
Seit Monaten jagt in der unterfränkischen Industrie eine Hiobsbotschaft die nächste. In fast allen großen Industrieunternehmen werden Stellen abgebaut oder Teile der Belegschaft in Kurzarbeit gesendet. Für Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt, scheint der Albtraum nicht nur kein Ende finden zu wollen – er könnte gerade erst so richtig losgehen. Warum sich die Lage innerhalb der großen Betriebe wie ZF und Schaeffler aus Sicht des 45-jährigen Volkswirts verschärft hat.
Thomas Höhn: Leider sehr viel. Am 18. April haben wir mit einem großen Aktionstag "SOS" geschlagen. Seitdem haben sich die Meldungen überschlagen. Inzwischen wissen wir, dass die Unternehmen die Abbauzahlen konkretisieren wollen, die wir damals schon vermutet und befürchtet haben. Blicken wir zum Beispiel auf ZF. Der Konzern befindet sich in einer tiefen Restrukturierung, welche die Elektromobilität insgesamt infrage stellt. Wir machen uns daher große Sorgen um den ZF-Standort Schweinfurt mit seinen rund 9.000 Beschäftigten.
Höhn: Ich persönlich hätte es mir – obwohl wir bereits so offensiv gewarnt haben – in der Geschwindigkeit nicht vorstellen können. Die Lage hat eine Dimension erreicht, die wir Anfang April noch nicht erahnen konnten. ZF hat seine Abbauzahlen zuletzt noch einmal konkretisiert. Und auch bei Schaeffler ist die Situation viel dramatischer, als wir es zunächst angenommen hatten.
Höhn: Richtig. Kurzarbeit ist immer eine Brücke. Die Frage ist nur, wo diese Brücke hinführt. Wie SKF hat auch Schaeffler große Schwierigkeiten im Bereich Windkraft. Das Unternehmen ist in dieser Sparte seit Monaten unterausgelastet. Es stellt sich die Grundsatzfrage, wie gut der Konzern mit seinen Windkraftprodukten am Weltmarkt noch zu akzeptablen Profiten produzieren kann.
Höhn: Wir haben es geschafft, die möglichen Folgen der Probleme der Schweinfurter Industrie in den Mittelpunkt der Debatte zu rücken. Viele politische Akteure und Verbände versuchen, mit uns und den Beschäftigten gemeinsam Lösungen zu finden. Das ist eine Situation, die wir vor einem halben Jahr so noch nicht hatten. Wenn eine Bayerische Staatsregierung einen Transformationsfonds ausruft und Schweinfurt als Adressat benennt, zeigt das, dass wir im Fokus stehen – auch wenn noch unklar ist, was mit diesem Geld passiert.
Höhn: Ich habe den Eindruck, dass viele Akteure in der Region mit Solidarität und dem Wunsch nach Zusammenarbeit unterwegs sind. Wir haben gute Gespräche mit der Agentur für Arbeit, der Industrie- und Handelskammer und politischen Parteien, die in Bund und Land Verantwortung tragen, geführt. Dass Verbände und Politiker, die hier leben, den Wunsch haben, an einem Strang zu ziehen, ist ein hohes Gut. Auch der Stadtrat und der Oberbürgermeister haben den Ernst der Lage aus unserer Sicht durchaus erkannt. Was uns fehlt, ist der Durchbruch.

Höhn: Wir haben im Vorfeld unserer Veranstaltung die Standortverantwortlichen eingeladen, auch etwas zu sagen. Ich empfand es als sehr bemerkenswert, dass sich der Werkleiter und auch andere Führungskräfte der Belegschaft stellten und ihre eigenen Sorgen sichtbar machten. Allerdings haben wir nach wie vor die Herausforderung, dass die eigentlichen Entscheider in den großen Konzernen einige Hundert Kilometer weit weg sind. Gerade bei ZF spüren wir eine extrem ablehnende Haltung. Der Konzern hat sich eingeigelt und ist aktuell nicht bereit, in den Dialog zu treten. Auf örtlicher Ebene ist das anders. Doch dort ist der Handlungsspielraum eben begrenzt.
Höhn: Ja, andere Konzerne zeigen sich offener. Wir befinden uns aktuell in guten Gesprächen mit Bosch Rexroth, was die Einigung auf ein Zukunftskonzept betrifft. Spannend bleibt, wie der Schaeffler-Konzern, der frisch mit Vitesco vermählt ist, langfristig auf diese Situation reagiert. Entsprechend hoffen wir, dass der Konzern seiner Verantwortung gerecht wird und gemeinsam mit den Betriebsräten und der IG Metall Lösungen sucht, die Beschäftigung erhält. Hier befinden wir uns noch in der Anfangsphase, weil Schaeffler mit der Kurzarbeit auch eine Brücke bauen will, bis es wieder eine bessere Auslastung gibt. Ob es aber auch hier zu einem Stellenabbau oder der Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland kommt, werden wir noch sehen.
