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Zell/Würzburg
125 Jahre Zeller Quellen: Was sagen OB Schuchardt und Landrat Eberth zum geplanten Trinkwasserschutzgebiet?
Zwar ist die Erweiterung des Wasserschutzgebiets bereits geplant, doch Knauf möchte weiterhin in der Altertheimer Mulde ein Gips-Bergwerk errichten. Das sorgt für Diskussionen.
Armin Lewetz, Geschäftsführer der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH, sagt: 'Die erste Priorität muss sein, die Wasservorkommen, die wir haben, ausreichend zu schützen.' 
Foto: Daniel Peter | Armin Lewetz, Geschäftsführer der Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH, sagt: "Die erste Priorität muss sein, die Wasservorkommen, die wir haben, ausreichend zu schützen." 
Nicole Schmidt
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:56 Uhr

Seit 125 Jahren versorgen die Zeller Quellen die Hälfte der Bevölkerung Würzburgs mit Wasser. Der Grundstein dafür wurde 1898 mit dem Wasserschutzvertrag zwischen Würzburg und Zell am Main (Lkr. Würzburg) gelegt. Um die Wasserversorgung auch in Zukunft zu sichern, ist die Erweiterung des Trinkwasserschutzgebietes von acht auf 66 Quadratkilometer geplant. Parallel dazu werden mehrere Großprojekte im Westen Würzburgs geplant. Unter anderem möchte Knauf in der Alterheimer Mulde zwischen Oberaltertheim, Helmstadt und Waldbrunn (Lkr. Würzburg) das größte Bergwerk Bayerns errichten.

Das war auch Thema beim Festakt, der anlässlich des Jubiläums des Wasservertrags, stattfand. Was plant Knauf? Wie positionieren sich Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Dr. Rüdiger Detsch vom Umweltministerium und Landrat Thomas Eberth zu Knaufs Plänen? Warum ist die Erweiterung des Wasserschutzgebietes überhaupt nötig? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Welche Pläne hat Knauf in der Altertheimer Mulde? 

Knauf hat ein Problem: Dem Gips-Weltmarktführer geht aufgrund des Kohleausstiegs der REA-Gips aus. Dabei handelt es sich um synthetischen Gips, der in Anlagen zur Rauchgasentschwefelung (kurz: REA) von Kohlekraftwerken entsteht. In der Altertheimer Mulde befinden sich rund 40 Millionen Tonnen Naturgips, die die Zukunft des Konzerns für die nächsten 133 Jahre sichern könnten.

125 Jahre Zeller Quellen: Was sagen OB Schuchardt und Landrat Eberth zum geplanten Trinkwasserschutzgebiet?

Deshalb plant das Iphöfer Unternehmen, dort unter Tage Gips abzubauen. Dafür investiert die Firma Millionen in ein Gutachten, das die Einflüsse auf das Grundwasser untersucht. Ginge es nach Knauf, könnte 2026 bereits der erste Gips abgebaut werden.

Wie äußern sich die politisch Verantwortlichen zu den Plänen von Knauf?

"Wirtschaftliche Interessen sind immer wichtig, aber sie sind abzuwägen", sagt Oberbürgermeister Christian Schuchardt. "Erstmal ist das, was lebenswichtig ist, vorrangig zu schützen. Das ist zweifelsfrei das Wasser und daran muss sich alles andere ausrichten." 

Rüdiger Detsch vom Bayerischen Umweltministerium möchte sich nicht zu den Plänen von Knauf äußern. Er ist sich aber sicher: Das Landratsamt Würzburg werde am Ende eine "gute Entscheidung" treffen. Landrat Thomas Eberth sagt, sowohl die Wasserversorgung der Stadt Würzburg als auch die Versorgung der Region mit Baustoffen habe Priorität. "Ohne Knauf, ohne natürlichen Gips, da gibt es keinen Beton, keinen Putz und keine Dämmstoffe. Dann wird kein ökologisches Bauen mehr möglich sein."

