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Schweinfurt
Samstagsbrief: Mehr Mut, Klarheit und Kraft für das letzte Jahr Ihrer Amtszeit, Herr Oberbürgermeister Remelé!
Sebastian Remelé sieht sich gern als "Moderator" – und wurde dafür oft kritisiert. Nicht zu Unrecht, meint unsere Autorin mit Blick auf die 15 Jahre von Schweinfurts OB.
Sebastian Remelé will bei der Kommunalwahl 2026 nicht mehr für das Amt des Schweinfurter Oberbürgermeisters kandidieren. Nach dem Ende seiner dritten Amtszeit wird er 16 Jahre an der Spitze der Stadt gestanden sein.
Foto: Josef Lamber | Sebastian Remelé will bei der Kommunalwahl 2026 nicht mehr für das Amt des Schweinfurter Oberbürgermeisters kandidieren. Nach dem Ende seiner dritten Amtszeit wird er 16 Jahre an der Spitze der Stadt gestanden sein.
Katja Beringer
 |  aktualisiert: 20.03.2025 02:37 Uhr

Sehr geehrter Herr Remelé,

es ist Zeit für einen Wechsel, haben Sie in dieser Woche erklärt – und eine erneute Kandidatur für das Amt des Schweinfurter Oberbürgermeisters ausgeschlossen. Im Zeichen der Demokratie. Denn deren Stärke, so ihre Formulierung, lebe vom politischen Wandel und Wechsel ihrer politischen Mandatsträger.

Das ist richtig und nachvollziehbar. Neue Impulse, neue Ideen tun jeder Struktur gut. Das Schweinfurter Rathaus und die Stadtpolitik machen da keine Ausnahme.

Ein Jahr lang werden Sie nun noch im Amt sein – und schon jetzt ist klar, es wird kein leichtes Jahr werden. Die Finanzen sind knapp. Die Gewerbesteuereinnahmen, früher einmal die große Stärke der Stadt Schweinfurt, sind ebenso abgeschmolzen wie die Millionen an Rücklagen – wie Butter in der Sonne.

Und dann ist da noch die bange Frage, wie es für den Industriestandort Schweinfurt weitergehen wird. Das, so sagten Sie es oft, mache Ihnen echte Sorgen. Deshalb auch Ihr Besuch bei ZF am Stammsitz in Friedrichshafen vor kurzem. Deshalb Ihr Schulterschluss mit den Oberbürgermeistern anderer großer Standorte. Denn alleine, so sei Ihre Erfahrung, werde man nicht wirklich gehört. Nicht an der Spitze.

Ein klares Signal wäre wichtig gewesen – an die Konzerne, an die Menschen

Laut zu sein, sich öffentlich zu erklären, Position zu beziehen und verbal auch einmal auf den Tisch zu hauen - das mag vielleicht nicht unmittelbar Effekte zeigen. Und doch ist es wichtig. Für die Menschen, für die Stadt. Und es ist – ich sage es ganz offen - nicht unbedingt ein Charakterzug, den ich Ihnen zuschreiben würde.

Doch manchmal hätte es genau das gebraucht. Vor einem Jahr, als die IG Metall in Schweinfurt vor der Krise in der Industrie warnte, gab es von Ihrer Seite aus eher zögerliche Reaktionen und später Kritik an dem Handeln der Gewerkschaft, die SOS gerufen hatte.

Das, so sagten Sie damals, mache man nur, wenn das Schiff sinke. Aber tat es das nicht? Langsam, aber sicher? Und war das nicht der Zeitpunkt, an dem man den Protest klar in Richtung der Konzerne hätte richten sollen, anstatt Arbeitnehmer zu mehr Leistungsbereitschaft und weniger Lohnforderungen aufzurufen?

Ein klares Signal von Ihnen wäre wichtig gewesen, dass Sie für Schweinfurt, für seine Menschen, für die Arbeitsplätze kämpfen. Auch wenn jedem bewusst sein dürfte, dass Sie mit einer Erkenntnis Recht haben: Die Zukunft des Industriestandorts Schweinfurt wird längst nicht mehr in Schweinfurt selbst entschieden.

Selbst zum Moderator erklärt - aber die Stadt braucht mehr als Moderation

Sehr geehrter Herr Remelé, ein Jahr bleibt Ihnen jetzt also noch, um vielleicht mehr aus der Rolle herauszutreten, die Sie für sich erklärt haben: die eines Moderators. Genau dafür gab es immer wieder Kritik. Manchmal braucht es mehr: den Willen, gestalten zu wollen, Impulse zu geben, aber auch zu entscheiden und diese Entscheidungen durch- und umzusetzen.

Mit großen Ideen sind Sie in den vergangenen 15 Jahren immer wieder angetreten. Einiges wurde umgesetzt. Allen voran die Konversion. Ein Mammutprojekt für die Stadt, das Sie mitgeprägt und umgesetzt haben. Aus ehemaligen US-Kasernen wurden ein neuer Stadtteil, Bellevue. An anderer Stelle entwickelt sich der neue Campus der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt.

Hier geht es um die Zukunft, um Wasserstoffforschung, um neue Technologien für die Industrie. Schweinfurt hat Potenziale. Für sie kann und muss man werben - nicht diskret, sondern auch mal forsch und laut.

