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Schweinfurt
So reicht das nicht! Klimaforscher Ernst Ulrich von Weizsäcker nimmt Schweinfurts Politik wie Bürger in die Pflicht
Im Audimax der technischen Hochschule Schweinfurt wurde der erste alternative Zukunftspreis verliehen. Warum der Festredner kritisch gesehen wurde und es doch Applaus gab.
Der Klimaforscher und frühere SPD-Abgeordneter Ernst Ulrich von Weizsäcker sprach in Schweinfurt über sein neues Buch 'So reicht es nicht!'.
Foto: Anand Anders | Der Klimaforscher und frühere SPD-Abgeordneter Ernst Ulrich von Weizsäcker sprach in Schweinfurt über sein neues Buch "So reicht es nicht!".
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:25 Uhr

So reicht das nicht! Ein plakativer Titel, den der Klimaforscher, Autor und Ehrenvorsitzende des Club of Rome, Ernst Ulrich von Weizsäcker, für sein neues Buch gewählt hat. Ein Titel, der denen aus dem Herzen spricht, denen der schnell voranschreitende menschengemachte Klimawandel Angst macht. Und die schnelleres Handeln von der Politik fordern, nicht nur der in Berlin oder Brüssel, sondern vor Ort, also auch in Schweinfurt.

Gut 200 Besucherinnen und Besucher kamen ins gut gefüllte Audimax der technischen Hochschule. Die Initiative "Zukunft.", eine von Stadträtin Ulrike Schneider gegründete Wählergemeinschaft, holte zur Verleihung des ersten alternativen Zukunftspreises von Weizsäcker als Festredner.

Ausgezeichnet wurden in Schweinfurt bekannte unermüdlich Aktive für den Klimaschutz: Roland und Angela Merz, Richard Lindner, Manfred Röder und Elisabeth Krempl sowie Karl-Heinz und Monika Klare.

Klare Forderungen für eine klimaschonenden, lebenswerte Zukunft

Im Vorfeld der Veranstaltung gab es Misstöne zwischen Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und Ulrike Schneider, weil die Stadt den ursprünglichen Veranstaltungsort Museum Otto Schäfer absagte mit der Begründung, es handele sich um eine parteipolitische Veranstaltung. Eine Partei stand nicht im Vordergrund. Doch Ernst Ulrich von Weizsäcker hat klare Thesen dazu, was dringend geändert werden muss, damit die Welt für unsere Kinder und Enkel auch 2050 noch lebenswert ist.

Ehrung mit dem alternativen Zukunftspreis: Stadträtin Ulrike Schneider von der Initiative 'Zukunft.' ehrte Bürger, die sich besonders um den Klimaschutz verdient gemacht haben, mit dem von ihr ins Leben gerufenen Zukunftspreis. Im Bild (von links) Karlheinz Klare, Monika Klare, Ernst Ulrich von Weizsäcker, Ulrike Schneider, Roland May, Angela May, Richard Lindner, Elisabeth Krempl und Manfred Röder
Foto: Anand Anders | Ehrung mit dem alternativen Zukunftspreis: Stadträtin Ulrike Schneider von der Initiative "Zukunft." ehrte Bürger, die sich besonders um den Klimaschutz verdient gemacht haben, mit dem von ihr ins Leben gerufenen ...

Von Weizsäcker ist ein meinungsstarker Autor. Das war auch in Schweinfurt zu spüren, denn mit seiner Hinführung zu einer seiner wichtigsten Thesen, erntete er Widerspruch. Er wollte zeigen, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine als Thema weltweit derzeit alles andere überlagert.

Um aber in Sachen Klimaschutz echte Fortschritte zu erzielen, müsse dieser Konflikt beendet werden und man sich die Rolle Chinas vor allem in Afrika, Asien und Südamerika bewusst machen. "Machen Sie nicht das Opfer zum Täter", mahnte ein Zuhörer in Bezug auf das ukrainische Leid.