Auch beim Festakt '125 Jahre Wasservertrag Würzburg' gab es Andeutungen auf die Großprojekte mitten im geplanten Wasserschutzgebiet. Von links: Christian Schuchardt, Oberbürgermeister der Stadt Würzburg, Landrat Thomas Eberth und Dr. Rüdiger Detsch, Ministerialdirektor des Bayerischen Umweltministeriums.
Foto: Daniel Peter | Auch beim Festakt "125 Jahre Wasservertrag Würzburg" gab es Andeutungen auf die Großprojekte mitten im geplanten Wasserschutzgebiet.

Ein Wasserschutzgebiet müsse laut ihm auch manches ermöglichen, "das die Bürgerinnen und Bürger dringend brauchen." Sollten die Gutachter aber zu dem Schluss kommen, dass der Gipsabbau das Trinkwasser gefährde, habe der Trinkwasserschutz Vorrang, sagt der Landrat. Derzeit geht er davon aus, dass beides möglich sei – Wasserschutzgebiet und Bergwerk.

Welche Bedeutung hat der Wasservertrag zwischen Würzburg und Zell?

Vor 125 Jahren schlossen die Stadt Würzburg und die Gemeinde Zell einen Wasservertrag. Er sichert noch heute die Trinkwasserversorgung von rund 65.000 Würzburgerinnen und Würzburgern und bildete den Auftakt der Zusammenarbeit der Nachbargemeinden. Während Würzburg vom regionalen Trinkwassernetz profitiert, seien in Zell "die Auswirkungen gravierend", sagt der Zeller Bürgermeister Joachim Kipke. Zum Beispiel müssten Bauprojekte hinten anstehen, wenn sie den Trinkwasserschutz gefährden. 

Ein Drittel der Wasserversorgung von Zell am Main stammt aus den Zeller Quellen, aber 60 Prozent der Gemeindefläche sind Wasserschutzgebiet. Trotzdem sieht Kipke vor allem die Vorteile: "Wir haben einen günstigen Wasserpreis und das Gebiet wird von der Stadt für uns gepflegt." Ortsansässige schätzten das Naherholungsgebiet. Zell sei ein Beispiel, dass die Umsetzung eines Wasserschutzgebietes funktionieren kann. 

Warum ist die Erweiterung des Trinkwasserschutzgebietes nötig?

Im Wassereinzugsgebiet der Zeller Quellen bieten nur etwa zehn Prozent aller Bodenschichten dem Grundwasser ausreichenden Schutz. Fast 60 Prozent der Deckschichten haben eine sehr geringe bis geringe Schutzfunktion. Gerade in den tiefen Tälern schützt der Muschelkalk das Grundwasser nur wenig. Sickerwasser kann innerhalb weniger Tage das Grundwasser erreichen. Seit 1992 ist klar: Das oberirdisch ausgewiesene Schutzgebiet ist zu klein. 

125 Jahre Zeller Quellen: Was sagen OB Schuchardt und Landrat Eberth zum geplanten Trinkwasserschutzgebiet?

Wann soll das Trinkwasserschutzgebiet kommen?

Am Weltwassertag, den 23. März 2022, hatte die Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH die Antragsunterlagen beim Landratsamt Würzburg eingereicht. Ein Jahr später bestätigte die Bayerische Staatsregierung: Der Antrag sei nun vollständig. Das Gebiet sei ab sofort als "vorgesehenes" Wasserschutzgebiet zu sehen. Spätestens im Juli 2023 sollen die Unterlagen im Landratsamt Würzburg und in den betroffenen Gemeinden ausgelegt werden. Wann es aber tatsächlich ausgewiesen wird, hängt davon ab, ob und wie viel Widerstand seitens der betroffenen Gemeinden kommt.

Woran könnte das Trinkwasserschutzgebiet noch scheitern?

Das Trinkwasserschutzgebiet für die Zeller Quellen in Würzburg könnte das zweitgrößte Trinkwasserschutzgebiet in Bayern werden. Einwendungen und Klagen könnten das Verfahren in die Länge ziehen.