Und auch: leidenschaftlich. So habe ich Sie nur einmal erlebt: als es um die Landesgartenschau 2026 in Schweinfurt ging. Lange haben Sie selbst dafür gekämpft. Am Ende musste jeder einsehen, dass das finanzielle Risiko für eine Landesgartenschau für die Stadt zu groß war. Das Projekt wurde eingestampft. Und es war nicht das Einzige. Das Kulturforum liegt auf Eis, weil anderes auf der Prioritätenliste oben steht: der Abschluss der Sanierung des Theaters, der Neubau der Maxbrücke, die Innenstadt.

Die Stadt muss die Transformation der Industrie unterstützen, den Mittelstand stärken

Dass es nun nach Monaten der Vakanz bald einen Nachfolger für das Amt des Wirtschaftsförderers gibt, ist eine gute Nachricht. Doch sollte der neue Wirtschaftsförderer sich nicht – wie sein Vorgänger – mit der Innenstadt beschäftigen. Sondern mit dem großen Thema Industriestandort Schweinfurt.

Die Stadt muss jetzt die Transformation der Industrie begleiten, unterstützen - und sie darf dabei den Mittelstand nicht vergessen. Inzwischen ist der so wichtig wie nie. Fast alles an Gewerbesteuer stammt von diesen kleineren, mittleren Unternehmen, von den Dienstleistern.

Für Schweinfurts Unternehmen einzustehen, für sie zu kämpfen und die Ängste und Sorgen der Bürgerinnen und Bürger ernst zu nehmen und auf sie zu reagieren, das ist jetzt wichtig.

Sehr geehrter Herr Remelé, für das letzte Jahr ihrer Amtszeit wünsche ich Ihnen genau das: den Mut für Entscheidungen, Klarheit in der Darstellung der eigenen Position und die Kraft, die ein so forderndes Amt sicher braucht. Sie würden sich freuen, "noch über ein Jahr unsere Stadt repräsentieren und weitere politische Weichen stellen zu dürfen", haben Sie in ihrer Erklärung gegen eine erneute Kandidatur geschrieben.

Wir, die Redaktion in Schweinfurt, sind gespannt!

Mit freundlichen Grüßen

Katja Beringer, Redakteurin

Persönliche Post: der Samstagsbrief

Jedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Was das ist? Ein offener Brief, den eine Redakteurin oder ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur. Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir von der Adressatin oder dem Adressaten Post zurück. Die Antwort finden Sie dann bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet sie auch Anlass für weitere Berichterstattung.
Quelle:
 
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  • Hiltrud Erhard
    Ihre Wortwahl "verdammt" zeugt von keiner guten Kinderstube.
    Und es ist gut wenn jemand seine eigenen Spuren setzt und nich jemanden kopiert.
    Und daher gibt es die einen, die so sagen und die andere die so sagen.
    Aber keinesfalls sollte man Vorschriften von außen machen!
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  • Marc Stürmer
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  • Marc Stürmer
    Wer in seiner Argumentation persönlich wird, hat in der Sache nichts mehr zu sagen, sonst würde man nicht auf diese Ebene wechseln.
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  • Hiltrud Erhard
    Liebe Frau Beringer,
    Leider kommentiert ihre Meinung niemand- oder wurden die Kommentare auch gelöscht?
    Sie zeichnen aus meiner Sicht ein befremdliches Bild vom OB. Offensichtlich können Sie vieles auch nicht wahrnehmen wenn man Dinge mit Diskretion behandeln muss und man nicht alles durchsteckt. Da gibt es genug andere die wasserstandsmeldungen oder Gerüchte durchstecken. Auf jeden Fall braucht's keine Polterer und laute Krawallmacher.
    Und es gehört auch Geschick dazu, die Stadträte die immer gegenschiessen oder mit Selbstprofilierung beschäftigt sind, einzufangen.
    Er setzt sich ein (Arbeitsplätze, Energie, Transformation, Konversion, etc) und ist auch gradlinig (siehe St Josef oder Mainbrücke - egal wie es ausgeht) um Schaden von der Stadt abzuwenden.
    Kulturforum? So what? Braucht keiner dringend! Anderes ist wichtiger und das
    Wenn dann die Presse auch noch gegen Dich ist...
    ich kann verstehen, dass er keine Lust mehr hat!
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  • Marc Stürmer
    Also ich finde das Bild, welches Frau Beringer zeichnet, sehr akkurat und zutreffend. Das Sie natürlich in ihrer eigenen Blase das ganz anders sehen, wundert mich nicht weiter.

    Aber gehen Sie mal raus, reden Sie mal mit den Schweinfurtern. Die simple Wahrheit ist, dass bei verdammt vielen Bürgern OB Remelé einen sagen wir es mal nett schweren Stand hat.

    Er hat verdammt große Schuhe von Gudrun Grieser geerbt, macht aber den Eindruck dass er es nie wirklich geschafft, in diese zu treten.
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  • Hiltrud Erhard
    Und ich bemängele die unausgewogene und einseitige Berichterstattung der Schweinfurter Presse bzw. der Presse im allgemeinen!
    Ich bemängele den Unterton und die Diskussionsführung mancher Protagonisten!

    Es fehlt die Ausgewogenheit und auch die gebotene Neutralität der Presse, denn die Leserschaft ist die breite Masse - in jeder politischen Richtung!
    Genauso wie es in Schweinfurt Bürger gibt, die hinter ihm stehen und welche die gegen ihn sind. Genauso wie es solche und solche Stadträte gibt!
    Man muss auch nicht einer Meinung sein aber es wäre angebracht wenn man mehr Respekt und Achtung hätte und auch im Ton angemessen reagieren würde! In der Sache zu streiten ist nicht verwerflich!
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  • Hiltrud Erhard
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