
Zwischen Oberaltertheim, Helmstadt und Waldbrunn im Landkreis Würzburg will der mainfränkische Konzern Knauf das größte Gipsbergwerk Bayerns errichten. Weil das weltgrößte Gips-Unternehmen sicherstellen muss, mit dem Projekt nicht das Grundwasser und damit das Trinkwasser der Stadt Würzburg zu gefährden, werden gerade 17 neue Grundwassermessstellen errichtet - wie in Oberaltertheim.
Drei Zentimeter pro Minute dreht sich hier an der Bohrstelle der Bohrer ins Gestein unter die Erde. Die Bohrkrone aus Hartmetall ist in der Mitte hohl. So wird das Gestein in ihr Inneres gedrückt. Nach einer Viertelstunde wird die Bohrkrone von einem fast zehn Meter hohen Kran wieder aus der Erde gezogen, bevor Arbeiter die Gesteinsschichten herausklopfen, fein säuberlich in hölzerne Kästen sortieren und beschriften.
Man kann sich das in etwa so vorstellen wie beim Plätzchenbacken: Nur, dass das Förmchen, also die Bohrkrone, 1,50 Meter lang und etwa 15 Zentimeter breit ist und keinen Teig, sondern Gesteinsschichten in 25 bis 150 Metern Tiefe unter der Erde aussticht. Diese Bohrkerne werden dann von Geologen auf ihre Wasserdurchlässigkeit im Labor analysiert und verschiedenen Stresstests unterzogen.

17 solcher Bohrstellen werden gerade in der "Altertheimer Mulde" zwischen Oberaltertheim, Helmstadt und Waldbrunn im Landkreis Würzburg errichtet, die in einem zweiten Schritt zu Grundwassermessstellen ausgebaut werden. In ihrem Inneren messen Drucksonden den Grundwasserpegel und die Wasserqualität. Sie übertragen ihre Daten in Echtzeit an einen Server der DMT, einer Tochterfirma des TÜV Nord. Und schlagen Alarm, sobald Grenzwerte unter- oder überschritten werden. Warum das Ganze?
Gipsbergwerk liegt im Trinkwasserschutzgebiet
Genau hier, im Westen von Würzburg, könnte bald schon ein 66 Quadratkilometer großes Trinkwasserschutzgebiet der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH entstehen. Es würde das gesamte Wassereinzugsgebiet der Zeller Quellstollen umfassen, das etwa die Hälfte der Bevölkerung Würzburgs, also etwa 65 000 Menschen, mit Trinkwasser versorgt. Auch die Trinkwasserbrunnen von Altertheim und Waldbrunn (Lkr. Würzburg) hängen an diesen unterirdischen Grundwasserleitern.

Und ebenfalls genau hier im Westen von Würzburg könnte in vier Jahren Bayerns größtes Gipsbergwerk entstehen. Ein Labyrinth aus unterirdischen Tunneln in einer Tiefe zwischen 70 und 130 Metern, mit einer Ausdehnung von 7,4 Quadratkilometern. Es ist das derzeit wohl wichtigste Großprojekt des mainfränkischen Familienkonzerns Knauf aus Iphofen (Lkr. Kitzingen).
Knauf-Konzern geht der Gips aus
Denn dem Gips-Weltmarktführer mit seinen zwölf Milliarden Euro Jahresumsatz und 40 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf allen Kontinenten geht der Gips aus. Vielleicht schon 2030, spätestens aber 2038, wenn mit dem Kohleausstieg in Deutschland der sogenannte REA-Gips vom Markt verschwindet.
Der synthetische Rohstoff entsteht in Anlagen zur Rauchgasentschwefelung (kurz: REA) von Kohlekraftwerken. Er hat in Deutschland noch immer einen Marktanteil von mehr als 40 Prozent, vor einigen Jahren war es noch mehr als die Hälfte. Aktuell gerade mal zwei, mittelfristig maximal zehn Prozent des Gipses könne man durch Recycling kompensieren, schätzt Manfred Grundke, persönlich haftender Gesellschafter der Knauf-Gruppe. Grundke sagt: "Wir werden in Zukunft Naturstein brauchen. Und deshalb brauchen wir die Altertheimer Mulde."
Nach den Plänen des Unternehmens könnte es das Bergwerk bereits im Jahr 2025 geben. 300 000 Tonnen Gips pro Jahr könnte Knauf dann aus der "Grube Franken" holen. Insgesamt 40 Millionen Tonnen unterirdischer Naturgips sollen in der Altertheimer Mulde gewinnbar sein. Mit 43 Millionen Euro Investitionsvolumen rechnet man bei Knauf, bevor der erste Brocken Gips aus dem Bergwerk nach Iphofen transportiert wird. Allein zwei Millionen Euro kostet es Knauf aktuell, die 17 neuen Grundwassermessstellen installieren und auswerten zu lassen.

