Man tritt den Schweinfurter Mitgliedern der CSU und der Stadtratsfraktion sicher nicht zu nahe, wenn man sie als grundsätzlich konservativ bezeichnet. Aber auch: pragmatisch. Dahingehend, mit wem man im Stadtrat als Fraktion eine Koalition bildet. Nämlich Bündnis 90/Die Grünen.
Während im konservativen Milieu unter anderem vom CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz die Grünen als Gegner Nummer eins auf Bundesebene auserkoren wurden und sich in Bayern Grüne und CSU im Landtag herzhaft streiten, gibt es in Schweinfurt eine echte Besonderheit: Seit drei Jahren arbeitet die schwarz-grüne Koalition im Stadtrat weitgehend reibungslos zusammen.
Die Schnittmenge der gleichen Ansichten war zwischen CSU und Grünen in Schweinfurt größer als zwischen CSU und SPD. Die Koalition sichert Oberbürgermeister Sebastian Remelé mit 23 von 44 Stimmen im Gremium die Mehrheit für seine Projekte.
Diesen Sommer ist Halbzeit der Kommunalwahl-Periode, die 2020 im Mai begann und 2026 im Frühjahr endet. Zeit also, Bilanz zu ziehen und voraus zu blicken, was CSU-Fraktionsvorsitzender Stefan Funk und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Stefanie Stockinger-von Lackum beim Sommerempfang taten. Die Bemerkung Funks, die Koalition sei "nicht das Schlechteste", quittierten Grünen-Fraktionssprecherin Barbara Mantel und die dritte Bürgermeisterin Ayfer Rethschulte mit einem wohlwollenden Lächeln.
Drei Jahre voller weltweiter Krisen mit Auswirkungen auf Schweinfurt
Funk betonte, hinter der Koalition lägen schwierige Jahre, die nichts mit dem Miteinander, sondern den Umständen zu tun hätten: Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Inflation, Energiekrise. Die Finanzen der Stadt hätten darunter gelitten wie bei vielen Kommunen und auch bittere Entscheidungen erzwungen: Stichwort Ausstieg aus der Landesgartenschau-Planung.
CSU und Grüne in Schweinfurt hätten aber ein sehr gutes Miteinander gefunden, mit gemeinsamen Sitzungen der Fraktionen, aber "natürlich auch unterschiedlichen Meinungen." Den Weg, so Funk, wolle man unter diesem Motto weitergehen: "Wir wollen keinen Stillstand, wir wollen gestalten."
Dennoch werden die Herausforderungen finanzieller Natur nicht leichter in Schweinfurt. Derzeit bereitet Finanzreferentin Anna Barbara Keck die Haushaltsberatungen für November vor, "wir sind gespannt auf 2024", so Stefan Funk. Wie geht es mit dem wichtigen Kulturforum am Martin-Luther-Platz weiter? Wie kann man die Infrastruktur von Schulen bis zu Straßen ertüchtigen und gleichzeitig neue Projekte angehen?
Ein wichtiger Punkt: die Personalkosten. Der OB, so Funk, habe bereits einen Anstieg auf bis zu 80 Millionen Euro pro Jahr prognostiziert, während die Gewerbesteuer-Einnahmen weiter sinken auf etwas mehr als 40 Millionen Euro. Man muss also den Gürtel enger schnallen.
Schweinfurt attraktiv für junge Familien machen
Zwei Themen seien der CSU besonders wichtig, betonten Funk und Stockinger-von Lackum: Jungen Familien eine lebenswerte Zukunft in der Stadt zu bieten sowie Wirtschaft und Industrie zu unterstützen.
Das gesamte Paket einer Stadt müsse für junge Familien stimmen, so Stockinger-von Lackum: Kindergärten, Kitas, Schule, Einkaufsmöglichkeiten, Wohnen, Arbeitsplätze. Gemeinsam mit dem Koalitionspartner wolle man den Weg weitergehen, zunächst keine neuen Baugebiete auszuweisen, sondern durch Nachverdichtung mehr Wohnraum zu schaffen. Stichwort: Gottesberg, Brauhaus-Areal oder Herroth. Dazu kämen die Konversionsgebiete wie Bellevue und Kessler Field.
Dass in der Gartenstadt der Bauverein ein neues Quartier entstehen lassen wolle, sei zwar grundsätzlich positiv, so Stefan Funk: Aber man müsse darauf achten, dass der Charakter der Gartenstadt erhalten bleibe, was bei den bisherigen Plänen nicht der Fall sei.
Wirtschaftspolitik eines der wichtigsten Schweinfurter Themen
Das Thema Wirtschaft steht bei jedem Sommerempfang der CSU im Vordergrund. "Wenn man die Wirtschaft kaputt macht, brauchen wir über gar nichts mehr, egal ob Umwelt- oder Sozialpolitik, sprechen", ist Stefan Funks Sicht. Natürlich sei in Schweinfurt die Industrie der Dreh- und Angelpunkt der Kommunalpolitik.
Funk verwies auf den fraktionsübergreifenden Antrag im Stadtrat zur Einrichtung eines eigenen Wirtschaftsreferats, das neue Wege in der Wirtschaftsförderung gehen solle. Konkrete Vorstellungen wurden nicht präsentiert, aber ein interessantes Detail: Im Gegensatz zu Oberbürgermeister und Bauverwaltung fordert die CSU den Erhalt des Fußgängerstegs am Hauptbahnhof, der derzeit geschlossen ist, weil er saniert werden muss.
Politprominenz war natürlich zu Hauf unter den Gästen: Bezirksvorsitzender Steffen Vogel, Landtagsabgeordneter Gerhard Eck, Landkreis-Bürgermeister wie Ulrich Werner (Bergrheinfeld), Ludwig Nätscher (Poppenhausen), Manuel Kneuer (Gochsheim) oder Simone Seufert (Euerbach). Natürlich auch Martina Gießübel, die sich für das Direktmandat für den Landtag bewirbt. Oberbürgermeister Sebastian Remelé fehlte entschuldigt.
Wenn man sich vor ein Werbebanner mit "dein-schweinfurt.de" stellt, sollte man sich vorher mal ansehen, für bzw. vor was man da steht. Auf der Webseite dein-schweinfurt.de wird man in die Vergangenheit zurückversetzt. Unsere konservative Stadtratsfraktion hat dort die Wahlwerbung des Jahres 2020 konserviert. Vielleicht wartet diese Webseite ja auf ihr Recycling. Der Wahlsprech bleibt bei der CSU eh immer gleich, man muss dann nur noch ein paar Datumsangaben ändern und die Bilder zwischenzeitlich verstorbener Personen herausnehmen.