
Es ist ein kleiner Knopfdruck mit großer Wirkung: Am 29. September um 10 Uhr zieht der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Bad Kissingen, Leonhard Rosentritt, den Stöpsel am Ellertshäuser See. 1,7 Millionen Kubikmeter Wasser sind im Becken. Und nun laufen in jeder Sekunde 500 Liter über den Abfluss davon. Rein rechnerisch hätte das Becken des größten Sees in Unterfranken also nach 40 Tagen leer sein können. Aber beim Abfischen gab es mal Unterbrechungen, vollständig Ebbe im Ellertshäuser See war schließlich nach 50 Tagen.

Unser Fotograf Anand Anders hat das Ablassen in einem Zeitraffer-Video dokumentiert: Das 12-Sekunden-Video besteht aus einer Serie von 367 Einzelbildern, ausgewählt aus insgesamt 1200 stündlich gemachten Aufnahmen. Die Kamera war dazu über 50 Tage fest am Fenster des Seemeister-Gebäudes am Nordufer installiert. Für das Zeitraffer-Video wurden ausschließlich die Aufnahmen bei Tageslicht verwendet, die sich aufgrund der kürzer werden Tage von anfangs acht Fotos auf sechs Bilder reduzierten.
50 Tage in 12 Sekunden: Sehen Sie hier das Video von Anand Anders:
Tag 1: 43 200 Kubikmeter Wasser fließen ab jetzt täglich den Bach hinunter. Bildlich gesehen entspricht diese Menge 300 000 Vollbädern in einer haushaltsüblichen Badewanne. Das hört sich viel an, fällt optisch in den ersten Tagen aber kaum auf. Denn die 1,7 Millionen Kubikmeter Wasser verteilen sich auf 33 Hektar Fläche. An seiner längsten Stelle misst der See 1300 Meter, an der breitesten 370 Meter, an der tiefsten 15 Meter. Die Uferlänge: 6 Kilometer.
Der Staatliche Hochwasserspeicher im Landkreis Schweinfurt muss saniert werden. Deshalb hat sich das Wasserwirtschaftsamt zu dieser drastischen Maßnahmen entschlossen. Sie hat Auswirkungen auf den Badetourismus und Wassersport, vor allem aber auf das Ökosystem. Hier leben Fische, Amphibien, Reptilien und der Biber. Am Ufer wachsen Schilf und eine Vielzahl biotoptypischer Pflanzen. Das Ablassen des Sees wird deshalb von der Naturschutzbehörde überwacht.

Tag 20: Knapp die Hälfte des Wassers ist schon weg. Der See schrumpft in sich zusammen. Sichtbar ist das an der Uferböschung, die Meter um Meter trocken fällt. Die ersten Sondengänger tauchen auf und suchen mit ihren Metalldetektoren nach verlorenen Schätzen.
Tag 33: Das schöne Wetter Ende Oktober lockt massenhaft Schaulustige an. Weil das zurückweichende Wasser immer mehr Schlick und Schlamm zum Vorschein bringt, was Gefahren birgt, wird ein Betretungsverbot für den unmittelbaren Uferbreich erlassen.

Tag 35: Die Seefläche hat sich halbiert. Jetzt kann das erste Abfischen beginnen. Das Wasserwirtschaftsamt hat Spezialisten aus dem hohen Norden engagiert, die mit Zugnetzen an drei Tagen rund fünf Tonnen Fisch aus dem Wasser holen. Der Rest muss per Hand abgefischt werden. Das übernehmen Fischer aus der Rhön.

Tag 43: Die Fischzucht Rhönforelle aus Gersfeld rückt an. Doch das Wasser steht mit zwei Metern noch zu hoch. Die Schlussabfischung wird verschoben.

Tag 45: Das restliche Abfischen beginnt. Es ist eine schlammige Angelegenheit. Eigentlich soll jetzt auch der See komplett leer laufen. Doch der Plan geht nicht auf. Im Abflussschacht gibt es keinen Grundstöpsel, das Wasser kann nicht weiter wie bis zur Oberkante des 1,20 Meter hohen Schachtes abfließen. Das Abfischen wird abgebrochen.
Tag 48: Der Schacht wird aufgebohrt. Ein Kraftakt. Ein Kernbohrgerät kommt zum Einsatz. Zwei Stunden lang wird gebohrt. Danach ist die 33 Zentimeter dicke Betonwand durch.

Tag 49: Schlussakt. Die letzten Fische werden herausgeholt. Weil sich nur noch Schlammbrühe im Becken befindet, muss zur Sauerstoffversorgung wieder Wasser hineingespritzt werden, bis alle Tiere in Sicherheit sind.
Tag 50: Der Ellertshäuser See ist leer.

Vielen Dank und weiter gutes Gelingen!
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