an 7 Tagen im Einsatz.
Ihnen ist jede Art von amtskirchlicher Vorgabe wurscht.
Am Ende wird klar:
Es geht um Diakon Glaser!
Nichts anderes!
Es soll Steigbügelhilfe sein!
Befremdlich und völlig unangebracht!
Den Tod der Mutter und die Kirche zu instrumentalisieren ist schäbig!
Offensichtlich hat Bischof Jung schon zu recht gewaltige Argumente den Herren zu suspendieren!
Für solch tendenziöse Berichterstattung sollte man sich schämen. Herr Sahlender, übernehmen Sie!
Das ist ein riesiger pastoraler Raum mit wenig Hauptamtlichen. Wer soll all die persönlichen Wünsche und v.a. die Ausnahmen erfüllen? Dieses eine Requiem...es ist halt nicht nur dieses eine... Die Räume müssen zusehen, wie sie *irgendwie* alle Aufgaben bewältigen. Ohne feste Regelungen kann das nicht gehen. Dann dem Pfarrer öffentlichkeitswirksam in den Rücken zu fallen, halte ich für keinen guten Weg.
Ganz abgesehen davon: hat die Verstorbene an ihren Heiland geglaubt? Dann ist der Ort des Requiems egal, für ChristInnen ist er überall. Oder hat sie an Schimborn geglaubt? Dann wäre vielleicht eine Verabschiedung im Vereinsheim mit der Bevölkerung auch passend gewesen. Halt dann ohne die kirchliche Gewichtigkeit.