zurück
Schweinfurt
Wirtschaftsförderer dringend gesucht: Wie Schweinfurts Stadtrat die Zukunft gestalten will
Seit Monaten hat die Stadt Schweinfurt keine Amtsleitung in der Wirtschaftsförderung und im Citymanagement. Wie sich das nun ändert.
Blick auf den Eingangsbereich des Gewerbegebiets Maintal in Schweinfurt. Die neue Wirtschaftsförderung der Stadt wird vor allem die Transformation der Industrie hin zur Elektromobilität begleiten.
Foto: Anand Anders | Blick auf den Eingangsbereich des Gewerbegebiets Maintal in Schweinfurt. Die neue Wirtschaftsförderung der Stadt wird vor allem die Transformation der Industrie hin zur Elektromobilität begleiten.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 04.10.2024 02:40 Uhr

Es ist eine der wichtigsten Positionen in der Stadtverwaltung, und sie war seit Monaten unbesetzt: die Leitung der Wirtschaftsförderung. Anfang Juli hatte Thomas Herrmann als Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung und Citymanagement die Stadt verlassen und ging nach Würzburg. Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) entschied damals, die Stelle nicht sofort auszuschreiben, sondern das CIMA-Gutachten zur Neuaufstellung des Amtes abzuwarten. Jetzt hat der Stadtrat darüber entschieden.

Gerade in Sachen Wirtschaft war das Jahr 2024 bisher sicher keines der guten Botschaften für Schweinfurt: Im Winter schloss das Kaufhaus Galeria Kaufhof für immer seine Pforten. In der Stadtgalerie ist mehr als ein Drittel der Fläche nicht belegt, die Gewerkschaft IG Metall mahnt eindringlich unter dem Slogan "SOS Industriestadt" vor Arbeitsplatzabbau in der Großindustrie. Und zu guter Letzt die Volten um das Krankenhaus St. Josef, dessen Zukunft auch nach der jüngsten Bekanntgabe des Ordens, das Haus doch über den 31. Dezember hinaus zu betreiben, offen bleibt.

Anna Barbara Keck wird nun auch Wirtschaftsreferentin

Die Entscheidung des Stadtrates in Sachen Wirtschaftsförderung war so erwartet worden, denn der Weg hatte sich bereits vor der Sommerpause abgezeichnet: Das Amt für Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing wechselt vom Referat des Oberbürgermeisters in das Referat der Finanzreferentin Anna Barbara Keck.

Sie ist damit nicht nur für die Finanzen und die Liegenschaften verantwortlich, sondern auch die erste Ansprechpartnerin für die Wirtschaftsförderung. Außerdem wird die "Technologie- und Innovationsstandort Schweinfurt GmbH" gegründet. Ein Weg, den der OB ausdrücklich begrüßt, wie er in der Stadtratssitzung betonte.

Arbeiten künftig noch enger zusammen: Oberbürgermeister Sebastian Remelé (im Bild bei der Präsentation des Haushaltes 2023) gab das Wirtschaftsreferat an Finanzreferentin Anna Barbara Keck ab. Beide fungieren zukünftig als erste Ansprechpartner für die Wirtschaftsförderung.
Foto: Stefan Pfister | Arbeiten künftig noch enger zusammen: Oberbürgermeister Sebastian Remelé (im Bild bei der Präsentation des Haushaltes 2023) gab das Wirtschaftsreferat an Finanzreferentin Anna Barbara Keck ab.

Vor einiger Zeit gab es einen fraktionsübergreifenden Antrag im Stadtrat, in dem ein eigenständiges Wirtschaftsreferat gefordert wird, das nicht der Oberbürgermeister, der derzeit auch Wirtschaftsreferent ist, leiten sollte. Einen solchen Schritt zu gehen, hält das Beratungsunternehmen CIMA, das mit dem Gutachten beauftragt wurde, für nicht nötig. Sehr wohl aber neben der neuen internen Zuordnung des Amtes auch die Gründung einer neuen GmbH.

"Der Oberbürgermeister ist immer der oberste Wirtschaftsförderer."
CIMA-Chef Christian Hörmann.

CIMA-Chef Christian Hörmann erklärte, aus seiner Sicht "ist der Oberbürgermeister immer der oberste Wirtschaftsförderer", weswegen die Arbeitsteilung mit Anna Barbara Keck der richtige Weg sei. Aus Hörmanns Sicht ist für eine gute Wirtschaftsförderung der Fokus auf zwei Themen wichtig: klassische Wirtschaftsförderung als Ansprechpartner für alle Beteiligten sowie die Entwicklung und Belebung der Innenstadt, insbesondere mit dem Fokus auf die leer stehenden Immobilien. Die Wirtschaftsförderung sollte "stark, schlagfertig und proaktiv sein, nach außen wahrnehmbar, wirtschaftsnah und am Puls der Zeit".

Oberbürgermeister mahnt vor zu großen Erwartungen an neue Amtsleitung

Ein Leitbild, das bei OB Remelé nicht auf Widerspruch stößt. Allerdings nutzte er, wie schon mehrmals in den vergangenen Monaten zuvor, die Gelegenheit, um Erwartungen zu dämpfen. Die großen Probleme der Industriebetriebe in Schweinfurt, die Transformation zur Elektromobilität in herausfordernden Zeiten zu meistern, seien nicht vor Ort, sondern nur bundes- bzw. europaweit zu lösen. "Passen Sie Ihre Erwartungshaltung der Realität an", mahnte der OB, sich auf das als Stadtverwaltung zu konzentrieren, was man auch vor Ort beeinflussen könne.