Ernst Ulrich von Weizsäcker fordert eine neue Aufklärung

Von Weizsäcker betonte, er habe ein "politisches Klimabuch" geschrieben. Seine Forderungen:  Klima-Außenpolitik, neue Ökonomie und neue Aufklärung. Seine Angst: Dass aus dem neuen "kalten Krieg" ein Atomkrieg wird. Deshalb müsse man Klimaschutz "international denken". Die europäischen Staaten müssten Vorbild sein, denn nur hier habe man das Problem Klimawandel "einigermaßen verstanden".

Von Weizsäcker, Neffe des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, ist vor allem ein Verfechter der Photovoltaik. In den vergangenen Jahrzehnten fiel der Herstellungspreis um den Faktor 300, aus PV-Anlagen hergestellter Strom ist um ein Vielfaches billiger als Strom aus Kernkraftwerken. "Wer ökonomisch denken kann, ist auf der Seite der Photovoltaik, nicht der Kernenergie."

Nicht gesagt, aber gemeint: Schönen Gruß an die CSU-geführte Schweinfurter Stadtverwaltung zum Thema Ausbau der PV-Anlagen auf städtischen Dächern sowie den CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder und seine Pläne, Atomkraftwerke weiter zu betreiben.

Gut gefüllt war das Audimax der technischen Hochschule in Schweinfurt bei der Lesung des Klimaforschers Ernst Ulrich von Weizsäcker und der Verleihung des alternativen Zukunftpreises durch Ulrike Schneider.
Foto: Anand Anders | Gut gefüllt war das Audimax der technischen Hochschule in Schweinfurt bei der Lesung des Klimaforschers Ernst Ulrich von Weizsäcker und der Verleihung des alternativen Zukunftpreises durch Ulrike Schneider.

Für von Weizsäcker eine Option gerade in den Millionen-Metropolen in Asien sind E-Fuels, also klimaneutrale Treibstoffe wie Methanol für Fahrzeuge mit Verbrennermotor. Grundsätzlich hält er Elektrofahrzeuge in Europa für den richtigen Weg, E-Fuels seien aber in bestimmten Städten eine gute Möglichkeit, sofort umweltschonend zu fahren.

In seinem Buch fordert er eine "neue Aufklärung", in der "Balance und Toleranz" die Kernelemente sind. Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft, nicht Gier, Geiz und Wettbewerb müssten im Vordergrund unseres Handelns stehen. Die "alte Aufklärung" im 17. und 18. Jahrhundert brachte die industrielle Revolution hervor, rasantes Wachstum und seit Mitte des 20. Jahrhunderts die bekannten Folgen für das weltweite Klima. Von Weizsäckers Credo: "Wir müssen die Menschen ermutigen, freier zu denken, miteinander zu reden und nicht nur zu schimpfen. Jeder kann da mitmachen."

Engagement als Stichwort: Das ist bei den mit dem alternativen Zukunftspreis Geehrten weit überdurchschnittlich. Ulrike Schneider war es wichtig, Schweinfurterinnen und Schweinfurter zu ehren, "denen die Zukunft des Planeten nicht egal ist, die keinen Dank erwarten, aber auch keinen bekommen".  

Das Ehepaar Merz engagiert sich seit Jahren in verschiedenen Agenda-2030-Gruppen, unter anderem für Baumpatenschaften, Fair-Trade-Themen oder aktuell für einen Dorfladen in Oberndorf. Richard Lindner ist als Geschäftsführer des Bund Naturschutz "ein unverzichtbarer Streiter für das Grün in der Stadt". Ebenfalls in der Agenda 2030 sind Manfred Röder und Elisabeth Krempl: Mobilitätswochen, PV-Anlagen, Wattbewerb, Elternschmiede. Vor allem bei verschiedenen Bürgerbegehren waren Monika und Karl-Heinz Klare unverzichtbare Helfer.

 
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