Höhn: Die Abspaltung bei SKF wird aus meiner Sicht im Wesentlichen von dem Investor Cevian getrieben. Sie dient allein der Maximierung von Profit und Unternehmenswert. Es interessiert den Investor wenig, ob SKF über die nächsten 20, dreißig Jahre ein erfolgreicher Konzern bleibt. Die Folgen dieser Abspaltung wirken sich vor allem auf die Praxis aus. Wenn jemand weltweit einen Konzern in zwei Teile und räumlich voneinander trennen will, die bislang tief miteinander produzieren, forschen und eine Einheit bilden, dann wird es zu Verschiebungen zwischen den Standorten kommen. Und damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Verlagerungen kommt. Eine Kernfrage, die sich für mich also stellt, ist, was in Schweinfurt bleibt. Sicher ist auch, dass SKF durch die Abspaltung anfälliger gegenüber Krisen wird.
Höhn: Das hat sich bei SKF nicht verändert. In Schweinfurt ist der Konzern weiterhin hochprofitabel. Die Abspaltung hat das Ziel, aus zwölf Prozent Gewinn 15 Prozent zu machen. Im Industriebereich strebt SKF sogar langfristig 20 Prozent Gewinn an. Alles, was diesem Maßstab nicht gerecht wird, wird vom Konzern infrage gestellt. Es wird also in Kauf genommen, weniger Umsatz zu erzielen, die Produkte aber dafür mit besseren Margen zu belegen.
Höhn: Bei ZF haben wir eine völlig andere Lage. Der Konzern kämpft ums Überleben. Die Elektromobilität hat einen immensen Einbruch in Deutschland erlebt. Auch die Entscheidungen bei VW wirken sich auf die Zulieferer aus. Mercedes hat – das haben wir bei Preh und Valeo erlebt –schlicht und ergreifend seine Bestellungen bei den deutschen Zulieferern reduziert. Bei ZF ist die Situation prekär. Die Zinslast hat sich verschärft, die Auftragslage hat sich verschärft und damit eben auch die Margensituation. Der Konzern macht so wenig Gewinn, dass er sich schwertut, seine Schulden zu tilgen. Das führt neben den strategischen Entscheidungen zu panikartigen Übersprungshandlungen, die selbst für Menschen in Führungspositionen kaum mehr nachvollziehbar sind.
Höhn: Viele Menschen bei ZF schlagen mittlerweile die Hände über dem Kopf zusammen. Als es mit den Margen enger wurde, hat der Konzern mit mehr Controlling darauf reagiert. Das hat mittlerweile ein solch verrücktes Ausmaß angenommen, dass selbst einfache Verbesserungsvorschläge nur äußerst zäh umgesetzt werden. Das ist sowohl teuer als auch lähmend, da so Menschen mit guten Ideen von oben herab Handschellen angelegt werden. Jetzt versucht der Konzern mithilfe der Unternehmensberatung McKinsey den Rotstift an allen möglichen Stellen anzusetzen. Selbst Führungskräfte bei ZF sagen, dass sie die Situation nicht mehr gesteuert bekommen. Wie sollen Aufträge erfüllt werden, wenn die Menschen dazu fehlen, Stellen wegfallen oder Arbeitszeit reduziert wird?
Höhn: Ich halte es für keine Fehlentscheidung des ZF-Managements, sich marktorientiert auf die Stärken am jeweiligen Standort fokussiert zu haben. Im Nachgang denke ich jedoch, dass sich der Konzern ein Stück weit verhoben hat. Das muss man dem Management vorwerfen. Es war mit Sicherheit keine gute Entscheidung, so teure Zukäufe zu tätigen und sich so hoch zu verschulden. Wenn zu diesen Managementfehlern eine heikle Energiepreis-, Markt- und Zinsentwicklung dazu kommt, die von der Bundesregierung alles andere als optimal begleitet werden, entsteht eine schwierige Gemengelage.
Höhn: Die Probleme, gegen die wir ankämpfen, sind groß. Industriearbeit ist in dieser Region alternativlos. Wenn es uns nicht gelingt, in den Konzernen eine Veränderung herbeizuführen, wird hier alles abrauschen. Ohne jeden Zweifel. Wir als Gewerkschaft erwarten daher, dass all diejenigen, die sich für diese Region, diesen Standort und die Industrie interessieren, an einem Strang ziehen. Das muss auch nicht immer auf offiziellen Bühnen passieren.
Höhn: Wir sind weiterhin als IG Metall nicht einverstanden mit dem, was industriepolitisch auf Bundesebene passiert. Das ist schlicht zu wenig. Es braucht dringend einen großen Wurf, der auch ein Symbolsignal setzt. Wir als IG Metall halten es für dringend notwendig, die Schuldenbremse abzuschaffen und viel Geld für Ladeinfrastruktur bereitzustellen, einen Industriestrompreis einzuführen und in die Förderung der Elektromobilität zu investieren. Und zwar unter der Voraussetzung, dass die davon profitierenden Unternehmen auch hierbleiben müssen.