Er und auch Finanzreferentin Keck seien seit Jahren intensiv in Gesprächen mit den Industriebetrieben, "doch leider öffnen sich die Türen der Unternehmensleitungen nicht wie Scheunentore", insbesondere wenn man versuche, mit den Konzernleitungen in Kontakt zu treten. Der OB betonte, man sei in intensivem Austausch mit dem Ministerpräsidenten, denn für alle Projekte wie ein Start-up-Zentrum in der Ledward-Kaserne brauche man Fördermittel. "Erwarten Sie nicht", so der OB an den Stadtrat gerichtet, "dass das Rad neu erfunden wird."

Für den nun vorgeschlagenen Weg und die Ausschreibung der Stelle der Amtsleitung, die auch die neue GmbH führen soll, sowie des Citymanagements, stimmte parteiübergreifend eine große Mehrheit des Stadtrates. CSU-Stadträtin Stefanie Stockinger-von Lackum brachte es auf den Punkt: "Wir dürfen das Ziel nicht aus den Augen verlieren, Schweinfurt attraktiv zu machen und alles gut zu vernetzen."

Kritik gab es unter anderem von Frank Firsching (Linke), der ein eigenes Wirtschaftsreferat "mit einem Referenten, der diesen Namen auch verdient", deutlich besser gefunden hätte angesichts der Herausforderungen. Dass die CIMA nicht Betriebsräte und Gewerkschaften bei der immerhin ein Jahr dauernden Erstellung des Gutachtens mit einbezogen hatte, war für Firsching nicht nachvollziehbar: "Das ist ein großes Versäumnis", denn vor allem die Gewerkschafter seien es, die über die Aufsichtsräte der großen Unternehmen wüssten, in welche Richtung sich die Firmen entwickelten.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Oliver Schikora
Anna Barbara Keck
Christlich Soziale Union Bayern Werneck
Frank Firsching
Galeria Kaufhof Schweinfurt
Gewerkschafter
IG Metall
Ledward-Kaserne
Sebastian Remelé
Stadt Schweinfurt
Stadtgalerie Schweinfurt
Stadträte und Gemeinderäte
Stadtverwaltung Schweinfurt
Wirtschaft in Schweinfurt
Wirtschaftsförderung
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Robert Grünewald
    Wenn der Fachmensch sagt: "Der Oberbürgermeister ist immer der oberste Wirtschaftsförderer." und dann dieser oberste Wirtschaftsförderer sagt: "Passen Sie Ihre Erwartungshaltung der Realität an", weiß man nicht, ob das Humor ist. Man kann sich aber fast sicher sein, dass der Mann nicht bei Steve Jobs in der Lehre war.

    Aufbruch, Zuversicht und eine Vorstellung von der Zukunft der Stadt sollte vermittelt werden. Das Dämpfen von Erwartungen wäre jetzt nicht meine erste Wahl gewesen, um zu signalisieren, dass jetzt angepackt wird.

    Aber, vielleicht ging es darum auch gar nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Koch
    Liebe Schweinfurter, dreht doch mal den Triumphbogen auf dem Kreisverkehr in der Europa Alle um. Wenn man nach Schweinfurt reinfährt sieht man nur die schäbige Seite des Bauwerks. Erst wenn man rausfährt sieht man die Schokoladenseite.
    Was soll das Besuchern der Stadt sagen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Fred Reinshagen
    @Peter Koch. Wenn Sie von Grafenrheinfeld rein fahren. Aber die meisten, insbesondere auch Gäste & Besucher, fahren von der A 70 rein, von wo man auch "Das Tor ZUM Maintal" sieht. Die Projekte aus der Ära Grieser (CSU) zeichneten sich, wie alle anderen von ihr, durch hohe bauliche Qualität aus - Sie wollte auch die A 70/AS SW-Maintal, die der Bund ablehnte. Raten Sie mal was da heute passiert wäre? Nicht so bei Grieser, sondern sie ließ die AS auf Kosten der Stadt errichten. Ohne diese AS wäre das Maintal heute niemals ausverkauft - viele neue Arbeitsplätze wären nicht entstanden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Fred Reinshagen
    "...sich auf das als Stadtverwaltung zu konzentrieren, was man auch vor Ort beeinflussen könne."

    ...also den Steg über den Hbf erneuern, damit die Pendler von ZF Werk Nord, SKF Werk 2 & ZF Logistik, die mit Stadtbussen in der Hauptbahnhofstraße und mit Regiobussen am Bahnhofsplatz ankommen, ihre Arbeitsplätze erreichen können.

    Damit sie nicht aufs Auto umsteigen müssen und das Main-Brückenproblem verschärfen! Auch "vor Ort beeinflussen könne" man die Steigerwaldbahn mit einem JA, damit mit ihr aus dem südlichen Landkreis Arbeitnehmer zu den Tausenden Arbeitsplätzen um den Hbf fahren können, wozu zur obigen Aufzählung noch Schaeffler hinzukommt. Aber die Stadtverwaltung sagte NEIN.

    Man kann von der TB-Redaktion erwarten, dass sie die Stadtführung an ihren eigenen Aussagen misst, statt immer nur brav ihre Aussagen abzuschreiben.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten