
Viele Traditionsgeschäfte und Familienbetriebe sind in den letzten Jahren aus der Schweinfurter Innenstadt verschwunden. In Schweinfurt wie anderswo wird es immer schwieriger, Nachfolger zu finden. Außerdem hat sich das Kaufverhalten der Menschen geändert. Nicht nur durch das Internet.
Schönes Geschirr, edles Glas haben nicht mehr den Stellenwert wie früher. Und für Berufstätige ist es eben einfacher, zum Großeinkauf mit dem Auto ein einziges Geschäft anzusteuern, anstatt mehrere Läden zu Fuß. Trotzdem ist es schade, dass es manche Geschäfte nicht mehr gibt, meint Autorin Susanne Wiedemann. Im Folgenden eine ganz persönliche, subjektive Liste mit sieben Orten und Geschäften, die fehlen.
1. Die Markthalle in der Keßlergasse

Schade, dass es die Markthalle nicht mehr gibt. Den Satz hört man öfter. Vor allem seit der Schließung des Kaufhofs im Januar blicken viele Schweinfurter und Schweinfurterinnen nostalgisch zurück. So wie lange Jahre zum Einkaufserlebnis ein Besuch im Horten oder später im Kaufhof dazugehörte, war ein Stadtbummel ohne Besuch in der Markthalle in der Keßlergasse kaum denkbar.
1989 wurde der 950 Quadratmeter große Komplex eröffnet. Die Mischung aus Geschäften und Gastronomie kam gut an. Die Markthalle war ein beliebter Treff in der Mittagspause, zum Kaffeeklatsch oder für ein Gläschen in netter Gesellschaft. Die Einkaufsmöglichkeiten waren vielfältig: Fisch, Geflügel, Metzgerei und Feinkost, Gemüse, Imbisse, Reformhaus, Bäckerei, Zeitschriften und Bioprodukte. Die Kombination aus Mittagspause und Einkauf war einfach perfekt.
Mein Favorit: Frisches Geflügel. Damit ich abends den Einkauf nicht in der Redaktion vergaß, hing dann zur Freude der Kollegen immer ein Zettel mit der Aufschrift "ENTE!" an der Bürotür. Praktischer Nebeneffekt: So erlebte auch die Vegetarierin im Team keine Überraschung, wenn sie den Gemeinschaftskühlschrank öffnete.
2010 kam das Aus für die Markthalle. Eine zeitlang war eine gastronomische Nutzung im Gespräch, daraus wurde aber nichts. Das Gebäude stand zwei Jahre und vier Monate leer. Im Oktober 2012 zog das Kaufhaus Woolworth ein.
2. Messer Hoffritz/Porzellan Weitzel am Marktplatz

Auf der Suche nach einem schönen Geschenk oder einem ungewöhnlichen Küchengerät? Lust auf neue Tischdecken? Es werden Messer oder Scheren gebraucht? Dafür gab es seit Generationen eine Adresse in der Stadt: Messer Hoffritz und Porzellan Weitzel am Marktplatz. Beide Geschäfte waren sozusagen durch Heirat zusammengekommen.
Nach 154 Jahren endete im Mai 2020 die Geschichte von Messer Hoffritz, nach 140 Jahren die des Porzellanhauses Weitzel. Die intensive, aber erfolglose zweijährige Suche nach einem Nachfolger ließ Gisela und Andreas Bieringer 2020 die beiden Geschäfte am oberen Marktplatz schließen. Hoffritz steht leer, im ehemaligen Weitzel-Laden ist jetzt ein Hörgeräteakustiker.

