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Bad Neustadt
Preh präsentiert Plan zum Abbau von über 400 Arbeitsplätzen – IG Metall: "Wir sind zutiefst enttäuscht und empört"
Der Hauptsitz des Automobilzulieferers wird ausgedünnt. Laut IG Metall weicht das Unternehmen nicht von seinen Plänen ab, sich von über 400 Beschäftigten zu trennen.
Gewerkschaft und Betriebsrat sind mit dem Versuch gescheitert, den Abbau von über 400 Stellen bei Preh in Bad Neustadt zu verhindern.
Foto: Anand Anders (Archivbild) | Gewerkschaft und Betriebsrat sind mit dem Versuch gescheitert, den Abbau von über 400 Stellen bei Preh in Bad Neustadt zu verhindern.
Michael Endres
 |  aktualisiert: 26.10.2024 02:36 Uhr

Die Messe für die Angestellten am Preh-Hauptsitz in Bad Neustadt ist gelesen. Wie die Gewerkschaft IG Metall in einer Pressemitteilung an diesem Dienstag mitteilt, bleibt der Automobilzulieferer in den Verhandlungen um den angekündigten Arbeitsplatzabbau unnachgiebig. Auch das Unternehmen selbst hat sich am Nachmittag geäußert. Wie es nun für die Beschäftigten weitergeht.

Wie Ronald Schaare, Pressesprecher des Unternehmens, auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt, bleibt Preh bei der im Juni 2024 angekündigten Stellenanzahl von 420, die am Hauptsitz in Bad Neustadt abgebaut werden soll. In einer Mitteilung verkündet Preh außerdem, dass sich die Arbeitgeberseite und der Betriebsrat der Preh GmbH "auf ein Konzept mit hoher Sozialverträglichkeit" geeinigt hätten. 

Vorgesehen sind in dem Konzept sowohl ein Freiwilligenprogramm als auch ein Sozialplan. Seit Juli hatten beide Seiten verhandelt. Die Details wurden der Belegschaft am Dienstag in zwei Versammlungen von der Geschäftsführung vorgestellt.

Gewerkschaft zeigt sich enttäuscht

Mit großer Enttäuschung und großem Unverständnis reagiert die IG Metall auf die Entscheidung von Preh, trotz intensiver, monatelanger Verhandlungen am geplanten Abbau von über 400 Arbeitsplätzen am Standort Bad Neustadt festzuhalten, heißt es in der Pressemitteilung. "Wir sind zutiefst enttäuscht und empört über die mangelnde Kompromissbereitschaft und die fehlende Diskussionskultur des Managements in den Verhandlungen", wird Nadine Knauff, Gewerkschaftssekretärin der IG Metall Schweinfurt, zitiert.

Und weiter: "Die Entscheidung, so viele Arbeitsplätze in Bad Neustadt abzubauen, trifft nicht nur die betroffenen Mitarbeiter und ihre Familien schwer, sondern schwächt auch die gesamte Region nachhaltig."

Nadine Knauff, Gewerkschaftssekretärin IG Metall Schweinfurt, kritisiert gegen die Preh-Führung.
Foto: Michael Endres (Archivbild) | Nadine Knauff, Gewerkschaftssekretärin IG Metall Schweinfurt, kritisiert gegen die Preh-Führung.

Massiver Stellenabbau: IG Metall mit deutlichen Worten gegen Preh-Führung

In den vergangenen Wochen hatten Betriebsrat und IG Metall nach eigenen Aussagen "zahlreiche konstruktive Vorschläge" unterbreitet, um den Stellenabbau zu reduzieren und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. "Leider wurden unsere Ansätze ignoriert und nicht ernsthaft in Erwägung gezogen", sagt Nadine Knauff. "Das Management treibt das Unternehmen so völlig unstrukturiert in diesen massiven Stellenabbau. Trotz gegenteiliger Zusagen wollte der Arbeitgeber am Ende der Verhandlungen keine Zukunftsvereinbarung mehr abschließen, wie der Standort mittel- und langfristig gut aufgestellt wird."

