Knappes Trinkwasser, brütend heiße Innenstädte und an manchen Orten fünf Mal so viele Hitzetage mit Temperaturen über 30 Grad auf der einen Seite. Erdrutsche, Überschwemmungen und Ernteschäden durch Starkregen, Hagel und Tornados auf der anderen Seite: Professor Heiko Paeth, Klimaforscher an der Universität Würzburg, skizziert, was auf den "Hotspot" Unterfranken, zukommt, wenn wir so weitermachen wie bisher.
Frage: Warum interessieren sich gerade jetzt so viele für die Klimakrise?
Heiko Paeth: Weil wir anfangen, die Folgen des Klimawandels richtig regional zu spüren, vor allem die allgegenwärtige Trockenheit, die Waldbrände, das Niedrigwasser. Wir merken, wie sich der Klimawandel auf unsere Lebensqualität, auf Lebensrisiken und auf unser Portmonnaie auswirkt.
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Was wären die Folgen des Klimawandels für Unterfranken, würde die ökonomisch-ökologische Kehrtwende ausbleiben - sprich: es liefe alles so weiter wie bisher?
Paeth: Wir bekommen etwa das Klima von Bordeaux, mit vier bis fünf Grad Erwärmung im Maintal, im Winter wie im Sommer. Wir hätten 20 bis 30 Prozent weniger Niederschlag im Sommer und etwa zehn Prozent mehr Niederschlag im Winter.
2016 bezeichneten Sie Unterfranken als einen "Hotspot des Klimawandels". Sehen Sie das heute - je mehr Daten Sie über die Region sammeln - noch genauso?
Paeth: Ich würde das heute noch mehr unterstreichen als bisher. Unser Planet hat sich seit Beginn der flächendeckenden Messungen im Jahr 1881 um 0,9 Grad erwärmt, Unterfranken im gleichen Zeitraum um 2 Grad. Das ist mehr als doppelt so viel wie der globale Durchschnitt! Nur an den Polkappen liegt die Erwärmungsrate jenseits von drei Grad. Nur zwei Regionen in Deutschland sind noch trockener als das Maindreieck: das Leipziger Becken und die Magdeburger Börde. Bis Ende des Jahrhunderts, also im Zeitraum 2070 bis 2099, wird sich die Zahl der Hitzetage an manchen Orten im Vergleich zum Zeitraum 1970 bis 1999 verfünffachen. Unterfranken ist ein Hotspot!
Worüber müssen wir uns hier am meisten Sorgen machen?
Paeth: Unser größtes Problem ist das Wasser. Wir sind ohnehin eine sehr trockene Region. Der Niederschlag versickert im klüftigen Untergrund. Die Trockenheit wird sich in Zukunft verstärken. Wir werden das Wasser nicht monatelang aus der Donau zu uns herüber pumpen können, wie wir es heute schon im Notfall tun. Wie also halten wir das Wasser in unserem Wasserhaushalt zurück, damit wir auch im Sommer über die Runden kommen? Das zweite Problem ist die Hitze in den Städten. Durch die enorme Staulage in der Würzburger Innenstadt haben wir an manchen Tagen einen städtischen Wärme-Insel-Effekt von sechs Grad. So nennt man den Temperaturunterschied zwischen Stadtmitte und den Gäuflächen außen herum. Sechs Grad in Kombination mit fünf Grad Erwärmung und einer Zunahme der Hitzetage wird das Leben in den Innenstädten nachhaltig verändern. Viele ältere Menschen werden unter der Hitze leiden. Wie also halten wir unsere Städte lebenswert?
Wird es in Unterfranken in Zukunft noch den Wald oder das Obst und Gemüse von heute geben?
Paeth: Nadelwald hat überhaupt keine Zukunft mehr. Selbst die Rotbuche im Steigerwald, die so etwas wie das Urgestein der Waldgesellschaften ist, wird nicht mehr zu halten sein. Wir werden von Rotbuche, Fichte, Kiefer auf Hainbuche, Eiche, vielleicht sogar Steineichenwälder übergehen müssen. Der kolossale Waldumbau wird allen Waldbesitzern und denjenigen, die das Brenn- und Bauholz benötigen, viel Geld kosten. Bei Obst und Gemüse werden wir auf andere Sorten umsteigen, künstlich bewässern und Hagelnetze aufspannen müssen. Vieles davon wird heute schon getan.
Dabei erscheinen die Folgen bei uns noch harmlos im Vergleich zu Ostafrika, oder?