Bei Messer Hoffritz wurden Messer wie auch Scheren in der Meisterwerkstatt geschliffen. Es wurden beschädigte Klingen gerichtet und ersetzt, Silberbestecke poliert und Gravuren angefertigt. Im Traditionsgeschäft gab es auch Wein und Spirituosen. Und nette Geschenkideen.
Wir haben vor Jahren einen Satz Besteck geerbt mit der Gravur "Messer Hoffritz Schweinfurt". Die Messer und Gabeln stammen wahrscheinlich aus den 1950ern. Sie sind so zeitlos schön, dass wir sie fast täglich benutzen. Einen Nachteil hat das Besteck-Set allerdings. Die Löffel sind verschollen. Aber wer weiß, vielleicht tauchen die ja nochmal bei einem Flohmarkt auf.
3. Metzgerei Pfister in der Wolfsgasse

Bei der Metzgerei Pfister in der Wolfsgasse stand die netteste Chefin weit und breit an der Theke. Erika Pfister war immer fröhlich, hatte immer ein nettes Wort für die Kundschaft und wusste natürlich, wer was gerne mag. Für die Leute in der Umgebung war die Metzgerei Pfister Anlaufstelle für die Mittagspause, egal, ob für ein belegtes Brötchen oder ein warmes Essen.
Auch wir vom Tagblatt deckten uns hier gerne für die Mittagspause ein, als wir noch im Zeughaus arbeiteten. Und für ein besonderes Abendessen gab es bei der Metzgerei Pfister die besten Filetsteaks. Da kam und kommt kein anderer Metzger ran. 1893 wurde der Familienbetrieb gegründet. 2017 machte die Metzgerei zu. Nach 123 Jahren.
4. Die Rückert-Buchhandlung in der Keßlergasse

Das Edelstahlgewölbe im Keller der Rückert-Buchhandlung in der Keßlergasse war schon etwas Besonderes. FH-Studenten deckten sich hier mit Literatur ein. Die Buchhandlung war Mitglied in der exklusiven Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlicher Sortimentsbuchhandlungen AWS. Aber auch Literatur-Liebhaber waren hier gut aufgehoben.
Seit 1871 war hier eine Buchhandlung. Auch dieses Geschäft war ein Familienbetrieb.Ekkehard Kaemmerling hatte nach dem Tod seiner Mutter Heide Trebst-Kaemmerling im November 2005 die Buchhandlung übernommen und anderthalb Jahre die Geschäfte alleinverantwortlich aus der Ferne geführt. Sein Großvater Johannes Trebst hatte 1921 die ehemals Stoersche Buchhandlung erworben. Die Suche nach einem Nachfolger war vergeblich. Die Buchhandlung, die eine eigene Schweinfurter Institution war, schloss 2007.
5. Samen Fetzer in der Manggasse

Samen-Tütchen am laufenden Meter, Blumenzwiebeln, Pflanzen, Tierbedarf, Körbe, Taschen: Bei Samen Fetzer in der Manggasse 5 gab es so gut wie alles für Gartenfreunde und Tierbesitzer – ob sie einen Goldfisch hatten oder einen Hund. Hier wurde einem auch geholfen, wenn eine Balkonpflanze sich Schädlinge eingefangen hatte. Blatt mitnehmen, zeigen: Und schon hatte eine oder einer der netten Verkäuferinnen und Verkäufer den richtigen Tipp oder das richtige Gegenmittel parat.
Hier gab es auch immer die Möglichkeit, beim Vorbeigehen ein hübsches Blumenstöckchen zu entdecken und so ein bisschen Farbe mit ins Büro zu nehmen. Im Juni 2018 schloss Samen Fetzer. Auch hier war kein Nachfolger für den 170 Quadratmeter großen Laden zu finden. Aktuell sind in der Manggasse 5 die "SnackKomplizen" zu finden, mit ihrem Angebot an Verkaufsautomaten.
6. Krönlein am Georg-Wichtermann-Platz

Auch Krönlein am Eck Wichtermann-Platz/Keßlergasse war eine Institution. Haushaltswaren, Elektrogeräte, Dekoartikel, Heimwerkerbedarf, Küchen, Eisenwaren gab es hier. Wir haben dort 2002 unsere Waschmaschine gekauft. Funktioniert noch tadellos, wie auch Bügeleisen und Pürierstab, die noch älter sind.
Es war schon angenehm, nicht extra zu einem Elektromarkt außerhalb fahren zu müssen, sondern sich in der Mittagspause in der Stadt in Ruhe beraten zu lassen. Krönlein war auch eine gute Adresse, um ein Geschenk zu finden. Hier konnte man auch Nägel und Haken einzeln kaufen, statt wie woanders gleich eine ganze Schachtel.

