So reicht das nicht! Ein plakativer Titel, den der Klimaforscher, Autor und Ehrenvorsitzende des Club of Rome, Ernst Ulrich von Weizsäcker, für sein neues Buch gewählt hat. Ein Titel, der denen aus dem Herzen spricht, denen der schnell voranschreitende menschengemachte Klimawandel Angst macht. Und die schnelleres Handeln von der Politik fordern, nicht nur der in Berlin oder Brüssel, sondern vor Ort, also auch in Schweinfurt.
Gut 200 Besucherinnen und Besucher kamen ins gut gefüllte Audimax der technischen Hochschule. Die Initiative "Zukunft.", eine von Stadträtin Ulrike Schneider gegründete Wählergemeinschaft, holte zur Verleihung des ersten alternativen Zukunftspreises von Weizsäcker als Festredner.
Ausgezeichnet wurden in Schweinfurt bekannte unermüdlich Aktive für den Klimaschutz: Roland und Angela Merz, Richard Lindner, Manfred Röder und Elisabeth Krempl sowie Karl-Heinz und Monika Klare.
Klare Forderungen für eine klimaschonenden, lebenswerte Zukunft
Im Vorfeld der Veranstaltung gab es Misstöne zwischen Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und Ulrike Schneider, weil die Stadt den ursprünglichen Veranstaltungsort Museum Otto Schäfer absagte mit der Begründung, es handele sich um eine parteipolitische Veranstaltung. Eine Partei stand nicht im Vordergrund. Doch Ernst Ulrich von Weizsäcker hat klare Thesen dazu, was dringend geändert werden muss, damit die Welt für unsere Kinder und Enkel auch 2050 noch lebenswert ist.
Von Weizsäcker ist ein meinungsstarker Autor. Das war auch in Schweinfurt zu spüren, denn mit seiner Hinführung zu einer seiner wichtigsten Thesen, erntete er Widerspruch. Er wollte zeigen, dass der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine als Thema weltweit derzeit alles andere überlagert.
Um aber in Sachen Klimaschutz echte Fortschritte zu erzielen, müsse dieser Konflikt beendet werden und man sich die Rolle Chinas vor allem in Afrika, Asien und Südamerika bewusst machen. "Machen Sie nicht das Opfer zum Täter", mahnte ein Zuhörer in Bezug auf das ukrainische Leid.
Ernst Ulrich von Weizsäcker fordert eine neue Aufklärung
Von Weizsäcker betonte, er habe ein "politisches Klimabuch" geschrieben. Seine Forderungen: Klima-Außenpolitik, neue Ökonomie und neue Aufklärung. Seine Angst: Dass aus dem neuen "kalten Krieg" ein Atomkrieg wird. Deshalb müsse man Klimaschutz "international denken". Die europäischen Staaten müssten Vorbild sein, denn nur hier habe man das Problem Klimawandel "einigermaßen verstanden".
Von Weizsäcker, Neffe des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, ist vor allem ein Verfechter der Photovoltaik. In den vergangenen Jahrzehnten fiel der Herstellungspreis um den Faktor 300, aus PV-Anlagen hergestellter Strom ist um ein Vielfaches billiger als Strom aus Kernkraftwerken. "Wer ökonomisch denken kann, ist auf der Seite der Photovoltaik, nicht der Kernenergie."
Nicht gesagt, aber gemeint: Schönen Gruß an die CSU-geführte Schweinfurter Stadtverwaltung zum Thema Ausbau der PV-Anlagen auf städtischen Dächern sowie den CSU-Ministerpräsidenten Markus Söder und seine Pläne, Atomkraftwerke weiter zu betreiben.
Für von Weizsäcker eine Option gerade in den Millionen-Metropolen in Asien sind E-Fuels, also klimaneutrale Treibstoffe wie Methanol für Fahrzeuge mit Verbrennermotor. Grundsätzlich hält er Elektrofahrzeuge in Europa für den richtigen Weg, E-Fuels seien aber in bestimmten Städten eine gute Möglichkeit, sofort umweltschonend zu fahren.
In seinem Buch fordert er eine "neue Aufklärung", in der "Balance und Toleranz" die Kernelemente sind. Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft, nicht Gier, Geiz und Wettbewerb müssten im Vordergrund unseres Handelns stehen. Die "alte Aufklärung" im 17. und 18. Jahrhundert brachte die industrielle Revolution hervor, rasantes Wachstum und seit Mitte des 20. Jahrhunderts die bekannten Folgen für das weltweite Klima. Von Weizsäckers Credo: "Wir müssen die Menschen ermutigen, freier zu denken, miteinander zu reden und nicht nur zu schimpfen. Jeder kann da mitmachen."
Engagement als Stichwort: Das ist bei den mit dem alternativen Zukunftspreis Geehrten weit überdurchschnittlich. Ulrike Schneider war es wichtig, Schweinfurterinnen und Schweinfurter zu ehren, "denen die Zukunft des Planeten nicht egal ist, die keinen Dank erwarten, aber auch keinen bekommen".
Das Ehepaar Merz engagiert sich seit Jahren in verschiedenen Agenda-2030-Gruppen, unter anderem für Baumpatenschaften, Fair-Trade-Themen oder aktuell für einen Dorfladen in Oberndorf. Richard Lindner ist als Geschäftsführer des Bund Naturschutz "ein unverzichtbarer Streiter für das Grün in der Stadt". Ebenfalls in der Agenda 2030 sind Manfred Röder und Elisabeth Krempl: Mobilitätswochen, PV-Anlagen, Wattbewerb, Elternschmiede. Vor allem bei verschiedenen Bürgerbegehren waren Monika und Karl-Heinz Klare unverzichtbare Helfer.