Paeth: Ich bin mir nicht mehr sicher, ob das rein physikalische Ausmaß des Klimawandels bei uns glimpflicher ablaufen wird als in der Sahelzone oder in Ostafrika. Wir werden auch mit Dürren kämpfen müssen und haben gleichzeitig einen hohen Wasserbedarf. Wir werden mit lebensbedrohlichen Extremereignissen, vom Tornado über den Winterzyklon bis hin zu Überschwemmungen und Hitzegewittern, konfrontiert. Doch unsere Gesellschaft ist durch Technologie, Versicherungswesen und die Art unserer Behausung widerstandsfähiger als Regionen der Erde, die ihren Bewohnern heute schon nicht mehr genügend Lebensgrundlagen bieten. Wächst die Bevölkerung in Afrika bis 2050 tatsächlich um 1,1, Milliarden Menschen, möchte ich mir den Exodus, der mit dem Klimawandel in Verbindung steht, gar nicht vorstellen.
Würde nicht zumindest der unterfränkische Weinbau profitieren, wenn es wärmer wird?
Paeth: Wenn wir weitermachen wie bisher hätten wir in Zukunft, rein thermisch gesehen, fast überall in Unterfranken die Möglichkeit, Wein anzubauen. Denn der "Huglin-Index", der kennzeichnet, wie viel Wärme in einer Region zur Verfügung steht und welche Rebsorten gut gedeihen, hat sich in 200 Jahren erheblich verändert. Erst einmal hört sich das gut an. Auf der anderen Seite wird es dann in 80 Jahren einen Silvaner vom Würzburger Stein oder einen Escherndorfer Lump bei uns nicht mehr geben. Denn Rebsorten wie Müller-Thurgau, Silvaner oder Bacchus benötigen weniger Wärme.
Können Sie heute den von Menschen verursachten Anteil am Klimawandel besser aufzeigen als dies in den ersten Klimamodellen der 50er-Jahre möglich war?
Paeth: Das Klimasystem ist so komplex, dass wir erst seit den 90er Jahren Klima vernünftig simulieren können. Statt einfacher Modelle der Erdatmosphäre haben wir heute Erdsystem-Modelle, die die Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Ozean, Vegetation und Boden abbilden. Wir können komplexe Formen der menschlichen Beeinflussung auf das Klima darstellen - Muster, die zeigen, wie sich die Landoberflächen durch Entwaldung oder der Ausdehnung von Wüsten verändern. Die Auflösung der Modelle ist viel besser. Anfangs war Europa durch ein Dutzend Informationen abgedeckt, also etwa eine Information alle 500 Kilometer. Die neuesten Modelle schaffen 80 Kilometer Auflösung. Regionale Klimamodelle gehen runter bis auf den einzelnen Kilometer.
Eines dieser regionalen Modelle ist das BigData@Geo-Projekt für Unterfranken, an dem 16 mittlere und kleinere Forst-, Obst-, Gemüse- und Weinbaubetriebe beteiligt sind. Diese erhoffen sich Informationen darüber, was in 20 bis 80 Jahren auf sie zukommen könnte. Wie weit sind Sie?
Paeth: Noch im Laufe dieses Jahres wollen wir eine erste Version des technisch sehr aufwändigen Internetportals vorstellen, in dem ein Landwirt seine Parzelle anklicken und die dortigen Klimabedingungen der Zukunft sehen kann. Dafür müssen Terrabyte an Daten in Form von Grafiken, Tabellen oder Zeitreihen so verständlich dargestellt werden, dass der Landwirt mit deren Hilfe entscheiden kann, was er mit seiner Parzelle macht, wenn sie neu bepflanzt werden muss.
Dafür entwickeln Sie ein völlig neues Klimamodell, das neben Temperatur und Niederschlag auch Indikatoren für die Landwirtschaft wie Bodentrockenheit, Überschwemmungsrisiko, Starkwinde und Veränderungen in den Wachstumsphasen der Pflanzen mit einbezieht. Gibt es erste Ergebnisse?
Paeth: Wir haben herausgefunden, dass sich der Blühbeginn wichtiger Zeigerpflanzen um einen Monat nach vorne verschieben wird. (Anmerkung der Redaktion: Ein Beispiel für eine Zeigerpflanze ist die Forsythie, die mit ihrem Blühen den Frühlingsbeginn in Süddeutschland anzeigt). Die Folge: Spätfröste, wie wir sie 2011, 13, 17 und 18 hatten, schaden Sonderkulturen, Wein und Obst.
Menschliches Verhalten lässt sich nicht voraussagen: Wie berechnen Sie Ihre Klimamodelle?
Paeth: Wir treffen unterschiedliche Annahmen und rechnen verschiedene Szenarien durch. Man spannt den möglichen Ereignisraum zwischen "business as usual" (weiter wie bisher) bis hin zu extremem Klimaschutz, nach dem wir in wenigen Jahren das Maximum unserer Emissionen erreichen. Zwischen diesen beiden Extremen wird sich das Klima bewegen. Wir wollen damit aufzeigen, wie viel Klimawandel wir einsparen können, wenn wir jetzt Klimaschutz betreiben.