Bergwerk darf keinen Einfluss aufs Grundwasser haben
Noch hängt das Projekt an der alles entscheidenden Frage: Hätte das Bergwerk einen negativen Einfluss auf das Grundwasser bei Würzburg oder nicht? Erst, wenn die Ergebnisse der Bohrungen und der Messstellen aus den unterschiedlich tiefen Grundwasser- und Gesteinsschichten ausgewertet sind, ein neues Gutachten des TÜV dem Bergwerk keinerlei Einfluss auf das Grundwasser bescheinigt und auch das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg davon überzeugt ist, werden die Regierung von Unterfranken das Raumordnungsverfahren und parallel das Bergamt Nordbayern der Regierung von Oberfranken das Genehmigungsverfahren für das Gipsbergwerk eröffnen.
"Viele Mitarbeiter von Knauf wohnen in Würzburg. Wir haben ein ureigenes Interesse daran, das Vorhaben in alle Richtungen zu prüfen", sagt der verantwortliche Bergbauingenieur bei Knauf, Jens Reimer. Die bisherigen Gutachten des Unternehmens würden nun mit neuen und noch besseren Daten hinterlegt. Zwischen 1997 und 2019 hatte Knauf bereits 70 Bohrungen vornehmen lassen. Geologisch kenne man die unterirdischen Gesteinsschichten in der Altertheimer Mulde genau, sagt Reimer. Deshalb gehe es jetzt bei den 17 neuen Bohrungen vor allem um die Hydrogeologie. "Wenn wir hier fertig sind, kennen die beteiligten Behörden und wir die Grundwassersituation so gut wie niemand sonst", sagt Reimer.

Koordiniert und überwacht wird das Grundwasserbohrprogramm von der DMT, der Deutschen Montan Technologie GmbH, einer Tochterfirma des TÜV Nord aus Essen. Das Gutachter- und Ingenieurbüro hat sich darauf spezialisiert, Nutzungskonflikte zwischen Rohstoff-Abbau und Grundwasser frühzeitig zu erkennen und zu bewerten. "Die Trinkwasserversorgung wird im Klimawandel immer wichtiger. Auch bei uns in Deutschland", sagt Thomas Kaspar. Der leitende Hydrogeologe der DMT hat Erfahrung beim Graphitabbau in Norwegen, beim Lithiumbergbau in Kanada und beim Kalibergbau in Usbekistan gesammelt. Jetzt überwacht er das Grundwasserbohrprogramm in Oberaltertheim.
TÜV: Bisher sieht es für Knauf gut aus
Kaspars erster Eindruck nach Bohrungen an acht Standorten: Bisher sehe es für Knauf gut aus. Die "Mittlere Dolomite", das ist der für die Trinkwasserversorgung so wichtige Karstgrundwasserleiter, in dem sich das Wasser etwa 30 Zentimeter pro Stunde in Richtung Würzburg bewegt, liege oberhalb des geplanten Gipsbergwerks. Unter ihm soll eine mindestens neun Meter hohe Ton-Sulfat-Schicht bis zur Decke des Bergwerks stehen bleiben. Dieses Gestein sei für Knauf gut und schlecht zugleich, sagt der Hydrogeologe. Schlecht, weil der Gips aufgrund des hohen Ton-Anteils nicht zu gewinnen sei. Gut, weil der Ton die Grube vom darüber liegenden Wasser abdichte. Diese Dichtigkeit sei auch der Grund dafür, dass sich die Gipsvorkommen in der Altertheimer Mulde über Millionen Jahre gehalten hätten.
Und auch der unterhalb des Bergwerks verlaufende Grundwasserleiter scheint unproblematisch zu sein, sagt der Hydrogeologe der DMT. Erste Untersuchungsergebnisse ließen darauf schließen, dass in der Altertheimer Mulde in 146 Meter Tiefe so gut wie kein Wasser vorhanden sei. Denn die Mulde liege auf einer Wasserscheide, also einer Stelle, an dem sich verschiedene Grundwasserreviere aufteilen, so Kaspar. Darüber hinaus seien die Gesteinsschichten im Untergrund nahezu undurchlässig.
TÜV: Endgültige Ergebnisse im vierten Quartal 2022
Doch dies sei, so der Gutachter, nur eine erste vorsichtige Einschätzung. Erst müsse man die Ergebnisse aller 17 neuen Messstellen, auf die sich Knauf mit Wasserwirtschaftsamt, Landesamt für Umwelt und Trinkwassergewinnung Würzburg verständigt hat, abwarten. Sie sollen die Grundwassersituation vor dem Bergwerk aufzeichnen, um "ein Gefühl für die natürlichen Schwankungen des Wassers zu bekommen" und auch später das Grundwasser überwachen, wenn das Bergwerk einmal in Betrieb gehen sollte.
Knauf rechnet damit, dass die Bohrungen im März 2022 beendet sind. Danach werden Geologen mit den steinernen Bohrkernen alle erdenklichen Störfall-Szenarien im Labor durchspielen. Erst danach, voraussichtlich im vierten Quartal 2022, folgt das abschließende Gutachten der DMT, der Tochterfirma des TÜV Nord.
Nein nicht mit Lkw.. Es wird durchgebohrt bis nach Iphofen. Förderbänder..... sind
am Werk zum Werk.
Würzburg will mit der Ausweisung des zweitgrößten Schutzgebiets in Bayern, (nur Nürnberg hat mit mit einem Einzugsbereich für 500.000 Menschen ein größeres Schutzgebiet) seine Versorgung über die Zeller Quellen sicherstellen.
Diese liefern heute nur etwa 60 % des Wassers, ich gehe davon aus dass geplant ist, die risikoreiche Wasserförderung aus den Bahnhofquellen mitten in der Stadt und in der Mergentheimer Straße aufzugeben und die Einschränkungen ins Umland zu verlagern.
Es heißt zwar, die Bevölkerung dort bekommt von dem Schutzgebiet garnichts mit, doch schon bei der Planung eines Radweges von Waldbüttelbrunn nach Höchberg kam zur Sprache, dass ein Radweg direkt neben der B 8 wegen wasserschutzrechtlicher Vorschriften nicht gebaut werden darf.