Denn ein ausgewiesenes Wasserschutzgebiet bedeutet vor allem eines: Höhere Kosten für die Grundstückseigentümer. Eingriffe in den Untergrund, Kläranlagen, Straßen, Industriegebiete, Erdwärme oder Landwirtschaft sind, wenn sie die Trinkwasserversorgung gefährden, nicht mehr oder nur unter Auflagen erlaubt.

 
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    Ohne Gips kein Beton, keine Dämmstoffe und kein ökologisches Bauen? Ehrlich?
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    Ich könnte mir vorstellen, dass der Gipsabbau größere Probleme in den betroffenen Gemeinden bringen wird als die Erweiterung des Wasserschutzgebiets. Was kann man denn noch mit den Grundstücksflächen machen, wenn es mal zu Einstürzen kommt?
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  • K. F.
    Rechtsgrundlage schlussendlich:

    Das Argument „Eigentum verpflichtet“ ermöglicht dabei den beherzten Griff in fremde Taschen. Die Expertise gründet aus den Einlassungen eines Experten-"Wasser"kopfes, eines Wasserwirtschaftlers in persona, wobei man die Unwissenheit einer Vielzahl von betroffenen Bürgern ganz unverschämt auszunutzen weiß.

    Wie aber so oft: Wer hier zu spät kommt, den bestraft das Leben!
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  • S. M.
    Das Argument Eigentum verpflichtet steht im Grundgesetz, falls Sie das interessiert.
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  • K. F.
    Ist den jeweiligen Eigentümern eben der in Rede stehenden Flächen zur Erweiterung des Wasserschutzgebietes überhaupt vollumfänglich bewusst, dass damit ein ganz brutaler Griff in die Taschen von uns Dörflern getätigt werden soll!? - Geradezu hinterhältig geht hier eine Beschneidung der jeweiligen Grundeigentümerrechte -nicht nur ein bisschen- vonstatten, damit die Städter ihre Klospülung betätigen, den englischen Rasen bewässern, die Edelblechkarosse wöchentlich auf Hochglanz wienern können, ihren WaschMasch-Dauerbetrieb befriedigen können; zu Lasten des Grundeigentums vieler Dörfler augenscheinlich dauerhaft vollkommen entschädigungslos für letztere.

    Ein Treppenwitz sondergleichen. - Dagegen sollte jeder betroffene Bürger seine Stimme medial laut vernehmbar jetzt(!) erheben, bevor es endgültig zu spät ist.
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  • S. M.
    So ein Quatsch. Rasensprenger und gewaschene Edelkarossen gibt es in den Neubaugebieten auf dem Land. Was haben Sie gegen Städter?
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    Ich verstehe irgendwie nicht, wo da ein Griff in die Tasche der Grundstückseigentümer erfolgen soll?
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  • H. S.
    Von gravierenden Auswirkungen auf die Gemeinde Zell durch das bestehende Wasserschutzgebiet sprach Zells Bürgermeister Kipke.
    Überraschend kann man in der Abbildung sehen, dass im Gemeindebereich Zell Flächen des bisherigen Schutzgebietes wegfallen; und das in der Nähe der Quellen?
    Ob die Gemeinden Hettstadt, Waldbüttelbrunn, Waldbrunn,Eisingen, Altertheim überhaupt schon absehen können, was durch dieses neue Wasserschutzgebiet auf sie zukommt?
    Zum Beispiel hat das Wasserwirtschaftamt vor einigen Jahren eine Hubschrauberspritzung gegen Eichenprozessionsspinner in Hettstadt verboten.
    Und als vor 2 Jahren ein Verbesserung des Radweges von Waldbüttelbrunn nach Höchberg gesucht wurde und der Vorschlag kam, den bestehenden Radweg nördlich neben der B8 bis Höchberg zu verlängern, kam die Aussage: Das ist Wasserschutzgebiet, da geht nichts.
    Als Vorteile wäre aber auch zu sehen , das die geplante B 26n auf der geplanten Route nicht kommen wird.
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