Ein Rückgang an Emissionen bedeutet aber noch lange keinen Rückgang der Konzentrationen in der Erdatmosphäre.
Paeth: Das stimmt. Bei den Fluorkohlenwasserstoffen gibt es einen Vertreter mit einer Verweilzeit von 8000 Jahren in der Atmosphäre. Selbst wenn wir Menschen heute von der Bildfläche verschwänden, würde das System noch nachheizen. Ein Teil des Klimawandels ist fest gebucht - egal, was wir tun.
Sind die Folgen für Unterfranken überhaupt noch abzumildern?
Paeth: Natürlich. Ich glaube, dass wir nicht mehr ewig so weitermachen, weil der Klimawandel anfängt, uns weh zu tun. Es zeichnet sich ab, dass wir künftig unsere klassische Landwirtschaft in Unterfranken bewässern müssen, dass sich kein neues Grundwasser mehr bildet und dass wir Wasser- und Trinkwasserprobleme bekommen. Viele Länder werden in den nächsten Jahren massiv umdenken. Irgendwann werden wirtschaftliche Argumente nicht mehr oberste Priorität haben.
Was kann jeder Einzelne tun?
Paeth: Ich denke, dass politische Veränderungen zum Klimaschutz - also wirksame staatliche oder zwischenstaatliche Abkommen - zu lange dauern und dass wir deshalb aus der Gesellschaft heraus und aus einem gesunden Selbsterhaltungstrieb unseren Kindern und Kindeskindern gegenüber viel tun können. Zum Beispiel: weniger Fleisch essen, kleinere Autos fahren, weniger fliegen sowie regionale und saisonale Lebensmittel kaufen.
Was denken Sie als Wissenschaftler über die Fridays-for-Future-Proteste der Schüler?
Paeth: Den Schülern wird oft vorgeworfen, dass sie uns kein neues Technik,-Gesellschafts,- und Wirtschaftsmodell liefern. Doch wo sind wir denn, wenn wir Kritik unserer Kinder an unserem Tun nur dann akzeptieren, wenn sie uns genau sagen, wie wir es besser machen können?
Ich kann es einfach nicht verstehen.
Wer die Zukunft unserer Kinder leichtfertig verspielt, wird sich erklären müssen.
Dabei wird es nicht helfen, mit dem Finger auf andere Leute zu zeigen.
„Aber der Udo hat seine Hausaufgaben auch nicht gemacht!“, das war schon in der Grundschule ein untaugliches Ablenkungsmanöver.
Damals sorgte der kindlich-naive Versuch für Heiterkeit im Klassenzimmer. Wenn heute erwachsene Leute diese Volte versuchen, ernten sie bestenfalls kritisches Stirnrunzeln.
Ob es nun „die Chinesen“, „die Amis“, „die Japaner“ oder irgendwelche sonstige Udos sind: Auf anderer Leute Verhalten haben wir kaum direkten Einfluss und sind daher für deren Fehler nicht verantwortlich. Für eigene Versäumnisse dagegen schon.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (2001) gibt ein beeindruckendes Beispiel, dass gute Beispiele hohe Überzeugungskraft haben und daher schnell Nachahmer finden.
Es wurde kopiert: in China, Indien und in vielen Bundesstaaten der USA.
Erkenntnisse und Empfehlungen der Expert*innen des Weltklimarates (IPCC):
https://www.de-ipcc.de
https://report.ipcc.ch/sr15/pdf/sr15_spm_final.pdf
Blog von Klimaforscher Stefan Rahmstorf:
https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/author/rahmstorf
https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/ipcc-sonderbericht-zu-15-grad-erwaermung
internationale Sicht auf Erneuerbare Energie von Hans-Josef Fell:
https://hans-josef-fell.de
Fakten und Schlussfolgerungen zur Klimaerhitzung:
- sie ist menschengemacht,
- sie wird von uns weiter befeuert,
- sie wird in wenigen Jahrzehnten die Lebensgrundlagen unserer Zivilisation zerstören,
- falls wir nicht sofort umsteuern, d.h. die Vermüllung der Luft durch CO2 und Methan stoppen
- und das Übermaß an CO2 wieder aus der Atmosphäre holen.
- Es bleiben uns nur noch wenige Jahre, hier reale Erfolge zu erreichen.
Viele Menschen haben verstanden und sind für den Umbau unserer Industrienation bereit.
Das ist unsere Chance!
Damals waren die Zusammenhänge mit den Schwankungen der Erdachse noch nicht genau bekannt.
Seit den 90er Jahren herrscht Konsens über den Klimawandel.