Die Gewerkschaften, die heute aufheulen haben nie auf die Gefahren dieser Transformation hingewiesen. Jetzt haben sie den grünen Salat.
Wer ein neues Auto kauft, kauft ab sofort nur noch elektrisch und ein deutsches Produkt. Wir kurbeln selbst die Wirtschaft an.
Nicht immer nur die Politik verantwortlich machen, sondern kurz mal nachdenken, was jeder einzelne von uns zu einer Verbesserung beitragen könnte!
Nur das ist Patriotismus.
Und wozu der geführt hat wissen wir alle.
Natürlich ist gerechtfertigt, gewisse Ansprüche an sein Land zu stellen wie z.B. intakte Schulen mit sauberen Toiletten und ausreichend Kita-Plätze, wo und wenn man sie braucht und nicht erst in 5 Jahren, wenn das eigene Kind schon der Kita entwachsen ist.
kann man aber kein deutsches Auto kaufen!
weder Verbrenner noch elektrisch...
und warum soll ich den VW Mitarbeitern
Stundenlöhne von 30€ und mehr finanzieren...
1. Es gab zum 1. August 2023 ca. 5,5 Mio. Menschen in Bürgergeld.
2. Davon 1,5 Mio. Kinder, also Personen unter 15 Jahren.
3. Von den verbliebenen 4 Mio. sind ca. 20% erwerbstätig, also AUFSTOCKER, also 800.000. Die fliegen auch raus.
4. 40% der 4 Mio. - 1,6 Mio. stehen nicht oder nur teilweise zur Verfügung, da in Ausbildung, Studium, Kinder erziehen, Pflege von Angehörigen oder arbeitsunfähig.
Also ca. 1,6 Mio. erwerbsfähige Menschen, die arbeiten könnten. Und dabei ist dann noch lange nichts zur Thematik Flüchtlinge und deren Arbeitserlaubnis gesagt, die auch eine Rolle spielt.
https://www.bmas.de/DE/Service/Presse/Meldungen/2023/das-buergergeld-faktencheck.html
Ihre Vergleiche mit Weimar und südamerikanischen Staaten verstehe ich, allerdings denke ich, dass wir hier von Extremen sprechen, die niemand ernstlich als Vorbild sehen würde. Bei Weimar würde ich sogar sagen, dass später Reichskanzler Brüning zB durch seine Sparsamkeit die Krise noch weiter verschärft hat, ähnlich wie Herbert Hoover in den USA.
Ein historisch passender Vergleich könnte in Franklin D. Roosevelts New Deal zu sehen sein. Hier hat der Staat massiv investiert und dadurch die Wirtschaft aus dem Tal geführt.
Transformation=Forschung!
Der Freistaat sollte schnell die TH in SW verbessern! Während er in den Hochschul-Elfenbeinturm WÜ 1,2 Mrd. pumpt, darbt SW. Seit 2013(!) wurde sehr viel zum i-Campus SW versprochen und nur ein Gebäude realisiert! Informatik wurde v. SW nach WÜ verlegt, obwohl bereits an der Uni!
1. Alle techn. Fächer der THWS sollten schnell nach SW kommen
2. Trennung der Hochschule in FH WÜ und TH SW
3. Erhebung der TH SW zur TU SW (wie Ilmenau)
In Nbg. schafft der Freistaat für 1,2 Mrd eine TU, die man nicht braucht. Dort ist bereits TH und große Techn. Fak. der Uni.
Zusammenspiel v. Großindustrie, TU & Forschung hat sich bestens bewährt (s. München & Stuttgart).
Obiges Geld sollte auch einen langfristigen Mehrwert bringen, statt nur kurze Effekte.
Aktuell scheint es eine gewisse Mode zu sein, Schuld/Verantwortung sehr einseitig zu verteilen. Ich bin jedoch der Auffassung, dass die aktuelle wirtschaftliche Lage eine Vielzahl von Ursachen hat und dass eine Besserung schneller erreichbar ist, wenn gemeinsam nach Lösungen gesucht wird.
Die Handelnden von allen Parteien, Gewerkschaften und Unternehmen sind jetzt gefragt, Lösungen zu finden.
Dieses Mal ist es allerdings existenzbedrohlich. Entweder reißt man das Steuer noch einmal herum, oder Marken werden untergehen.
Und da die Autohersteller aktuell viel weniger bestellen, gibt es in Schweinfurt auch viel weniger Aufträge für die Industrie. Daher hat Schweinfurt ein gewaltiges Problem, so einfach ist das.
Und dass die aktuelle Regierung mit gewissen Entscheidungen die Konsumenten verunsichert (der schnelle Wegfall der Elektroauto-Förderung), so dass mögliche Käufe auf später aufgeschoben werden, kommt noch dazu.
So geht Kasinokapitalismus. Mit dem richtigen Finanzminister und seiner Partei kein Problem - da läuft er erst richtig!