
Haushaltswaren und Textilien, Dekoartikel und Kosmetikprodukte, Tiernahrung und Süßigkeiten: „Bei uns gibt es so gut wie alles“, sagt Regionalleiterin Heike Kliebenstein voller Stolz. Sie steht mitten in Schweinfurts jüngster Kaufhauserrungenschaft, dem am Donnerstag eröffneten Woolworth. Vor ihr ein Damenfahrrad zu 99 Euro, dahinter eine Gitterschütte mit Herrensocken. Über ihr ein Schild: „Das billigste Kaufhaus seit 1879!“ Das ist sie also: Die neue Markthalle, ohne Markt- oder Imbissstände, aber mit einem bunten Sammelsurium an Produkten des täglichen oder nur gelegentlichen Bedarfs.
Es ist, wenn man so will, eine doppelte Wiederauferstehung. 2009 war Woolworth „pleite“, wurde 2010 von einer Holdinggesellschaft (unter anderem mit Tengelmann und Kik) übernommen, hatte nur noch 158 Filialen in Deutschland. 2010 war auch die Markthalle am Ende, schloss nach dem sukzessiven Verlust namhafter Mieter (unter anderem Faber Feinkost und Nordsee) ihre Pforten und versank im Dämmerschlaf. Woolworth wurde wiederbelebt, fährt einen aggressiven Expansionskurs, in Schweinfurt eröffnete man nun schon wieder Kaufhaus Nummer 202, auf 400 bis 500 möchte man mittelfristig in Deutschland kommen. Die Markthalle sollte auch wiederbelebt werden, zunächst aber mit einem bunten Gastrokonzept mit vielen kleinen Anbietern und einer gemeinsamen Verzehrfläche. Das scheiterte – wie viele meinen, an den zu hohen Mietpreisvorstellungen der Eigentümerfamilie Rosa.
Eva-Johanna Rosa und ihr Sohn Leonid sind auch da am Eröffnungstag. Und froh, „dass jetzt wieder Leben herrscht in diesen Mauern“ (Leonid Rosa). Mauern ist gut: Der Schweinfurter Woolworth ist deutschlandweit einzigartig, „so was habe ich noch nirgends gesehen“, sagt der kommissarische Filialleiter Josef Grüner, der eigentlich den Häusern in Nürnberg und Fürth vorsteht. Und er meint die große Lichtkuppel, die man vom früheren Markthallenkonzept geerbt hat und die das Sammelsurium der Ständer, Schütten und Stapel vom Kaufhausmief befreit. Einzigartig ist diese Filiale aber auch, weil sie eigentlich ein bisschen zu klein ist. Denn mindestens 1000, besser 2000 Quadratmeter sollten es schon sein für einen Woolworth. Die Markthalle bringt es auf 980.
Und das auch nur, weil die Rosas rund 700 000 Euro in die Hand genommen haben für aufwändige Umbauarbeiten. Dass diese Räumlichkeiten eigentlich nicht als Kaufhaus konzipiert waren, sieht man vielerorts. Verkleidete Stützsäulen, die irgendwie im Weg stehen. Ein – ebenfalls verkleideter – Torbogen, der einst den Weg zum westlichen Ausgang markierte. „Es brauchte schon Überzeugungskraft, um den Woolworth-Verantwortlichen diese Notwendigkeiten nahe zu bringen“, sagt Eva-Johanna Rosa. Aber sie lobt auch die „sehr gute Zusammenarbeit“ mit der Kaufhaus-Führung.
Über den Mietpreis ist naturgemäß nichts bekannt. Aber die Vertragsdauer wird offen gelegt: 15 Jahre. Woolworth plant also langfristig in Schweinfurt. „Zusammen mit dem Kupsch nebenan ist das hier eigentlich schon ein kleiner Marktkauf“, philosophiert Leonid Rosa; man erhalte nun in der Innenstadt alle Dinge des täglichen Bedarfs. Zwei Jahre und vier Monate stand die Markthalle leer. Für die Neueröffnung als Kaufhaus interessierten sich die Schweinfurter schon, aber „totgetrampelt“ haben sie sich am Donnerstagmorgen auch wieder nicht. Aufgeschlossen wurden die Türen übrigens pünktlich um neun Uhr, abgeschlossen werden sie täglich um 19 Uhr, „mit der Option, bis 20 Uhr zu öffnen“ (Heike Kliebenstein). Die Rosas hegen die Hoffnung, dass Woolworth – als „Großer“ – eine gewisse Sogwirkung auf die vielen „Kleinen“ in der Kernstadt ausübt und sie endlich zur Vereinheitlichung der Öffnungszeiten animiert. 18 Mitarbeiter hat das neue Kaufhaus, alles Teilzeit- oder 400-Euro-Kräfte. Ein Filialleiter (Vollzeit) wird noch gesucht.
War der endgültige Abschied vom Markthallen-Gedanken im Herzen der City als kommunikativer Treffpunkt der Schweinfurter wirklich unabdingbar? „Es gibt zu viel Gastronomie und sehr viele Bäcker, die gerade das Mittagspublikum preiswert bedienen“, sagt Leonid Rosa. Das habe den Markt für „seine“ Pächter kaputt gemacht.