Erste Baugenehmigungen für die 700 Kilometer lange Stromtrasse quer durch Deutschland liegen vor, die Bagger stehen auch in Unterfranken bereit: SuedLink wird mit ziemlicher Sicherheit gebaut werden. Gerade im Raum Schweinfurt bleibt das Projekt aber umstritten - auch, weil mit dem SuedWestLink, der Fulda-Main-Leitung (P43) sowie der Trasse P540 weitere Stromnetz-Großvorhaben hinzukommen sollen.
Seit zehn Jahren kämpft die Bürgerinitiative Bergrheinfeld gegen SuedLink. Obwohl weiterer Widerstand aussichtslos erscheint, will der Verein aus dem Landkreis Schweinfurt mit seinen 100 Mitgliedern weitermachen. Vorsitzender Norbert Kolb (56) und Stellvertreter Matthias Göbel (33) erklären weshalb.
Norbert Kolb: Wir wollen unseren Widerstand nicht aufgeben. Wir wollen die Kosten, die mit SuedLink zusammenhängen, für die Bürger senken.
Kolb: Wir kämpfen schon immer nicht nur projektbezogen gegen SuedLink. Es geht uns um das gesamte Streckennetz. Natürlich ist Bergrheinfeld als Knotenpunkt ein Schwerpunkt. Aber es geht generell gegen alle neuen Übertragungsnetzleitungen.
Kolb: Das Schlimme ist, dass die Bürger und die Industrie in Deutschland die Kosten dafür komplett tragen müssen. Wenn man sagt, man will ein europäisches Stromnetz aufbauen, dann sollte man es auch auf europäischer Ebene finanziert bekommen.
Kolb: Das ist seit Anfang an bekannt. Je weiter man von irgendwelchen Trassenplanungen weggeht, desto weniger interessiert es die Leute. Beispiel: Bergrheinfeld ist als Knotenpunkt von mehreren Trassen betroffen. Geldersheim auch. Dort regt sich jeweils Widerstand. Aber drei Kilometer weiter ist das vorbei.
Göbel: Wenn man nicht direkt von der Trasse betroffen ist, aber jeden dritten Tag in den Nachrichten hört, dass der Windstrom vom Norden in den Süden muss, dann glaubt man das irgendwann – ohne sich darüber weitere Gedanken zu machen. Niemand thematisiert die Kosten, niemand thematisiert die Umweltauswirkungen.
Kolb: Ein Knackpunkt ist, dass die Bundesregierung im Dezember gut 5 Milliarden Euro an Subventionen für das Höchstspannungsnetz gestrichen hat. Das hat dazu geführt, dass Anfang Januar die Strompreiserhöhung um drei Cent pro Kilowattstunde kam.
Kolb: Wir exportieren und importieren Strom seit ewigen Zeiten. Das kann man bei der Bundesnetzagentur nachlesen. Doch: Es wurden in Deutschland alle Kernkraftwerke abgeschaltet, wir importieren und exportieren aber immer noch Strom. Warum braucht man dann ein zusätzliches Stromnetz?
Matthias Göbel: Es gibt ja schon ein gut ausgebautes Übertragungsnetz in Deutschland. Man muss es halt instandhalten und verbessern. Mit Leiterseilmonitoring zum Beispiel.
Göbel: Das ist eine Überwachung der Stromleitungen, bei der deren Temperatur gemessen wird. Man kann dann einschätzen, wie viel Strom man durchschicken kann.
Kolb: Die Energiewende ist ein Prozess, der über Jahre oder Jahrzehnte geht. Eine gewisse Grundlast haben wir ja schon. Nehmen Sie all die Biogasanlagen in Deutschland. Die ersetzen rechnerisch drei Kernkraftwerke und sind grundlastfähig. Sie sichern die Versorgung von acht Millionen Haushalten. Unsere Vorstellung ist eine dezentrale Energiewende. Sie wird sukzessive passieren. Es ist schon viel geschehen, es wurde aber auch vieles abgebrochen. So war vor zehn Jahren in Schweinfurt ein Gaskraftwerk geplant. Es wurde wieder herausgenommen. Das sind aber dezentrale Anlagen, die wir bräuchten.
Göbel: Wir brauchen Gas als Energieträger für die Stromversorgung. Irgendwann wird das der Wasserstoff sein, der an der Küste mit grüner Windenergie erzeugt und anschließend in Deutschland verteilt wird. Das kann man über die vorhandenen Gasleitungen machen: Der Netzausbauplan Gas ist wesentlich günstiger als der beim Strom. Das System muss ineinandergreifen und nicht nur über neue Stromtrassen laufen.
Kolb: In letzter Zeit nicht mehr so sehr. Es war schon mal besser.
Kolb: Man hat das Gesetz geändert, damit die Bergrheinfelder ihre Betretungsverbote ziemlich schnell zurücknehmen. Es wurden jeweils 1000 Euro Strafzahlung auferlegt. Das macht keinen Spaß mehr, wenn mit diesen Mitteln die Demokratie ausgehebelt wird. Es wird mit Sicherheit nicht passieren, dass wir mit Schleppern die Baumaschinen vom Acker zerren.
Kolb: Momentan ist die Trasse ja nur ein Strich auf irgendwelchen Plänen. Aber es werden massive Eingriffe sein, die momentan nicht abzuschätzen sind. Hinzu kommt, dass die Gegend um Bergrheinfeld Dolinen hat. Aber das spielt für die Verantwortlichen alles keine Rolle. Das Projekt wird mit Biegen und Brechen durchgedrückt.
Es gibt genug bestehende 380 kV-Leitungen aus dem Norden nach Bayern:
https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP17/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/17_0002181.pdf dazu kommt noch die „Thüringer Strombrücke“ mit 5 GW https://www.buergerdialog-stromnetz.de/im-dialog/frage-stellen/dienen-die-hgues-wirklich-nur-dem-export-und-der-ueberflutung-des-strommarktes-mit-ueberschuessiger-energie/
Die Übertragungsnetzentgelte haben sich jetzt schon auf 6,43 ct/kWh fast verdoppelt. Wenn diese sich auf 24 Cent erhöhen, werden die Menschen, die es sich leisten können, PV und Speicher bauen. E-Autos sind auch gut geeignet dafür. Die wollen wir doch auch?! Dadurch werden die zu transportierenden Kilowattstunden wesentlich weniger.
Für die, die diese Möglichkeiten nicht haben, werden die Stromkosten dann viel teurer als 24 Cent!
Auch wer heute noch für die HGÜ (Hochspannungsgleichstromübertragungstrassen) ist, wird ggf. dafür zahlen müssen!