Wenn sich Nichts ändert sollte langsam Panik ausbrechen.
„Optimum“ steht hier nicht für optimal im Sinne für bestens sondern für Maximalwert.
(Ich habe auch zu dem Datum nichts gefunden.)
- der Klimaerwärmung im Holozän, als über einige Jahrtausende die Jahresmitteltemperatur langsam anstieg
- und dem derzeitigen Temeratursprung, die längst ganz andere Dimensionen hat.
Ein Plumpes "Ja-aber-Manöver" von Leuten, die
1. ignorieren/leugnen, dass wir heute eine menschengemachte Katastrophe sehen
und
2. effektive Klimaschutzpolitik ablehnen.
Keine Ahnung - viel Meinung.
Aber der Unterschied zwischen Wissenschaft und Meinungsmache ist in diesen Kreisen irrelevant.
Für interessierte Leser*innen habe ich am 31.05.2019 ein paar Links gepostet.
Harald Lesch im Gespräch mit Stefan Rahmstorf, Terra X am 03.04.2019
https://www.youtube.com/watch?v=pxLx_Y6xkPQ
Holozän ab 6:35
Scientists for Future, Pressekonferenz am 12.03.2019
https://www.youtube.com/watch?v=OAoPkVfeTo0
Weltklimarat (IPCC)
https://www.de-ipcc.de
Blog von Klimaforscher Stefan Rahmstorf
https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/author/rahmstorf
Heute fliesst alles Geld nur noch in den Nachweis des menschgemachen Klimawandels. Wer nicht diesem Ziel nacheifert, bekommt kein Geld. Oder er wird diskreditiert, weil er privat finanziert wird. Das ist keine Wissenschaft mehr, sondern politisch gelenkte und gezielte selektive Meinungsmache. Die Wissenschaft wurde politisch ermordet.
Ereignisse, die man beobachten kann zu leugnen ist etwas ganz anderes.
Nach mir die Sintflut, gell.
Ich bin nun wirklich kein Grüner.
Um unser Trinkwasser in Unterfranken mache ich mir größte Sorgen. Normalerweise müsste spätestens jetzt damit begonnen werden einen Trinkwasserspeicher/Stausee anzulegen,
der die Versorgung absichert.
3 oder 4 solche Sommer wie 2018 und wir schauen dumm aus der Wäsche.
Wie gesagt auch kleine Beiträge zum Klimaschutz sind sinnvoll.
Und für alle Oldtimerfreunde : Ich fliege nicht in den Urlaub. Ich esse wenig Fleisch und wenn dann aus der Region.
Ich mache auch keine Kreuzfahrt.
Die sind meiner Meinung nach sowieso Perversion pur. Dreckschleudern und dann fallen auf einer kleinen Insel plötzlich Tausende von Menschen ein und benehmen sich teilweise wie die Kolonialherren.
Mal im Ernst...der Wetterdienst, kann von heute auf morgen nicht bestimmen wie es wird, aber dieser Herr macht uns eine genaue Vorhersage? Langsam wird die Hysterie mehr als peinlich!
Und diejenigen, die jetzt von Hysterie sprechen, werden diejenigen sein, die am lautesten Schreien, wenn die Klimaerwärmung zuschlägt.
Lieber Werner, ich überlege gerade welche Gesellschaftsform ihr Ideal wäre.
Glauben Sie im Ernst, dass Menschen, Familien die technikbegeistert sind,
für industrielle Kultur und alte Ingenieursleistung Begeisterung zeigen durch
ihren post irgendwie beeinflussbar sind ?
Bei uns zuhause steht ein altes Benz Cabrio, ein 58 Eicher 13 ps, und eine
wunderschöne 95 Softtail. Alles eigen sparsam erworben, liebevoll gepflegt,
und über die Jahre gebracht. Sie kennen den Spruch: "Wer rastet der rostet".
Also dürfen und werden unsere Schätze zumindest im Sommerhalbjahr auch
mal bewegt. Freut uns und die Erben.
Wer meint hier mit dem Zeigefinger anzutreten oder gar irgendwie das Klima
zu retten , dem ist nicht mehr zu helfen.
Beim Punkt Ernährung, Fleisch, wilde "Rumfliegerei" etc.bin ich ganz bei Ihnen.
Herzliche Grüsse
Abgesehen davon dass diese Fahrzeuge normalerweise in sehr gutem Zustand, also Vergaser und Zündung richtig eingestellt, keine Ölverlust, sind werden sie auch nur wenig bewegt. Und dann i.d.R. auch vorsichtig.
Selbst Veranstaltungen wie der OLDTIMER-GRAND-PRIX am Ring sind im Vergleich zu den Fußballspielen der Bundesliga harmlos.