Schweinfurt und Hanau haben eins gemein: ein leerstehendes Kaufhaus. Was die beiden Städte aber unterscheidet: Hanau hat ein Nachnutzungskonzept, Schweinfurt nicht. "Abzuwarten und tatenlos zuzusehen, was mit der Immobilie passiert, ist für uns keine Option", sagt Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky. Die Stadt wird deshalb die am 31. Januar geschlossene Galeria-Kaufhof-Filiale erwerben und in Eigenregie entwickeln. Mitte März wird der Schlüssel übergeben, und noch in diesem Jahr soll das "Kaufhaus" mit einem Konzept zur Zwischennutzung öffnen.
In Schweinfurt ist Galeria Kaufhof seit dem 17. Januar geschlossen. Die Schaufenster sind leergeräumt. Die Nachnutzung des Gebäudes mit gut 10.000 Quadratmetern Nutzfläche auf mehreren Stockwerken ist offen.
Mitte März 2023 hatte der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Konzern die Schließung von mehr als 50 Filialen bekannt gegeben. Darunter auch Hanau und Schweinfurt. Während Hanaus OB Claus Kaminsky noch am selben Tag gesagt hatte, dass die Stadt die Immobilie erwerben wolle, um keine Brache entstehen zu lassen, hieß es damals aus dem Schweinfurter Rathaus, die Stadt habe kein Interesse an der Immobilie. Sie könne sich den Kauf des Gebäudes gar nicht leisten.
In Hanau denkt man anders. "Wir können es uns nicht leisten, das Gebäude nicht zu kaufen", sagt Oberbürgermeister Kaminsky gegenüber dieser Redaktion. Bereits im Oktober 2023 hatte die Stadtverordnetenversammlung einstimmig beschlossen, 25 Millionen Euro für den Kauf der Immobilie und noch einmal 40 Millionen Euro für deren Umbau zu investieren.
Das denkmalgeschützte Gebäude mit einer Gesamtfläche von 16.000 Quadratmetern soll vielfältig genutzt werden. Im Erdgeschoss sollen als Zwischenlösung Pop-up-Stores eröffnen. In den beiden oberen Etagen sind Räume für Jugend-, Sport-, Bildungs- und Gesundheitsangebote angedacht. Die Quartiersentwickler der Stadt Hanau wollen ebenfalls dort einziehen.
Bar auf dem Parkhaus-Dach
Auch in den meisten anderen Städten, in denen im Januar die Kaufhof-Immobilien dicht gemacht wurden, tut sich etwas. Reutlingen zum Beispiel hat sich bereits 750.000 Euro Fördergelder aus dem Bundesprogramm "Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" für ein Zwischennutzungskonzept gesichert, das jetzt im Frühjahr mit dem Eigentümer und möglichen neuen Nutzern erarbeitet werden soll. Angedacht ist unter anderem, im Sommer eine Bar auf dem Parkhaus-Dach zu etablieren.
In Pforzheim hat die Stadt eine Taskforce eingerichtet und befindet sich laut einem Bericht des SWR bereits in der "heißen Phase". Man habe potenzielle Investoren mit dem Eigentümer zusammengebracht und sehe einer "baldigen spruchreifen Lösung" entgegen, heißt es. Auch in Krefeld will die Stadt eine Taskforce aus verschiedenen Vertretern der Stadt, Einzelhändler und Innenstadt-Akteure gründen, "um keine Zeit zu verlieren".
Heidelberg ist noch einen Schritt weiter: Laut SWR gibt es bereits einen Investor, der mit der Stadt über die künftige Nutzung im Gespräch ist. Übergangsweise sei eine Belebung der Immobilie mit kulturellen Veranstaltungen angedacht.
Esslingen will Warenhaus umbauen
In Esslingen arbeitet das Rathaus mit der Firma BPI Esslingen S.à.r.L. zusammen: Das Karstadt-Warenhaus soll umgebaut werden und auf dem Areal ein neues Quartier mit gemischten Nutzungen entstehen, heißt es auf der Homepage der Stadt.
Eine Mischnutzung schwebt auch Darmstadt vor: Die Stadt möchte gewerbliche und kulturelle Einrichtungen, Bildungsangebote, Wohnungen, Verwaltungen, Einzelhandel und Gastronomie im Kaufhof-Gebäude ansiedeln. In Lübeck setzt man ebenfalls auf einen Mix aus Einzelhandel, Gastronomie und Wohnen.
In Siegburg hat die Stadt Fördermittel rekrutiert, um ein Büro mit der Entwicklung eines Nachnutzungskonzeptes zu beauftragen. Bürgermeister Stefan Rosemann wird in den Rheinischen Anzeigenblättern folgendermaßen zitiert: "Wir sahen uns als Verwaltung immer in einer aktiven Rolle, damit überhaupt Gespräche stattfinden."