In der Mitteilung kündigt die Gewerkschaft an, dass die IG Metall und der Betriebsrat im Sinne der Beschäftigten aber auch künftig darauf drängen, den Standort in Bad Neustadt zukunftsfest aufzustellen und beispielsweise die Ausbildung zu sichern.

Wie geht es für die Mitarbeitenden weiter?

Wie Preh in einer Pressemitteilung schreibt, basiert die Teilnahme am Freiwilligenprogramm auf dem Prinzip der "doppelten Freiwilligkeit". Das heißt, dass der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden. Von dem Freiwilligenprogramm seien "alle Bereiche" betroffen. Zudem besteht für beide Formen des Ausscheidens die Möglichkeit, dass die Mitarbeiter auf freiwilliger Basis in eine Transfergesellschaft wechseln können, heißt es von Preh. Und weiter: "Die vereinbarte Abfindung bleibt den Mitarbeitern in vollem Umfang erhalten." 

Sollten sich nicht genug Freiwillige finden, die das Unternehmen verlassen oder in die Transfergesellschaft wechseln wollen, "dann werden betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen", erklärt Schaare auf Nachfrage. Diese würden dann ab dem 1. Dezember anstehen.

In der nun angekündigten Transfergesellschaft arbeiten die Mitarbeiter nicht regulär, sondern erhalten eine "umfassende Beratung", wenn notwendig auch eine Qualifizierung und werden im Bewerbungsverfahren trainiert. Über diese Möglichkeiten würden die Mitarbeiter in einer Informationsveranstaltung an diesem Dienstag detailliert informiert. Unter anderem werden dort die Modalitäten für die Berechnung der Abfindungen sowie Zusatzleistungen erläutert. "Fest steht, dass das Unternehmen ein umfangreiches Programm von finanziellen Unterstützungsmaßnahmen leisten wird", heißt es von Preh. Starten soll das Programm direkt nach der Mitarbeiterinformation. Wie hoch der Umfang der finanziellen Unterstützungsmaßnahmen sein wird, könne Preh aktuell nicht konkret beziffern.

Preh-Pressesprecher Ronald Schaare erklärt, dass der Stellenabbau nach dem Freiwilligenprogramm ab Dezember beginnen wird. "Nach sehr intensiven Verhandlungen konnten wir jetzt einen für beide Seiten gangbaren Weg vereinbaren, um die wirtschaftlichen Nachteile für die ausscheidenden Mitarbeiter abzumildern", erklärt Anja Toumajian, Bereichsleiterin HR Global bei Preh, die für die Arbeitgeberseite die Verhandlungen führt.

So äußern sich Preh-CEO Cai und Betriebsratsvorsitzender Rossmann

"Was die abzubauenden Arbeitsplätze angeht, hätten wir gerne andere Zahlen gesehen. Aber der Arbeitgeber ließ sich trotz aller Anstrengungen nicht davon abbringen", wird Betriebsratsvorsitzender und Aufsichtsratsmitglied Daniel Rossmann in der Mitteilung von Preh zitiert. "Doch dank unserer klaren Linie gegenüber der Arbeitgeberseite konnten wir zumindest für unsere Kolleginnen und Kollegen erfolgreich ein gutes Gesamtkonzept verhandeln."

Vorsitzende der Geschäftsführung (CEO) Charlie Cai von Preh.
Foto: Michael Endres (Archivbild) | Vorsitzende der Geschäftsführung (CEO) Charlie Cai von Preh.

Preh-CEO Charlie Cai sagte: "Nach 12 Jahren bei Preh in Bad Neustadt fühle auch ich mich als 'Prehler'. Ein Arbeitsplatzabbau in der jetzt notwendigen Größenordnung ist die emotional belastendste Entscheidung, die ich hier bisher treffen musste." Dass Preh denjenigen Mitarbeitern, die nicht bleiben könnten, den Wechsel in eine Transfergesellschaft ermöglichen, sehe er vom sozialen Aspekt her als richtigen Weg.

Der Artikel wird im Laufe des Tages aktualisiert.

 
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  • Hiltrud Erhard
    War das nicht allesabzusehen?
    Man hat alles getan seitens der Gewerkschaften, den Standort Deutschland an die Wand zu fahren! Klar, Löhne sind es nicht allein, aber die zu hohen Lohnkosten im internationalen Vergleich sind ein ko Kriterium.
    Jetzt ist das Gejammere groß. Mir tun die Familien und Mitarbeiter leid, die auf der Strecke bleiben...
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  • Erich Spiegel
    Fortsetzung meines Kommentars: Die geplante Ansiedlung von immer mehr chinesischen Firmen in Europa (z.b. Xpeng in SW) muss man mit Besorgnis sehen. Die kommunistische Partei Chinas will ihr Terror-Regime überall auf er Welt durchsetzen, notfalls mit Gewalt. In Europa ist China dabei die Gesellschaft zu unterwandern (siehe in „ntv“ den Bericht "Einflussagenten für Peking“.
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  • Peter Koch
    Ohne diesen Investor aus China gäbe es Preh schon seit 2011 nicht mehr. Da kreiste der Pleitegeier über der Firma und der deutschen Automobilindustrie war das egal. Jetzt kriselt es mal wieder bei Preh (und anderswo) weil die Blutsauger in der Automobilindustrie immer noch nicht kapiert haben, dass sie auch Made in Germany bei Zulieferern brauchen.
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  • Erich Spiegel
    Die Gewerkschaft beklagt "fehlende Diskussionskultur des Managements". Man muss schon fragen wie naiv diese Haltung ist. In den Köpfen des chinesischen Managements ist China das Maß aller Dinge. In China ist der Kapitalismus in Reinkultur umgesetzt. Diese Art des Kapitalismus hätten die chinesischen Bosse gern auch in Deutschland. Arbeitsgesetze gibt es in China, aber nur auf dem Papier. Auf Arbeitnehmer wird keine Rücksicht genommen. 70 Std. / Woche Arbeitszeit sind nicht selten. Das kann für Deutschland nicht die Antwort sein, schließlich besteht das Leben aus mehr als nur arbeiten. Aber die Forderung nach der 4 Tage Woche bei vollem Lohnausgleich und 7% Lohnerhöhung wie von der IG Metall gefordert ist auch nicht die Lösung. Mit diesen unrealistischen Forderungen vertreibt man weitere Unternehmen aus Deutschland. Es wird Zeit, dass die politische Klasse und die deutsche Gesellschaft eine plausible Antwort auf China finden.
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  • Kai-Uwe Patz
    Ist man wirklich immer noch der Meinung, dass der Verkauf unserer (dann ehemaligen) Marktführer an China eine gute Idee war? Die ungezügelte, kurzfristige Profitgier der Investoren hat man dadurch sicher hinreichend befriedigt. 10.000 km weiter östlich kommt man auf Grund unserer leichtfertigen Dummheit vor Lachen nicht mehr in den Schlaf. Spitze des Eisbergs ist Volvo - vor dessen Kauf war China als Hersteller von Automobilen unbedeutend, da technisch und vor allem Sicherheitstechnisch auf unterirdischem Niveau. Jetzt ist die Deutsche Zulieferindustrie dran, verbunden mit der Automatisierungstechnik (z. B. Kuka). Während wir über Work-Live-Balance, 4-Tage Woche und Energiewende um jeden Preis diskutieren, werden wir von China Rechts und Links überholt. Dabei bekommen die Asianten ungewollte Unterstützung durch die Rückwärts gewandten nationalistischen Technologieverweigerer (Umgangssprachlich "Diesel-Dieters"), die zusammen mit Familie Burda jegliche technische Neuerung bekämpfen.
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