Auch Krönlein war ein Familienbetrieb. Julius Friedrich Krönlein eröffnete 1857 am Postplatz (heute Georg-Wichtermann-Platz) eine Eisenwarenhandlung. Nach der Zerstörung der Gebäude im Zweiten Weltkrieg wurde am gleichen Standort neu gebaut. 1953 wurde das Kaufhaus eröffnet. 2002 entschloss sich die Firma, das Geschäft zu schließen. Ins Untergeschoss des markanten rot-weißen Eck-Hauses mit dem Fries über dem Eingang zogen zwei Geschäfte.
2016 kam der Abriss. Es entstand ein fünfstöckiges Wohn- und Geschäftshaus zwischen Kirchgasse, Keßlergasse und Langer Zehntstraße mit 5500 Quadratmeter Gesamtfläche. Investitionssumme: 17,5 Millionen Euro. Der Name Krönlein besteht allerdings weiter. Der Komplex heißt Krönlein-Karree.
7. Das Eierhäusle Sauer am Marktplatz

1979 eröffnete Frieda Sauer aus Theilheim ihr Eier-Häusle am oberen Ende des Marktplatzes. Insgesamt fünf Händler verkauften hier Waren in hölzernen Hüttchen. Eier gab es bei Frieda Sauer natürlich, dazu Nudeln oder auch Lammfleisch. Das Schöne war: Man hat hier immer Bekannte getroffen. Und Frieda Sauer hatte auch immer Zeit für ein paar nette Worte. 2011 schloss sie das Häusle, nach 32 Jahren. Der Stadtrat hatte beschlossen, den Marktplatz umzugestalten. Die Hüttchen erschienen nicht mehr zeitgemäß.
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Horten lief sehr gut! Mit dem besten, größten, meistbesuchten Kupferspieß (Restaurant) in D? Ein Treffpunkt der Stadt! Horten hatte alles unter einem Dach, in guter Qualität, vom Supermarkt bis Herrenausstatter mit eigenem Schneider! Daneben das Parkhaus, mit Erstattung der Parkgebühren bei Einkauf/Verzehr.
Dann kamen die dt. Manager des 21. Jh., die unser Land ruinieren: Horten kam zu Kaufhof, mussten Miete zahlen! Kupferspieß, Supermarkt & Herrenaustatter verschwanden und damit auch die Kunden, weil das ins 0815-Kaufhof-Konzept nicht passte.
Gegen Onlinehandel-Steuer war die FDP
Heutige Manager, Politiker, Vermieter ruinieren unsere Städte!
Das Mainkaufhaus war für mich schon in den 70er Jahren ein furchtbarer Kramladen, aber da kaufte damals halt noch die ältere Generation ein. Kroneneck und Kretzmar waren nicht viel besser. Bei Galeria-Kaufhaus fühlte man sich zum Schluss auch ins letzte Jahrhundert zurückversetzt.
Die Zeiten und die Menschen ändern sich. Versuchen Sie heute mal, für teures Porzellan, egal ob alt oder neu, einen Interessenten zu finden, das ist praktisch aussichtslos.
Die Fleisch- u. Eierversorgung findet heute über ALDI & Co. statt, billig ist Trumpf. Schrauben und Pflanzensamen kauft man heute im Bau- oder Gartenmarkt oder bestellt das ganze Zeug gleich im Onlinehandel.
Es ist schön, sich an die alten Zeiten zu erinnern, aber man sollte sich nicht der Illusion hingeben, man könnte diese alten Zeiten zurückholen oder gar die Innenstadt entsprechend wiederzubeleben.
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Er wurde 1986 abgerissen. Das war Vandalismus! Heute wäre das ein erstklassiger Rahmen für Boutiquen oder ein Shoppingcenter - wie z. B. das ECE-Center "Anger 1" in Erfurt. Die historischen Kulissen sind wohl der Grund, warum heute viele größere ostdeutsche Innenstädte mehr Leben & Qualität haben, als die weithin sterilen westdt. Innenstädte.