Mönchengladbach und Bielefeld haben bereits Nägel mit Köpfen gemacht: Radio 90,1 und die Neue Westfälische berichten, dass in beide Karstadt-Gebäude das alteingesessene Modehaus Sinn einziehen werde. In Stuttgart gibt es die Idee, aus dem Warenhaus ein "Haus der Kulturen" zu machen.
Stadt ist bestrebt, den Leerstand "zügig" zu beenden
Und was passiert in Schweinfurt? Konkretes erfährt man aus dem Rathaus nicht. Der Eigentümer der Schweinfurter Immobilie stehe mit der Stadtverwaltung in regem Austausch, lässt Oberbürgermeister Sebastian Remelé durch seinen Pressesprecher Werner Duske ausrichten. Ziel aller Beteiligten sei es, den Leerstand zügig zu beenden. Auch über mögliche Zwischennutzungen sei die Stadt mit dem Eigentümer im Gespräch.
Wie aktiv bringt sich die Stadt Schweinfurt denn in die Transformation von Galeria Kaufhof ein, wollten wir wissen. "Sehr aktiv", vermeldet das Rathaus. Es sei der Stadt Schweinfurt sehr daran gelegen, dass das Objekt schnellstmöglich weiterentwickelt werde. "Verschiedene Ämter der Stadt Schweinfurt arbeiten bereits hervorragend zusammen, um eine zügige Nachnutzung zu ermöglichen", versichert Pressesprecher Duske.
Zum Vergleich: In Hanau hat die Stadt eine Ideenfinderbörse auf ihrer Website hanauaufladen.jetzt/kaufhof eingerichtet, auf der mutige Macherinnen und Macher ihre Geschäftsideen übermitteln können. "Das Interesse ist sehr groß, auf unserer Ideenliste stehen mehr als 250 Konzepte", freut sich OB Kaminsky. Mit mehr als 40 sogenannten "Komplizen" stehe die Stadt bereits in konkretem Austausch.
Amortisieren im Sinne einer kaufmännischen Betrachtung eines Privatinvestors werde sich das Projekt zwar nicht, weiß der OB. Dies sei aber auch nicht der Anspruch. "Es geht um nichts weniger als die Zukunft unserer Stadt, und die gestalten wir mit dem Kaufhof-Gebäude als weiterem Frequenzbringer selbst", betont Claus Kaminsky.
Keine Galeria-Taskforce in Schweinfurt
Andere Kommunen haben eine Taskforce gegründet, um schnellstmöglich Pläne für ihre Kaufhof-Immobilie zu entwickeln. In Schweinfurt gibt es so etwas auch nicht, "weil der Eigentümer selbst entscheidet, wie er die Immobilie in die Zukunft führt", begründet die Stadt.
Was die Rekrutierung von Fördermitteln aus dem Bundesprogramm "Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren" betrifft, verweist Pressesprecher Duske auf SchweinfurtFABulous, das bereits aus diesem Topf gefördert werde. Da es konkrete Ansätze des Eigentümers für eine Nach- und Zwischennutzung der Immobilie gebe, bestehe auch kein weiterer Planungsbedarf seitens der Stadt.
Zumindest eine Nachricht aus dem Rathaus weckt Erwartungen: Im Rahmen der Gespräche mit dem Eigentümer sei auch das Parkhaus Thema gewesen, sagt Duske. Dieses Teilobjekt biete sich für eine Zwischennutzung geradezu an. "Ich gehe davon aus, dass es in den nächsten Wochen hierzu konkretere Informationen geben wird."
Welchen Rat würde denn Hanaus Oberbürgermeister Kolleginnen und Kollegen in Städten mit leerstehenden Galeria-Kaufhof-Immobilien geben? "Es gibt in keinem Rathaus den Aktenordner, auf dem steht: So entkommen wir erfolgreich dem Schicksalsjahrzehnt der Innenstadt", antwortet Kaminsky. Hanau pflege aber bundesweit einen regen Austausch mit anderen Kommunen. "Es waren bereits viele städtische Vertreterinnen und Vertreter da."
Zu Schweinfurt habe es allerdings noch keinen direkten Kontakt gegeben. Die Leitungen seien aber "sehr gerne offen", wenn sich jemand austauschen möchte, bietet der OB an. "In Hanau haben wir immer wieder die Erfahrung gemacht, dass sich der Mut, das eigene Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und auch mal neue Wege zu beschreiten, auszahlt", so Kaminsky.